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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Bayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des S I, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in 8054 Seiersberg-Pirka, Haushamer Straße 2/4. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2020, W195 2222349-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 26. August 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 15. Juli 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3377/2020-9 ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 In der Folge brachte der Revisionswerber die gegenständliche Revision ein.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn er vorbringt, er habe die konkrete Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung sehr wohl im Rahmen seiner Möglichkeiten dargelegt. Er habe nach seiner Flucht in Österreich nur über beschränkte Möglichkeiten verfügt, aus seinem Heimatland Beweismittel beizuschaffen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies nicht beachtet, sondern ein viel zu hohes Maß an Bescheinigungsverpflichtung auferlegt. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen des Revisionswerbers nicht sorgfältig geprüft und habe die Beweise antizipierend gewürdigt. Darüber hinaus sei das Parteiengehör des Revisionswerbers verletzt worden, da das Bundesverwaltungsgericht mehrfach von der Unglaubwürdigkeit des Revisionswerbers ausgegangen sei, ohne ihm dazu Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ohne selbst entsprechende Ermittlungen durchzuführen.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 15.4.2021, Ra 2021/14/0063, mwN).
11 Entgegen dem Revisionsvorbringen, wonach das Bundesverwaltungsgericht eine antizipierende Beweiswürdigung über ein vermutetes Ergebnis von noch nicht aufgenommenen Beweisen vorgenommen habe, erachtete das Bundesverwaltungsgericht das Fluchtvorbringen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte, als unglaubwürdig. Dabei setzte es sich mit dem vom Revisionswerber in den verschiedenen Einvernahmen erstatteten Vorbringen und Rückkehrbefürchtungen auseinander. Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Einschätzung auf näher dargelegte, nicht als unschlüssig anzusehende Überlegungen, die insbesondere auf die widersprüchlichen und sich im Hinblick auf das Fluchtvorbringen erheblich steigernden Angaben des Revisionswerbers abstellen. Der Revision gelingt es mit ihrem pauschal gehaltenen Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären.
12 Wenn der Revisionswerber im Zusammenhang mit den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts Ermittlungsmängel anspricht, wird die Relevanz der pauschal vorgeworfenen Verfahrensfehler nicht dargetan (vgl. zur Notwendigkeit der Relevanzdarstellung VwGH 31.1.2022, Ra 2021/14/0280 bis 0281, mwN). Im Übrigen besteht ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens des Asylwerbers durch Recherche im Herkunftsstaat nicht (vgl. VwGH 30.9.2021, Ra 2021/14/0016, mwN).
13 Der behauptete Verstoß gegen das Parteiengehör liegt in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht vor, weil keine Verpflichtung des Bundesverwaltungsgerichts bestand, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass in seiner Aussage Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil ausschlagen würden (vgl. wieder VwGH 30.9.2021, Ra 2021/14/0016, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020140360.L00Im RIS seit
02.05.2022Zuletzt aktualisiert am
24.05.2022