Entscheidungsdatum
09.04.2022Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über die Beschwerde der A, vertreten durch B, vertreten durch C, Rechtsanwälte in ***, im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe des Bürgermeisters der Stadt. St. Pölten (Auflösung einer Zusammenkunft am 7.12.2021 in ***, ***), zu Recht:
1. Der Beschwerde, die Beschwerdeführerin sei durch die Auflösung der Zusammenkunft in ihren Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG keine Folge gegeben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum Beschwerdevorbringen:
Mit Schriftsatz vom 17.01.2022 erhob die A vertreten durch B (in der Folge: Beschwerdeführer), vertreten durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung, Beschwerde im Zusammenhang mit einer Amtshandlung durch Organe des Bürgermeisters der Stadt. St. Pölten (Auflösung einer Zusammenkunft am 7.12.2021).
Die politische Partei habe unaufschiebbare Wahlen im Parteilokal mit der Adresse ***, *** abgehalten, bei welcher lediglich Parteimitglieder teilnahmen und zugelassen gewesen seien. Es habe sich um eine unaufschiebbare Zusammenkunft von Organen der politischen Partei gehandelt, die nicht in digitaler Form möglich gewesen sei. Durch das rechtswidrige Einschreiten der Polizisten sei die Wahl verhindert worden, indem die Veranstaltung vorzeitig aufgelöst worden sei.
Es wurde beantragt, die gegenständliche Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Auflösung der politischen Zusammenkunft zum Zweck der Wahl am 7.12.2021 samt Schließung des Parteilokals, ***, ***, für rechtswidrig zu erklären und der belangten Behörde den Ersatz der Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß aufzutragen.
2. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 24.01.2022 wurde die als belangte Behörde bezeichnete Landespolizeidirektion Niederösterreich eingeladen, binnen drei Wochen ab Zustellung die bezughabenden Akten vorzulegen und bekanntzugeben, nach welcher Rechtsgrundlage die angefochtene Amtshandlung geführt worden ist.
Mit Schreiben vom 04.02.0222 gab die Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dass die Kontrolle gemäß den zum Zeitpunkt der Amtshandlung geltenden „COVID-Bestimmungen“ über Ersuchen des Magistrats/Gesundheitsamtes St. Pölten durchgeführt worden ist. Zudem wurden umfangreiche Akten vorgelegt.
Mit Schreiben vom 14.02.2022 wurde die beschwerdeführende Partei darüber informiert, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grundlage dieser Unterlagen sowie der Beschwerdevorbringen vorläufig davon ausgeht, dass die als „Auflösung einer politischen Zusammenkunft“ bezeichnete Amtshandlung nach den Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes geführt worden ist und diese somit funktionell gemäß § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz iVm § 1 Abs. 2 des St. Pöltner Stadtrechts 1977 iVm Art. 119 Abs. 2 B-VG dem Bürgermeister der Stadt St. Pölten als belangte Behörde zuzurechnen ist.
Mit Schreiben vom 28.02.2022 teilte die beschwerdeführende Partei mit, dass kein Einwand gegen diese Rechtsansicht besteht.
Mit Schreiben vom 03.03.2022 legte der Bürgermeister der Stadt St. Pölten über Aufforderung des Landesverwaltungsgerichtes ergänzende Unterlagen vor und beantragte die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde. Inhaltlich wurde insbesondere ausgeführt, dass die Gesundheitsbehörde der Stadt St. Pölten ist nach wie vor der Ansicht ist, dass es sich bei Abstimmungen, bspw. ob ein alkoholisches Getränk in die Getränkekarte aufgenommen werden soll oder welches Desinfektionsmittel am WC des Vereinslokales verwendet werden soll, keinesfalls um unaufschiebbare Zusammenkünfte einer Partei im Sinne der zu diesem Zeitpunkt geltenden 5. COVID-19 NotmaßnahmenVO gehandelt hat.
Am 01.04.2022 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer sowie mehrere Zeugen einvernommen worden sind. Ebenso nahm an der Verhandlung eine Vertreterin der belangten Behörde teil.
3. Feststellungen:
3.1 Der Beschwerdeführer hat am 17. März 2021 die Satzung der politischen Partei „A“ (in der Folge: Partei) beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt. Er ist Gründungsmitglied und im Vorstand der Partei.
3.2 Am 22. September 2022 ist der Vater des Beschwerdeführers der Partei beigetreten. Er wurde vom Beschwerdeführer als Mitglied des Vorstandes der Partei deklamiert.
3.3 Am 27. November 2021 und am 3. Dezember 2021 hielt die Partei Zusammenkünfte im Lokal *** des Beschwerdeführers in der *** in *** ab. Der Beschwerdeführer hatte (und hat weiterhin) für dieses Lokal eine aufrechte Gewerbeberechtigung zur Führung eines Gastgewerbes. Am 3. Dezember 2021 waren ca. 20 bis 30 Personen in dem Lokal anwesend.
3.4 Am 4. Dezember 2021 postete der Beschwerdeführer auf *** folgenden Eintrag:
„Am Dienstag ab 17:30 finden die nächsten unaufschiebbaren Parteiwahlen der Partei "A" statt. Macht von eurem "Demokratischen" Recht gebrauch! Neue Mitglieder gerne Willkommen, Mitgliedsbeitrag 10€, bitte nicht vergessen. Es geht um uns alle bei diesen Wahlen!“
Eine direkte Einladung bzw. Verständigung an die ca. 150 Mitglieder der Partei erfolgte nicht. Der Vater des Beschwerdeführers wurde von diesem persönlich eingeladen.
3.5 Am 7.12.2021 befanden sich der Beschwerdeführer, sein Vater und vier weitere Personen im Lokal *** in der *** in ***. Diese vier weiteren Personen sind erst an diesem Abend (als gewöhnliche Mitglieder) der Partei beigetreten, indem sie ihren Namen und das Datum auf einen Zettel eines Kellnerblocks geschrieben und einen Mitgliedsbeitrag von zehn Euro entrichteten. Sie hatten vor diesem Abend keine Beziehung zu der Partei.
3.6 Zweck der Zusammenkunft war es, dass die Mitglieder der Partei (die anwesenden Personen) darüber abstimmen, welches Reinigungsmittel in dem Lokal, welches als Parteizentrale fungierte, in den nächsten zehn Jahren verwendet werden soll und ob die Marke *** in das Kantinensortiment aufgenommen werden soll.
3.7 Die anwesenden Personen haben (bis zum Eintreffen der Polizei) keine Maske getragen.
3.8 Sie haben in dem Lokal Getränke konsumiert und hierfür ein Entgelt bezahlt.
3.9 Um ca. 19:30 Uhr sind zunächst zwei Polizeiorgane in Zivilkleidung in das Lokal gegangen. Grund dafür war ein Ersuchen um Kontrolle durch die Gesundheitsbehörde. Die Gesundheitsbehörde übermittelte dem Stadtpolizeikommando *** auch einen ***-Eintrag des Beschwerdeführers, wonach die Partei bereits 108 Mitglieder habe. Die Polizeiorgane wurden vom Beschwerdeführer vor Ort mit den Worten „Ah, neue Parteimitglieder“ begrüßt.
3.10 Anschließend folgten neun weitere uniformierte Polizeiorgane in das Lokal. Sie fragten nach dem Zweck der Zusammenkunft, nahmen die Identitäten der anwesenden auf und kontrollierten 2G bzw. 3G Nachweise. Der Beschwerdeführer weigerte sich, einen entsprechenden Nachweis vorzuweisen, sein Vater hatte einen negativen Antigen-Test, zwei weitere Personen einen negativen PCR-Test und eine Person hatte einen 2G Nachweis. Als Zweck der Zusammenkunft wurde den einschreitenden Polizeiorganen die Abstimmung über das Reinigungsmittel für die nächsten zehn Jahre sowie die Aufnahme der Marke *** in das Kantinensortiment genannt.
3.11 Die Polizeiorgane waren der Ansicht, dass dies keine unaufschiebbare Parteien-Zusammenkunft darstellt. Sie teilten den anwesenden Personen mit, dass sie angezeigt werden, weil das Betreten von Betriebsstätten während des Lockdowns nicht zulässig ist und dies eine Verwaltungsübertretung darstellt. Weiters wurde den anwesenden Personen mitgeteilt, dass wenn sie in dieser Verwaltungsübertretung verharren würden, sie entweder weggewiesen oder in weiterer Folge festgenommen werden müssen.
3.12 Sämtliche Personen verließen daraufhin kooperativ das Lokal und bezahlten zuvor noch die von Ihnen konsumierten Getränke an den Beschwerdeführer.
3.13 Sämtliche der beteiligten Polizeiorgane haben im Rahmen der Amtshandlung eine Maske getragen. Sie verhielten sich sehr freundlich.
3.14 Die im Lokal anwesenden Personen verfügten zumindest auf ihrem Mobiltelefon über einen Internetanschluss.
4. Beweiswürdigung:
Die wesentlichen Feststellungen ergaben sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in unstrittiger Weise und beruhen auf den folgenden Beweismitteln:
Die Feststellungen zu Punkt 3.1 ergeben sich aus der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie dem Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 31. Jänner 2022 mit der Geschäftszahl ***.
Die Feststellungen zu Punkt 3.2 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers sowie seines Vaters im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu Punkt 3.3 ergeben sich hinsichtlich der Zusammenkünfte am 27. November 2021 und am 3. Dezember 2021 aus der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Feststellung zur Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Gewerbeinformationssystem Austria. Ein Auszug wurde im Gerichtsakt abgelegt.
Die Feststellungen zu Punkt 3.4 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers und seines Vaters im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie des genannten, öffentlichen ***-Eintrages.
Die Feststellungen zu Punkt 3.5 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers, seines Vaters, sowie der Zeugen D, E und F im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Hierbei wurde auch ein Zettel des Kellnerblocks vorgelegt.
Die Feststellungen zu Punkt 3.6 ergeben sich aus den im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers, seines Vaters, sowie der Zeugen C, D und F im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu Punkt 3.7 ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen G, H und F.
Die Feststellungen zu Punkt 3.8 ergeben sich aus den Aussagen der Zeugen E und I im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu Punkt 3.9 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers sowie der Zeuge G und I im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Das Ersuchen der Gesundheitsbehörde um Kontrolle des Lokals sowie die Übermittlung des ***-Eintrages ergeben sich aus den E-Mails der Gesundheitsbehörde an das Stadtpolizeikommando *** vom 3.12.2021 bzw. vom 7.12.2021.
Die Feststellungen zu Punkt 3.10 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers, sowie der Zeugen D, E, F, G und I im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie der Anzeigenübersicht der Polizeiinspektion *** vom 8.2.2022 mit der Geschäftszahl ***. Die konkrete Anzahl der einschreitenden Polizeiorgane ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 7.2.2022, in welcher die einschreitenden Polizeiorgane aufgelistet sind.
Die Feststellungen zu Punkt 3.11 ergeben sich aus der Aussage des Zeugen G im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu Punkt 3.12 ergeben sich aus den Aussagen der Zeugen G, I und E.
Die Feststellung zu Punkt 3.13 ergibt sich aus der Aussage des Zeugen F im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu Punkt 3.14 ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers, seines Vaters, sowie der Zeugen D, E und F im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
5. Rechtslage:
5.1 Die einschlägigen Bestimmungen der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 475/2021 in der Fassung BGBl. II Nr. 511/2021 lauteten zum Zeitpunkt der angefochtenen Amtshandlung auszugsweise wie folgt:
„AnwendungsbereichDiese Verordnung regelt gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung.
(1) Als Maske im Sinne dieser Verordnung gilt eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.
(2) Als Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr im Sinne dieser Verordnung gilt ein:
1.
„1G-Nachweis“: Nachweis über eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte
a)
Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,
b)
Impfung ab dem 22. Tag nach der Impfung bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf,
c)
Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw. vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf, oder
d)
weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der
aa)
lit. a oder c mindestens 120 Tage oder
bb)
lit. b mindestens 14 Tage
verstrichen sein müssen;
2.
„2G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder ein
a)
Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2, die molekularbiologisch bestätigt wurde, oder
b)
Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde;
3.
„2,5G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder 2 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf;
4.
„3G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 bis 3 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf.
(…)
Ausgangsregelung(1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs ist nur zu folgenden Zwecken zulässig:
(…)
9.
zur Teilnahme an Zusammenkünften gemäß den § 14 Abs. 1.
(…)Gastgewerbe(1) Das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes ist untersagt.
(…)
Zusammenkünfte
(1) Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Zusammenkünften ist nur für folgende Zusammenkünfte zulässig:
(…)
2.
Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953,
3.
Zusammenkünfte im Spitzensport gemäß § 15,
4.
unaufschiebbare Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien, sofern eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist,
(…)
Glaubhaftmachung(1) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß den §§ 3, 14 und 18 ist auf Verlangen gegenüber
1.
Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes,
2.
Behörden und Verwaltungsgerichten bei Parteienverkehr und Amtshandlungen sowie
3.
Inhabern einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes sowie Betreibern eines Verkehrsmittels zur Wahrnehmung ihrer Pflicht gemäß § 8 Abs. 4 COVID-19-MG,
4.
dem für eine Zusammenkunft Verantwortlichen
glaubhaft zu machen.
(…)
Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit 22. November 2021 in Kraft und mit Ablauf des 11. Dezember 2021 außer Kraft.
(…)“
5.2 Die einschlägigen Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020 in der Fassung BGBl. I Nr. 183/2021 lauteten zum Zeitpunkt der angefochtenen Amtshandlung auszugsweise wie folgt:
„(…)
Kontrolle(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde und über deren Ersuchen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer Unterstützungspflicht gemäß § 10 können die Einhaltung von Betretungsverboten, Voraussetzungen und Auflagen sowie Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 4 – auch durch Überprüfung vor Ort – kontrollieren. Dazu sind die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde, die von ihnen herangezogenen Sachverständigen sowie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, Betriebsstätten, Arbeitsorte, Verkehrsmittel, Alten- und Pflegeheime sowie stationäre Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, bestimmte Orte und Orte der Zusammenkunft (Anm.1) zu betreten und zu besichtigen, sowie in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Betretungsverboten, Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz sowie von Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 4 im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern. Der jeweilige Inhaber bzw. Verpflichtete hat den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde, den von diesen herangezogenen Sachverständigen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Betreten und die Besichtigung zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu erteilen und erforderliche Unterlagen vorzulegen.
(2) Vom Betretungsrecht gemäß Abs. 1 nicht erfasst sind der private Wohnbereich und auswärtige Arbeitsstellen, die sich im privaten Wohnbereich befinden.
(3) Aufsichtsorgane gemäß §§ 24ff des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG, BGBl. I Nr. 151/2005, Organe der zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschiften zuständigen Behörden und Organe der Arbeitsinspektion sind im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben zur Überprüfung von in einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz als Auflage oder Voraussetzung vorgesehenen Präventionskonzepten, vor Ort, berechtigt.
Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Ausübung ihrer beschriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen, erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln, zu unterstützen.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen mitzuwirken durch
1.
Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
2.
Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens und
3.
die Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch Organstrafverfügungen (§ 50 VStG).
Zu diesem Zweck dürfen Betriebsstätten, Arbeitsorte mit Ausnahme solcher im privaten Wohnbereich, Verkehrsmittel, bestimmte Orte und Orte der Zusammenkunft mit Ausnahme solcher im privaten Wohnbereich betreten werden.
(…)“
6. Erwägungen:
6.1 Zur beschwerdeführenden Partei
Die Satzung der politischen Partei „A“ wurde am 17. März 2021 beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt, sodass dieser grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 4 Parteiengesetz 2012 Rechtspersönlichkeit zukommt. Insofern diese Partei in der gegenständlichen Beschwerde im Wesentlichen Geltend macht, dass sie auf Grund der angefochtenen Amtshandlung ihre politische Tätigkeit im Rahmen ihrer Satzung nicht entfalten konnte, wird davon ausgegangen, dass sie gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beschwerdelegitimiert ist.
6.2 Prüfungsmaßstab
Im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht alleine, ob der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163). Ausgehend von diesem Prozessgegenstand ist jene Sach- und Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Setzung des Verwaltungsaktes bestand (VwGH 24.11.2015, Ra 2015/05/0063). Zu berücksichtigen sind nur solche Sachverhaltselemente, die dem einschreitenden Organ bei Anwendung der im Hinblick auf den Zeitfaktor zumutbaren Sorgfalt bekannt sein mussten (ex ante-Betrachtung aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs; VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0373; 25.01.1990, 89/16/0163; 06.08.1998, 96/07/0053). Im Ergebnis ist daher zu prüfen, ob die einschreitenden Organe in zumindest vertretbarer Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für ihr Einschreiten annehmen durften (VwGH 04.12.2020, Ra 2019/01/0163; 24.11.2015, Ra 2015/05/0063; 20.10.1994, 94/06/0119).
6.3 Zum Nicht-Vorliegen einer unaufschiebbaren Zusammenkunft von Organen einer politischen Partei, deren Abhaltung nicht in digitaler Form möglich war
Zum Zeitpunkt der angefochtenen Amtshandlung war gemäß § 3 Abs. 1 der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereiches nur für taxativ aufgezählte Zwecke zulässig. Ein solcher Zweck musste gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 dieser Verordnung gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen glaubhaft gemacht werden.
Einer dieser Zwecke war die Teilnahme an einer Zusammenkunft gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit.. Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass es sich bei der gegenständlichen Zusammenkunft um eine solche Zusammenkunft im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 4 leg. cit, d.h. um eine unaufschiebbare Zusammenkunft eines Organes der politischen Partei „A“ gehandelt habe, deren Abhaltung in digitaler Form nicht möglich war.
Dieser Rechtsansicht kann jedoch aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden:
6.3.1 Der Beschwerdeführer konnte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch nach mehrfacher Nachfrage nicht unzweifelhaft beantworten, um welches Organ der politischen Partei es sich gehandelt hat. Er verwies darauf, dass eine Abstimmung bzw. Anhörung der Mitglieder stattfinden sollte.
Sofern diese Aussage dahingehend zu verstehen ist, dass das in der Satzung der Partei vorgesehene Organ der Mitgliederversammlung abstimmen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass die Einberufung der Mitgliederversammlung gemäß Punkt 4 dieser Satzung mindestens fünf Wochen vor der Versammlung durch Einladung der Mitglieder zu erfolgen hat. In dringenden Angelegenheiten hat die offizielle Einladung mindestens 17 Tage davor zu erfolgen. Dies erfolgte im gegenständlichen Fall nicht. Vielmehr hat der Beschwerdeführer die gegenständliche Zusammenkunft lediglich drei Tage zuvor in einem ***-Posting als „unaufschiebbare Parteiwahl“ angekündigt. Die gegenständliche Zusammenkunft kann daher nicht als eine Zusammenkunft der Mitgliederversammlung der Partei betrachtet werden.
Hinzu kommt, dass die vier neben dem Beschwerdeführer und seinem Vater anwesenden Personen gemäß der Satzung der Partei an diesem Abend noch nicht als Mitglieder der Partei anzusehen waren. Gemäß Punkt 2.2 „Erwerb der Mitgliedschaft“ der Satzung der Partei beginnt die Mitgliedschaft in der Partei erst am zweiten Tag nach dem Einlangen des Mitgliedsbeitrages. Zumal diese vier Personen erst am Abend der gegenständlichen Amtshandlung ihren Mitgliedsbeitrag entrichtet haben, konnten sie an diesem Tag noch nicht als Mitglieder betrachtet werden.
Eine Abstimmung durch den Vorstand der Partei, zu welchem der Beschwerdeführer und nach eigenen Angaben auch der Vater des Beschwerdeführers zu zählen ist, wurde durch den Beschwerdeführer im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht behauptet. Insbesondere wurde dies auch gegenüber den einschreitenden Polizeiorganen nicht behauptet und würde dies auch die Anwesenheit der vier weiteren Personen nicht rechtfertigen.
6.3.2 Außerdem ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Abstimmung über das im Parteilokal zu verwendende Reinigungsmittel und über die Aufnahme einer Biersorte in das Kantinensortiment unaufschiebbar sein sollte. Der Beschwerdeführer konnte diesbezüglich auch auf direkte Nachfrage keinen konkreten Grund vorbringen. Er gab lediglich an, dass es sich um eine größere Bestellung gehandelt hätte. Es wurde jedoch keinerlei Vorbringen erstattet, aus welchem auch nur abstrakt hervorgehen würde, inwiefern diese Abstimmung keinen Aufschub geduldet hätte oder welche Konsequenzen ein Aufschub mit sich gebracht hätte. Es ist auch keineswegs ersichtlich, inwiefern die Aufnahme einer (weiteren) Biersorte in das Kantinensortiment und die Auswahl eines Reinigungsmittels zeitlich dringende Angelegenheiten darstellen, zumal auch die Satzung der politischen Partei nicht erkennen lässt, dass die Abstimmung über diese bloß organisatorischen Maßnahmen eines Beschlusses eines Organes der Partei bedürfen.
6.3.3 Schließlich konnte auch nicht dargelegt werden, inwiefern eine derartige Abstimmung nicht in digitaler Form abgehalten werden konnte. Die während der gegenständlichen Amtshandlung anwesenden Personen verfügten zumindest auf ihrem Mobiltelefon über einen Internetzugang. Der Beschwerdeführer brachte lediglich vor, dass sein Vater keine Videokonferenz bedienen könne. Dies wurde von ihm auch bestätigt. Die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 1 Z 4 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung stellt jedoch darauf ab, dass eine Abhaltung in digitaler Form nicht möglich ist – nicht etwa darauf, dass die Abhaltung in digitaler Form einen erhöhten (Schulungs-)Aufwand verursachen würde. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vater des Beschwerdeführers, insbesondere mit dessen Hilfe, nicht an einer Videokonferenz teilnehmen hätte können. Dies setzt keine über die gewöhnliche Bedienung eines Smartphones hinausgehende Kenntnisse voraus. So sagte der Vater des Beschwerdeführers etwa auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung aus, dass er Rechnungen auf sein Handy bekommt, diese auf ein eigenes Format bringt um sie anschließend ausdrucken zu können. Insofern der Beschwerdeführer zusätzlich vorbrachte, dass die Struktur der Parteien für die digitale Abhaltung noch nicht entsprechend ausgebaut ist, ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Videokonferenz mit einer derart geringen Personenanzahl einer besonderen Struktur bedarf. Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, dass er keine Kontaktdaten der Parteimitglieder hatte, ist darauf hinzuweisen, dass die anwesenden Personen während der gegenständlichen Amtshandlung, mit Ausnahme seines Vaters ohnehin noch nicht der Partei beigetreten waren.
6.3.4 Zusammenfassend war die gegenständliche Zusammenkunft aus mehreren Gründen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 1 Z 4 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung zu subsumieren und konnten auch die einschreitenden Polizeiorgane vor Ort zu Recht annehmen, dass es sich bei der Abstimmung über die Aufnahme einer Biersorte in das Kantinensortiment und die Auswahl eines Reinigungsmittels nicht um unaufschiebbare Maßnahmen handelt.
6.4 Zum Nicht-Vorliegen einer Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953
Der Vertreter der beschwerdeführenden Partei verwies im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung zudem darauf, dass eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953 vorgelegen sei, was im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 2 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung einen zulässigen Zweck für das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereiches dargestellt hätte. Er verwies auf Art. 12 StGG sowie Art. 11 EMRK und die hierzu ergangene Rechtsprechung hinsichtlich der Zulässigkeit der Auflösung einer Versammlung.
Ausgehend vom Ergebnis des Beweisverfahrens kann die gegenständliche Zusammenkunft jedoch nicht als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953 qualifiziert werden.
Das Versammlungsgesetz 1953 definiert den Begriff der von ihm erfassten "Versammlung" nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hängt nicht zuletzt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beurteilung, ob eine Zusammenkunft eine Versammlung ist, hat sich am Zweck und an den Elementen der äußeren Erscheinungsformen (wozu die näheren Modalitäten, die Dauer und die Zahl der Teilnehmer der Veranstaltung gehören) zu orientieren (VfSlg. 11.651/1988, 11.866/1988). Der Verfassungsgerichtshof stellt hierbei insbesondere auch auf das beabsichtigte Ziel der Zusammenkunft ab (vgl. VfGH 09.03.2021, V433/2020; VfSlg 8685/1979)
Im gegenständlichen Fall ging es den anwesenden Personen nicht primär um eine politische Manifestation (vgl. VfSlg 15.680/1999), sondern wollten die (wenigen) anwesenden Personen über rein organisatorische Maßnahmen (Auswahl des Reinigungsmittels und einer weiteren Biersorte) abstimmen. Ein anderer Grund für die Zusammenkunft wurde den einschreitenden Polizeiorganen jedenfalls nicht genannt und ist auch im gerichtlichen Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Eine Abstimmung über rein organisatorische Maßnahmen ist für die Qualifikation einer Zusammenkunft als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953 jedoch nicht hinreichend.
6.5 Zur Verhältnismäßigkeit des Einschreitens der Polizeiorgane
Gemäß § 9 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz können die Bezirksverwaltungsbehörde und über deren Ersuchen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen ihrer Unterstützungspflicht gemäß § 10 die Einhaltung von Betretungsverboten, Voraussetzungen und Auflagen sowie Beschränkungen gemäß § 5 Abs. 4 – auch durch Überprüfung vor Ort – kontrollieren.
Gemäß § 10 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen mitzuwirken durch
1. Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
2. Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens und
3. die Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch Organstrafverfügungen (§ 50 VStG).
Im gegenständlichen Fall begaben sich die Polizeiorgane daher aufgrund des Ersuchens der Gesundheitsbehörde zulässigerweise in das Lokal des Beschwerdeführers.
Die einschreitenden Polizeiorgane konnten wie dargelegt aufgrund der ihnen gegenüber getätigten Angaben der anwesenden Personen zu Recht davon ausgehen, dass keine unaufschiebbare Zusammenkunft im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 4 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung vorgelegen ist. Es wurde auch kein anderer zulässiger Grund für das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereiches bzw. den Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereiches vorgebracht und war auch nicht ersichtlich. Den einschreitenden Polizeiorganen kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgingen, dass die anwesenden Personen entgegen der Bestimmung des § 5 Abs. 1 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung eine Betriebstätte des Gastgewerbes zum Zweck des Erwerbes von Waren bzw. der Inanspruchnahme von Dienstleistungen betreten haben. Sie haben die anwesenden Personen daher zu Recht darauf hingewiesen, dass sie eine Verwaltungsübertretung begehen.
Gemäß § 35 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.
Dementsprechend kann auch in der Belehrung der Polizeiorgane, dass sie die anwesenden Personen im Falle des Verharrens in der Verwaltungsübertretung wegweisen bzw. in weiterer Folge festnehmen müssten keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, auch wenn dies als Akt unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt qualifiziert wird.
Es wurde keine Zwangsgewalt angewendet und die Polizisten verhielten sich sehr freundlich. Sie trugen während der gesamten Amtshandlung Masken, sodass entgegen dem Beschwerdevorbringen auch von keiner relevanten Erhöhung der Gefahr einer Ansteckung gesprochen werden kann.
Auch in der hohen Anzahl der einschreitenden Polizeiorgane (11) kann keine Unverhältnismäßigkeit der Amtshandlung erkannt werden. Es handelte sich um eine geplante Kontrolle, wobei aufgrund kürzlicher Vorfälle eine höhere Personenanzahl im Lokal des Beschwerdeführers erwartet wurde. Es wurden bereits am 27. November 2021 sowie am 3. Dezember 2021 Zusammenkünfte im Lokal des Beschwerdeführers abgehalten, wobei die Zusammenkunft am 3. Dezember die bisher größte Zusammenkunft mit etwa 20-30 Personen darstellte. Zudem veröffentlichte der Beschwerdeführer erst kurz zuvor einen ***-Eintrag, wonach seine Partei nun bereits 108 Mitglieder habe. Ein Screenshot dieses ***-Eintrages wurde dem Stadtpolizeikommando *** mit E-Mail vom 3. Dezember 2021 übermittelt. Der belangten Behörde kann daher nicht vorgeworfen werden, dass im Rahmen der Kontrolle mit einer höheren Personenanzahl gerechnet worden ist und das Lokal mit einer höheren Anzahl an Polizeiorganen aufgesucht wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
7. Kosten
Gemäß § 35 VwGVG hat die obsiegende Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anspruch auf den Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde abgewiesen. Daher war die belangte Behörde die obsiegende Partei. Aufwandsersatz ist gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde von der obsiegenden Partei nicht gestellt, sodass keine Kosten zuzusprechen waren.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Vielmehr waren die gegenständlichen Rechtsfragen anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu lösen und war unter Anwendung dieser Leitlinien eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Gesundheitsrecht; COVID-19; Versammlung; politische Partei; Organ; Zusammenkunft; unaufschiebbare Maßnahme;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.M.7.003.2022Zuletzt aktualisiert am
28.04.2022