TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/5 95/20/0156

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Veröffentlicht am 05.06.1996
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 1995, Zl. SD 1180/94, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen, angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 1995 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Oktober 1994, mit welchem dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 2 des Waffengesetzes der am 13. Juli 1992 ausgestellte Waffenpaß entzogen worden war, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Ergänzung bestätigt, daß er auf das Waffengesetz, BGBl. Nr. 443/1986 IN DER FASSUNG BGBl. NR. 520/1994 (in der Folge: WaffG), gestützt werde.

Die belangte Behörde stützte sich auf folgenden Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer habe am 21. Juli 1994 aus privaten Gründen das S-Bad in W aufgesucht. Er habe zu diesem Zeitpunkt eine Pistole bei sich gehabt. Er habe sich entschlossen, die Waffe während seines Aufenthaltes im Bad nicht im Auto zu lassen, sondern im Badekästchen aufzubewahren, weil ihm dieser Ort aufgrund der Beaufsichtigung und Überwachung des Bades "als verläßlicher" erschienen sei. Der Beschwerdeführer habe selbst bei der Diebstahlsanzeige angegeben, daß er, als er aus dem Badekästchen Geld geholt habe, von zwei Personen ausländischen Aussehens beobachtet worden sei. Während seines Aufenthaltes im Bad sei in der Zeit zwischen 13.00 und 16.00 Uhr das Badekästchen von unbekannten Tätern aufgebrochen und die Pistole samt Magazin mit acht Schuß Munition sowie einigen anderen Gegenständen gestohlen worden.

Die belangte Behörde übernahm zunächst die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides, wonach Badekästchen sehr leicht aufgebrochen werden könnten (leichter als vergleichsweise ein Pkw) und in diese auch sehr häufig eingebrochen werde. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme selbst eingeräumt, daß Badekästchen mit geringerem Kraftaufwand zu öffnen seien als ein Pkw. Durch die Schnelligkeit des Einbruchvorganges sei eine umfassende Bewachung der Badekästchen durch das Personal nahezu unmöglich. Ergänzend begründete die belangte Behörde, daß der Entschluß des Beschwerdeführers, die Waffe nicht im Auto zurückzulassen - ein versperrtes Kraftfahrzeug sei nicht als sichere Verwahrung der Waffe anzusehen - kein für seine Sorgfalt sprechendes Argument sei, da die vom Beschwerdeführer gewählte Verwahrungsart ebenso die erforderliche Sorgfalt vermissen lasse. Das Aufbewahren einer Faustfeuerwaffe in einem Badekästchen eines öffentlichen Bades entspreche nach Ansicht der Berufungsbehörde zumindest ebensowenig dem von einer zum Besitz einer Waffe berechtigten Person anzuwendenden Sorgfaltsgrad wie das Zurücklassen in einem versperrten Kraftfahrzeug. Dem Berufungswerber hätte dies schon vorher bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt bewußt werden müssen, weil selbst die Verwaltung des Bades nicht überzeugt sei, für eine lückenlose Überwachung sorgen zu können, weil sie sonst nicht Badegästen empfohlen hätte, Wertsachen in der Verwaltung zu hinterlegen. Dies hätte der Beschwerdeführer vor der Hinterlegung erkunden müssen. Zwar wäre die Hinterlegung der Faustfeuerwaffe bei Personen, die zum Besitz der Waffe nicht berechtigt seien, nicht in Frage gekommen. Der offenbar aus der Befürchtung, überall und jederzeit Gefahren ausgesetzt zu sein, denen mit der Faustfeuerwaffe begegnet werden müsse, entspringende Wunsch, die Faustfeuerwaffe überall mit sich zu führen, berechtige aber nicht dazu, die Waffe erforderlichenfalls auch an einem unsicheren Ort zu verwahren. Seinem Wunsch entsprechend hätte der Beschwerdeführer konsequenterweise die Waffe auch in der Badehose oder beim Jogging bei sich tragen müssen oder sie seiner Meinung nach dabei oder etwa bei einem Spaziergang auch in seinem Pkw zurücklassen dürfen. Eine Waffe sorgfältig zu verwahren hieße auch, vorsorglich zu beurteilen, ob dann, wenn die Waffe an einem bestimmten Ort nicht selbst getragen werden könne, eine wirklich sorgfältige Verwahrung der Waffe möglich sei, und anderenfalls auf die Mitnahme der Waffe zu verzichten, was zumutbar sei. Die Einwände des Beschwerdeführers bezüglich der Sicherheit von Badekästchen und der Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit, dort einzubrechen, seien durch den gegenständlichen Vorfall widerlegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, mit welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG in der Fassung BGBl. Nr. 520/1994 hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 des Gesetzes. Eine Person ist nach § 6 Abs. 1 als verläßlich im Sinne des WaffG anzusehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie

1)

Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2)

mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese SORGFÄLTIG VERWAHREN wird;

3)

Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß bei Wertung einer Person als "verläßlich" im Sinne des WaffG grundsätzlich ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen ist, weil der Begriff der Verläßlichkeit ein Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall ist. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. November 1977, Zl. 1779/76, vom 19. November 1986, Zl. 84/01/0065, Slg. Nr. 12.227/A, u.v.a).

Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist aber auch dann vorzugehen, wenn ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 6 Abs. 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Ist ein solcher Schluß zu ziehen, so hat die Behörde die ausgestellte Urkunde zu entziehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0994, vom 21. Februar 1995, Zl. 95/20/0014, und vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/20/0848).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß versperrte Personenkraftwagen im allgemeinen nicht die nötige Sicherheit dafür bieten, daß die darin befindlichen Waffen nicht in die Hände unberufener Personen gelangen (vgl. zB die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 1992, Zl. 92/01/0593, und vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/20/0855, uva). Selbst wenn das Fahrzeug mit einer Alarmanlage ausgerüstet ist, ändert das nichts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1991, Zl. 91/01/0110). Wie der Beschwerdeführer selbst erkennt, erfordert es für einen Einbrecher wesentlich geringeren Aufwand, ein Badekästchen aufzubrechen als einen versperrten Pkw. Die Relation verschiebt sich noch weiter, wenn der Pkw sogar mit einer Alarmanlage gesichert ist. Angesichts der Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welcher ein Badekästchen aufgebrochen werden kann, und der - auch einzelnen Mitgliedern des erkennenden Verwaltungsgerichtshofes bekannten - Größe des Schafbergbades läßt der vom Beschwerdeführer eingewendete, ihm aufgrund früherer Besuche bekannte Einsatz von "mindestens sieben Personen", welche damit betraut seien, die "GESAMTE ANLAGE ständig zu überwachen", wobei diese Wärter angewiesen seien, die Sicherheit der Gäste und insbesondere auch der Garderobe und Sanitäranlagen zu überwachen, keinesfalls den Schluß zu, es handle sich bei einem Badekästchen um ein sicheres Behältnis für die Aufbewahrung einer Faustfeuerwaffe. Behältnisse, in die der Besitzer einer Faustfeuerwaffe diese einschließt, bedürfen, wenn sie allgemein zugänglich sind, je nach Art des Behältnisses einer entsprechenden Bewachung, durch die Unbefugten die Möglichkeit genommen wird, diese Behältnisse aufzubrechen und sich die Waffe anzueignen. In einem solchen Fall kann der Besitzer der Faustfeuerwaffe zwar die Bewachung auch anderen Personen, und zwar auch solchen, die über keine waffenrechtliche Urkunde verfügen (Bewacher eines Parkplatzes, Safe im Büro), überlassen, wobei aber die notwendige Intensität der Bewachung von der Sicherheit des Behältnisses abhängt. Angesichts des vom Beschwerdeführer selbst beschriebenen Umstandes, daß die Überwachungspersonen im konkreten Fall nicht alleine die Garderobe, sondern die gesamte Anlage zu überwachen hatten und angesichts der leichten Aufbrechbarkeit von Badekästchen wäre es eher Zufall, würde einer der wenigen Bewachungspersonen gerade während des Aufbrechvorganges zugegen sein. Der belangten Behörde ist daher zu folgen, daß sie ein Badekästchen trotz der behaupteten Überwachung nicht als sicheres Behältnis gewertet hat. Aber auch was die Vorhersehbarkeit betrifft, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Gerade einem aktiven Polizeibediensteten müssen die - nicht zuletzt aufgrund von Warnungen des kriminalpolizeilichen Beratungsdienstes - in den Medien häufig wiederholten Warnungen, Wertsachen nicht in Badekästchen zu deponieren, bekannt sein. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die zivilrechtliche Haftung gemäß § 970 Abs. 3 ABGB geht ins Leere, weil es hier nicht um den Ersatzanspruch geht, sondern um die Wahrscheinlichkeit und Vorhersehbarkeit der Möglichkeit des Abhandenkommens.

Geradezu als leichtsinnig ist aber das Verhalten des Beschwerdeführers angesichts des von ihm vorgebrachten Umstandes anzusehen, er sei von zwei Männern beobachtet worden, als er aus dem Badekästchen Geld geholt habe - wodurch diese auf das Vorhandensein von Geld in Badekästchen schließen konnten, was ein zusätzliches Einbruchsmotiv darstellt -, wenn er dennoch die Faustfeuerwaffe im Badekästchen beließ. Die belangte Behörde hat somit zu Recht aufgrund des vorliegenden Verstoßes gegen die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Faustfeuerwaffe die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers verneint.

Der angefochtene Bescheid qualifiziert den Beschwerdeführer nicht als unverläßliche Person an sich, sondern bloß als nicht verläßlich im Sinne des Waffengesetzes. Deshalb war auf die über die Verläßlichkeit im Sinne des WaffG hinausgehenden Ausführungen nicht einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VWGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200156.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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