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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §115Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der p ges.m.b.H. in W, vertreten durch die Eckhardt Wirtschaftsprüfung und SteuerberatungsgmbH in 7033 Pöttsching, Hauptstraße 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22. Oktober 2019, Zl. RV/7103158/2016, betreffend Körperschaftsteuer 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen
Begründung
1 Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für u.a. Körperschaftsteuer 2006 wurde die Revisionswerberin im Rahmen eines auf § 162 BAO gestützten Ergänzungsansuchens aufgefordert, die Empfänger näher genannter abgesetzter Beträge bekannt zu geben und genau zu bezeichnen.
2 Die Revisionswerberin gab bekannt, dass die bezahlten Beträge durch den Geschäftsführer der L GmbH und der E GmbH vereinnahmt worden seien.
3 Der Prüfer ging davon aus, dass dem Empfängerbenennungsansuchen nicht entsprochen worden sei, weil die L GmbH erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sei und hinsichtlich der E GmbH die in den Rechnungen aufgeführten Leistungszeiträume vor der tatsächlichen Errichtung der Gesellschaft lägen.
4 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag führte das Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung durch. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies es die Beschwerde als unbegründet ab.
5 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte es aus, maßgebliche Gründe sprächen dafür, dass die L GmbH und die E GmbH nicht die tatsächlichen Empfänger iSd § 162 BAO gewesen seien bzw. sein könnten. Die L GmbH sei laut aktenkundigem Abtretungsvertrag vom 25. Oktober 2006 durch Abtretung der Geschäftsanteile an der X GmbH durch A an V und nachfolgender Umfirmierung der X GmbH auf L GmbH „entstanden“. Die diesbezüglichen Änderungen im Firmenbuch seien am 7. November 2006 angemeldet und am 14. November 2006 eingetragen worden. Die Fakturierung der L GmbH von Leistungen aus einem Zeitraum vor der Abtretung der Geschäftsanteile der X GmbH und der Firmenänderung käme nur dann rechtlich und wirtschaftlich in Betracht, wenn die zugrundeliegenden Bauleistungen noch von der X GmbH an die Revisionswerberin erbracht, aber ihr bis zum Zeitpunkt des Abtretungsvertrages noch nicht in Rechnung gestellt worden wären. Gegen diese Annahme spreche jedoch zum ersten, dass nach der aktenkundigen Zeugeneinvernahme des A kein Kontakt zu der Revisionswerberin vor der Abtretung der Geschäftsanteile bestanden habe. Zum zweiten wäre bei Annahme eines solchen Hintergrunds ein Abtretungspreis für die Geschäftsanteile iHv 1 € nicht schlüssig. Weiters habe die Revisionswerberin im gesamten Verfahren kein solches Vorbringen erstattet.
6 Hinsichtlich der E GmbH wurde ausgeführt, diese käme als Leistungserbringerin deshalb nicht in Betracht, weil sie erst nach dem Leistungszeitraum errichtet worden sei. Zudem hätten die Leistungszeiträume auf den Rechnungen nicht übereingestimmt.
7 Das Finanzamt habe ein Empfängerbenennungsansuchen gemäß § 162 BAO gestellt, das seitens der Revisionswerberin nicht ordnungsgemäß erfüllt worden sei. Die Aufwendungen könnten daher nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit u.a. vorbringt, die Verweigerung des Betriebsausgabenabzuges hinsichtlich der L GmbH sei rechtswidrig, weil das Finanzamt die Zurechnung der Beträge bei der L GmbH mittels Bescheid festgestellt habe und die Verweigerung von beantragten Absetzungen und die Zurechnung beim tatsächlichen Empfänger sich ausschließen würden. Zudem sei das Finanzamt nicht mittels bescheidmäßiger Aufforderung im Sinne des § 162 BAO vorgegangen, sondern habe lediglich ein Ersuchen um Ergänzung geschickt, das eine Frist zur Beantwortung von drei Tagen gewährt habe. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:
10 Die Revision ist zulässig, sie ist auch begründet.
11 Gemäß § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten und Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen. Eine bestimmte Form ist für ein solches Verlangen nicht erforderlich, die Aufforderung zur Empfängerbenennung kann auch mündlich erfolgen (vgl. VwGH 16.11.2021, Ra 2020/15/0019, mwN).
12 Soweit die Revision vorbringt, es sei kein ordnungsgemäßes Empfängerbenennungsansuchen ergangen, ist darauf zu verweisen, dass das Finanzamt am 20. März 2012 ein ausdrücklich auf § 162 BAO gestütztes Ergänzungsansuchen an die Revisionswerberin gestellt hat. Es trifft daher nicht zu, dass kein wirksames Auskunftsersuchen iSd § 162 BAO ergangen ist.
13 Im Recht ist die Revision allerdings damit, dass sich das Bundesfinanzgericht nicht mit dem schon in der Beschwerde erhobenen Vorbringen auseinandergesetzt hat, dass eine Zurechnung der abgesetzten Beträge bei der L GmbH erfolgt sei. Das Bundesfinanzgericht gibt zwar dieses Vorbringen in seinem Erkenntnis wieder, trifft dazu aber weder Feststellungen noch bezieht es diesen Punkt in seine Erwägungen mit ein.
14 § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat (vgl. VwGH 3.12.2021, Ra 2019/13/0074, mwN).
15 Wenn die Revisionswerberin unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1995, 93/13/0076, geltend macht, die Verweigerung von beantragten Absetzungen gemäß § 162 Abs. 2 BAO und die Zurechnung beim tatsächlichen Empfänger schlössen einander aus, ist zu bemerken, dass in jenem Erkenntnis lediglich die Widersprüchlichkeit der Begründung ein und desselben Bescheides behandelt wurde, dem einerseits eine Nichterfüllung eines Auftrags zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO und andererseits die Zurechnung beim tatsächlichen Empfänger zugrunde gelegt worden war (vgl. dazu bereit VwGH 25.7.2018, Ra 2018/13/0049). Hat der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung gemäß § 162 BAO nicht entsprochen, so sind aber - wie auch aus dem Folgeerkenntnis zu VwGH 22.3.1995, 93/13/0076, hervorgeht - die geltend gemachten Betriebsausgaben (unabhängig von Fragen der Zurechnung) zur Gänze zu versagen (vgl. VwGH 23.1.2002, 96/13/0114).
16 Einer Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind (vgl. neuerlich VwGH 3.12.2021, Ra 2019/13/0074, mwN).
17 Die Revisionswerberin hat wiederholt ins Treffen geführt, dass bei der L GmbH eine Zurechnung der Leistungen, die - behaupteterweise - an die Revisionswerberin erbracht worden waren, stattgefunden hat und dieser diesbezüglich Steuern vorgeschrieben worden sind. Dazu ist zu bemerken, dass gegenständlich zwar keine Bindung an die Beurteilung des Finanzamts in Ansehung der L GmbH besteht. Das Verwaltungsgericht hat aber die Pflicht, auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Das Verwaltungsgericht darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2019/13/0050, mwN). Da das Bundesfinanzgericht sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt hat, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilen, ob die diesbezügliche Behauptung zutrifft und gegebenenfalls, die Besteuerung bei der L GmbH zu Recht erfolgt ist.
18 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020130016.L00Im RIS seit
25.04.2022Zuletzt aktualisiert am
05.05.2022