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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der T, in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995, Zl. 109.876/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 20. Oktober 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. September 1994, mit dem einem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht stattgegeben worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß der Unterhalt der Beschwerdeführerin durch das Einkommen ihrer "Bürgin" bestritten werden solle. Die "Bürgin" sei jedoch nicht die Tochter der Beschwerdeführerin, sondern eine dritte Person. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung ihres Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten, da die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Alters durchaus in der Lage wäre, im Bundesgebiet einer Beschäftigung nachzugehen und so ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Beschwerdeführerin habe sich auch offenkundig um keine Beschäftigung bemüht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird und über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 Fremdengesetz-FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Der Lebensunterhalt im Sinne dieser Gesetzesbestimmung kann durch hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen für die Aufenthaltsdauer gesichert erscheinen; ebenso sichert das Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen eine Person, die diesen infolge ausreichend eigenem Einkommens oder Vermögens in zureichendem Umfang erfüllen kann, den Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung. Aber auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt kann in der Lage sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine von der Beschwerdeführerin vorgelegte "Verpflichtungserklärung" bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich ein "Bürge" verpflichtet, FÜR DEN GESAMTEN LEBENSUNTERHALT der Beschwerdeführerin solange uneingeschränkt aufzukommen, bis sie dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde. Es ergibt sich aus dieser Urkunde nach ihrem Text der Wille des Dritten, den Unterhalt der Beschwerdeführerin (die diese Urkunde auch vorgelegt hat) zu sichern.
Die belangte Behörde hat diese Erklärung nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des sich Verpflichtenden nicht als unzureichend beurteilt. Die belangte Behörde hat sich ausschließlich darauf gestützt, daß die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung durch Dritte unglaubwürdig wäre. Welche Erwägungen dieser These zugrunde liegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden; ist doch die Begründung der belangten Behörde, "die Bürgin" (richtig: der Bürge) sei nicht die Tochter der Beschwerdeführerin, nicht nachvollziehbar. Da es sich bei der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Annahme, daß die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung durch Dritte unglaubwürdig wäre, keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgeblichen Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.
Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des als Schriftsatzaufwand gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerdeschrift nur in zweifacher Ausfertigung zu erstatten war.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191834.X00Im RIS seit
02.05.2001