TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/4 95/09/0225

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Veröffentlicht am 04.06.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
ZustG §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. Juni 1995, Zl. UVS-07/ /37/00271/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit einer Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 15. März 1995 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wegen unrechtmäßiger Beschäftigung von zwei Ausländern mit einer Geldstrafe von insgesamt S 20.000,-- und einer Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen bestraft sowie zur Bezahlung von Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens von S 2.000,-- verpflichtet. Dieses Straferkenntnis wurde am 23. März 1995 von einer Arbeitnehmerin des Beschwerdeführers an dessen Abgabestelle übernommen. Der Beschwerdeführer gab eine dagegen erhobene Berufung am 7. April 1995 zur Post. Mit Schreiben vom 28. April 1995 forderte ihn die belangte Behörde auf, dazu Stellung zu nehmen, daß die Berufungsfrist am 6. April 1995 geendet habe, seine Berufung jedoch erst am 7. April 1995 zur Post gegeben worden sei. Zu diesem Vorhalt der Verspätung seiner Berufung nahm der Beschwerdeführer mit der Formulierung Stellung, "daß das Schriftstück zwar am 23.03.1995 an mich zugestellt wurde, dieses mir jedoch erst fünf Tage später, nämlich am 28.03.1995 von meiner Sekretärin DM übergeben wurde".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Anhaltspunkt dafür ergebe, daß die Vornahme der Ersatzzustellung wegen Abwesenheit des Beschwerdeführers von seiner Abgabestelle unzulässig gewesen sei, zumal der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, daß er sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte. Damit sei die Ersatzzustellung aber gemäß § 16 Abs. 1 des Zustellgesetzes mit 23. März 1995 bewirkt worden und die vom Beschwerdeführer erst am 7. April 1995 zur Post gegebene Berufung als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher seine Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Kann eine Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf gemäß § 16 Abs. 1 des Zustellgesetzes an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß § 16 Abs. 5 Zustellgesetz gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil eine Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 1 Zustellgesetz nur dann rechtlich möglich sei, wenn dem Empfänger (auch wegen Abwesenheit) nicht zugestellt werden könne. Die belangte Behörde hätte davon ausgehen müssen, daß er im Zeitpunkt der Übergabe des Bescheides der Behörde erster Instanz nicht anwesend gewesen sei, da sonst keine Ersatzzustellung hätte erfolgen können. In seinem Fall hätte die belangte Behörde daher jedenfalls annehmen müssen, er sei von der Abgabestelle abwesend gewesen, weshalb die Zustellung jedenfalls an dem seiner Rückkehr folgenden Tag, sohin am 24. März 1995 erfolgt sei.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil eine Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 1 Zustellgesetz einerseits keine Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle voraussetzt, und andererseits eine Ersatzzustellung an jenem Tag, an welchem das Schriftstück an den Ersatzempfänger übergeben wurde, als bewirkt gilt, wenn der - zum Zeitpunkt dieser Übergabe abwesende Empfänger - rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. dazu Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990, S. 1205 ff).

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch deswegen für rechtswidrig, weil er sich in der Zeit der Ersatzzustellung in Frankfurt und anschließend in Barcelona aufgehalten habe und er erst fünf Tage nach der Ersatzzustellung, sohin am 22. Mai 1995 (gemeint wohl: 28. März 1995) an die Abgabestelle zurückgekehrt sei, wo er das Schriftstück sofort von seiner Sekretärin ausgehändigt erhalten habe. Er bietet Beweise für diese Behauptungen (Flugtickets, Hotelrechnungen, allenfalls weitere Beweise) an, und wirft der belangten Behörde vor, sie hätte diese Nachweise für seine Abwesenheit verlangen müssen.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Es ist zwar Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen einen durch Ersatzzustellung zugestellten Bescheid als verspätet ausspricht, zu prüfen hat, ob die Zustellung des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist. In diesem Fall hat sie dem Rechtsmittelwerber auch dann Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels zu gewähren, wenn das Rechtsmittel keine Darlegungen zur Rechtzeitigkeit enthält und die in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich (so wie etwa § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG) entsprechende Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels vorschreiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/08/0264). Dieser Verpflichtung hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall mit ihrem ausdrücklichen "Vorhalt der Verspätung" vom 28. April 1995 durchaus entsprochen. Sie war im vorliegenden Fall aber auch im Hinblick auf den Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens gemäß § 39 Abs. 2 AVG nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer angesichts seines zur Verfolgung seines Rechtsstandpunktes untauglichen Vorbringens zu einer neuerlichen Stellungnahme aufzufordern. Es wäre dem Beschwerdeführer vielmehr im Rahmen seiner "Mitwirkungspflicht" oblegen, bereits in seiner an die belangte Behörde gerichteten Stellungnahme darauf hinzuweisen, daß er sich zum Zeitpunkt der Übergabe des Bescheides der Behörde erster Instanz an seine Sekretärin im Ausland befunden habe. Sein diesbezügliches, erstmals in der Beschwerde erstattetes Vorbringen unterliegt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß der Bescheid der Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer am 23. März 1995 zugestellt wurde und seine am 7. April 1995 zur Post gegebene Berufung - angesichts der zweiwöchigen Berufungsfrist (§ 63 Abs. 5 AVG, § 24 VStG) - verspätet war. Sie hat die Berufung des Beschwerdeführers daher mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht zurückgewiesen.

Daraus ergibt sich, daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090225.X00

Im RIS seit

24.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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