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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §33 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Oktober 1995, Zl. 303.830/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. August 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 7. September 1995.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit 21. September 1995 datierte Berufung des Beschwerdeführers. Das
beigeheftete Kuvert weist einen Poststempel vom 25. September 1995 auf.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 1995 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ohne weiteres Verfahren zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, Berufungen seien gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Die Zustellung sei am 7. September 1995 erfolgt, während die Berufung erst am 25. September 1995, also verspätet, eingebracht worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der
belangten Behörde, wonach seine Berufung erst am 25. September 1995 eingebracht worden sei. Er bringt vor, er habe seine Mutter mit der Absendung der Berufung beauftragt. Diese habe den Schriftsatz am 21. September 1995 in den Briefkasten eingeworfen.
Für den Beginn des Postenlaufes gemäß § 33 Abs. 3 AVG ist es maßgeblich, wann ein Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird. Daraus folgt für den Fall des Einwurfes in einen Briefkasten, daß das Schriftstück, damit eine Frist gewahrt ist, am letzten Tag der Frist vor der letzten am Briefkasten vermerkten Aushebezeit eingeworfen werden muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1982, Zlen. 81/04/0136, 0149).
Die Berufungsbehörde ist bei Zurückweisung einer Berufung als verspätet aus dem Grunde des § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet, dem Berufungswerber die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Sie trägt das Risiko einer Bescheidaufhebung, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, ohne diese Feststellung dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung vorzuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, 92/07/0114, = Slg. 13.720/A).
Mit seinem oben wiedergegebenen Vorbringen legt der Beschwerdeführer die Relevanz des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels dar, indem er eine mögliche Unrichtigkeit der durch den Poststempel erfolgten Beurkundung, wonach das Schriftstück erst am 25. September 1995 in postalische Behandlung genommen worden sei, aufzeigt. Da nicht auszuschließen ist, daß die Behörde im Zuge der aufgrund dieser Darlegungen anzustellenden Erhebungen über die bei Einwurf der Sendung in den Postkasten angekündigte Aushebezeit zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, wird sie sich im fortgesetzten Verfahren mit diesem, nicht dem Neuerungsverbot unterliegenden Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen haben.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung wäre lediglich die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung erforderlich gewesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191717.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
03.06.2013