TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/4 94/09/0054

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Veröffentlicht am 04.06.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §863 impl;
AuslBG §19 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 17. Jänner 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den polnischen Staatsangehörigen C. für die berufliche Tätigkeit als Hausarbeiter im Architekturbüro des Beschwerdeführers.

Diesen Antrag vom 2. August 1993 wies das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 23. August 1993 gemäß § 4 Abs. 6 i. V.m. § 4 Abs. 1 AuslBG ab. In der Begründung wird dazu ausgeführt, aufgrund der Ergebnisse des "Ermittlungsverfahrens" sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Hausarbeiter Arbeitssuchende vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Auch habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet und darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorlägen.

In der Berufung führte der Beschwerdeführer aus, C. werde als Hausarbeiter für das Architekturbüro - eines der international führenden Büros in Fragen der Denkmalpflege - benötigt, um die Büros baulich in Ordnung zu halten, sowie die verschiedenen Bürogeräte und Maschinen u.s.w. zu betreuen. C. hätte eine Vertrauensposition zu bekleiden, da er Zugang zu allen Baubüros hätte und zudem bereit sei, die anfallenden Arbeiten auch außerhalb der üblichen Arbeitszeit zu erledigen. Sollte das Problem der Beschäftigung eines Hausarbeiters nicht umgehend gelöst werden können, sei eine Auflösung der Baubüros notwendig, was auch zu einer Einsparung von Arbeitsplätzen führen würde. Auf dem Arbeitsmarkt habe trotz langwieriger Suche bisher keine auch nur annähernd befriedigende Arbeitskraft gefunden werden können. Der Beschwerdeführer könne daher der Ansicht des Arbeitsamtes, wonach für die angebotene Beschäftigung Personen auf dem Arbeismarkt vermittelbar seien, nicht zustimmen.

In der Folge erteilte der Beschwerdeführer über Aufforderung des Arbeitsamtes einen Vermittlungsauftrag für die offene Stelle eines Hausarbeiters. Über die Durchführung des Vermittlungsverfahrens finden sich in den vorgelegten Verwaltungsakten lediglich zwei - jeweils mit unleserlicher Paraphe - versehene Aktenvermerke vom 22. Oktober bzw. 24. November 1993. Nach dem Aktenvermerk vom 24. November 1993 seien im Zuge der Ersatzkraftstellung 29 Personen zugewiesen worden (zehn Personen seien nicht eingestellt worden, zwei Personen seien zum Vorstellungstermin nicht erschienen, bei 28 Personen sei kein Ergebnis der Vorsprache bekannt). Eine Person sei "in Evidenz" genommen und probeweise ab 15. November 1993 eingestellt worden. Der Beschwerdeführer wünsche weiterhin den beantragten Ausländer. Laut telefonischer Rücksprache vom 22. Oktober 1993 sei zugesagt worden, die Vorstellungskarten der zugewiesenen Personen zu retournieren. Dies sei bisher nicht erfolgt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge. Nach Zitierung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen vertrat die belangte Behörde in der Begründung den Standpunkt, daß eine Überprüfung der Lage auf dem verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt ergeben habe, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden, die dem begünstigten Personenkreis des § 4b AuslBG angehörten. Angesichts dieser Situation auf dem Teilarbeitsmarkt seien im Zuge des Berufungsverfahrens aufgrund des Vermittlungsauftrages zahlreiche Ersatzkräfte anstelle C. zugewiesen worden. Der im Vermittlungsauftrag beschriebene Tätigkeitsbereich der Arbeitskraft "wie: kleine Bauarbeiten dafür erforderliche Maurerkenntnisse und Elektroarbeiten gehe über den gesetzlich zulässigen Wirkungsbereich eines Architektenbüros hinaus". Eine Ersatzkraft als Hausarbeiter sei vom Beschwerdeführer angestellt worden. Es könnten weitere Ersatzkräfte als Hausarbeiter gestellt werden. Die Vorstellkarten, in welchen zu jedem Bewerber eine Stellungnahme abzugeben sei, habe der Beschwerdeführer nicht an das Arbeitsamt retourniert. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für C. zu begründen.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Gegenschrift hat der Beschwerdeführer eine Äußerung beigebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG muß aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, daß von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wird, ob das geltend gemachte Anforderungsprofil in den Notwendigkeiten des Betriebes objektiv gerechtfertigt ist und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der im § 4b AuslBG enthaltenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen konkret auszuüben (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 93/09/0278, m.w.N.).

Das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Verfahren wird den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens nicht gerecht. Soweit im angefochtenen Bescheid in Richtung überzogenes Anforderungsprofil für den vorgesehenen Tätigkeitsbereich im Architekturbüro argumentiert wird, ist dies nicht schlüssig nachvollziehbar, wobei die Beschwerde hier auch zu Recht eine mangelnde Auseinandersetzung mit dem Vorbringen im Berufungsverfahren zum Einsatzbereich des C. rügt. Berechtigung kommt auch der Verfahrensrüge zu, wonach der Beschwerdeführer vom Landesarbeitsamt nie aufgefordert worden sei, über die Vorstellung der Ersatzarbeitskräfte Bericht zu legen (es stimme auch nicht, daß keine Vorstellungskarten retourniert worden seien). Angesichts des Umstandes, daß in den vorgelegten Verwaltungsakten nur zwei - mit unleserlicher Paraphe - versehene (behördeninterne) Aktenvermerke vorliegen, denen auch nicht zu entnehmen ist, mit wem die dort festgehaltenen Gespräche konkret geführt worden sein sollen, ist dem Verwaltungsgerichtshof eine nachprüfende Kontrolle dahingehend verwehrt, ob nunmehr tatsächlich für den vorgesehenen Arbeitsplatz begünstigt zu vermittelnde Arbeitskräfte vorhanden waren bzw. ob es aus vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen nicht zu deren Einstellung kam (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1989, 89/09/0038, vom 21. April 1994, 93/09/0278, und vom 16. November 1995, 94/09/0030). Die Ausführungen in der Beschwerde, wonach sich zwar mehrere Personen gemeldet hätten, diese aber eindeutig und nachweislich nicht den geforderten und vom Beschwerdeführer für notwendig erachteten Ansprüchen genügt hätten, sind in diesem Zusammenhang keine unzulässigen Neuerungen, sondern Hinweise auf der belangten Behörde (im Rahmen des Parteiengehörs) unterlaufene Verfahrensmängel (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 93/09/0319).

Zur in der Gegenschrift vertretenen Meinung, wonach bei Einstellung einer "Ersatzkraft für die beantragte Arbeitskraft" weitere Ersatzkräfte nicht gestellt werden müßten, ist zu sagen, daß diese Ansicht bei aufrechtem Bedarf für den beantragten Ausländer unzutreffend ist (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1989, 89/09/0085).

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Umsatzsteuer, die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuzuerkennen ist und Stempelgebühren, zumal als Beilage nur die einfache Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zur Rechtsverfolgung notwendig war.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090054.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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