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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. August 1995, Zl. 401.264/11-2.2/95, betreffend Feststellung der Dienstpflicht zur Befolgung einer Weisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberstleutnant des Bundesheeres in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde von der belangten Behörde mit Wirksamkeit vom 30. Mai 1994 zum Kommandanten des österreichischen UN-Bataillones im Rahmen der UN-Disengagement Observer Force (UNDOF) (Einsatz im Bereich der Golanhöhen) mit den ihm nach § 4 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1990 zukommenden Rechten und Pflichten bestellt und wurde im beschwerdegegenständlichen Zeitraum in dieser Eigenschaft verwendet. Vorgesetzter dieser entsendeten Einheit im Sinne des § 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juni 1965 über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173 (in der Folge kurz: BVG-A) war ObstltdG M, der vorliegendenfalls ebenfalls im Rahmen von UNDOF als Offizier im Stab des Force Commander verwendet wurde (das ist der Befehlshaber dieser dort eingesetzten UN-Kräfte; die in den Akten wiederholt gebrauchte Abkürzung "HQ" bedeutet Head Quarter bzw. Hauptquartier).
Mit Erlaß der belangten Behörde vom 29. Oktober 1991 wurde die Kompetenzzuordnung des Vorgesetzten im Sinne des § 2 BVG-A für die österreichischen Kontingente in den Einsatzgebieten Zypern und Golan neu gefaßt. Es heißt darin unter anderem:
"1.
In jedes der Einsatzgebiete ist nur EINE Einheit (geschlossener Standeskörper) entsandt, für welches das BVG (BGBl. 173/1965) nur EINEN "Vorgesetzten" vorsieht.
Die Führungsaufgaben zur Erfüllung des UN-Mandates liegen jedoch EINDEUTIG beim bestellten BKDT, der sich hiezu seines Führungs- und Fachstabes bedienen muß.
2.
Der Bundesminister für Landesverteidigung ernennt den Vorgesetzten der entsendeten Einheit (in weiterer Folge "Vorgesetzter" genannt).
3.
Der "Vorgesetzte" für die zur Hilfeleistung ins Ausland gem. BVG entsandten Einheit (Kontingent) ist Disziplinarvorgesetzter des Bataillonskommandanten und damit zugleich innerhalb des UN-Kontingentes die Disziplinarebene 2. Instanz für Disziplinarstrafen, die vom Bataillonskommandanten ausgesprochen werden.
4.
Er ist der ranghöchste Repräsentant des österr. UN-Kontingents gegenüber dem UN/HQ in ALLEN NATIONALEN Angelegenheiten, welche zwischen der Republik Österreich als Entsendestaat und dem Generalsekretariat der Vereinten Nationen zu entscheiden sind (so z.B. auch im UN/HQ in Fragen der Personalplanung und der nationalen Repräsentanz) und in dieser Eigenschaft zur Berichterstattung an das BMLV ermächtigt bzw. verpflichtet.
5.
Er hat einen allenfalls notwendigen dienstlichen Verkehr mit jenen österr. Vertretungsbehörden wahrzunehmen, die bei den Mandatsparteien der UN-Force akkreditiert sind.
6.
Der "Vorgesetzte" delegiert die UN-Funktion des "Contingent Commander" an den bestellten Bataillonskommandanten, die dieser zur Erfüllung des UN-Mandates als konkrete Maßnahmen der Truppenführung und Versorgung benötigt.
Der BKdt hat den "Vorgesetzten der ents. Einheit" bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.
..."
Unter Hinweis auf diesen Erlaß ordnete der Vorgesetzte der entsendeten Einheit, ObstltdG M., mit Schreiben vom 25. August 1994 unter anderem (soweit für den Beschwerdefall erheblich) an:
"2. Ich uebertrage die Weisungsbefugnis, die zur Erfuellung des UN-Auftrages gemaesz Standing Operations Procedures durch AUSBATT notwendig ist, an den Kdt AUSBATT. Davon unberuehrt sind die Befugnisse der Vorgesetzten der Oesterreicher im HQ Element. Weiters wird der Kdt AUSBATT als Stellvertreter des Vorgesetzten der entsendeten Einheit eingeteilt.
3. Ich behalte mir folgendes vor:
3.1 Disziplinarbefugnisse des Vorgesetzten der entsendeten Einheit.
3.2 Vertretung nationaler Angelegenheiten gegenueber dem Force Commander bzw. UN NEW YORK.
3.3 Verbindung zu den oesterreichischen Vertretungsbehoerden im Mandatsgebiet.
3.4 Personalplanung im HQ UNDOF, wobei der Kdt HQ Element und S1 Abteilung AUSBATT unterstuetzen.
4. Besondere Weisungen: ..."
4.1. Der Kdt AUSBATT ist verantwortlich fuer die Information des Vorgesetzten der entsendeten Einheit. Ziel ist ein Informationsgleichstand in allen wichtigen, die entsendete Einheit betreffenden, nationalen Angelegenheiten.
4.2. Besondere Vorfaelle, die die entsendete Einheit in irgendeiner Weise betreffen koennten und wo eine nachfolgende Befassung des Vorgesetzten der entsendeten Einheit moeglich erscheint, sind dem Vorgesetzten unverzueglich zu melden.
..."
Mit (schriftlichem) Befehl vom 14. Jänner 1995 ordnete der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einen Befehl des Force Commander vom 29. Juli 1994 mit näherer Begründung an, daß - österreichische - Angehörige des Hauptquartieres bestimmter Personengruppen bestimmte Dienste (Offizier vom Tag bzw. Wachkommandant) zu verrichten hätten. Dieser Befehl wurde vom Vorgesetzten der entsendeten Einheit, ObstltdG M., offensichtlich zunächst mündlich und sodann, über mündlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Jänner 1995, mit schriftlichem Befehl vom 24. Jänner 1995 aufgehoben. Darin wird unter anderem die Auffassung vertreten, daß der Befehl des Beschwerdeführers "zur Einteilung zusätzlichen Personals (nur österreichisch) des HQ UNDOF" unzulässig und aufzuheben sei; "Befehle zur Erfüllung des Auftrages von UNDOF erhalten die österreichischen Angehörigen des HQ UNDOF Elementes ausschließlich vom FC, COS, Branchhead bzw. sonstiger Vorgesetzter im HQ UNDOF".
Mit schriftlicher Eingabe vom selben Tag an die belangte Behörde beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das DVG die bescheidmäßige Feststellung, ob die Befolgung dieses schriftlichen Befehles zu seinen Dienstpflichten gehöre. Darin vertrat er insbesondere die Auffassung, daß er Befehle, welche die Führung des Bataillons zur Erfüllung des UN-Auftrages beträfen, nur vom Force Commander - UNDOF entgegenzunehmen habe. Der Befehl des Vorgesetzten der entsendeten Einheit vom 24. Jänner 1995 sei daher von einem unzuständigen Organ ergangen, sei sachlich unrichtig und inhaltlich falsch; die Aufhebung des Bataillonsbefehles vom 14. Jänner 1995 könnte nur vom Force Commander und nicht vom Vorgesetzten der entsendeten Einheit befohlen werden. Im Verfahren vor der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt näher aus und berief sich dabei unter anderem auch auf das Abkommen BGBl. Nr. 60/1966, welches auch vorliegendenfalls anzuwenden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 festgestellt, daß die Befolgung des Befehles vom 24. Jänner 1995, mit dem die Aufhebung des Bataillonsbefehles vom 14. Jänner 1995 angeordnet worden sei, zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehöre.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges unter Hinweis auf die §§ 2 und 3 des BVG-A ausgeführt, § 3 leg. cit. regle in eindeutiger Weise, wie bei widersprechenden Weisungen des nationalen und internationalen Vorgesetzten vorzugehen sei. Unmißverständlich werde dabei klargestellt, daß die Weisung des Vorgesetzten Priorität habe. Aus der Formulierung des ersten Satzes des § 2 leg. cit. ergebe sich auch, daß das Weisungsrecht des Vorgesetzten der entsendeten Einheit in keiner Weise, das Weisungsrecht des internationalen Vorgesetzten jedoch hinsichtlich der Verwendung der Einheit eingeschränkt sei. Auch der vom Beschwerdeführer bezogene Erlaß vom 29. Oktober 1991 stehe zu den Bestimmungen des BGV-A nicht in Widerspruch. Es sei zwar richtig, daß nach diesem Erlaß die Führungsaufgaben zur Erfüllung des UN-Mandantes eindeutig dem bestellten Bataillonskommandanten oblägen, eine Einschränkung des Weisungsrechtes des Vorgesetzten werde dadurch jedoch nicht vorgenommen, was auch rechtlich nicht möglich wäre. Zweck der Bestimmung in diesem Erlaß sei es, die Kommandantenverantwortlichkeit des bestellten Bataillonskommandanten klar herauszustreichen. Dem Vorgesetzten der entsendenten Einheit bleibe es jedoch weiterhin unbenommen, die erforderlichen Weisungen im Sinne des § 45 Abs. 1 BDG 1979 zu erteilen. Er handle dabei in Erfüllung seiner Dienstpflichten.
Gemäß Annex II Z. 26 des Notenwechsels über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Dienst österreichischer Kontingente im Rahmen der Streitkräfte der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens in Zypern, BGBl. Nr. 60/1966, erhielten die Angehörigen der Streitkräfte ihre Weisungen ausschließlich vom Kommandanten der Streitkräfte (Force Commander) auf dem von ihm bestimmten Befehlsweg. Dieser Staatsvertrag werde auch für das österreichische Kontingent UNDOF angewendet. Diese Bestimmung sei jedoch in einem Staatsvertrag enthalten, der im Range eines einfachen Bundesgesetzes in die österreichische Rechtsordnung übernommen worden sei. Er stehe somit im Stufenbau der Rechtsordnung unter dem BVG-A und könne dieses nicht abändern. Die Bestimmungen des BVG-A über die Vorgangsweise bei widersprechenden Weisungen von nationalen und internationalen Vorgesetzten hätten somit Vorrang.
Nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 habe der Beamte, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt sei, die Weisung seiner Vorgesetzten zu befolgen. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer mit widersprechenden Weisungen des nationalen und des internationalen Vorgesetzten konfrontiert gewesen. Aus dem Gesagten ergebe sich eindeutig die Verpflichtung, die Weisungen des nationalen Vorgesetzten zu befolgen, der auch keineswegs ein unzuständiges Organ im Sinne des § 44 Abs. 2 BDG 1979 gewesen sei, weil er mit der Dienst- und Fachaufsicht im Sinne des § 44 Abs. 1 leg. cit. betraut gewesen sei. Ein Recht zur Ablehnung der Befolgung seiner Weisung habe daher nicht bestanden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Streitteile haben, teils über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, jeweils einen weiteren Schriftsatz eingebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist. Nach Abs. 2 leg. cit. kann der Beamte die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Nach Abs. 3 hat der Beamte, wenn er eine Weisung eines vorgesetzten Beamten aus einem anderen Grund für rechtswidrig hält und wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
Die §§ 2 bis 4 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juni 1965 über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173, lauten (§ 2 auszugsweise):
"§ 2. (1) Für jede gemäß § 1 in das Ausland entsendete Einheit ist ein Vorgesetzter zu bestellen. Die Bestellung des Vorgesetzten obliegt dem zuständigen Bundesminister, wenn
a)
die Einheit ausschließlich aus Personen besteht, die seiner Weisungsbefugnis unterliegen oder dem Personalstand seines Verwaltungsbereiches angehören, oder
b)
die Einheit ausschließlich auf einem Sachgebiet tätig werden soll, das in den Zuständigkeitsbereich des betreffenden Bundesministeriums fällt.
In den übrigen Fällen obliegt die Bestellung des Vorgesetzten der Bundesregierung.
(2) Der Vorgesetzte ist berechtigt, den Mitgliedern der Einheit im Ausland Weisungen (Artikel 20 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929) zu erteilen und die ihm zustehende Weisungsbefugnis anderen Mitgliedern der Einheit zu übertragen. Inwieweit der Vorgesetzte bei der Verwendung der Einheit selbst an die Weisungen (Artikel 20 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung 1929) der Organe einer internationalen Organisation gebunden ist und inwieweit Organe einer solchen Organisation den Mitgliedern der Einheit (§ 1) unmittelbar Weisungen für die Verwendung erteilen dürfen, bestimmt sich nach dem zwischen der Republik Österreich und der internationalen Organisation über die Hilfeleistung abgeschlossenen Staatsvertrag. Liegt kein solcher Staatsvertrag vor oder enthält der Staatsvertrag keine oder keine ausreichenden Bestimmungen über die Verwendung der Einheit, so hat die Bundesregierung dem Vorgesetzten Weisungen für die Verwendung der Einheit zu erteilen.
...
§ 3. Die Mitglieder der Einheit sind verpflichtet, den Weisungen des Vorgesetzten und hinsichtlich der Verwendung nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 auch den Weisungen der internationalen Organisation im Ausland Folge zu leisten. Widersprechen einander Weisungen des Vorgesetzten und unmittelbar erteilte Weisungen der internationalen Organisation, so haben die betroffenen Mitglieder der Einheit die Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen. Sie haben jedoch den Vorgesetzten unverzüglich von den widersprechenden Weisungen der internationalen Organisation in Kenntnis zu setzen. Der Vorgesetzte hat unverzüglich mit den Organen der internationalen Organisation, die die widersprechende Weisung erteilt haben, zum Zwecke der Beseitigung des Widerspruches Fühlung zu nehmen.
§ 4. Die nach österreichischen Rechtsvorschriften bestehende organisatorische Unterordnung von Mitgliedern der Einheit gegenüber ihren Vorgesetzten im Inland ruht auf die Dauer der Tätigkeit im Ausland."
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens berufen sich weiters auf eine Bestimmung des Anhanges II zum Notenwechsel über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Dienst österreichischer Kontingente im Rahmen der Streitkräfte der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens in Zypern, BGBl. Nr. 60/1966. Es handelt sich bei diesem Anhang II um die Dienstvorschriften für die Streitkräfte der Vereinigten Nationen in Zypern vom 25. April 1964; der bezogene Punkt 26 lautet in deutscher Sprache:
"W e i s u n g e n . In Ausübung ihrer Pflichten erhalten die Angehörigen der Streitkräfte ihre Weisungen ausschließlich vom Kommandanten und auf dem von ihm bestimmten Befehlsweg."
Der Beschwerdeführer vertritt zusammenfassend die Auffassung, seine Berechtigung, mit dem strittigen Bataillonsbefehl vom 14. Jänner 1995 österreichische Angehörige des Hauptquartieres zu bestimmten Dienstleistungen zu verhalten, ergebe sich aus dem bezogenen Befehl des Force Commander vom 29. Juli 1994, den er mit diesem Bataillonsbefehl umgesetzt habe. Gemäß Z. 26 der Dienstvorschriften, die auch vorliegendenfalls anzuwenden seien, erhalte er seine Weisungen ausschließlich vom Force Commander, sodaß der Vorgesetzte der entsendeten Einheit schon deshalb nicht berechtigt gewesen sei, seinen Befehl aufzuheben. Sofern ein Widerspruch zwischen diesem Punkt der Dienstvorschrift und den §§ 2 und 3 BVG-A erblickt werden könnte, sei die Dienstvorschrift die unmittelbar anzuwendende Norm, die allenfalls entgegenstehende Bestimmungen des BVG-A verdränge.
Der Beschwerdeführer beruft sich - in der Beschwerde zunächst noch ohne nähere Begründung - zur Stützung seines Standpunktes auf den zuvor wiedergegebenen Punkt 26. der Dienstvorschriften in Anhang II zum Notenwechsel
BGBl. Nr. 60/1966. In der Gegenschrift hat die belangte Behörde ausgeführt, der vom Beschwerdeführer stillschweigend angenommenen Anwendbarkeit dieses Abkommens auf den Einsatz österreichischer Einheiten im Rahmen von UNDOF (Einsatzgebiet Golan) sei zuzustimmen, weil allein aus historischen Gründen, insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des UNDOF-Einsatzes, die Anwendbarkeit dieses Abkommens angenommen werden müsse. Dies ergebe sich daraus, daß UNFICYP (Einsatz in Zypern) der erste Einsatz österreichischer Einheiten im Mittelmeerraum und Nahen Osten gewesen sei und sodann auf Ersuchen der Vereinten Nationen Truppen der UNFICYP-Einheit für den UNEF-Einsatz (Einsatz in Äpypten) zur Verfügung gestellt worden seien. In weiterer Folge seien Truppen aus der UNEF-Einheit für den UNDOF-Einsatz "abgespalten" worden, woraus sich ergebe, daß kein neuerliches internationales Abkommen geschlossen worden sei, sondern das UNFICYP-Abkommen zunächst auf die Einheit im UNEF-Einsatz und sodann auch auf UNDOF ausgedehnt worden sei. Des weiteren sei auch das UNFICYP-Abkommen stets analog für andere Einsätze angewendet worden, wobei auch die Dienstvorschriften, Annex II, jeweils analog angewendet worden seien. Die Anwendung betreffe "selbstverständlich nur jene Teile, welche nicht speziell auf die Gegebenheiten, politischer und topographischer Natur, von Zypern abgestellt sind."
Mit Verfügung vom 5. Februar 1996 hat der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekanntgegeben, er gehe vorläufig davon aus, daß das Abkommen BGBl. Nr. 60/1966 an sich nur für Zypern gelte. Es werde um Bekanntgabe der Rechtsgrundlage für die von den Parteien angenommene Erweiterung dieses Abkommens auf den Einsatzbereich Golan ersucht, sowie gegebenenfalls um Bekanntgabe, ob und wenn ja, auf welche Weise diese Erweiterung (Ausdehnung) im Sinne der Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt gehörig kundgemacht worden sei. Weiters werde um Bekanntgabe ersucht, ob allenfalls die Bundesregierung Weisungen im Sinne des § 2 Abs. 2 letzter Satz des BVG-A erteilt habe, die hier bedeutsam sein könnten, sowie gegebenenfalls, wie sie kundgemacht worden seien und welchen genauen Inhalt sie hätten.
Die belangte Behörde hat hiezu bekanntgegeben, daß über den in BGBl. Nr. 60/1966 veröffentlichten Notenwechsel betreffend Zypern "im selben Gegenstand noch drei weitere Notenwechsel abgeschlossen" worden seien, die jedoch nicht kundgemacht worden seien. Nach Auffassung des Verfassungsdienstes liege im Hinblick auf die Entsendung zur UNDOF-Mission ein dem Abkommen BGBl. Nr. 60/1966 vergleichbarer Staatsvertrag nicht vor. Allerdings seien "in den einschlägigen Beschlüssen des Ministerrates" die vorläufige Verwendung bzw. später wiederholte Weiterbelassung des österreichischen Truppenkontingentes "im Rahmen der Aktion der Vereinten Nationen zur Überwachung des israelisch-syrischen Truppenentflechtungsabkommens" bzw. "im Rahmen der UN-Einheit zur Überwachung der Truppenentflechtung (UNDOF)" (im Original unter Anführungszeichen) vorgesehen gewesen (Hinweis auf
Punkt 31 des Beschlußprotokolles Nr. 120 vom 4. Juni 1974 sowie
Punkt 70 des Beschlußprotokolles Nr. 145 vom 17. Dezember 1974). In dieser "Verwendungsmaßgabe" sei eine Weisung im Sinne des § 2 Abs. 2 letzter Satz BGV-A zu erblicken, die zwar nicht ausdrücklich an den Vorgesetzten der Einheit adressiert sei, jedoch offenkundig eine Angelegenheit zum Gegenstand habe, die abstrakt in den Aufgabenkreis des Vorgesetzten der Einheit in seiner Eigenschaft als gegenüber den Mitgliedern der Einheit weisungsbefugtes Organ falle. Da die Weisung "als eigene Rechtsform im Innenverhältnis der Verwaltung" ergehe, sei sie auch nicht einer Kundmachung im Sinne der Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt zugänglich.
Der Beschwerdeführer hatte sich zwischenzeitig mit Schriftsatz vom 12. Februar 1996 zur Gegenschrift unter anderem dahin geäußert, die belangte Behörde bestätige in der Gegenschrift, daß das Abkommen betreffend Zypern, BGBl. Nr. 60/1966, auch für den gegenständlichen UNDOF-Einsatz gelte. Davon gingen offensichtlich sowohl die Vereinten Nationen als auch Österreich aus, weshalb völkerrechtliche Willensüberstimmung vorliege. In eventu wäre "entsprechend dieser behördlichen Bestätigung" der Anwendbarkeit des Abkommens dieses als maßgeblich im Sinne des letzten Satzes des § 2 Abs. 2 BVG-A anzusehen. Es stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob das BVG-A, insbesondere dessen § 2 Abs. 2 erster Satz und § 3 unmittelbar anzuwendbares Recht sei. Dies müsse vor allem unter Berücksichtigung des Art. 9 B-VG und der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes in bezug auf Pakttreue und den Grundsatz der völkerrechtskonformen Gesetzesauslegung (Hinweis auf VfSlg. 7478 bzw. Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1962, Zl. 535/58, und vom 20. Februar 1964, Zl. 493/93) verneint werden. "Das unmittelbar anwendbare Recht ergibt sich aus dem Abkommen und den sonstigen Vereinbarungen zwischen Österreich und den Vereinten Nationen". Auch könne dem BVG-A nicht der Sinn unterstellt werden, daß Österreich seine Pakttreue in bezug auf die Achtung der UN-Befehlsstruktur (wonach der Beschwerdeführer dem Force Commander unmittelbar unterstellt sei) generell verletze (wurde näher ausgeführt).
Eine Äußerung eigens zur Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Februar 1996, die dem Beschwerdeführer nach Einlangen dieses Schriftsatzes zukam, wurde von ihm nicht erstattet.
Dem ist folgendes entgegnen:
Klarzustellen ist zunächst, daß Feststellungen der vom Beschwerdeführer begehrten Art Angelegenheiten des Dienstrechtes betreffen. Ihr Zweck ist, bei der Auferlegung von Pflichten, die nicht durch Bescheid vorzunehmen sind, nachträglich rechtliche Klarheit zu schaffen, ob der Beamte durch die Erteilung der Weisung in einem sich aus dem Dienstrecht ergebenden Recht verletzt wurde. Im Dienstrechtsverfahren (§ 1 Abs. 1 DVG 1984) ist (daher) nur zu prüfen, ob die Befolgung der Weisung zu den Dienstpflichten zählt, nicht aber, inwieweit eine Weisung im Einklang mit dem ihr übergeordneten Recht steht (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1976, Slg. 9113/A, oder auch vom 17. Mai 1995, Zlen. 94/12/0003 und 94/12/0015, uam.).
Die Frage, ob das Abkommen BGBl. Nr. 60/1966 und insbesondere die Z. 26 der Anlage II im Widerspruch zu den zuvor genannten Bestimmungen des BVG-A steht, stellt sich im Beschwerdefall nicht. Es ist nämlich davon auszugehen - Gegenteiliges ist nicht hervorgekommen - daß dieses Abkommen nur für den Einsatzort Zypern gilt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag insbesondere nicht zu erkennen, daß der Inhalt dieses Abkommens auch nur teilweise als VÖLKERGEWOHNHEITSRECHT für die übrigen UNO-Einsätze Anwendung findet, was auch nicht behauptet wird. Die von der belangten Behörde dargestellte, tatsächliche sinngemäße Anwendung dieses Abkommens samt Dienstvorschriften auf das Einsatzgebiet Golan kann daher mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt die Z. 26 der II. Anlage, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, nicht zu einer RECHTSNORM machen, die für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden DIENSTRECHTLICHEN VERFAHREN zu beachten wäre - und allein darauf kommt es an. Vielmehr ist im Beschwerdefall weiters davon auszugehen, daß der Vorgesetzte der entsendeten Einheit aufgrund des BVG-A (insbesondere aufgrund der §§ 3 und 4) im übrigen im Einklang mit den tragenden Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Dienstrechtes berechtigt ist, dem Beschwerdeführer als einem der Angehörigen der entsendeten Einheit Weisungen zu erteilen, und es vorliegendenfalls an einer RECHTSNORM mangelt, aus der sich Gegenteiliges ergeben würde. Die am 25. August 1994 erfolgte Delegierung (Übertragung) der Weisungsbefugnis an den Beschwerdeführer hat nicht zur Folge, daß sich der Vorgesetzte der entsendeten Einheit damit seiner Weisungsbefugnis gleichsam mit der Wirkung begeben hätte, daß er fortan nicht mehr berechtigt wäre, dem Beschwerdeführer oder anderen Angehörigen der entsendeten Einheit Weisungen zu erteilen.
Daraus folgt, daß der Vorgesetzte der entsendeten Einheit entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht "unzuständig" im Sinne des § 44 Abs. 2 BDG 1979 war; daß die strittige Weisung (Aufhebung des Bataillonsbefehles vom 14. Jänner 1995) nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt, ist - zutreffend - unstrittig.
Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß der strittige Befehl über Verlangen des Beschwerdeführes vom 23. Jänner 1995 am 24. Jänner 1995 schriftlich wiederholt wurde, was nach den Umständen des Falles als Remonstration mit nachfolgender schriftlicher Wiederholung der Weisung im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG 1979 zu werten ist, sodaß dahingestellt bleiben kann, ob im Beschwerdefall eine Remonstration aufgrund der Beurteilung des Beschwerdeführers, der Vorgesetzte der entsendeten Einheit sei zur Erteilung dieser Weisung unzuständig, erforderlich gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer war daher verhalten, den - schriftlich wiederholten - Befehl des Vorgesetzten der entsendeten Einheit zu befolgen, ohne daß im Beschwerdefall zu untersuchen wäre, ob die Annahme des Beschwerdeführes, er sei berechtigt, österreichische Angehörige des Hauptquartieres zu jenen Diensten zu verhalten, oder die Annahme des Vorgesetzten der entsendeten Einheit, der Beschwerdeführer sei hiezu nicht berechtigt, zutreffend waren oder ob diese Vorgangsweise allenfalls nicht im Einklang mit generellen Weisungen an den Vorgesetzten der entsendeten Einheit (iS des § 2 Abs. 2 BVG-A) steht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995120261.X00Im RIS seit
22.02.2002