TE OGH 2022/3/14 17Ob2/22a

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Veröffentlicht am 14.03.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätinnen Mag. Malesich und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J*, Rechtsanwalt, *, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des J*, gegen die beklagte Partei R*, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung, über die Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2021, GZ 2 R 39/21t-33, womit das Urteil des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom 26. April 2021, GZ 1 C 56/20t-26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.489,94 EUR (hierin enthalten 414,99 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es in seinem Punkt 2. wie folgt zu lauten hat:

„2. Die beklagte Partei ist schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechts für J*, ob den Liegenschaften EZ * einzuwilligen, dies unter gleichzeitiger Wiedereintragung des seinerzeitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots für die beklagte Partei.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.175,22 EUR (hierin enthalten 195,87 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Mit Beschluss des Erstgerichts vom 13. September 2019 wurde über das Vermögen des Ehegatten der Beklagten (im Folgenden: Schuldner) das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

[2]       Mit (an diesem Tag bloß notariell beglaubigt unterfertigtem) Kaufvertrag vom 5. August 2009 verkaufte der Schuldner zwei in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaften um einen Kaufpreis von 128.508,28 EUR an die Beklagte. Auf diesen Liegenschaften haftete (und haftet) ein Simultan-Höchstbetragspfandrecht von 181.680 EUR zugunsten einer Bank. Der – der damaligen Kreditaushaftung entsprechende – Kaufpreis sollte von der Beklagten vereinbarungsgemäß durch Übernahme der Kreditverbindlichkeiten des Schuldners gegenüber der Bank gemäß § 1405 ABGB beglichen werden. Im Vertrag wurde der 5. August 2009 als Tag der Übernahme der Liegenschaften sowie des Übergangs von Gefahr und Zufall, Nutzen und Lasten vereinbart.

[3]       Die beiden Liegenschaften hatten in den Jahren 2009 und 2010 einen Verkehrswert von insgesamt 208.000 EUR. Im Jahr 2020 betrug ihr Verkehrswert bereits 312.000 EUR.

[4]       Ob den beiden Liegenschaften war jeweils seit dem Jahr 1996 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Beklagten einverleibt gewesen, das dem Schutz der Liegenschaften vor dem Zugriff Dritter dienen sollte; dem Simultan-Höchstbetragspfandrecht der Bank war im Jahr 2000 der Vorrang vor diesem Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt worden.

[5]            Im Hinblick auf die Errichtung des Kaufvertrags erklärten die Parteien in diesem ihre ausdrückliche Zustimmung zur Löschung dieses Belastungs- und Veräußerungsverbots.

[6]       Der Kaufvertrag vom 5. August 2009 wurde in der Folge mit einem Notariatsakt vom 29. April 2010 bekräftigt; (erst) aufgrund dieses Notariatsakts wurde das Eigentumsrecht der Beklagten (ebenso wie ein von ihr dem Schuldner im Kaufvertrag eingeräumtes Belastungs- und Veräußerungsverbot) im Grundbuch einverleibt und gleichzeitig das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu ihren Gunsten gelöscht.

[7]       Dem Schuldner kam es bei Abschluss des Kaufvertrags in Notariatsaktsform darauf an, die beiden Liegenschaften bestmöglich vor einem allfälligen Zugriff durch dritte Gläubiger zu schützen. Dies war mit der Beklagten abgesprochen, die selbst bereits bei Unterfertigung des Kaufvertrags vom 5. August 2009 von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ausging und deshalb die Tilgungen der Kreditverbindlichkeiten des Schuldners gegenüber der Bank übernehmen wollte.

[8]       Die Bank meldete im Schuldenregulierungsverfahren per 13. September 2019 eine offene Forderung von 78.480,55 EUR an.

[9]       Der Kläger focht, soweit in dritter Instanz noch relevant, den Notariatsakt vom 29. April 2010 und die am 21. Mai 2010 erfolgte Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten gemäß § 28 Z 1 IO an und begehrte einerseits die Feststellung, der notarielle Kaufvertrag vom 29. April 2010 sei den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam, und andererseits die Verpflichtung der Beklagten, in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners an den beiden Liegenschaften einzuwilligen. Der Kaufvertrag vom 5. August 2009 sei mangels Notariatsaktsform unwirksam gewesen; ein gültiges Verpflichtungsgeschäft habe erst der Notariatsakt vom 29. April 2010 dargestellt. Da die Bank nicht von der Schuldübernahme durch die Beklagte informiert worden sei, sei der Schuldner nicht aus der Haftung entlassen worden. Sie habe daher die gesamte zum Zeitpunkt der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens noch offene Verbindlichkeit in Höhe von 78.480,55 EUR als Insolvenzforderung angemeldet; aufgrund des Verkaufs der Liegenschaften verfüge sie über kein Absonderungsrecht mehr. Ohne den Verkauf der Liegenschaften würde die Forderung der Bank nur im Ausmaß des durch das Pfandrecht nicht gedeckten Teils am Verfahren teilnehmen. Die Anfechtung sei daher befriedigungstauglich, weil sich im Umfang der pfandrechtlichen Deckung die Verteilungsquote für die übrigen Gläubiger erhöhen würde. Die Beklagte habe schon deshalb keinen Anspruch auf Wiedereinverleibung ihres Belastungs- und Veräußerungsverbots, weil sie keine Gläubigerin des Schuldners gewesen sei und das Verbot daher keine Sicherheit für ihre Forderung dargestellt habe. Außerdem habe sie mit Abschluss des Kaufvertrags auf das Belastungs- und Veräußerungsverbot verzichtet.

[10]     Die Beklagte wendete insbesondere ein, die Anfechtungsklage sei verfristet, weil der Kaufvertrag vom 5. August 2009 mehr als zehn Jahre vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens abgeschlossen worden sei. Nur aufgrund eines Missverständnisses des Notarsubstituten sei damals nicht sogleich ein „Notariatsmantel“ errichtet worden, sondern lediglich eine Unterschriftenbeglaubigung erfolgt. Bei der Anfechtung sei auf eine Rechtshandlung des Schuldners abzustellen, nicht aber auf den Zeitpunkt der bücherlichen Einverleibung, zumal auch die tatsächliche Übergabe der Liegenschaft bereits am 5. August 2009 erfolgt sei. Die Anfechtung sei auch nicht befriedigungstauglich, weil aufgrund des bereits im Jahr 1996 zugunsten der Beklagten eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbots eine Verwertung der Liegenschaften durch Gläubiger des Schuldners (mit Ausnahme der Bank) nie möglich gewesen wäre und auch im Insolvenzverfahren nicht erfolgen könne. Jedenfalls lebe im Fall des Obsiegens des Klägers das vor Abschluss des Kaufvertrags längst anfechtungsfest einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Beklagten ex lege wieder auf und müsse daher wiederum im Grundbuch eingetragen werden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners sei daher höchstens Zug um Zug gegen Wiedereinverleibung des seinerzeitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots zu ihren Gunsten zulässig.

[11]     Das Erstgericht gab dem Klagebegehren – mit Ausnahme eines in dritter Instanz nicht mehr relevanten weiteren (Zahlungs-)Begehrens – statt. Der Kaufvertrag vom 5. August 2009 könne zwar, weil außerhalb der Zehnjahresfrist gelegen, nicht mehr angefochten werden. Allerdings könne in einem solchen Fall nach herrschender Ansicht auch das die Verpflichtung erfüllende Verfügungsgeschäft angefochten werden. Dies treffe auf den vom Kläger angefochtenen Notariatsakt vom 29. April 2010 zu, der für eine Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten zwingend erforderlich gewesen sei. Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sei zu bejahen, weil mit einer gänzlichen Befriedigung der Bank durch eine Verwertung der Liegenschaften zu rechnen sei.

[12]     Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise dahin Folge, dass es aussprach, dass sie in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners nur Zug um Zug gegen Einverleibung des (früheren) Belastungs- und Veräußerungsverbots zu ihren Gunsten einzuwilligen habe. Die Gültigkeit von zwischen Ehegatten geschlossenen Kaufverträgen bedürfe eines Notariatsakts. Mangels Einhaltung der gesetzlichen Form sei der Kaufvertrag vom 5. August 2009 absolut nichtig. Erst mit der Errichtung des Notariatsakts vom 29. April 2010 habe die Beklagte eine gesicherte Rechtsposition erlangt, sodass der Schuldner an diesem Tag eine anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen habe. Im Übrigen könne auch die Verbücherung des Eigentumserwerbs unabhängig von der Anfechtbarkeit des Grundgeschäfts angefochten werden; die Frist hiefür laufe ab Verbücherung, nicht ab Abschluss des Grundgeschäfts. Der Kläger habe ausdrücklich sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch die Eigentumseinverleibung angefochten. Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sei zu bejahen, selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehe, dass bei erfolgreicher Anfechtung das vor Übertragung der Liegenschaften vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot wieder einzutragen sei. Dieses würde zwar eine Verwertung durch den Masseverwalter verhindern, zur Bejahung der Befriedigungstauglichkeit reiche aber schon die Wahrscheinlichkeit der Verbesserung der Befriedigungslage in absehbarer Zeit. In vergleichbaren Fällen habe der Oberste Gerichtshof in einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten eines älteren Verbotsberechtigten kein Anfechtungshindernis erblickt. Es sei auch ein Verzicht der Verbotsberechtigten während des Insolvenzverfahrens oder zu einem späteren Zeitpunkt nicht auszuschließen, zumal die Beklagte doch auch der vorrangigen Einverleibung des Pfandrechts der Bank zugestimmt habe. Im konkreten Fall komme zudem die Einlösung der Forderung der Bank durch den Masseverwalter iSd § 120 Abs 1 IO in Betracht, womit er die Sperrwirkung des Belastungs- und Veräußerungsverbots überwinden könne und die Hypothek forderungsbekleidet bleibe. Da der vereinbarte Kaufpreis rund 80.000 EUR unter dem Verkehrswert der Liegenschaften liege, seither auch eine Wertsteigerung eingetreten und überdies die einzige Hypothekargläubigerin bei Rückübertragung der Liegenschaften zur Gänze gedeckt sei, liege sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung auf der Hand. Die Aufgabe des Belastungs- und Veräußerungsverbots durch die Beklagte sei ihre Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaft gewesen. Sie könne sich daher auf ein Wiederaufleben ihrer Sicherstellung bzw ihrer Gegenleistung und damit auf ihr Recht auf Wiedereintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbots berufen. Diese Wiedereintragung könne sie Zug um Zug gegen Rückstellung der Liegenschaft verlangen.

[13]     Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil (ua) Rechtsprechung zur Zug-um-Zug-Wiedereinverleibung eines vor der Liegenschaftsübertragung anfechtungsfest einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots und überdies zur Frage fehle, ob beim Erwerb einer Liegenschaft durch die Verbotsberechtigte in der Zustimmung zur Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots ein Verzicht zu erblicken sei.

Rechtliche Beurteilung

[14]     Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts richtet, absolut unzulässig und im Übrigen entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

[15]           Die Revision des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zur Revision der Beklagten:

[16]     1.1. Die Gültigkeit von Kaufverträgen zwischen Ehegatten setzt gemäß § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG die Aufnahme eines Notariatsakts voraus. Da der Gesetzgeber für diesen Fall keine der Schenkung vergleichbare Regelung getroffen hat, kann eine wirkliche Übergabe nichts an der Notariatsaktspflicht ändern (vgl RS0115938). Entspricht ein solcher Vertrag dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG nicht, ist er absolut nichtig (6 Ob 66/13v = RS0115938 [T2]). Auch bei einem Kaufvertrag zwischen Ehegatten heilt zwar vollständige Erfüllung, dh Übergabe des verkauften Gegenstands mit dem Willen der Eigentumsübertragung, den Formmangel, ohne dass es darauf ankäme, ob auch der Kaufpreis zur Gänze bezahlt ist (vgl RS0070873). Bei einem Liegenschaftsverkauf – wie hier – kommt es allerdings gemäß § 431 ABGB nicht auf die Übergabe, sondern auf die Einverleibung im Grundbuch an (1 Ob 42/18k = RS0070873 [T4]).

[17]     1.2. Unter Rechtshandlungen im Sinne der Anfechtungsnormen ist jede gewollte Handlung zu verstehen, die rechtliche Wirkungen hervorruft. Nach der Rechtsprechung sind daher auch Rechtshandlungen anfechtbar, die in Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen vorgenommen wurden, wie etwa die Ausstellung einer Urkunde über einen mündlich geschlossenen Vertrag oder auch die Unterfertigung verbücherungsfähiger Urkunden (RS0064188; vgl auch 10 Ob 99/02k mwN = RS0050539 [T3]).

[18]     1.3. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen, die den Notariatsakt vom 29. April 2010, mit dem der – mangels Einhaltung der Notariatsaktsform nichtige – Kaufvertrag vom 5. August 2009 bekräftigt wurde, als anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners werteten. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Revisionsvorbringen, wonach der Kläger die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten gar nicht angefochten habe bzw sein Urteilsbegehren eine solche Anfechtung nicht zum Ausdruck bringe.

[19]     2.1. Das Erfordernis der Gläubiger-benachteiligung bedeutet, dass die Anfechtung befriedigungstauglich sein muss; sie ist daher ausgeschlossen, wenn sie nicht zu einer Erhöhung der Befriedigungsaussicht der Insolvenzgläubiger führen kann (vgl RS0064354). Die Beseitigung des Erfolgs der Rechtshandlung muss also geeignet sein, die Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger oder zumindest der Massegläubiger zu fördern, zumindest also die teilweise Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen oder doch zu erleichtern oder zu beschleunigen. Jede Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf Vermögensstücke des Schuldners lässt die Anfechtung vorerst als befriedigungstauglich erscheinen (RS0064354 [T5]).

[20]     2.2. Dass das Berufungsgericht die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung insbesondere im Hinblick darauf bejahte, dass der Kläger im Fall der Einlösung des Pfandrechts der Bank die Liegenschaften gemäß § 120 Abs 1 IO kridamäßig verwerten könnte, begründet ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage.

[21]     3. Soweit die Beklagte die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts als unrichtig bekämpfen möchte, ist ihr Rechtsmittel absolut unzulässig (RS0075211).

[22]     4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

II. Zur Revision des Klägers:

[23]     1. Der Kläger wendet sich in dritter Instanz ausschließlich gegen die abändernde Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte nur „Zug um Zug gegen Einverleibung ihres Belastungs- und Veräußerungsverbots“ zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners verpflichtet wurde.

[24]     2. Das Berufungsgericht schloss sich in diesem Zusammenhang der Ansicht von Rebernig (in Konecny, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 41 IO Rz 37 f) an, der für einen Sachverhalt wie den hier vorliegenden vertritt, dass die Aufgabe des Belastungs- und Veräußerungsverbots durch die Käuferin der Liegenschaft ihre Gegenleistung für den Erwerb gewesen sei, weshalb sie sich bei erfolgreicher Anfechtung der Übertragung auf ein „Wiederaufleben“ ihrer Sicherstellung bzw ihre Gegenleistung und damit auf ihr Recht zur Wiedereintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbots berufen könne; diese Wiedereintragung könne sie Zug um Zug gegen Rückstellung der Liegenschaft (oder später nach ihrer Rückübertragung vom Verwalter) verlangen.

[25]     3. Die Auffassung, dass im Fall der erfolgreichen Anfechtung des Kaufvertrags auch das seinerzeitige Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der späteren Käuferin wieder auflebe, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, wonach Ziel der Anfechtung nicht bloß die Wiederherstellung des Zustands der Masse vor der Rechtshandlung ist, sondern die Herstellung jenes Zustands, in dem sich die Masse befände, wenn die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden wäre (RS0050372). Das Anfechtungsrecht dient nicht dazu, den Konkursgläubigern Vorteile zu verschaffen, die sie ohne Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung nicht erzielt hätten, sondern der Masse soll durch die Anfechtung nur dasjenige wieder zugeführt werden, was ihr ohne die anfechtbare Rechtshandlung verblieben wäre (RS0050372 [T1]). Wäre die Veräußerung der Liegenschaften durch den Schuldner unterblieben, bestünde an ihnen weiterhin das zu Gunsten der Beklagten – unstrittig anfechtungsfest – eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot. Die Masse wäre daher besser gestellt als ohne die anfechtbare Rechtshandlung, würde, wie es der Kläger anstrebt, aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Veräußerung der Liegenschaften das Eigentumsrecht des Schuldners wieder einverleibt, nicht aber auch das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Beklagten.

[26]           4. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang kritisiert, dass sich die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung wegen der Zug-um-Zug-Verpflichtung auf das Wiederaufleben des Absonderungsrechts der Bank beschränke, ist er darauf zu verweisen, dass er in seiner Anfechtungsklage die Gläubigerbenachteiligung gerade damit begründet hat, dass die Bank ohne den Verkauf der Liegenschaften nur im Ausmaß des durch das Pfandrecht nicht gedeckten Teils ihrer Forderung am Verfahren teilnähme, weshalb sich im Umfang der pfandrechtlichen Deckung die Verteilungsquote für die übrigen Gläubiger erhöhte.

[27]     5. Der Kläger macht weiters geltend, einer Wiedereintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbots stehe der Umstand entgegen, dass die Beklagte im Kaufvertrag darauf verzichtet habe.

[28]     5.1. Es trifft zu, dass im Fall einer erfolgreichen Anfechtung der Zahlung des Schuldners an einen Gläubiger dessen Forderung nicht erloschen ist, weshalb auch die dafür bestellten Sicherheiten grundsätzlich nicht erloschen sind. Wurde eine Pfandsache aufgrund der Erfüllung zurückgestellt, hat der Gläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wiedereinräumung des Pfandrechts (vgl Bollenberger in KLS § 41 IO Rz 15 f mwN); dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Anfechtungsgegner über diese Sicherheit rechtsgeschäftlich, etwa durch Verzicht oder Generalvergleich, disponiert hat (Rebernig in Konecny, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 41 IO Rz 29).

[29]     5.2. Der Kläger hat allerdings nicht behauptet, dass die Beklagte unabhängig vom Abschluss des Kaufvertrags auf ihr Belastungs- und Veräußerungsverbot verzichtet hätte. Es bedurfte daher auch keiner Feststellungen zu diesem Thema. Vielmehr kann es schon angesichts des Wortlauts des Vertrags („im Hinblick auf die Errichtung des gegenständlichen Kaufvertrags“) nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte den Verzicht auf das Verbot im Kaufvertrag lediglich deshalb erklärte, weil sie selbst das Eigentum an den Liegenschaften erwarb (und das Belastungs- und Veräußerungsverbot damit inhaltlich ohnehin hinfällig war).

[30]     6. Das Berufungsgericht ist daher zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass der Erfolg der Anfechtungsklage auch zum Wiederaufleben des Belastungs- und Veräußerungsverbots führen muss. Von einer Verpflichtung „Zug um Zug“ kann hier allerdings nicht gesprochen werden, weil eine solche voraussetzt, dass sowohl der Titelschuldner als auch der aus dem Titel Berechtigte jeweils eine Leistung zu erbringen haben. Eine exekutive Durchsetzung der Verpflichtung der Beklagten, in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners einzuwilligen, könnte nur nach § 350 EO erfolgen. Die Bewilligung einer solchen Exekution aufgrund eines Zug-um-Zug-Titels ist jedoch vor Erbringung der Gegenleistung ausgeschlossen; diese muss nicht bloß behauptet, sondern durch eine dem § 7 Abs 2 EO entsprechende Urkunde nachgewiesen werden (RS0000267). Seine „Gegenleistung“ (Wiederaufleben des Belastungs- und Veräußerungsverbots) kann der Kläger aber denkunmöglich bereits vor der (Wieder-)Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners erbringen. Das angefochtene Urteil war daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass dem berechtigten und auch in diesem Sinn zu verstehenden Einwand des Wiederauflebens des Belastungs- und Veräußerungsverbots durch die Beklagte ohne eine Verpflichtung „Zug um Zug“ Rechnung getragen wird.

[31]     7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist jedoch nicht der Gesamtstreitwert, sondern bloß der Betrag von 16.000 EUR, mit dem der Kläger das Einverleibungsbegehren bewertet hat.

Textnummer

E134547

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0170OB00002.22A.0314.000

Im RIS seit

28.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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