TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/29 LVwG-AV-378/004-2020

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Veröffentlicht am 29.03.2022
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Entscheidungsdatum

29.03.2022

Norm

AWG 2002 §1 Abs3
AWG 2002 §2
AWG 2002 §62 Abs2
DeponieV 2008 §34 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 19. Februar 2020, Zl. ***, betreffend Maßnahmenauftrag gemäß § 62 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

Die Frist für die nachweislich ordnungsgemäße Entfernung und Entsorgung der konsenswidrig eingebrachten Abfälle im Ausmaß von insgesamt 5.300 m³ wird mit 15. Mai 2022, die Frist für die Vorlage der Entsorgungsnachweise mit
31. Mai 2022 neu festgelegt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum bisherigen Verfahrensgang:

Das Deponieaufsichtsorgan stellte am 07. November 2019 im Zuge einer Überprüfung der Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, und in der Folge anhand von Vermessungsunterlagen fest, dass in die gegenständliche Bodenaushubdeponie Abfälle im Ausmaß von ca. 22.941 m³ eingebracht worden wären, obwohl keine Kollaudierungsanzeige gemäß § 61 Abs. 1 AWG 2002 vorliege und keine Überprüfung der Anlage und Maßnahmen gemäß § 63 Abs. 1 AWG 2002 erfolgt sei.

Mit Schreiben der Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 04. Dezember 2019, Zl. ***, erging an die Beschwerdeführerin folgende Verfahrensanordnung (Hervorhebungen im Original):

„Die A GmbH (vorher C GmbH, vorher D Ges.m.b.H.) betreibt auf den Gst. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, in der KG ***, Gemeinde ***, eine abfallrechtlich genehmigte Bodenaushubdeponie.

Aus den beiliegenden Sonderberichten des Deponieaufsichtsorganes, Herrn E, ergibt sich, dass am 7. November 2019 im Zuge einer Überprüfung festgestellt wurde, dass von der A GmbH in die Bodenaushubdeponie am Standort Gst. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, Abfälle in einem Ausmaß von ca. 22.941 m³ (!) eingebracht wurden, obwohl keine Kollaudierungsanzeige gem. § 61 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und keine Überprüfung der Anlage und Maßnahmen gem. § 63 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 vorliegt, d.h. dass die Abfalleinbringung außerhalb des kollaudierten Deponiebereiches erfolgte.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Material in die Deponie eingebaut wird oder das Material lediglich zwischengelagert wird (siehe dazu das Erkenntnis des UVS im Land NÖ vom 26. Mai 2003, Senat-NK-02-0050).

Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 AWG 2002 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

Es ergeht daher gemäß § 62 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 der Auftrag zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, in dem die rechtswidrig eingebrachten Abfälle in einem Ausmaß von ca. 22.941 m³ nachweislich ordnungsgemäß zu entsorgen sind. Die entsprechenden Nachweise sind der Behörde bis spätestens 15. Jänner 2020 vorzulegen.

Wird dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen zu Verfügen“.

Mit Sonderbericht vom 12. Februar 2020 teilte das Deponieaufsichtsorgan unter Anschluss eines Vermessungsprotokolls vom 24. Jänner 2020 sowie einer Fotodokumentation über Begehungen bzw. Überprüfungen der gegenständlichen Bodenaushubdeponie am 22. Jänner 2020 und 11. Februar 2020 mit, dass ein Teil der verfahrensgegenständlichen Materialien, konkret ca. 5.580 m³, entfernt worden sei und weiterhin Abfälle im Ausmaß von ca. 17.361 m³ zwischengelagert werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 2020, Zl. ***, erging an die Beschwerdeführerin als Konsensinhaberin der Bodenaushubdeponie am Standort Gst. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, folgender Entfernungsauftrag (Hervorhebungen im Original):

„In die Bodenaushubdeponie am Standort Gst. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, wurden von der A GmbH konsenswidrig Abfälle im Ausmaß von insgesamt 22.941 m³ eingebracht.

Aus dem Sonderbericht des Deponieaufsichtsorganes, Herrn E, vom 12. Februar 2020 ergibt sich, dass aufgrund der ha. Aufforderung zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 vom 4. Dezember 2019, ***, bisher lediglich 5580 m³ Abfälle entfernt wurden (Stand. 24. Jänner 2020) und somit weiterhin konsenswidrige Abfälle im Ausmaß von insgesamt 17.361 m³ eingebracht sind.

Es ergeht daher an die A GmbH zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes folgender Auftrag:

Entfernungsauftrag:

Die in die Bodenaushubdeponie am Standort Gst. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, konsenswidrig eingebrachten Abfälle im Ausmaß von insgesamt 17.361 m³ sind bis spätestens 31. März 2020 nachweislich ordnungsgemäß zu entfernen und zu entsorgen. Die entsprechenden Nachweise sind der Behörde im Wege der Deponieaufsicht bis spätestens 3. April 2020 vorzulegen.

Für die bisher entfernten Abfälle im Ausmaß von 5580 m³ sind der Behörde im Wege der Deponieaufsicht bis spätestens 28. Februar 2020 Entsorgungsnachweise vorzulegen.

Rechtsgrundlage:

§ 62 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002 BGBL. I 102/2002 i.d.g.F.“

In der Begründung nahm die belangte Behörde auf den Sonderbericht des Deponieaufsichtorgans vom 12. November 2019 Bezug, wonach im Zuge einer Überprüfung am 07. November 2019 in die Bodenaushubdeponie Abfälle in einem Ausmaß von ca. 22.941 m³ eingebracht worden seien, obwohl keine Kollaudierungsanzeige gemäß § 61 Abs. 1 AWG 2002 und keine Überprüfung der Anlage und Maßnahmen gemäß § 63 Abs. 1 AWG 2002 vorliegen würden.

Weiters verwies die Abfallrechtsbehörde auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ vom 26. Mai 2003, Senat-NK-02-0050, und führte aus, dass es keinen Unterschied mache, ob das Material in die Deponie eingebaut oder lediglich zwischengelagert werde. Letztlich ergebe sich aus dem Sonderbericht des Deponieaufsichtsorgans vom 12. Februar 2020, dass lediglich 5.580 m³ Abfälle entfernt worden seien, weshalb weiterhin konsenswidrige Abfälle im Ausmaß von insgesamt 17.361 m³ eingebracht worden seien.

Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmung kam die belangte Behörde zu dem Schluss, dass im konkreten Fall nicht nur ein Verdacht eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage im Sinne des § 62 Abs. 2 AWG 2002 vorliege, sondern die Einbringung konsenswidrigen Abfalls durch die Sonderberichte des Deponieaufsichtsorgans sogar dokumentiert sei. Dem mit Verfahrensanordnung vom 04. Dezember 2019, Zl. ***, erlassenen Auftrag gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, weshalb mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen, geeigneten Maßnahmen zu verfügen gewesen seien.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 19. November 2020, Zl. LVwG-AV-378/001-2020, wurde über die Beschwerde der A GmbH gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 19. Februar 2020, Zl. ***, wie folgt entschieden:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

Die Frist für die ordnungsgemäße Entfernung und Entsorgung der konsenswidrig eingebrachten Abfälle im Ausmaß von insgesamt 17.361 m³ wird mit 31. März 2021, die Frist für die Vorlage der Entsorgungsnachweise mit 10. April 2021, sowie die Frist für die Vorlage der Entsorgungsnachweise für die bisher entfernten Abfälle im Ausmaß von 5.580 m³ mit 15. Dezember 2020 neu festgelegt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.“

Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juli 2021, Zl. ***, wurde die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 19. November 2020, LVwG-AV-378/001-2020, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

§ 62 Abs. 2 AWG 2002 kommt zur Anwendung, wenn der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage besteht. Die mit dieser Bestimmung behördlich verfügte Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes dient somit auch der Einhaltung von erteilten Auflagen (vgl. zum Ganzen VwGH 29.1.2015, Ra 2014/07/0059, mwN; sowie Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, Rz 15 zu § 62).

Der Verwaltungsgerichtshof hielt in Bezug auf § 24 Abs. 4 VwGVG bereits wiederholt fest, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus auch die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen habe.
Ferner komme eine ergänzende Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung in Frage. Bei maßgeblichem sachverhaltsbezogenen Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien sei ebenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen, dies sogar dann, wenn kein Antrag auf eine solche gestellt worden sei (vgl. etwa VwGH 22.1.2021, Ra 2018/05/0015, mwN). Weiter führte der Verwaltungsgerichtshof bereits aus, dass Zweck einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht grundsätzlich nicht nur die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör zu diesem, sondern auch das Rechtsgespräch und die Erörterung der Rechtsfragen sei (vgl. VwGH 1.8.2018, Ra 2018/06/0021, Rn. 12, mwN).

Die Revisionswerberin brachte in ihrer Beschwerde vor, das verfahrensgegenständliche Bodenaushubmaterial werde nicht in die Deponie eingebracht, sondern nur für spätere Rekultivierungsmaßnahmen zwischengelagert, was keinen Verstoß gegen den Genehmigungsbescheid darstelle. Das LVwG teilte - anders als die belangte Behörde - die Rechtsansicht der Revisionswerberin, dass das Einbringen in die Deponie rechtlich anders zu beurteilen sei als eine Zwischenlagerung, kam hinsichtlich der Zwischenlagerung jedoch - anders als die Revisionswerberin - zu dem Ergebnis, dass diese nicht konsensgemäß sei. Dabei stützte es seine Entscheidung tragend auf eine Rechtsansicht - nämlich auf das Vorhandensein einer „anderen Anlage“ gemäß
§ 34 Abs. 2 DVO 2008 -, die nicht Gegenstand des bisherigen Verfahrens war und zu der die Revisionswerberin nie die Möglichkeit hatte, sich zu äußern (vgl. VwGH 30.9.2015, Ra 2015/06/0007).

Vor diesem Hintergrund hätte das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt.

Ist eine Verhandlung gemäß Art. 6 EMRK geboten, ist eine Prüfung der Relevanz des Verfahrensmangels der Unterlassung einer solchen Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. aus vielen VwGH 26.2.2020, Ra 2019/05/0048, mwN). Verfahren betreffend behördliche Beseitigungsaufträge von baulichen Anlagen fallen unter Art. 6 EMRK (vgl. etwa VwGH 2.8.2016, Ra 2014/05/0058). Die bei Erteilung eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrages zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 verhängten Maßnahmen (konkret ein Entfernungsauftrag) treffen als Adressaten den Inhaber der Behandlungsanlage (vorliegend unstrittig die Revisionswerberin; vgl. weiters zum Inhaberbegriff VwGH 20.9.2012, 2011/07/0235, mwN), als solcher hat dieser (jedenfalls auch) die wirtschaftlichen Auswirkungen zu tragen. Im Lichte dieser Überlegung sowie vor dem Hintergrund der unmittelbaren Nahebeziehung eines Auftrages gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 zur abfallrechtlichen Genehmigung von Behandlungsanlagen (vgl. zur Untersagung einer Gewerbeausübung etwa VwGH 28.4.2021, Ra 2021/04/0076, mwN) stellt ein Entfernungsauftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 ebenfalls eine Angelegenheit der „civil rights“ dar und fällt unter die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK (vgl. in diesem Sinne zu behördlichen Aufträgen VwGH 26.1.2017, Ra 2016/07/0061; vgl. weiters im Hinblick auf die Erwerbsausübungsfreiheit zu Deponierungsbeschränkungen sowie zu Überlegungen aus dem in diesem Verfahren ergangenen Prüfungsbeschluss zu im Rahmen des Abfallwirtschaftsrechtes normierten „wirtschaftseinengenden Maßnahmen mit umweltpolitischen Hintergrund“ VfSlg. 17.777/2006).“

2.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 12. Oktober 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher durch die Verlesung des Aktes der Landeshauptfrau von Niederösterreich zur Zl. *** sowie jenen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der Zl. LVwG-AV-378/004-2020, Beweis erhoben wurde; insbesondere wurde in das dem Bescheid vom 14. Mai 2019, ***, zugrundeliegende Projekt Einsicht genommen; weiters in jenes, welches mit Bescheid vom 24. Oktober 2012, ***, genehmigt wurde. Ebenso erfolgte die Einvernahme eines informierten Vertreters der Beschwerdeführerin sowie eines Vertreters der belangten Behörde und wurden dem Verwaltungsgericht die Sonderberichte des F vom 15. April 2021, sowie vom 14. Mai 2021 zur Verfügung gestellt.

3.   Feststellungen:

Auf den Grundstücken Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, befindet sich eine abfallrechtlich und naturschutzrechtlich genehmigte Bodenaushubdeponie.

Die abfallrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb dieser Bodenaushubdeponie wurde der D Ges.m.b.H. hinsichtlich der Grundstücke Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, Gemeinde ***, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Oktober 2012, Zl. ***, wie folgt erteilt:

„Gesamtausmaß ca. 122.767 m²; Gesamtkapazität ca. 660.000 m³; 9 Verfüllabschnitte; Einbringungszeitraum bis 31. Oktober 2032; Rekultivierung bis 31. Oktober 2033.“

Im Genehmigungsbescheid wurde kein Konsens für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers auf der Deponie erteilt. Lediglich auf Grundstück Nr. *** (in der Südecke) wurde die Aufstellung eines Containers zur Zwischenlagerung von insgesamt 50 t für aussortierte Abfälle bewilligt. Vorgesehen war, dass als Rekultivierungsmaterial der lokal vorhandene Humus (im konkreten von dem Zwischenlager auf *** nach vorhergehender Abmagerung (mit lokal gewonnenem Abraummaterial im Verhältnis 1:1) verwendet wird. Für die Rekultivierung von *** und *** fehlten seinerzeit lediglich 7.500 m³ (vorhanden waren 72.300 m³ Humus) und flossen diese Angaben in die Sicherstellungsberechnung insofern ein, als davon ausgegangen wurde, dass das notwendige Rekultivierungsmaterial vorhanden ist.

In der Projektergänzung vom 27. April 2011 wurde die Errichtung und der Betrieb eines Zwischenlagers auf dem Verfüllabschnitt 1 vorgesehen; auf einer 1.000 m² großen Fläche für ca. 3.000 m³ Material. Definitiv wurde projektiert, dass dieses Zwischenlager gemäß § 33 Abs. 1 DVO 2008 zu werten ist und eine „andere Anlage“ iSd § 34 DVO 2008 im gegenständlichen Deponieareal nicht vorgesehen ist.

Die Auflage 5 des Genehmigungsbescheides lautet wie folgt:

„Mit der Ablagerung darf erst nach Vorliegen eines positiven Überprüfungsbescheides für den jeweiligen Deponieabschnitt inkl. der dazugehörigen Anlagenteile begonnen werden. Dazu ist der Behörde im Wege des Deponieaufsichtsorgans eine Fertigstellungsmeldung unter Anschluss eines Kollaudierungsoperates zu übermitteln.“

Mit Bescheid vom 02. August 2013, ***, wurde die Errichtung der Deponieabschnitte 1 und 2 behördlich kollaudiert, mit Bescheid vom 16. November 2015 die Errichtung der Oberflächenabdeckung dieser Deponieabschnitte, sowie die Errichtung der Deponieabschnitte 3, 4 und 9/1. Mit letztgenanntem Bescheid wurde auch eine Abänderung der Abschnittseinteilung und Abschnittsgrößen bewilligt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 2019, Zl. ***, wurde die abfallrechtliche Genehmigung im Wesentlichen dahingehend geändert, als die Deponie um das Grundstück Nr. ***, KG ***, erweitert wurde, wodurch sich die Verfüllkubatur auf 840.000 m³, sowie die Anzahl der Deponieabschnitte auf 12 erhöhte.

Während dieses Genehmigungsverfahrens wurde die gegenständliche Anlage an die C GmbH verkauft. Mit Schreiben vom 10. April 2019 wurde die Beschwerdeführerin als Konsensinhaberin der abfallrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der spruchgegenständlichen Bodenaushubdeponie bekanntgegeben.

Im Genehmigungsverfahren wurde von der naturschutzfachlichen Amtssachverständigen ein Nachweis gefordert, dass das für die Rekultivierung von *** geforderte Rekultivierungsmaterial vorhanden ist (befürchtet wurde, dass von *** aufgrund eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 14. Juni 2017 lediglich 10.000 m³ verwendet werden könnten). Diesbezüglich wurde am 19. Februar 2018 eine Projektergänzung, erstellt von G, vorgelegt, aus welcher hervorging, dass von *** für *** 24.900 m³ Rekultivierungsmaterial zur Verfügung steht; weiters waren zu diesem Zeitpunkt 10.000 m³ Rekultivierungsmaterial auf *** lagernd. Nachgewiesen wurde, dass nach der Rekultivierung der Abschnitte 3 und 4 noch 22.900 m³ für die Rekultivierung der Rest-Deponieoberfläche, d. s. die Abschnitte 5 bis 12, jedenfalls aber für die Abschnitte 5 und 6, Rekultivierungsmaterial vorhanden war. Es wurde davon ausgegangen, dass 31.100 m³ Rekultivierungsmaterial substituiert werden muss. Vom Vorbesitzer der Abfallbehandlungsanlage war nicht angedacht, dass die für die Rekultivierung geforderte Mehrkubatur aus der über das notwendige Maß bei der Aufhöhung der Tagbausohle aufgetragene ortseigene Abraummaterial im Ausmaß von ca. 30.000 m³ lukriert werden soll. Der naturschutzfachlichen Amtssachverständigen gegenüber äußerte sich Herr H dahingehend, dass das im Sohlbereich von *** bereits für die Rekultivierung eingebrachte Abraummaterial im Ausmaß von ca. 30.000 m³ vor der weiteren Verfüllung wieder entfernt und für die Rekultivierung der Deponieoberfläche verwendet wird. Von diesem Umstand wurde im weiteren Verfahren ausgegangen und wurde diese Maßnahme auch umgesetzt, insbesondere das Deponierohplanum tiefergelegt.

Im Herbst 2019 wurden von der Beschwerdeführerin auf einem (nicht kollaudierten) Teil der verfahrensgegenständlichen Deponie, im Deponieabschnitt 6, Zwischenlagerungen mit Bodenaushubmaterial im Ausmaß von ca. 22.941 m³ getätigt, welches Material beim Bauvorhaben *** anfiel und dort entfernt wurde, um die Verwirklichung dieses Bauvorhabens nicht zu gefährden.

Mit Verfahrensanordnung vom 04. Dezember 2019, Zl. ***, wurde die Beschwerdeführerin einerseits zur ordnungsgemäßen Entsorgung dieser Abfälle im Ausmaß von ca. 22.941 m³ und andererseits zur Vorlage entsprechender Nachweise aufgefordert.

Bis 22. Jänner 2020 wurde ein Teil dieser Abfälle, konkret 5.580 m³, vom Deponieareal entfernt, und zwar wurde dieses Schüttmaterial zur Baustelle „***“ am 18. Dezember 2019 verbracht. Entsprechende Entsorgungsnachweise wurden der Abfallrechtsbehörde zwischenzeitlich vorgelegt.

Die Zwischenlagerungen wurden im November 2019 und am 24. Jänner 2020 messtechnisch erfasst.

Im Zuge einer Überprüfung durch das Deponieaufsichtsorgan am 11. Februar 2020 wurde festgestellt, dass diese Zwischenlagerungen weiterhin auf der gegenständlichen Bodenaushubdeponie bestanden, allerdings augenscheinlich reduziert wurden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 2020, Zl. ***, erging der nunmehr angefochtene Entfernungsauftrag. Die Nachweise über eine ordnungsgemäße Entfernung und Entsorgung von Materialien vom Deponieareal wurden zu diesem Zeitpunkt der Abfallrechtsbehörde nicht vorgelegt.

Am 18. Juni 2020 betrug das Lagerungsvolumen ca. 12.000 m³.
Im Februar 2020/März 2020 wurden rund 5.000 m³ zum Bauvorhaben „***“, Bauvorhaben „***“ und zur ***-Deponie verbracht.

Ca. 6.700 m³ wurden für die Rekultivierung des Deponieabschnittes 9 im Frühjahr 2021 verwendet und wurde die Materialqualität ordnungsgemäß befundet. Die entsprechenden Entsorgungsnachweise bzw. die Berichte des Aufsichtsorgans vom 15. April 2021 und 14. Mai 2021 wurden vom deponietechnischen Amtssachverständigen in der Stellungnahme vom 10. Juni 2021 beurteilt und wurden diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen als notwendig erachtet.

Nach wie vor lagern vom Bauvorhaben *** im Bereich des Zwischenlagers 3 (gemäß I GmbH) ca. 5.300 m³, welche für die Rekultivierung des Abschnittes 9 verwendet werden sollen. Falls dieses Material nicht benötigt wird, wird es in den Deponiekörper als Abfall eingebracht. Eine Genehmigung gemäß § 33 Abs. 1 DVO 2008 wurde nicht beantragt.

4.   Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere den darin enthaltenen Sonderberichten des Deponieaufsichtsorgans samt angefertigten Lichtbilddokumentationen über die Begehungen am 07. November 2019, 22. Jänner 2020, 11. Februar 2020 und 05. März 2020.

Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Standortes der Deponie und der Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Konsensinhaberin sind unbestritten und ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere dem Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 2012, Zl. ***, sowie der Erweiterung dieser Deponie auf das Grundstück Nr. *** aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 2019, Zl. ***.

Die Inhalte der mit Bescheid vom 14. Mai 2019, ***, und Bescheid vom 24. Oktober 2012, ***, Projekte ergeben sich aus den mit den Bezugsklauseln versehenen Projektsparien; insbesondere aus der Projektergänzung vom 27. April 2011, erstellt von der J GmbH, in welcher Ausführungen zum Vorhandensein von Rekultivierungsmaterial und zum Zwischenlager gemäß § 33 Abs. 1 DVO 2008 enthalten sind. Die Feststellungen zum Genehmigungsverfahren *** ergeben sich dem Bescheid vom 14. Mai 2019, in welchem die bezughabenden naturschutzfachlichen Äußerungen wörtlich wiedergegeben sind bzw. den Projektunterlagen, im Besonderen dem Schreiben des G vom 19. Februar 2018.

Dass im Genehmigungsverfahren *** vorgesehen war, das bereits eingebrachte Abraummaterial im Ausmaß von ca. 30.000 m³ wieder zu bergen und als Rekultivierungsmaterial für *** zu verwenden, wurde vom informierten Vertreter der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt (Seite 2 der Verhandlungsschrift). Vielmehr wurde von dieser Person diese Maßnahme auch damit begründet, als eine Tieferlegung des Deponierohplanums um 20 bis 30 cm geplant war, weil der Grundwasserspiegel nicht dem entsprochen hätte, was im Ursprungsprojekt vorgesehen war. Es wäre deshalb eine Anpassung an den Stand der Technik insofern projektiert gewesen, um mehr Material deponieren zu können. Weiters wurde von Herrn K bestätigt, dass im Zuge der Errichtung der Deponiesohle das Abraummaterial im Ausmaß von 30.000 m³ entfernt und für die Rekultivierung vorgesehen wurde (Seite 3 der Verhandlungsschrift).

Dass auf dem Gelände der gegenständlichen Deponie Abfälle im Ausmaß von insgesamt ca. 22.941 m³ verbracht wurden und ist unbestritten. Dies wird von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vom 20. März 2020 konkret vorgebracht (arg „knapp 23.000 m³“) und beruhen diese Feststellungen zudem auf dem Sonderbericht des Deponieaufsichtsorgans vom 12. Februar 2020 samt Lichtbildaufnahmen im Zusammenschau mit den Vermessungsunterlagen der Firma M GmbH vom 15. November 2019 und vom 24. Jänner 2020.

Die Feststellung, dass 5.580 m³ der gegenständlichen Abfälle entfernt wurden, beruht auf den Vermessungsunterlagen der Firma M GmbH vom 24. Jänner 2020, vorgelegt von der Beschwerdeführerin, und erfolgte auch von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde vom 20. März 2020 ein diesbezügliches Vorbringen. Weiters ergibt sich diese Menge und der Entsorgungsnachweis aus dem Bericht des F vom 15. April 2021 iVm vom 15. Mai 2021, Punkt 2.2. bzw. ad 1). Gemäß diesen Berichten konnten auch die weiteren Entfernungen samt Entsorgungsnachweisen festgestellt werden, ebenso der derzeitige Lagerzustand. Die Differenz zwischen dem vom verfahrensgegenständlichen Zwischenlager stammenden Material zum bei der Oberflächenabdeckung im verfüllten Abschnitt 9 verwendeten Material, das insgesamt mit 8.000 m³ im Bericht abgeschätzt wurde, ergibt sich daraus, dass gemäß Angaben der Deponiebetreiberin bei dieser Maßnahme auch (untergeordnet) Reku-Material vom Standort verwendet wurde.

Bestätigt wurde vom informierten Vertreter der Beschwerdeführerin auch in der Verhandlung, dass noch ca. 5.300 m³ des verfahrensgegenständlichen Materials lagern und für die Rekultivierung des Abschnittes 9 verwendet werden soll bzw. dass – falls das Material für diese Maßnahme nicht benötigt wird, eine Deponierung stattfinden soll.

Dass bezüglich der entfernten Materialien keine weiteren Maßnahmen notwendig sind, ergibt sich aus der deponietechnischen Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 10. Juni 2021.

Unstrittig ist überdies, dass hinsichtlich der Zwischenlagerungen kein gesonderter Konsens besteht. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht.

Dass das verfahrensgegenständliche Material aus dem Bauvorhaben *** stammt, ergibt sich aus den im Verwaltungsakt vorliegenden Unterlagen.

5.   Rechtslage:

§ 28 VwGVG lautet wie folgt:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG – soweit das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz selbst nichts anderes normiert - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zentrale Bedeutung für die Anwendung des AWG 2002 kommt dem Abfallbegriff zu. Demnach sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 AWG 2002 Abfälle bewegliche Sachen, derer sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

Nach § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall dann erforderlich, wenn andernfalls

1.   die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.   Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.   die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.   die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.   Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.   Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.   das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.   die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.   Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

Wie im Sachverhalt festgestellt, stammen die Materialien von einem Bauvorhaben. Da dieses Bodenaushubmaterial im Rahmen von Bauarbeiten in Entledigungsabsicht übergeben wurde, ist bei diesem Bodenaushubmaterial der subjektive Abfallbegriff erfüllt. Der Entledigungswille ist beim Abfallerzeuger unabhängig vom Verhalten anderer zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat (VwGH 23.04.2015, 2013/07/0043).

Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Aushubmaterial oder Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall darum, das Bauvorhaben zu vollenden und ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffung von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden. Es bedarf konkreter Anhaltspunkte, dass - abweichend von der dargestellten Erfahrungstatsache - sich ein Bauherr nicht des bei diesem Bauvorhaben angefallenen Aushubmaterials entledigen will (vgl. VwGH 25.02.2009, 2008/07/0182). Diesbezügliche Anhaltspunkte sind gegenständlich nicht hervorgekommen, sodass die verwendeten Materialien als Abfall im subjektiven Sinn zu qualifizieren sind.

Bei den zwischengelagerten Materialien ist somit der subjektive Abfallbegriff erfüllt.

Abfall im Sinne des AWG 2002 liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179; 28.11.2013, 2010/07/0144), weshalb seitens des erkennenden Gerichts eine Auseinandersetzung mit dem objektiven Abfallbegriff nicht mehr erforderlich war.

Der angefochtene Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ stützt sich auf § 62 Abs. 2 AWG 2002, welcher wie folgt lautet:

„Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde – unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens – den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.“

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch nachweisliche ordnungsgemäße Entfernung und Entsorgung der zwischengelagerten Abfälle von der verfahrensgegenständlichen Bodenaushubdeponie verpflichtet.

Maßgeblich für ein Vorgehen nach § 62 Abs. 2 AWG 2002 ist ein konsenswidriger Betrieb. § 62 Abs. 2 AWG 2002 dient der Einhaltung des Genehmigungskonsenses beim Betrieb einer Behandlungsanlage und nicht - wie etwa § 62 Abs. 3 leg. cit. - dem Schutz der gemäß § 43 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen durch Vorschreibung geeigneter (zusätzlicher) Maßnahmen (vgl. VwGH 20.09.2012, 2011/07/0235).

Vergleichsmaßstab ist aber nicht nur der Genehmigungsbescheid schlechthin, sondern jene Vorgaben, die sich aus der Rechtsordnung, insbesondere aus dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) sowie der Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) ergeben. Das ergibt sich daraus, dass einerseits jene Maßnahmen nach § 62 Abs. 2 AWG 2002 vorzuschreiben sind, welche zur Einhaltung der Rechtsordnung (und nicht nur des Genehmigungskonsenses) erforderlich sind. Andererseits verleiht der Genehmigungsbescheid dem Antragsteller ein individuelles Recht, welches ua voraussetzt, dass durch das zu genehmigende Deponieprojekt die Einhaltung der Bestimmungen der DVO 2008 garantiert ist (vgl. § 43 Abs. 4 AWG 2002).

Zu prüfen ist daher, ob die Lagerung der gegenständlichen Materialien in der genehmigten Bodenaushubdeponie dem erteilten Konsens und der Rechtsordnung, insbesondere der DVO 2008, entspricht.

Bei der spruchgegenständlichen Bodenaushubdeponie handelt es sich unstrittig um eine nach § 37 AWG 2002 genehmigungspflichtige und grundsätzlich mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 genehmigte Abfallbehandlungsanlage im Sinne des § 62 AWG 2002.

Gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Landeshauptfrau.

Eine Behandlungsanlage ist eine ortsfeste oder mobile Einrichtung, in der Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile (§ 2 Abs. 7 Z 1 AWG 2002).

Eine abfallrechtliche Behandlung im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 ist jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung (§ 2 Abs. 5 Z 1 AWG 2002). Jedenfalls sind als abfallrechtliche Behandlung die in Anhang 2 zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002 angeführten Behandlungsverfahren zu verstehen.

Zu den Beseitigungsverfahren zählen die Ablagerungen in oder auf dem Boden (zB Deponien usw.) (D1 gemäß Anhang 2 zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002). Auch ist die Lagerung bis zur Anwendung eines der unter D1 bis D14 angeführten Verfahren (ausgenommen die zeitweilige Lagerung – bis zur Sammlung – auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle) als Beseitigungsverfahren einzustufen.

Gemäß § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 sind „Deponien“ Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden.

Nicht als Deponien gelten hingegen

a)   „Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können,

b)   Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet, und

c)   Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.“

Im gegenständlichen Fall erfolgte die Lagerung auf einer Bodenaushubdeponie, also auf einer Abfallbehandlungsanlage. Zwar ist der technische Anlagenbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 enger als jener der Gewerbeordnung 1994, weshalb auch der zur gewerberechtlichen Betriebsanlage im Sinne der GewO 1994 entwickelte Grundsatz der „Einheit der Betriebsanlage“ auf das AWG 2002 nicht übertragbar ist (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 2 Rz 178).

Als Abfallbehandlungsanlage ist jedoch die Behandlungsanlage in ihrer Gesamtheit (zB eine Deponie mit den entsprechenden Einrichtungen, wie Zwischenlager, Labor, Gebäude des Personals) und andererseits ein bestimmter Anlagenteil einer Produktionsanlage (zB eine betriebseigene Deponie oder eine Verbrennungsanlage im Zusammenhang mit einer Produktionsanlage) zu verstehen (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 2 Rz 176 mwN).

Es besteht unzweifelhaft sowohl ein örtlicher als auch sachlicher Zusammenhang zwischen der Deponie und den verfahrensrelevanten Zwischenlagerungen, fanden diese doch am festgestellten Deponieareal statt, sodass die verfahrensgegenständlichen Zwischenlagerungen mit der Bodenaushubdeponie eine Einheit bilden.

Zwar liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Fall von Einbringung in die Deponie (im engeren Sinn) vor, wenn Abfall in die Deponie nicht abgelagert, sondern nur zwischengelagert wird (VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0032). Der Vollständigkeit halber muss berücksichtigt werden, dass diese Rechtsprechung auf § 55 AWG 2002 basiert und hier der Sachverhalt zu beurteilen war, ob ein Zwischenlagern von Abfällen reicht, um ein Erlöschen der Deponiegenehmigung verhindern zu können. Nach § 55 Abs. 4 AWG 2002 gilt diese Rechtsfolge nur, wenn noch kein Abfall in die Deponie eingebracht wurde. In diesem Zusammenhang führt das Höchstgericht aus, dass die bloße Zwischenlagerung von Abfällen keine Aufnahme des Betriebs der Behandlungsanlage darstellt.

Das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ vom 26. Mai 2003, Senat-NK-02-0050, befasst sich mit einem Einbringungsverbot aufgrund einer behördlich verfügten Schließung des Betriebes.

Zu berücksichtigen ist, dass – wie bereits dargelegt – die verfahrensgegen-ständlichen Zwischenlagerungen mit der Deponie eine Einheit bilden. Da für diese Zwischenlagerungen kein abfallrechtlicher Konsens besteht, wird die Deponie in ihrer Gesamtheit konsenswidrig betrieben. Nun wurde von der belangten Behörde die „ordnungsgemäße Entfernung und Entsorgung der konsenswidrig eingebrachten Abfälle“ gefordert. Es kann keine Rechtswidrigkeit erkannt werden, wenn von einer Einbringung in die Deponie (im weiteren Sinn) ausgegangen werden; klar ist im Hinblick auf das Konkretisierungsgebot des § 59 AVG jedenfalls, dass vom Ausdruck „konsenswidrig eingebrachten Abfälle“ im angefochtenen Maßnahmenauftrag die verfahrensgegenständlichen Zwischenlagerungen umfasst sind und nicht davon auszugehen ist, dass dieses zwischengelagerte Material zuvor in den Deponiekörper eingebracht (im engeren Sinn) wurde.

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 62 Abs. 2 AWG sind aus folgenden Gründen erfüllt:

Nach § 62 Abs. 2 AWG 2002 hat die Behörde den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands aufzufordern und bei Nichterfüllung der Aufforderung die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

Ein Bescheid nach § 62 Abs. 2 AWG 2002, mit welchem Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes verfügt werden, setzt voraus, dass ein Abweichen eines vom vorliegenden Konsens für eine nach §§ 37, 52 oder 54 AWG 2002 genehmigungspflichtige Behandlungsanlage vorliegt und dass die verfügte Maßnahme zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes erforderlich ist. Zudem muss bereits vor Erlassung des Bescheides mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes binnen einer angemessenen Frist aufgefordert worden sein und in der Folge dieser Aufforderung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist nachgekommen werden.

Ein konsenswidriger Betrieb liegt wie dargelegt aufgrund der mangelnden Genehmigung der Zwischenlagerungen vor:

Gemäß § 34 Abs. 2 Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) ist ein Lagern oder Zwischenlagern von Abfällen, einschließlich ein kurzzeitiges Lagern vor oder nach einer Behandlung, nur in einer dafür genehmigten anderen Anlage innerhalb des Deponiebereichs oder in einem Zwischenlager gemäß § 33 Abs. 1 oder bei Abfällen zur Deponierung im Zuge der Eingangskontrolle entsprechend § 18 Abs. 2 im Ablagerungsbereich des Deponiekörpers zulässig. Nach § 34 Abs. 3 gilt Abs. 1 und 2 nicht für Kompartimente, bei denen die endgültige Oberflächenabdeckung aufgebracht ist.

§ 33 Abs. 1 DVO 2008 lautet:

„Der Deponieinhaber hat im Deponiebereich getrennt vom Deponiekörper geeignete Einrichtungen, insbesondere für die Übernahme und die Eingangskontrolle von Abfällen (sofern nicht eine Ausnahme gemäß § 18 Abs. 1 genehmigt ist), einschließlich Abstell- und Umkehrflächen für Anlieferfahrzeuge, und das auf der Deponie beschäftigte Personal vorzusehen. Sofern Abfälle vor der Annahme und dem Einbau in den Deponiekörper zwischengelagert werden sollen, zB bei Verdacht auf eine unzulässige Kontamination, sind geeignete Zwischenlager getrennt vom Deponiekörper einzurichten. Für diese Zwischenlager gilt § 34 Abs. 1 Z 1 bis 3 sinngemäß.“

Zumindest seit Inkrafttreten der DVO 2008 stellt ein Zwischenlager auf einer Deponie eine „andere Anlage“ im Sinne des § 34 Abs. 2 leg. cit. dar, und ist somit nach § 37 AWG 2002 genehmigungspflichtig. Dies bedeutet konkret, dass der erteilte Konsens für die Deponie für das Zwischenlager einer rechtlichen Erweiterung bedarf, wenn das Material nicht dem Deponiebetrieb dient.

Anhaltspunkte, dass die Zwischenlagerungen nämlich auf den abgeschlossenen, endkollaudierten Abschnitten erfolgten, liegen nämlich nicht vor und wurde dies von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Unter Zwischenlager als Einrichtung zum Betrieb der Deponie iSd § 33 DVO 2008 sind alle Zwischenlager im Deponiebereich zu verstehen, die dem Deponiebetrieb dienen, beispielsweise zur Vorhaltung vor dem Abfalleinbau oder zur Abklärung, ob eine unzulässige Kontamination der Abfälle vorliegt, und müssen den Anforderungen des § 34 Abs. 1 Z 1 bis 3 sinngemäß entsprechen. Zwischenlager müssen gemäß
§ 40 Abs. 1 Z 4 als relevante Anlagen registriert werden und gemäß § 41 Abs. 1 sind fortlaufenden Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib der Abfälle für Zwischenlager zu führen (so Erläuterungen zur Deponieverordnung 2008, BMLUFW-UW.2.1.6/0013-V/2/2016, 26.02.2016). Dem gegenüber sind andere Anlagen innerhalb des Deponiebereiches ortsfeste oder mobile Anlagen, die grundsätzlich unabhängig von der Deponie betrieben werden können.

§ 33 Abs. 1 DVO 2008 ist bei der Projektierung des Vorhabens zu berücksichtigen und wird mit der Erteilung der Genehmigung als Projektbestandteil für ein solches Zwischenlager eine abfallrechtliche Genehmigung erteilt. Das sieht § 39 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 vor, in welchem vorgeschrieben ist, dass das Projekt Angaben zu den deponietechnischen Anforderungen zu enthalten hat.

Zu berücksichtigen ist im konkreten Fall, dass - wie festgestellt – im Bereich der verfahrensgegenständlichen Zwischenlagerung jedenfalls in keinem Projekt (weder im Ursprungsprojekt, noch im festgestellten Änderungsgenehmigungsverfahren) ein Zwischenlager für Rekultivierungsmaterial im Ausmaß von über 22.000 m³ vorgesehen war. Vielmehr hat das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergeben, dass für die Rekultivierung des gesamten Deponieareals genügend Rekultivierungsmaterial zur Verfügung gestanden hat. Ebenso ergibt sich aus den Entfernungen des Materials, dass dieses letztlich für die Rekultivierung - zum Teil zumindest – gar nicht verwendet wurde, sodass in diesem Fall von einem Zwischenlager iSd § 34 DVO 2008 auszugehen wäre. Faktum ist jedenfalls, dass keine Genehmigung für diese umfangreichen Zwischenlagerungen bestanden hat. Dass jedes Zwischenlager im Sinne des § 33 Abs. 1 DVO 2008 vom Genehmigungskonsens der Deponie gedeckt wäre, wie von der Beschwerdeführervertretung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung behauptet, entspricht wie aufgezeigt jedenfalls nicht der Rechtsordnung. Es mag sein, dass die Änderung eines Zwischenlagers im Sinne des § 33 Abs. 1 DVO 2008 keine wesentliche Änderung der Behandlungsanlage iSd § 2 Abs. 8 Z 3 AWG 2002 darstellt. Konsenswidrigkeit liegt jedenfalls auch dann vor, wenn einer gesetzmäßig vorgesehenen Anzeigepflicht für Änderungen nicht nachgekommen wurde. § 37 Abs. 4 Z 9 AWG 2002 sieht jedenfalls für sonstige Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, eine Anzeigeverpflichtung vor.

Die Erteilung des angefochtenen Maßnahmenauftrages gemäß § 62 Abs. 2 AWG 2002 war bereits deshalb erforderlich, weil nur dadurch die Erfüllung der missachteten oben ausgeführten Verpflichtungen im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 gewährleistet wird.

Im Sinne der Verhältnismäßigkeit des Entfernungsauftrages ist auszuführen, dass eine Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes durch nachträgliche Genehmigung der Zwischenlagerungen am Deponieareals nicht möglich ist, da die Errichtung UND der Betrieb eines Zwischenlagers genehmigungspflichtig ist. Für eine nachträgliche Genehmigung bietet das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 keine Rechtsgrundlage, sodass die gesetzwidrig errichteten, umfangreichen Zwischenlagerungen im Nachhinein nicht legalisiert werden können.

Da die Beschwerdeführerin vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides unbestritten mittels Verfahrensanordnung aufgefordert wurde, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand binnen einer festgesetzten Frist herzustellen und die Beschwerdeführerin diesem Auftrag nicht vollständig fristgerecht nachgekommen ist, wurde zu Recht bescheidmäßig die nachweisliche Entfernung des konsenswidrig eingebrachten Materials als Maßnahme zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes verfügt und die Vorlage sämtlicher Entsorgungsnachweise gefordert.

Eine zwischenzeitlich erfolgte, teilweise Herstellung des Zustandes, der dem angefochtenen Bescheid entspricht, ist grundsätzlich keine vom Landesverwaltungsgericht zu beachtende Veränderung des maßgeblichen Sachverhaltes. In einem solchen Fall darf die Sachlage nicht anders gesehen werden, als ob in der Zeit nach der Erlassung des Bescheides, mit dem die Verpflichtung zur Leistung ausgesprochen worden ist, nichts geschehen wäre (vgl. VwGH 30.08.1994, 94/05/0067).

Angemerkt wird deshalb, dass etwaige, zwischenzeitlich erfolgte (teilweise) Entfernungen des Materials den Entfernungsauftrag in dem Ausmaß von - wie im vorliegenden Fall ca. Abfälle im Ausmaß von ca. 17.361 m³ - nicht rechtswidrig macht. Zu berücksichtigen war - als im Beschwerdeverfahren relevante Sachverhaltsänderung -, dass das verfahrensgegenständliche Zwischenlager nunmehr lediglich 5.300 m³ umfasst und Entsorgungsnachweise über die zwischenzeitlichen Entfernungen der belangten Behörde auch vorgelegt wurden.

Da der konsenswidrige Betrieb der verfahrensgegenständlichen Bodenaushubdeponie aus der konsenslosen Errichtung bzw. dem Betrieb eines Abfallzwischenlagers resultiert, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift, ob eine Kollaudierungspflicht gemäß § 63 Abs. 1 AWG 2002 bestanden hat.

Aufgrund des Zeitablaufes der von der belangten Behörde festgelegten Paritionsfristen waren diese iSd § 59 Abs. 2 AVG neu festzusetzen. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, wonach die neu festgesetzten Fristen nicht ausreichend wären. Angesichts des nunmehrigen Umfanges des Entfernungsauftrages ist die gesetzte Frist objektiv geeignet, der Verpflichteten unter Anspannung aller ihrer Kräfte die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision in derartigen Fällen zB VwGH 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. zB VwGH 17. Oktober 2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Entfernungsauftrag; Bodenaushub; Deponie; Behandlungsanlage; Abfallbegriff;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.378.004.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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