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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §1 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/19/0913 95/19/0914 95/19/0915Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des R P,
2. der M P, 3. der J P, und 4. des D P, alle in W, die dritt- und viertbeschwerdeführende Partei vertreten durch die Mutter und Zweitbeschwerdeführerin, diese und der Erstbeschwerdeführer vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 31. Juli 1995,
1.
Zl. 107.375/2-III/11/94, 2. Zl. 107.375/3-III/11/94,
3.
Zl. 107.375/5-II/11/94 und 4. Zl. 107.375/4-III/11/94, je betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) je vom 31. Juli 1995 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diese Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführer bis zum 30. Juni 1994 ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet "gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz" (gemeint aufgrund der gemäß §§ 12, 13 AufG ergangenen Verordnung BGBl. Nr. 368/1994) hatten. Die belangte Behörde vertrat nunmehr die Ansicht, daß die Beschwerdeführer nicht mehr als Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina zu behandeln seien (und damit nicht mehr der erwähnten Verordnung unterlägen), da sie einen Reisepaß der "FSRJ" erhalten hätten. Die Beschwerdeführer hätten somit einen "Erstantrag" gemäß § 6 Abs. 2 AufG aus dem Ausland zu stellen gehabt.
Abgesehen davon, daß die Ausstellung eines Reisepasses im genannten Sinn für die zweit-, dritt- und viertbeschwerdeführende Partei nicht aktenkundig ist - belegt ist nur die Antragstellung um Ausstellung eines Reisepasses für die zweitbeschwerdeführende Partei (die dritt- und viertbeschwerdeführende Partei sind im Reisepaß der zweitbeschwerdeführenden Partei eingetragen) bei der Botschaft der Bundesrepublik Jugoslawien in Österreich -, erweisen sich die angefochtenen Bescheide (auch) aus folgenden Erwägungen als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer verweisen zutreffend sinngemäß darauf, daß die belangte Behörde es unterlassen hat, Feststellungen über den Verlust der bosnisch-herzegowinischen Staatsbürgerschaft zu treffen. Nach dem Text der Verordnung BGBl. Nr. 368/1994 (insoweit gleichlautend auch die Verordnungen BGBl. Nr. 1038/1994 und BGBl. Nr. 389/1995) gewährt nämlich Österreich Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (§ 1 Abs. 1 der zitierten Verordnung). Wesentlich für das vorläufige Aufenthaltsrecht ist daher - neben den sonst normierten Voraussetzungen - das Vorliegen der Staatsbürgerschaft von Bosnien-Herzegowina, nicht aber der Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft. Schon im Hinblick auf die Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft (vgl. dazu näher die Bestimmungen der Republik Bosnien-Herzegowina über die doppelte Staatsbürgerschaft im Amtsblatt der Republik Bosnien-Herzegowina, Jahrgang I, Nr. 18 vom 7. Oktober 1992) bedarf daher der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung dahin, ob der Erstbeschwerdeführer die Staatsbürgerschaft Bosniens und der Herzegowina verloren hat, wobei die belangte Behörde die hiefür maßgeblichen Rechtsvorschriften (hier: der Republik Bosnien-Herzegowina) von Amts wegen zu ermitteln haben wird (vgl. § 4 IPRG).
Sollte nämlich der Erstbeschwerdeführer noch Staatsbürger dieses Staates sein, so wäre nach dem bisherigen Stand des Verfahrens davon auszugehen, daß er gemäß § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 389/1995 berechtigt wäre, den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG ausnahmsweise im Inland zu stellen; dies würde auch auf die übrigen beschwerdeführenden Parteien zutreffen, bei denen die Annahme der belangten Behörde, sie hätten die Staatsbürgerschaft Bosniens und der Herzegowina durch Ausstellung eines Reisepasses der "SFRJ" verloren, keine aktenmäßige Stütze gefunden hat.
Die bekämpften Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Einbringung der Beschwerde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zweifach genügt hätte und die Beilagen mit jeweils (nur) S 30,-- (pro Bogen) zu vergebühren waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190912.X00Im RIS seit
11.07.2001