Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
AVG §58 Abs2Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revisionen 1. des B in S und 2. der C G in G, beide vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das am 28. Oktober 2019 mündlich verkündete und am 3. November 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, 1. VGW-002/082/11800/2019-19 und 2. VGW-002/V/082/11802/2019, betreffend Übertretung des Wiener Wettengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Juli 2019 wurde der Erstrevisionswerber - neben einer weiteren zu Spruchpunkt 1. erfolgten und für das Revisionsverfahren nicht wesentlichen Bestrafung - folgender Übertretung des Wiener Wettengesetzes schuldig erkannt:
„2. Sie [...] haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991 der [zweitrevisionswerbenden Partei] zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in [...], in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin, durch zumindest ein Wettterminal im Sinne des § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ausübt, am 15.02.2019, um 14:10 Uhr insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 4 leg. cit., wonach vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen ist, nicht eingehalten hat, als kein Hinweis auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche vor dem Hauptraum, in dem sich zumindest ein Wettterminal befindet, angebracht war.“
2 Der Erstrevisionswerber habe dadurch § 19 Abs. 3 Wiener Wettengesetz, LGBl. für Wien Nr. 26/2016 idgF verletzt, weshalb über ihn gemäß § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz, LGBl. für Wien Nr. 26/2016 idgF iVm. § 9 Abs. 1 VStG idgF eine Geldstrafe von € 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 13 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde dem Erstrevisionswerber die Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt und die Haftung der zweitrevisionswerbenden Partei für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand angeordnet.
3 Der gegen dieses Straferkenntnis von beiden revisionswerbenden Parteien erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - zunächst mit Spruchpunkt I. hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des bekämpften Straferkenntnisses Folge und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG ein. Mit Spruchpunkt II. wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des bekämpften Straferkenntnisses mit der Maßgabe als unbegründet ab, als in der verbalen Umschreibung der Tatanlastung die beiden Wortfolgen “, durch zumindest ein Wettterminal im Sinne des § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz“ und nachfolgend “mit Wettterminals“ zu entfallen habe und im letzten Halbsatz der Relativsatz “in dem sich zumindest ein Wettterminal befindet“ durch die Wortfolge “in dem eine Tätigkeit als Wettunternehmerin ausgeübt wird“ ersetzt wird, weiters die übertretene Verwaltungsvorschrift wie in der verbalen Tatanlastung richtig verwiesen mit § 19 Abs. 4 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung des LGBl. für Wien Nr. 40/2018 anzuführen sei und in der zitierten Strafsanktionsnorm der Verweis bei § 9 VStG auf Abs. 1 mit Abs. 2 sowie die genannte Fassung des Wiener Wettengesetzes auch hier mit LGBl. für Wien Nr. 40/2018 richtigzustellen seien. Weiters wurde dem Erstrevisionswerber die Zahlung von € 160,-- als Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, für den die zweitrevisionswerbende Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG hafte. Die Revision wurde für zulässig erklärt.
4 Das Verwaltungsgericht stellte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - fest, der (am angelasteten Tatort etablierte) Tankstellenshop sei eine behördlich angezeigte Betriebsstätte der zweitrevisionswerbenden Partei. An diesem Standort sei während der Betriebszeiten kein eigenes Personal der zweitrevisionswerbenden Partei durchgehend anwesend, sondern das Tankstellenpersonal des Partners der zweitrevisionswerbenden Partei. Die Mitarbeiter der zweitrevisionswerbenden Partei hätten dort Kontrollen und Stichproben durchgeführt. Es habe drei Geräte für Wettvorgänge im Tankstellenshop gegeben. Der Verkaufsraum des Tankstellenshops sei nicht in mehrere Räume unterteilt gewesen. Ein Hinweis, dass der Zutritt für Kinder und Jugendliche nicht gestattet gewesen sei, sei im Tatzeitpunkt weder an der Schiebetür noch an der Eingangsfront angebracht gewesen; stattdessen sei nur ein kleiner Aufkleber mit dem Hinweis angebracht gewesen, dass für Kinder und Jugendliche ein absolutes Wettverbot gelte.
5 Beweiswürdigend begründete das Verwaltungsgericht die Feststellung des Fehlens eines Hinweises über das Verbot des Zutritts für Kinder und Jugendliche, dass dies auf den Fotos nicht ersichtlich gewesen sei. Keiner der Zeugen habe einen solchen Hinweis wahrgenommen. Das angebrachte Wettverbot sei als sehr klein beschrieben worden und auch von einem Tankstellenmitarbeiter übersehen worden.
6 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht - soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren von Relevanz - aus, dass auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche nicht hingewiesen worden sei. Der angebrachte Hinweis auf ein „absolutes Wettverbot“ für Kinder und Jugendliche entspreche inhaltlich nicht den gesetzlichen Vorgaben und sei gemessen an den anderen Hinweisen und Angaben deutlich kleiner und nur bei gezielter Suche wahrzunehmen gewesen, sodass diesem keine gute Sichtbarkeit für die Zwecke des § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz habe beigemessen werden können. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes beziehe sich die Hinweispflicht auf „das Zutrittsverbot“ für Kinder und Jugendliche (wie bereits gemäß § 19 Abs. 3 in der Stammfassung und gemäß § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz in der hier maßgeblichen novellierten Fassung) gleichermaßen auf jeden (Raum-)Eingang, ohne dass es darauf ankomme, wie die Kontrolle der „Aufenthalts- bzw. Zutrittsbeschränkungen“ im Sinne des § 19 Abs. 2 leg. cit. in der novellierten Fassung vom Wetterunternehmer konkret umgesetzt werde. Der Wortlaut des § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz sehe keine Unterscheidung vor und sei in diesem Punkt seit der Stammfassung nicht geändert worden. Die Hinweispflicht habe demnach auf den zu unterlassenden Zutritt durch Kinder und Jugendliche im Allgemeinen aufmerksam zu machen. In Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht werde dieses Zutrittsverbot vom Äußeren ins Innere der Betriebsstätte verlagert und ein (wenn auch gesetzlicher unerwünschter) Zutritt bei wirksamer Aufsicht in Kauf genommen. Die Hinweispflicht in § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz sei zuletzt auf jede wettunternehmerische Tätigkeit erweitert worden und hänge nicht mehr von der Verwendung eines Wettterminals in (den kennzeichnungspflichtigen Räumen) der Betriebsstätte ab. Der Anknüpfungspunkt der Hinweispflicht unterscheide sich somit von der ständigen Aufsicht dahingehend, dass sich der Hinweis auf das Zutrittsverbot auf Räume beziehe, hingegen von der Einrichtung einer ständigen Aufsicht der Zutritt zur Betriebsstätte als Ganzes abhänge. Nur wenn keine räumliche Trennung zwischen dem Raum, in dem eine wettunternehmerische Tätigkeit ausgeübt werde, und dem Tankstellen- oder Gastgewerbebetrieb bestehe, hätten diese Regelungen einen deckungsgleichen Anwendungsbereich. Von der Einrichtung einer ständigen Aufsicht hänge es nicht ab, ob Betriebsstätten (ohne räumliche Unterteilung) oder Räume (innerhalb einer Betriebsstätte), in denen (jeweils) eine wettunternehmerische Tätigkeit ausgeübt werde, mit einem Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche zu kennzeichnen seien. Das dem Erstrevisionswerber angelastete Tatbild des § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz sei somit zum Tatzeitpunkt erfüllt gewesen.
7 Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil „zur Hinweispflicht auf das Zutrittsverbot und damit (implizit) zu § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz und damit wiederum zusammenhängend zu dessen hier im Vordergrund stehenden § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz [...] sowie zu den Merkmalen für das Vorliegen einer Betriebsstätte einer Wettunternehmerin im Sinne des § 2 Z 7 Wiener Wettengesetz wie in der vorliegenden Konstellation (unter Berücksichtigung des vertraglich geregelten Orts des Wettabschlusses) keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes“ vorliege.
8 Gegen Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung der Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde und ihrer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof erhobene (VfGH 26.2.2020, E 4571/2019) - ordentliche Revision.
9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der ordentlichen Revision und die Zurückweisung des darüberhinausgehenden Vorbringens sowie Zuerkennung des gebührenden Schriftsatzaufwandes beantragte.
10 Die Revision erweist sich als unzulässig.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 26.3.2021, Ro 2020/03/0004, mwN).
15 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 26.3.2021, Ra 2021/03/0017).
16 Eine derartige Konstellation liegt hier vor.
17 Das Verwaltungsgericht führt zur Zulässigkeit der Revision lediglich das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu näher genannten Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes an, ohne dazu eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren. Diese Begründung ist sohin nicht ausreichend.
18 Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit der Revision zunächst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob auch dann gemäß § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz eine Pflicht zum Hinweis auf ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gegeben sei, wenn ein solches gemäß § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz gar nicht bestehe, weil es in der Betriebsstätte eine „ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen ... des Wettunternehmers oder durch ... diesen selbst“ gebe. Im Tankstellenshop sei tatsächlich ständig ein Mitarbeiter anwesend gewesen, der dafür gesorgt habe, dass sich keine Kinder und Jugendliche in diesem aufhalten und zu diesem über den Eingangsbereich hinaus Zutritt erhielten. Aus Sicht der revisionswerbenden Parteien sei somit eine ständige Aufsicht durch eine verantwortliche Person des Wettunternehmers im Sinne des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz sichergestellt gewesen. Deshalb habe für das Lokal kein Zutritts- sondern ein Aufenthaltsverbot für Kinder und Jugendliche gegolten.
19 Voranzustellen ist, dass es sich beim angelasteten Tatort um einen Tankstellenshop handelt, der nach den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen eine behördlich angezeigte Betriebsstätte der zweitrevisionswerbenden Partei ist. Daher besteht kein Zweifel, dass sie - mit Blick auf die von ihr nicht bestrittene Tätigkeit als Buchmacherin - nach dem klaren Wortlaut der genannten Bestimmung die davon erfasste Wettunternehmerin ist (vgl. dazu VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0199).
20 Es wird hier aber von den revisionswerbenden Parteien schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil sich dieses Vorbringen vom festgestellten Sachverhalt entfernt, wonach es im vorliegenden Fall gerade keine ständige Aufsicht in der Betriebsstätte gegeben habe (vgl. VwGH 16.7.2020, Ra 2020/02/0118 und 0119, mwN).
21 Die Revision bringt in diesem Zusammenhang auch vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, was unter einer „ständigen Aufsicht durch verantwortliche Personen“ im Sinne des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz zu verstehen sei und ob auch Personen, die nicht in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einem Wettunternehmer stünden, solche verantwortliche Personen darstellen würden. Fraglich sei auch, ob eine „ständige Aufsicht“ nur dann vorliegen könne, wenn sichergestellt werde, dass sich Minderjährige nicht in der Betriebsstätte aufhalten.
22 Zu diesen in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen genügt es, auf die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:
23 Der Gesetzgeber hat mit der Novelle LGBl. Nr. 40/2018 in § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz die Unterscheidung zwischen einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht und einer Betriebsstätte ohne ständige Aufsicht vorgenommen. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 2 leg. cit. ist eine ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers oder durch diese oder diesen selbst auszuüben. Dies setzt die Anwesenheit einer solchen Person in der Betriebsstätte voraus, andernfalls es sich um eine Betriebsstätte ohne ständige Aufsicht handelt (vgl. VwGH 22.1.2021, Ro 2020/02/0005 bis 0007, mwN).
24 Die verantwortliche Person der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers kann nur eine solche im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. a Wiener Wettengesetz sein. Es kann dem Gesetzgeber nämlich nicht zugesonnen werden, dass er im selben Gesetz ein und denselben Begriff in unterschiedlicher Weise verstanden wissen wollte. Auch die Materialien (Beilage 7/2018, S 12-13) sprechen nicht gegen dieses Verständnis, zumal der Hinweis auf Kontrollen durch das anwesende Personal oder Schranken im Eingangsbereich bei einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht lediglich andeutet, dass die verantwortliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. a leg. cit. ungeachtet ihrer Aufsichtspflicht direkt in der Betriebsstätte weitere personelle und sachliche Maßnahmen treffen kann, um ihrer Verpflichtung nachzukommen. Dem steht auch § 5 Abs. 1 lit. a letzter Halbsatz Wiener Wettengesetz, nach dem bei mehreren Betriebsstätten in einem Wiener Gemeindebezirk nur eine verantwortliche Person namhaft gemacht werden muss, nicht entgegen. Damit wird nämlich (lediglich) eine Voraussetzung für die Eignung von Betriebsstätten für die Ausübung der Wetttätigkeit festgelegt. Im Unterschied dazu hat § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der hier anzuwendenden Fassung den Jugendschutz in den konkreten Betriebsstätten im Auge, den der Gesetzgeber in einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht einer verantwortlichen Person überantwortet. Diese Aufsicht kann nur dann als gewährleistet erachtet werden, wenn auch bei mehreren Betriebsstätten in einem Gemeindebezirk in jeder einzelnen Betriebsstätte eine verantwortliche Person die Aufsicht ausübt (vgl. erneut VwGH 22.1.2021, Ro 2020/02/0005 bis 0007, mwN).
25 Gegenständlich war in der Betriebsstätte das Personal des Tankstellenshops und nicht der zweitrevisionswerbenden Partei anwesend, sodass im Sinne der dargelegten Judikatur keine ständige Aufsicht im Sinne des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz vorhanden war und das angefochtene Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
26 Die revisionswerbenden Parteien rügen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes betreffend die Größe des Aufklebers über das Wettverbot für Kinder und Jugendliche, den Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen im Verkaufsraum und das Abklären der wettrechtlichen Bestimmungen über die Hinweisschilder durch die revisionswerbenden Parteien. Zur Relevanz bringen sie vor, das Verwaltungsgericht hätte nach ordnungsgemäßer Beweiswürdigung zu den entsprechenden Feststellungen gelangen können.
27 Da es für den hier angelasteten Verstoß gegen die Verpflichtung des § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz nicht auf die hier von den revisionswerbenden Parteien beanstandeten Sachverhaltselemente ankommt, fehlt es dem behaupteten Verfahrensmangel an der Wesentlichkeit und wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 25.6.2015, Ra 2015/02/0113, mwN).
28 Zur behaupteten Aktenwidrigkeit ist voranzustellen, dass eine solche vorliegt, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0201 und 0202, mwN). Für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwN).
29 Soweit die revisionswerbenden Parteien vorbringen, das Verwaltungsgericht habe ohne Grundlage im Akt festgestellt, dass der Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen im Verkaufsraum des Tankstellenshops ohne Einschränkungen zulässig und häufig zu beobachten gewesen sei, sowie dass das Tankstellenpersonal nicht angehalten gewesen sei, den Aufenthalt der Kinder und Jugendlichen zu unterbinden, ist hier ebenso auszuführen, dass es diesen Umständen bereits an der Relevanz mangelt. Wie bereits dargelegt, geht es gegenständlich um die Verletzung der Hinweispflicht auf das Zutrittsverbot gemäß § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz und nicht darum, ob sie sich Kinder und Jugendliche tatsächlich im Tankstellenshop aufgehalten haben oder nicht.
30 Zu dem von den revisionswerbenden Parteien schließlich vorgeworfenen Abweichen von der hg. Rechtsprechung betreffend das Verbot der reformatio in peius, ist darauf hinzuweisen, dass kein Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen trotz Wegfalls eines Erschwerungsgrundes oder Hinzutritts eines Milderungsgrundes in begründeter Weise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die Verwaltungsstrafbehörde (vgl. erneut VwGH 16.7.2020, Ra 2020/02/0118 und 0119, mwN).
31 Das Verwaltungsgericht hat im Revisionsfall eine eigene Bewertung der Strafzumessungsgründe vorgenommen und begründet, warum es trotz Hinzutretens eines Milderungsgrundes keine Herabsetzung der Geldstrafe vorgenommen hat; das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich nicht nur generalpräventive Überlegungen, sondern auch das öffentliche Interesse am Jugendschutz in seine Erwägungen einbezogen. Dass dem Verwaltungsgericht bei der Strafbemessung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, vermochte das Zulässigkeitsvorbringen der Revision somit nicht aufzuzeigen und ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zum Verschlimmerungsverbot nicht dargetan wurde.
32 Sohin werden weder in der Zulässigkeitsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses noch in der Revision Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 29. März 2022
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Begründung von Ermessensentscheidungen Berufungsverfahren Erschwerende und mildernde UmständeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2020020003.J00Im RIS seit
28.04.2022Zuletzt aktualisiert am
09.05.2022