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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §8Rechtssatz
Die Beschwerdelegitimation der anerkannten Umweltorganisation stützt sich - dem Urteil des EuGH vom 20. Dezember 2017, Rs C-664/15, Protect, folgend - in Anwendung des Art. 9 Aarhus-Konvention auf deren Rolle bei der Überprüfung der Einhaltung von unionsrechtlichem Umweltrecht; die Umweltorganisation hat insofern die sich aus unionsrechtlich bedingten Umweltschutzvorschriften ergebenden Interessen zu vertreten (vgl. VwGH 20.12.2019, Ro 2018/10/0010; VwGH 27.8.2021, Ra 2021/10/0139). Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung zur Umweltverträglichkeitsprüfung ausgesprochen, dass es dem nationalen Gesetzgeber zwar freisteht, Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs geltend machen kann, auf subjektive Rechte zu beschränken, doch kann eine solche Beschränkung nicht als solche auf Umweltverbände angewandt werden, weil dadurch die Ziele des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (betreffend den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht für "Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit") missachtet würden. Deshalb müssen die Umweltverbände zwingend die nationalen Rechtsvorschriften, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117 = VwSlg. 19.515 A; EuGH 15.10.2015, Rs C-137/14; EuGH 12.5.2011, Rs C-115/09; vgl. VwGH 18.5.2016, Ro 2015/04/0026 = VwSlg. 19.373 A; EuGH 16.4.2015, Rs C-570/13, Gruber). Diese Aussagen des EuGH beziehen sich "allgemein auf die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt" (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117). Auch im Fall, in dem die Umweltorganisation gestützt auf ihre Beschwerdelegitimation als "Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit" iSd Art. 9 Aarhus-Konvention in ihrem gegen die Bescheide der belangten Behörde erhobenen Rechtsmittel die Verletzung von Unionsumweltrecht, namentlich der FFH-RL, geltend macht, verbietet es sich daher, ihre Beschwerdelegitimation aus Gründen eines aus ihren subjektiven Rechten abgeleiteten Rechtsschutzinteresses einzuschränken; vielmehr ist eine Umweltorganisation in einem derartigen Verfahren unabhängig von der Frage einer Verletzung in subjektiven Rechten befugt, Verstöße gegen das Unionsumweltrecht zu beanstanden. Insofern unterscheidet sich die Rechtsstellung einer zur Überprüfung der Einhaltung des Unionsumweltrechtes berufenen Umweltorganisation von jener sonstiger Formalparteien, deren Beschwerdelegitimation nicht an subjektive Rechte geknüpft ist und bei denen nach der hg. Rechtsprechung dennoch ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommt (vgl. VwGH Ra 2018/10/0022; 20.12.2017, Ra 2017/10/0139).
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0115 Bund Umwelt / Naturschutz Deutschland VORABSchlagworte
Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020100101.L01Im RIS seit
02.05.2022Zuletzt aktualisiert am
02.05.2022