TE Vwgh Beschluss 2022/4/6 Ra 2022/13/0018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2022
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Baden Mödling in 2500 Baden bei Wien, Josefsplatz 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 5. Oktober 2021, Zl. RV/7103025/2019, betreffend Einkommensteuer 2017 (mitbeteiligte Partei: H S in T), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 3. Dezember 2018 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Mitbeteiligten für das Jahr 2017 fest. Es berücksichtigte dabei als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt zehn Lohnzettel der Gebietskrankenkasse (jeweils „Krankengelder“). Diese Lohnzettel umfassten den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Oktober 2017. Einer dieser Lohnzettel betraf den Bezugszeitraum „01.01.2017 bis 01.01.2017“ und wies Krankengelder von 30.334,50 € aus; unter Abzug von sonstigen Bezügen ergaben sich insoweit steuerpflichtige Bezüge von 26.001 €; ein weiterer dieser Lohnzettel betraf den Bezugszeitraum „02.01.2017 bis 28.02.2017“ mit steuerpflichtigen Bezügen (nach Abzug von sonstigen Bezügen) von 5.734,80 €. Im Rahmen der Schilderung der Lohnzettel verwies das Finanzamt darauf, dass Bezüge des Arbeitsmarktservice für den Zeitraum 1. November bis 31. Dezember 2017 nur für die Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehaltes) berücksichtigt worden seien. Tatsächlich wurden diese Bezüge - wie auch aus der Begründung des Bescheides hervorgeht - im Wege der „Kontrollrechnung“ nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 als steuerpflichtig behandelt.

2        Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte geltend, bei der Berechnung des Einkommens sei für den Bezugszeitraum „1.1.2017 bis 1.1.2017“ der Betrag von 30.334,50 € als Krankengeld angeführt; dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen.

3        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. April 2019 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Nach den von der Gebietskrankenkasse angeforderten Lohnzetteln handle es sich bei jenem Lohnzettel, der den Bezugszeitraum „01.01.2017 bis 01.01.2017“ betreffe, um rückwirkend zuerkanntes Rehabilitationsgeld ab 1. März 2016, das am 29. März 2017 ausbezahlt worden sei. Der Zufluss dieser Einnahmen (§ 19 EStG 1988) sei im Jahr 2017 erfolgt. Auch die übrigen Lohnzettel der Gebietskrankenkasse seien korrekt übermittelt worden.

4        Der Mitbeteiligte beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Er machte darin geltend, nachträglich ausbezahltes Rehabilitationsgeld sei zwar zum Zeitpunkt des Zuflusses der Besteuerung zu unterwerfen, gleichzeitig sei aber die Rückzahlung (im Wege der Legalzession nach § 23 Abs. 6 AlVG) des Arbeitslosengeldes gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen. Im Zuge der im Jahr 2017 erfolgten Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes für den Zeitraum 1. März 2016 bis 31. März 2017 in Höhe von 30.859,01 € netto seien von der Gebietskrankenkasse 14.867,58 € einbehalten und an das Arbeitsmarktservice erstattet worden. Zur Auszahlung gelangt sei lediglich ein Betrag von 15.991,43 €.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte den Einkommensteuerbescheid ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens traf das Bundesfinanzgericht folgende Sachverhaltsfeststellungen: Dem Mitbeteiligten sei im Jahr 2017 rückwirkend für den Zeitraum 1. März 2016 bis 31. März 2017 Rehabilitationsgeld in Höhe von 30.859,01 € zuerkannt worden. Von diesem Betrag seien vom Arbeitsmarktservice erhaltene Leistungen in Höhe von 14.867,58 € abgezogen worden; nur der Differenzbetrag von 15.991,43 € sei im Jahr 2017 an den Mitbeteiligten überwiesen worden.

7        Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 seien Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Lediglich mit Bescheid zuerkannte Nachzahlungen von Pensionen gälten nach der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 als in dem Kalenderjahr zugeflossen, für das der Anspruch bestehe. Das Rehabilitationsgeld (§ 143a ASVG) sei aber eine Leistung der Krankenversicherung. Die im Wege der Legalzession vorgenommene Rückzahlung des erhaltenen Vorschusses sei jedoch gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen. Es sei daher der zuerkannte Betrag an Rehabilitationsgeld um die gegenverrechneten Leistungen des Arbeitsmarktservice zu kürzen. Diese Werbungskosten seien ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag abzusetzen.

8        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Im Rahmen der Anfechtungserklärung führt die Revision aus, das Bundesfinanzgericht habe zwar zu Recht die im Wege der Legalzession vorgenommene Rückzahlung der erhaltenen Leistungsbevorschussung durch das Arbeitsmarktservice gemäß § 23 AlVG als Werbungskosten zum Abzug zugelassen, es habe jedoch zu Unrecht die im Streitzeitraum zugeflossene Leistungsbevorschussung gemäß § 23 AlVG für den Zeitraum 1. Jänner bis 6. Februar 2017 in Höhe von 2.015,02 € steuerlich unberücksichtigt gelassen. Zur Zulässigkeit der Revision (und auch im Rahmen des Vorbringens zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung) wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis stehe im klaren Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2018, Ro 2017/15/0025, wonach Leistungsbevorschussungen des Arbeitsmarktservice auf später zuerkanntes Rehabilitationsgeld gemäß § 23 Abs. 1 AlVG als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung (Rehabilitationsgeld) zu beurteilen seien.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, ohne weitere Gründe im Sinn des § 41 VwGG - wiederum als Ausfluss einer unrichtigen Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung - zu relevieren, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 29.6.2020, Ra 2020/16/0066; 11.5.2021, Ra 2021/02/0073; 26.5.2021, Ra 2021/13/0057, je mwN).

13       Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt war über eine (in der Anfechtungserklärung der Revision behauptete) Zahlung des Arbeitsmarktservice für den Zeitraum Jänner und Februar 2017 nicht zu entscheiden. Dass die getroffenen Feststellungen mangelhaft oder unvollständig wären, wird im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht geltend gemacht.

14       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022130018.L00

Im RIS seit

02.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten