TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/30 95/19/1464

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Veröffentlicht am 30.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der B S, vertreten durch die Mutter V S, diese vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1995, Zl. 303.287/3-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe über einen bis 5. November 1993 befristeten Sichtvermerk verfügt. Auf Grund ihrer aufrechten polizeilichen Meldung stehe fest, daß sie auch nach Ablauf ihres Sichtvermerkes das Bundesgebiet nicht verlassen habe, sondern sich seither illegal im Inland aufhalte. Daraus folge, daß sie ihren Antrag nicht vor ihrer Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt habe. Der Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG sei daher nicht Genüge getan. Aus ihrem illegalen Aufenthalt sei abzuleiten, daß sie nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für den geordneten Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren. Damit liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem von ihrer gesetzlichen Vertreterin in Belgrad unterfertigten Bewilligungsantrag als derzeitigen Wohnsitz eine Adresse in Jugoslawien angegeben. Auch in der Vollmachtsvorlage ihres Rechtsvertreters (Seite 4 des Verwaltungsaktes) und in ihrer Berufung gab die Beschwerdeführerin an, im Ausland aufhältig zu sein.

Die belangte Behörde war daher nicht berechtigt, ohne weitere Erhebungen und ohne Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Tatsachenvorbringen der Beschwerdeführerin allein auf Grund deren aufrechter polizeilichen Meldung von einem bestehenden Aufenthalt im Inland auszugehen.

Die belangte Behörde wäre im Hinblick auf die erstmalige Heranziehung der von ihr gebrauchten Abweisungsgründe gemäß § 45 Abs. 3 AVG auch verpflichtet gewesen, ihre diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse der Beschwerdeführerin vorzuhalten. Da sie dies unterließ, unterliegt das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei "im fraglichen Zeitraum" in Jugoslawien zur Schule gegangen und habe sich nicht in Österreich aufgehalten, die aufrechte polizeiliche Meldung beruhe auf der irrtümlichen Unterlassung einer Abmeldung durch ihren gesetzlichen Vertreter, nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sondern legt in geeigneter Weise die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels dar. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung wäre lediglich die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung erforderlich gewesen.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191464.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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