TE Vfgh Erkenntnis 2022/2/28 V546/2020 (V546/2020-14)

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Veröffentlicht am 28.02.2022
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
ParkverbotsV des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22.09.2000 §13
StVO 1960 §24, §43, §44 Abs1, §55, §94d
Klagenfurter Stadtrecht 1998 §15, §73
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Parkverbotsverordnung der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee; mangelhafte Kundmachung der Verordnung durch signifikante Abweichung der Bodenmarkierung vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung

Spruch

I. Die Wortfolge "für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden im Ausmaß von 5 m" in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, Z TB 08/135/2000, war gesetzwidrig.

II. Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),

"[d]er Verfassungsgerichtshof möge […] die Wortfolge 'für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden im Ausmaß von 5 m' in §13 ('Parken verboten' in Form einer 'Zickzacklinie')[…] der Sammelverordnung des Bürgermeisters (richtig: Gemeinderates) der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom 22.[09.]2000, Mag.Zl TB 08/135/2000, als gesetzwidrig aufheben;

in eventu, falls der Kundmachungsmangel zwischenzeitlich behoben wurde, feststellen, dass die angefochtene Wortfolge gesetzwidrig war."

II. Rechtslage

1. Die – vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Klagenfurt am 24. Oktober 2000 gemäß §73 Abs3 Klagenfurter Stadtrecht 1998 genehmigte und mit Verordnung des Gemeindesrates der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee vom 15. Oktober 2020, Z SV 08/111/20, aufgehobene – Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, ZTB 08/135/2000, lautete auszugsweise wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Verordnung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt ordnet gemäß §73 des Klagenfurter Stadtrechtes, der §§25, 43 Abs1, 2a, 44 Abs1, §45[…] Abs4, §89a[…] Abs.[ ]2 lit[.] b in Verbindung mit §[94d] der Straßenverkehrsordnung 1960 […] folgende Verkehrsregelungen an:

[…]

§13

'Parken verboten' in Form einer 'Zickzacklinie':

Für die Ostseite der Kindergartengasse, entlang der Laderampe, nördlich des Durchganges zum Viktringer Platz im Ausmaß von rd. 15 m,

für die Siebenhügelstraße, beginnend ab östliche Zufahrt Stadionparkplatz, in Richtung Westen im Ausmaß von 15 m,

für die Westseite der Nebenfahrbahn Lastenstraße, ab Nebenfahrbahn Viktringer Ring in Richtung Süden im Ausmaß von 11 m,

für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden im Ausmaß von 5 m und

für die Nordseite der Pischeldorfer Straße, beginnend ab eingeschnittene[m] Längsparkplatz vor Objekt Nr 103, in Richtung Osten, im Ausmaß von 11 m.

[…]

Für den Gemeinderat:

Der Bürgermeister:

[…]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 159/1960, idF BGBl I 42/2018 lauten:

"§24. Halte- und Parkverbote.

(1) – (2a) […]

(3) Das Parken ist außer in den im Abs1 angeführten Fällen noch verboten:

a) im Bereich der Vorschriftszeichen[ ]'Parken verboten' und [']Wechselseitiges Parkverbot' nach Maßgabe der Bestimmungen des §52 Z13a und 13c, auf Straßenstellen, die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet sind, sowie entlang von unterbrochenen, am Fahrbahnrand angebrachten gelben Linien gemäß §55 Abs8 […]

b) – i) […].

(4) – (8) […]

§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen […]

2. […]

c) – d) […].

(1a) – (11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. […] Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a) – (5) […]

§55. Bodenmarkierungen auf der Straße.

(1) Zur Sicherung, Leitung und Ordnung des fließenden und des ruhenden Verkehrs können auf der Straße Bodenmarkierungen angebracht werden; sie können als Längsmarkierungen, Quermarkierungen, Richtungspfeile, Schraffen, Schriftzeichen, Symbole u. dgl. ausgeführt werden.

(2) – (3) […]

(4) […] Parkverbote können mit einer Zickzacklinie kundgemacht werden.

(5) […]

(6) Bodenmarkierungen, ausgenommen die Darstellung von Verkehrszeichen, sind in weißer Farbe auszuführen; Zickzacklinien sind jedoch in gelber, Kurzparkzonen in blauer Farbe auszuführen. […]

(7) – (8) […]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. – 3a. […]

4. die Erlassung von Verordnungen nach §43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken […]

b) – d) […]

erlassen werden […]

4a. – 20. […]."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Klagenfurter Stadtrechtes 1998 in der Stammfassung LGBl 70/1998 (WV) lauten:

"§15

Durchführungsverordnungen

(1) Durchführungsverordnungen im eigenen Wirkungsbereich hat der Gemeinderat zu erlassen, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen.

(2) – (4) […]

§73

Dringende Verfügungen

(1) Sind Verfügungen, die der Beschlußfassung des Stadtsenates oder des Gemeinderates bedürfen, dringend notwendig und kann ein Beschluß des zuständigen Kollegialorganes ohne Gefahr eines Nachteiles für die Stadt nicht mehr herbeigeführt werden, so hat der Bürgermeister die notwendigen Verfügungen unter eigener Verantwortung zu treffen. Der Bürgermeister hat dem zuständigen Kollegialorgan ohne Verzug zu berichten.

(2) […]

(3) Als dringende Verfügungen erlassene Verordnungen (§§13 und 15 Abs1) treten außer Kraft, wenn sie der Gemeinderat in der ihrer Erlassung folgenden Sitzung nicht genehmigt.

(4) […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Landesverwaltungsgericht Kärnten ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Kärnten vom 14. Februar 2020, Z VStV/918301528932/2018, anhängig, mit welchem über den Beschwerdeführer gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von € 40,– verhängt wurde, weil dieser am 17. Oktober 2018 in Klagenfurt am Wörthersee in der Goessgasse 1 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges auf einer Zickzacklinie geparkt und so gegen §24 Abs3 lita StVO 1960 verstoßen habe.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Kärnten nach Art139 Abs1 Z1 B-VG den unter Pkt. I wiedergegebenen Antrag.

2.1. Zur Präjudizialität führt das Landesverwaltungsgericht aus, dass es die Verordnung, die durch die Anbringung der Zickzacklinie kundgemacht worden sei, anzuwenden habe, weil diese dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde liege.

2.2. Seine Bedenken zur nicht ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung legt das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen wie folgt dar:

"Nach dem Text der Verordnung […] wird für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden im Ausmaß von 5 m, ein Parkverbot, kundzumachen durch eine Zickzacklinie (Überschrift des §13), verfügt.

Die Überprüfung vor Ort ergab, dass an der Ostseite der Goessgasse, beginnend 0,25 m ab dem Alten Platz in nördliche Richtung, eine Zickzacklinie von 9,75 m Länge angebracht wurde. Da somit die Kundmachung des Parkverbots nicht dem räumlichen Geltungsbereich nach dem Text der Verordnung entspricht, ist das Landesverwaltungsgericht Kärnten der Ansicht, dass die Kundmachung dieser Verordnung mangelhaft und damit rechtswidrig erfolgt ist.

[…]

Die gelbe Zickzacklinie ist in der Natur beinahe doppelt so lange, wie es dem Verordnungstext entsprechen würde."

3. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee hat weder die auf die angefochtene Verordnung Bezug habenden Akten vorgelegt noch eine Äußerung erstattet. Der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee hat mitgeteilt, dass §13 der Verordnung des Bürgermeisters vom 22. Februar (gemeint wohl: September) 2000, Z TB 08/135/2000, nicht mehr in Kraft stehe und der Gemeinderat "mit Verordnung SV 08/111/20 vom 15[.]10.2020 im §11 [lit]. b das Parkverbot mittels Zickzackmarkierung in der Goessgasse neu verordnet und den Verordnungstext an die vorhandene Länge der Zickzackmarkierung (ca. 10 m) angepasst" habe.

4. Die Kärntner Landesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.

5. Der Beschwerdeführer hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich den Bedenken des antragstellenden Landesverwaltungsgerichtes anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht beginnend mit VfSlg 20.182/2017 davon aus, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; s. auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

Das mit der angefochtenen Wortfolge in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, Z TB 08/135/2000, angeordnete Parkverbot wurde durch die – durch im Gerichtsakt einliegende Lichtbilder dokumentierte – Anbringung einer Bodenmarkierung (gelbe Zickzacklinie) gemäß §55 Abs4 und 6 StVO 1960 kundgemacht, sodass es mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzung zweifeln ließe.

1.3. Da keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist begründet.

2.3. Das Landesverwaltungsgericht behauptet die gesetzwidrige Kundmachung der angefochtenen Wortfolge in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, Z TB 08/135/2000. Mit der angefochtenen Wortfolge werde für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden ein Parkverbot in Form einer Zickzacklinie im Ausmaß von 5 m verfügt. Die dort angebrachte Zickzacklinie weise tatsächlich jedoch eine Länge von 9,75 m auf und sei damit beinahe doppelt so lang. Die Kundmachung des Parkverbotes sei gesetzwidrig erfolgt, weil sie nicht dem Text der Verordnung entspreche.

2.4. Damit ist das Landesverwaltungsgericht im Recht:

2.5. Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 sind die in §43 StVO 1960 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft (vgl VfSlg 18.710/2009, 19.409/2011, 19.410/2011). Gemäß §55 Abs4 StVO 1960 können Parkverbote mit einer Bodenmarkierung in Form einer Zickzacklinie kundgemacht werden.

2.6. Der Vorschrift des §44 Abs1 StVO 1960 ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrszeichen erforderlich (vgl VwGH 13.2.1985, 85/18/0024; 25.1.2002, 99/02/0014; 10.10.2014, 2013/02/0276), jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Verkehrsbeschränkung signifikant abweicht (vgl VfSlg 15.749/2000 mwN; zu den in der Judikatur entwickelten Kriterien vgl VwGH 3.7.1986, 86/02/0038; 16.2.1999, 98/02/0338; 22.2.2006, 2003/17/0138; 24.11.2006, 2006/02/0232; 5.9.2008, 2008/02/0011; 21.11.2008, 2008/02/0231; 25.11.2009, 2009/02/0095; 25.6.2014, 2013/07/0294; vgl auch VfGH 14.3.2018, V114/2017).

2.7. Wie sich aus dem – unwidersprochen gebliebenen – Antragsvorbringen ergibt, wurde das mit der angefochtenen Wortfolge in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, ZTB 08/135/2000, verordnete Parkverbot in der Goessgasse durch eine etwa 9,75 m lange gelbe Zickzacklinie kundgemacht. Das Vorbringen wird durch die Mitteilung des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee bestätigt, derzufolge der Gemeinderat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee das Parkverbot in der Goessgasse mit Verordnung vom 15. Oktober 2020, Z SV 08/111/20, neu geregelt und dabei "den Verordnungstext an die vorhandene Länge der Zickzackmarkierung (ca. 10 m) angepasst" habe. Die Zickzacklinie ist mit einer Länge von etwa 10 m nahezu doppelt so lang, wie es dem Verordnungstext (Parkverbot "im Ausmaß von 5 m") entsprechen würde. Dies stellt jedenfalls eine signifikante Abweichung dar (vgl insoweit VfGH 25.2.2019, V24/2018; 7.10.2020, V336/2020; 9.12.2020, V102/2019). Die Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Grenzen des Parkverbotes mit den tatsächlich kundgemachten Grenzen führt zur Rechtswidrigkeit und zu einer nicht gesetzmäßigen Kundmachung.

2.8. Mit Verordnung vom 15. Oktober 2020, ZSV 08/111/20, hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee eine neue Verordnung betreffend ein Parkverbot in der Goessgasse erlassen und die angefochtene Wortfolge in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, ZTB 08/135/2000, behoben. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs4 B-VG festzustellen, dass die angefochtene Wortfolge in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, ZTB 08/135/2000, gesetzwidrig war (zB VfSlg 12.160/1989).

V. Ergebnis

1. Die Wortfolge "für die Ostseite der Goessgasse, beginnend am Alten Platz in Richtung Norden im Ausmaß von 5 m" in §13 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 22. September 2000, Z TB 08/135/2000, war daher gesetzwidrig.

2. Die Verpflichtung der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 Satz 2 B-VG und §59 Abs2 iVm §61 Z1 VfGG sowie §2 Abs1 Z8 Kärntner Kundmachungsgesetz.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

Schlagworte

Halte(Park-)verbot, Bodenmarkierungen, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, Verordnung Kundmachung, VfGH / Gerichtsantrag, Straßenverkehrszeichen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:V546.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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