TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/30 95/06/0245

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Veröffentlicht am 30.05.1996
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Index

L85007 Straßen Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art94;
LStG Tir 1989 §70 Abs2;
LStG Tir 1989 §70;
LStG Tir 1989 §74 Abs2;
VVG §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Oktober 1995, Zl. IIb1-L-2005/6-1995, betreffend Einwendungen gegen eine straßenrechtliche Bewilligung und Enteignung (mitbeteiligte Partei: Land Tirol, Landesstraßenverwaltung),

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Höhe der Entschädigung richtet, zurückgewiesen,

und

2. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt I und der Abschnitt "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, hat gemäß § 41 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, bei der Tiroler Landesregierung als Straßenbehörde um die Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben L 232 R-Straße, km 0,075 bis km 0,225, in Neustift angesucht und die Einlöse der für diesen Zweck benötigten Grundstücke sowie die Festsetzung der Entschädigungen hiefür im Wege von Übereinkommen oder der Zustimmung beantragt. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ n1 Grundbuch Neustift mit den Grundstücken Nr. n2/1, n3/1, n3/2, n3/4, n4/1 und n5, die von dem Straßenbauprojekt betroffen sind.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde auf Grund der am 12. Oktober 1995 durchgeführten örtlichen Verhandlung über das Ansuchen der Landesstraßenverwaltung "wie folgt:

I. Erteilung der Straßenbaubewilligung:

Dem Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, wird für das geplante Straßenbauvorhaben gemäß § 44 Abs. 3 TStG die Baubewilligung nach Maßgabe des vorliegenden Projektes erteilt.

II. Beurkundung über die zu leistenden Entschädigungen und die Parteienerklärungen:

Die für die eingelösten Grundflächen zu leistenden Entschädigungen werden wie folgt festgesetzt und die bei der mündlichen Verhandlung hiezu abgegebenen Parteienerklärungen beurkundet:

..."

In der Folge enthält der Bescheid unter den Überschriften "Einlagezahl-Grundstücksnummer", "beanspruchtes Ausmaß", "Bewertungsgrundlage" und "Entschädigung je Quadratmeter" Angaben betreffend Eigentümer und Grundstücksnummern, jedoch keine Angaben unter den Rubriken "beanspruchtes Ausmaß", "Bewertungsgrundlage" und "Entschädigung je Quadratmeter". (Einen ausdrücklichen Ausspruch betreffend die Enteignung oder "Einlösung" von Grundstücken oder Grundstücksteilen enthält der Bescheid nicht).

In der nicht näher ausgefüllten, nur die Namen von Eigentümern und Grundstücksnummern enthaltenden Übersicht ist unter "4." auch der Beschwerdeführer genannt.

Beim Beschwerdeführer ist vermerkt: "Beantragt wird eine Projektsänderung, sodaß die Bäume stehen bleiben. Auf die vorliegende "Rechtsverbindliche Erklärung" wird hingewiesen".

Unter der Überschrift Leistungsfristen und Nebenbestimmungen enthält der Bescheid auf Seite 5 unter anderem unter 2. "Grundstücke" folgende Feststellungen:

"Die Grundstücke sind ab Rechtskraft des Bescheides spätestens nach Erlag der Entschädigung zu überlassen."

In diesem Abschnitt sind unter den Punkten 3. und 4. weiters Aussagen betreffend die gerichtliche Hinterlegung des Entschädigungsbetrages für den Fall der Belastung der eingelösten Grundstücke und betreffend Entschädigungen für unbebaute Grundstücke enthalten. Dabei wird unter 4.b angeordnet, daß Differenzbeträge binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe des Vermessungsergebnisses von der Straßenverwaltung zu zahlen und nach näheren Maßgaben zu verzinsen seien. Weiters werden Erhaltungspflichten bezüglich Ver- und Entsorgungsanlagen statuiert.

Unter der Überschrift "Gründe" enthält der Bescheid die folgenden Ausführungen:

"Die durchgeführte mündliche Verhandlung ergab, daß bei projektsgemäßer Ausführung unter den im Spruch angeführten Auflagen in öffentlicher Hinsicht keine Bedenken gegen das Straßenbauvorhaben der Landesstraßenverwaltung bestehen.

Die Voraussetzungen zur Erteilung der Straßenbaubewilligung waren sohin gegeben."

Gegen diesen Bescheid (zur Gänze) richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Hinblick auf das dem Beschwerdeführer aus § 43 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz erwachsende Recht, Änderungen des Straßenbauvorhabens zu beantragen, sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Hinblick auf das Vorliegen einer entschädigungslosen Enteignung geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat eine Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgegeben, aber keine Gegenschrift erstattet und auch die Akten nicht vorgelegt. Die Tiroler Landesregierung hat jedoch in ihrer Eigenschaft als Organ der mitbeteiligten Partei eine Gegenschrift erstattet, in der darauf hingewiesen wird, daß anläßlich der Baubewilligungsverhandlung am 12. Oktober 1995 dem Beschwerdeführer das Projekt ausführlich erläutert und die in Anspruch zu nehmende Fläche bzw. zwangsläufig vorzunehmende Schlägerung der Gehölzreihe begründet worden sei. Es sei darauf hingewiesen worden, daß eine Änderung des Projektes "in Richtung Verringerung der Grundinanspruchnahme bzw. Einbeziehung der Gehölzreihe in das Bauvorhaben" nicht möglich sei. Ergänzend weist die mitbeteiligte Partei darauf hin, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für sein Grundstück eine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben habe, im Zuge eines Grundeinlöseverfahrens nach dem Tiroler Straßengesetz der Gemeinde Neustift den unbedingt erforderlichen Grund für eine ensprechende Straßenverbreiterung samt Gehsteig auf der derzeitgen Straßentrasse unterhalb des Friedhofes Neustift abzutreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Ausspruch betreffend die Erteilung der Bewilligung nach § 44 Abs. 3 Tiroler Straßengesetz 1989:

1.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem deshalb, weil die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen lasse, weshalb die vom Beschwerdeführer beantragte Projektänderung verworfen wurde. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei deshalb hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers unüberprüfbar und verstoße gegen die Bestimmungen der §§ 58 Abs. 2 AVG und 43 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz.

Der Beschwerdeführer ist mit diesem Vorbringen im Recht.

Der angefochtene Bescheid enthält zur Begründung für die Nichtberücksichtigung des Antrages des Beschwerdeführers nur den oben wiedergegebenen Satz betreffend das Fehlen von Bedenken gegen die Ausführung des Straßenbauvorhabens.

1.2. § 43 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, lautet:

"§ 43

Rechte der betroffenen Grundeigentümer

(1) Die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein im Privatrecht begründetes dingliches Recht, das zum Gebrauch oder zur Nutzung des Grundstückes berechtigt, oder als Teilwaldberechtigten ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht zusteht, können eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse - unbeschadet des § 44 Abs. 4 - und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann.

(2) Die Behörde hat bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung einem Antrag nach Abs. 1 Rechnung zu tragen, soweit die beantragte Änderung

a)

den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entspricht und

b)

mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann.

Die Behörde hat bei der Beurteilung eines Antrages nach Abs. 1 die aus der beantragten Änderung sich ergebende Beanspruchung anderer Grundstücke angemessen zu berücksichtigen."

§ 44 Abs. 4 leg. cit. lautet:

"(4) Soweit die Trasse einer Straße durch die Festlegungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes bestimmt ist, ist die Behörde bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung daran gebunden."

1.3. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen das von der Landesstraßenverwaltung beantragte Bauvorhaben nur - entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers - unter Beseitigung jener Bäume möglich sei, die nach dem Wunsch des Beschwerdeführers erhalten bleiben sollen. Dies insbesondere deshalb, weil keinerlei Bezugnahme auf ein Projekt und auf allenfalls mögliche Alternativen der Ausführung enthalten ist.

1.4. Nach § 37 AVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Nach § 39 Abs. 2 AVG hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnung enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der im II. Teil des AVG enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird.

Nach § 59 Abs. 1 erster Satz AVG hat der Spruch des Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit ... in möglichst gedrängter deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen zu erledigen.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet hat, des weiteren muß aus der Begründung des Bescheides hervorgehen, ob die Behörde die Grundlage ihrer Entscheidung in einem einwandfreien Verfahren gewonnen hat und ob die von der Behörde gezogenen Schlüsse dem Gesetz folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. März 1978, Zl. 1211/77 ua).

Die Begründungserfordernisse nach § 58 Abs. 2 und § 60 AVG schließen nach Lehre und Rechtsprechung (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse Slg. Nr. 206/A und Slg. Nr. 8619/A, sowie die Ausführungen bei Mannlicher-Quell, 318 f) auch die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1980, Zl. 2583/77, vom 27. November 1985, Zl. 84/11/0169, und vom 13. Februar 1987, Zl. 86/18/0253 ua).

Ist die Mangelhaftigkeit der Begründung eines vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wesentlich, dann ist der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Begründungslücken sind nach der hg. Rechtsprechung dann wesentlich, wenn sie zur Folge haben, daß der Beschwerdeführer über die von der Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1956, Zl. 504/55, vom 3. April 1963, Zl. 1788/62, vom 28. März 1980, Zl. 2145/78, vom 22. September 1980, Slg. Nr. 10232/A, vom 8. April 1983, Zl. 82/17/0005 ua, und vom 11. April 1983, Zl. 82/10/0086 ua).

1.5. Der vorliegende Bescheid ermöglicht dem Verwaltungsgerichtshof keine Überprüfung des Ausspruches über die Erteilung der straßenrechtlichen Bewilligung auf seine Rechtmäßigkeit in dem dargestellten Sinn. Er war daher schon aus diesem Grund hinsichtlich des Teiles "I." wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

2. Zu den übrigen Aussprüchen (im Zusammenhang mit Enteignungen):

2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid ohne Einschränkung unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes weiters mit dem Hinweis, daß im Hinblick darauf, daß keine Entschädigung für die Grundeigentümer festgesetzt wurde, eine entschädigungslose Enteignung vorliege, die gegen §§ 65 ff Tiroler Straßengesetz verstoße.

2.2. Soweit damit mit der Beschwerde auch die Festsetzung einer Entschädigungssumme für eine Enteignung nach dem Tiroler Straßengesetz bekämpft wird, ist die Beschwerde im Hinblick auf § 74 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz zurückzuweisen. Gemäß dieser Bestimmung kann der Enteignete binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides, mit dem die Vergütung festgesetzt wird, deren Neufestsetzung beim örtlich zuständigen Bezirksgericht beantragen. Gemäß § 74 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz tritt der Bescheid mit Anrufung des Bezirksgerichts hinsichtlich des Ausspruches über die Vergütung außer Kraft. Aufgrund dieser damit eingeräumten Möglichkeit, im Wege der sogenannten sukzessiven Kompetenz eine Entscheidung des Gerichtes über die Entschädigung zu erlangen, ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert, hinsichtlich der Entschädigungsfrage eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 93/06/0203, mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für den Fall, daß die Entschädigung mit null festgesetzt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zlen. 96/05/0040 und 0041).

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2.3. Soweit der Beschwerdeführer aber den Bescheid aufgrund der Anfechtung ohne Einschränkung auch hinsichtlich der unter der Überschrift "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" enthaltenen Teile in Spruchpunkt II bekämpft, ist die Beschwerde zulässig, da diese Nebenbestimmungen die Modalitäten der Durchführung einer Enteignung, die Kosten der Durchführung sowie selbständige Aussprüche über Verpflichtungen des Beschwerdeführers enthalten. Ungeachtet des Umstandes, daß der Bescheid selbst keine Enteignung ausspricht, können diese Bescheidteile normative Wirkung entfalten und in Rechtskraft erwachsen (siehe näher unten).

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu zwei ähnlich aufgebauten Bescheiden im Zusammenhang mit Straßenbauvorhaben in Tirol ausgesprochen hat, enthält ein Bescheid, wie er im Beschwerdefall vorliegt, keinen Ausspruch über eine Enteignung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/06/0127, und vom 23. Februar 1995, Zl. 95/06/0021). Ungeachtet dessen enthält dieser Bescheid jedoch unter der Überschrift "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" weitere Verpflichtungen sowohl des mitbeteiligten Landes (die von der Verpflichtung zur Entschädigungsleistung zu unterscheiden sind) als auch des Beschwerdeführers (vgl. Z 7 betreffend die Erhaltung von Versorgungseinrichtungen). Hinsichtlich dieser Aussprüche ist auch - sieht man von dem Ausspruch über allenfalls zu leistende Differenzbeträge ab, der als Teil der Festsetzung der Entschädigung gedeutet werden könnte - keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (wie für die Frage der Festsetzung der Entschädigungshöhe) gegeben. Die Beschwerde ist daher insoweit zulässig. Die Beschwerde ist auch nicht insoweit, als sie sich gegen eine Enteignung richtet, wie sie in den beiden genannten Erkenntnissen unter Hinweis darauf, daß der Bescheid keine Enteignung verfüge, vorgenommen wurde, zurückzuweisen, da die Beschwerde gegen den - unklaren - Bescheid als solchen gerichtet ist und nicht explizit gegen eine "Enteignung" Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch im Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/06/0127, ungeachtet der Zurückweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen eine Enteignung richtete, der angefochtene Bescheid zur Gänze aufgehoben wurde, die Zulässigkeit der Beschwerde gegen jene Spruchteile, die im vorliegenden Bescheid jenen im Abschnitt "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" entsprechen, also bejaht wurde.

2.4. Der Bescheid läßt nicht erkennen, auf welchen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Überlegungen diese Aussprüche beruhen. Daher leidet der Bescheid auch insoweit - aus den oben unter 1.4. näher dargestellten Gründen - im Hinblick auf die unzureichende Begründung an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Daran ändert auch das von der mitbeteiligten Partei erstattete Vorbringen bezüglich der Verpflichtungserklärung des Beschwerdeführers betreffend die Grundabtretung nichts. Der Umstand, daß eine Partei sich allenfalls zivilrechtlich zur Einräumung bestimmter Rechte verpflichtet hat, ändert nichts an den Erfordernissen, denen (Enteignungs-)Bescheide entsprechen müssen, wenn - wie dies im Beschwerdefall gegeben ist - aufgrund möglicherweise gegen die Vereinbarung oder Zusage verstoßenden Handelns des Verpflichteten die Führung eines Enteignungsverfahrens notwendig wurde, das mit Bescheid abgeschlossen wird. Es ist daher auch nicht näher auf den rechtlichen Gehalt der vorgelegten Erklärung einzugehen (in der auf ein Grundeinlösungsverfahren nach dem Tiroler Straßengesetz verwiesen wird, sodaß das Vorliegen einer zivilrechtlichen Verpflichtung bestritten werden könnte).

2.5. Eine solche Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist insbesondere auch gegeben, wenn man den Bescheid (mit den beiden oben zitierten Erkenntnissen) nicht als Enteignungsbescheid (im engeren Sinn) versteht, sondern den Bescheidinhalt dahingehend deutet, daß die Behörde lediglich an eine in einem anderen Bescheid verfügte Enteignung anknüpfen wollte. Diesfalls wäre in der Begründung der Hinweis auf eine solche Enteignung erforderlich gewesen. Der Bescheid ist auch insoweit (selbst im Zusammenhang mit der Begründung, die zu den hier erörterten Aussprüchen im Zusammenhang mit Enteignungen keinerlei Ausführungen enthält) völlig unverständlich, sodaß eine Überprüfung, ob Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden, auch in dieser Beziehung nicht erfolgen kann. Daraus folgt jedoch, daß zur Vermeidung etwaiger Bindungswirkungen auch die übrigen Teile des Bescheides aufzuheben sind. Auch unklare, aus sich selbst allein nicht verständliche Spruchteile entfalten normative Wirkung und können daher in Rechtskraft erwachsen (vgl. zur Rechtskraft eines wie ein Hinweis formulierten, nicht zwingend erforderlichen Spruchteiles eines Abgabenbescheides das hg. Erkenntnis vom 15. September 1995, Zl. 95/17/0106). Sie sind daher gegebenenfalls, wenn sie in Rechte des Beschwerdeführers eingreifen und den Anforderungen der §§ 59 und 60 AVG nicht entsprechen, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Zu der unter 4.b enthaltenen Formulierung, daß "Differenzbeträge binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe des Vermessungsergebnisses" von der Straßenverwaltung zu bezahlen seien, hat der Verwaltungsgerichtshof im übrigen schon im Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 92/06/0265, ausgesprochen, daß sie eine Unklarheit hinsichtlich des Bescheidwillens bezüglich des Umfangs der Enteignung erkennen lasse, wenn - wie im damaligen Beschwerdefall - das Ausmaß der zu enteignenden Fläche in der mündlichen Verhandlung anders als im Wertschätzungsgutachten angegeben werde; in ähnlicher Weise ist im vorliegenden Fall eine Unklarheit gegeben, da nicht feststeht, ob der angefochtene Bescheid etwa in Verbindung mit einem anderen Bescheid eine Enteignung verfügt und für den Ausspruch in diesem weiteren Bescheid auch der in Rede stehende Spruchteil (was den Umfang der Enteignung anlangt, also nicht nur bezüglich der Höhe der Entschädigung) normative Bedeutung erlangen könnte. Aus diesem Grunde war auch der Abschnitt "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" in Spruchteil II. wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze aufzuheben.

2.6. Dieser Verfahrensmangel war ungeachtet des Umstandes, daß in der Beschwerde hinsichtlich der Aussprüche im Zusammenhang mit einer Enteignung lediglich Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wurde, im Rahmen des Beschwerdepunktes von Amts wegen aufzugreifen, da der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides im Rahmen der Beschwerdepunkte nicht auf bestimmte Aufhebungsgründe im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGG, insbesondere nicht auf die in der Beschwerde konkret geltend gemachten, beschränkt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1965, Slg. Nr. 6649/A).

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG hinsichtlich des Spruchpunktes I und des Abschnittes "Leistungsfristen und Nebenbestimmungen" in Spruchpunkt II aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.416/1994.

5. Mit der Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche EntscheidungenGutachten Beweiswürdigung der BehördeBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinSpruch und BegründungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelInhalt des Spruches DiversesRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995060245.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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