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L00153 LVerwaltungsgericht NiederösterreichNorm
B-VG Art135 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der R W in T, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Wiener Straße 46, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 26. Juli 2021, LVwG-AV-229/001-2020, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde T; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 2019 teilweise statt. Soweit im Revisionsverfahren noch relevant bestätigte es den Abbruchauftrag für ein Nebengebäude im Garten der Revisionswerberin, wobei es die Beschreibung des abzubrechenden Bauwerks wie folgt änderte: „das im gartenseitigen Bereich errichtete Bauwerk bestehend aus einem Stahltragsystem mit aus Glas geschlossenen Flächen sowie einem verglasten Pultdach, welches auf nördlicher, östlicher und westlicher Seite vollflächig geschlossen ist, mit den Maßen von ca 3,50 x 3,00 Meter und der Höhe von 2,25 bis 3,00 Meter, das unmittelbar an das Hauptgebäude grenzt“. Den zusätzlichen Auftrag der belangten Behörde „und den ursprünglichen bzw. ursprünglich bewilligten Zustand wiederherzustellen“, ließ es ersatzlos entfallen. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass das Bauwerk aufgrund der Ausmaße und der Konstruktion von Menschen betreten werden könne und dazu bestimmt sei, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. Es habe zu seiner korrekten Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und sei mit dem Boden kraftschlüssig verbunden. Rechtlich liege daher ein Gebäude vor, welches gemäß § 14 Z 1 Niederösterreichische Bauordnung 2014 bewilligungspflichtig sei. Mit Bescheid vom 13. Jänner 2020, berichtigt durch Bescheid vom 22. Jänner 2020, habe der zuständige Bürgermeister der Revisionswerberin unter anderem die nachträgliche Errichtung eines Glasdaches an der Nordseite des Hauses (Anmerkung: an dieser befindet sich das abzubrechende Nebengebäude) bewilligt. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Ein Verfahren zur Baubewilligung „zur Errichtung eines Wintergartens“ - bei dem es sich grundsätzlich um dasselbe Objekt wie das hier verfahrensgegenständliche handle, allerdings mit einem Abstand zum Hauptgebäude von ca. 5 cm - sei anhängig.
3 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, dass zum verfahrensgegenständlichen Objekt noch keine Bewilligung vorliege, weshalb der Abbruchauftrag zu erlassen sei. Auf das anhängige Bewilligungsverfahren komme es dabei nicht an.
4 Der Zuweisung des Aktes an den erkennenden Richter liege die Abnahme des Geschäftsfalles von der zuvor zuständigen Richterin durch eine Verfügung des Personal- und Geschäftsverteilungsausschusses zugrunde. Die Zuweisung an den erkennenden Richter sei erfolgt, weil er jener Richter gewesen sei, der die geringste Zuweisungszahl aufgewiesen habe.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, dass der erkennende Richter unzuständig gewesen sei. Die zuständige Richterin sei erkrankt und ihr seien sämtliche anhängigen Geschäftsfälle abgenommen worden. Diese hätten nach den allgemeinen Vertretungsregeln verteilt werden müssen, aber nicht an den erkennenden Richter zugeteilt werden dürfen, dem nach den Vertretungsregeln der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes 13 andere Richter vorgegangen wären.
10 Gemäß § 4 Abs. 2 NÖ Landesverwaltungsgerichtsgesetz dürfen einem Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes die ihm nach der Geschäftsverteilung zufallenden Geschäfte nur durch Verfügung des Personal- und Geschäftsverteilungsausschusses abgenommen werden, wenn es 1. verhindert ist und dies zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Geschäftsganges erforderlich ist oder 2. wegen des Umfangs der Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessen Frist gehindert ist. Diese einfachgesetzliche Regelung findet ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 135 Abs. 3 B-VG (vgl. sinngemäß VwGH 18.5.2020, Ra 2019/18/0354, mwN). Die Revisionswerberin bringt selbst vor, dass die zuständige Richterin erkrankt sei. Die Vertretungsregeln einer Geschäftsverteilung greifen regelmäßig für gewöhnliche Verhinderungen, nicht jedoch für eine längere Verhinderung, bei der ein ordnungsgemäßer Geschäftsgang nicht gewährleistet werden kann. Während im ersten Fall keine Aktenabnahme und Neuzuteilung zu erfolgen hat, ist im zweiten Fall die Aktenabnahme durch den Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss zu verfügen; die Neuzuteilung erfolgt nach § 5 Abs. 13 der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich. Die von der Revisionswerberin angesprochene Neuzuteilung nach den allgemeinen Vertretungsregeln findet in der Geschäftsverteilung keine Deckung.
11 Darüber hinaus bringt die Revision vor, dass das Glasdach mit nachträglichem Bescheid vom 22. Jänner 2020 bewilligt worden sei. Die Baubewilligung für das Glasdach sei bereits vor Beschwerdeerhebung erteilt worden, sodass die Voraussetzungen des Beseitigungsauftrages nicht mehr vorliegen würden. Eine Konsenswidrigkeit müsse sowohl im Zeitpunkt der Ausführung wie im Zeitpunkt der Bauauftragserteilung vorliegen. Inwiefern aus der Baubewilligung für das Glasdach auf eine konsensgemäße Ausführung des Nebengebäudes geschlossen werden könnte, legt die Revision jedoch nicht dar. Nachträglich bewilligt wurde (nur) ein Glasdach, aber kein Nebengebäude.
12 Die Revision war daher mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050158.L00Im RIS seit
02.05.2022Zuletzt aktualisiert am
10.05.2022