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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Zulässigkeit der Anfechtung eines Bebauungsplanes nur hinsichtlich der im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundfläche; keine Gesetzwidrigkeit der Erklärung dieses in einem als "Bauland-Betriebsgebiet" gewidmeten Gebiet gelegenen Bauplatzes zur FreiflächeSpruch
Der Antrag wird, soweit er von der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. gestellt wurde und die Erklärung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 77/1 in EZ 11,
KG Fischamend-Dorf, zur Freifläche betrifft, abgewiesen, im übrigen zurückgewiesen.
Der Antrag wird, soweit er von der zweitantragstellenden Gesellschaft m.b.H. & Co KG gestellt wurde, zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die antragstellenden Gesellschaften begehren mit ihrem auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Antrag, die vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Fischamend am 12. April 1991 beschlossene Verordnung, mit der der Bebauungsplan für das gesamte Gemeindegebiet der Stadtgemeinde Fischamend erlassen wird, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Fischamend in der Zeit vom 4. bis 19. Juli 1991, als gesetzwidrig aufzuheben; in eventu, diese Verordnung insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als mit ihr eine Teilfläche des im Eigentum der erstantragstellenden Gesellschaft stehenden Grundstückes Nr. 77/1 in EZ 11, KG Fischamend-Dorf, als Freifläche iS des §2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, in der maßgeblichen Fassung, festgelegt wurde.
Zur Begründung der Antragslegitimation wird vorgebracht, die erstantragstellende Gesellschaft m.b.H. sei Eigentümerin dieses im geltenden Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Fischamend als "Bauland-Betriebsgebiet" ausgewiesenen Grundstückes, auf dem die zweitantragstellende Gesellschaft m.b.H. & Co KG, die dieses Grundstück von der erstantragstellenden Gesellschaft "geleast" habe, eine Kunststoffartikelerzeugung sowie einen Großhandel mit Holzleisten betreibe. Durch die bekämpfte Verordnung sei ein 15 m breiter, entlang des Mühlbaches verlaufender Streifen dieses Grundstückes, auf dem sich ein Großteil der - baubehördlich bewilligten - Betriebsgebäude befindet, als Freifläche iS des §2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976 festgelegt worden. Da dieses Grundstück am 1. Jänner 1989 mit baubehördlich bewilligten Gebäuden, deren Umrisse aus dem Bebauungsplan ersichtlich seien, bebaut gewesen sei, sei es ein Bauplatz iS des §2 Z7 litc der NÖ Bauordnung 1976. Durch die Festlegung einer Teilfläche dieses Grundstückes als Freifläche, d. i. eine Grundfläche im Bauland, auf der Gebäude nicht errichtet werden dürfen und deren Abgrenzung und Gestaltung im Bebauungsplan festgelegt ist (§2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976), werde es den antragstellenden Gesellschaften rechtlich verwehrt, in bezug auf die dort rechtmäßig bestehenden Betriebsgebäude Auf-, Zu- und Umbauten vorzunehmen, geschweige denn neue Baulichkeiten auch nur als Ersatz für bestehende Gebäude zu errichten. Die bekämpfte Verordnung greife in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften unmittelbar und aktuell ein und es stehe ihnen kein zumutbarer Weg zu Verfügung, um diesen rechtswidrigen Eingriff abzuwehren, weil ihnen nicht zugemutet werden könne, allein zu diesem Zweck die nach §97 der NÖ Bauordnung 1976 für ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen zu lassen.
Die antragstellenden Gesellschaften machen ferner mit näherer Begründung geltend, daß die in Rede stehende Festlegung einer Freifläche gesetzwidrig sei. Diese Festlegung stehe mit der Bauplatzeigenschaft des Grundstückes in Widerspruch und verstoße daher gegen §2 Z7 der NÖ Bauordnung 1976. Die angefochtene Verordnung sei aber auch wegen Verstoßes gegen das örtliche Raumordnungsprogramm der Stadtgemeinde Fischamend gesetzwidrig. Sie stehe nämlich mit der darin festgelegten Widmung des in Rede stehenden Grundstückes als "Bauland-Betriebsgebiet" iS des §16 Abs1 Z3 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, in der maßgeblichen Fassung (NÖ ROG 1976), in Widerspruch, da das Grundstück zufolge dieser Widmung für Baulichkeiten von Betrieben der in dieser Bestimmung näher umschriebenen Art bestimmt sei.
2. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Fischamend erstattete eine Äußerung, in der er die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung verteidigte.
Die Niederösterreichische Landesregierung trat in einer Äußerung dafür ein, den (Individual-)Antrag insoweit zurückzuweisen, als er sich auf nicht das Grundstück Nr. 77/1 betreffende Festlegungen des Bebauungsplanes bezieht. Sie zog ferner die Antragslegitimation der zweitantragstellenden Gesellschaft m.b.H. & Co KG in Zweifel und sprach sich im übrigen für die Abweisung des (Individual-)Antrages aus.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A. Über die Zulässigkeit des (Individual-)Antrages:
1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinen Beschlüssen VfSlg. 8009/1977 zu Art140 B-VG und VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausgeführt hat (vgl. etwa auch VfSlg. 10885/1986 und 11227/1987), erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, sie setzt auch voraus, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsberechtigung zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung eindeutig bestimmt, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
2. Soweit sich Regelungen eines Bebauungsplanes nicht auf ein im Eigentum des Antragstellers stehendes Grundstück beziehen, ist dieser in seiner Rechtssphäre - grundsätzlich - nicht betroffen (s. etwa VfGH 1.12.1992, V34/92; vgl. auch, was Regelungen eines Flächenwidmungsplanes betrifft, VfSlg. 10793/1986, 13106/1992; hinsichtlich einer Bausperre vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfGH 1.3.1994, V90/93).
Die zweitantragstellende Gesellschaft m.b.H. & CO KG ist dem Antragsvorbringen zufolge nicht Eigentümerin des Grundstückes Nr. 77/1. Der Antrag war daher, soweit er von der zweitantragstellenden Gesellschaft m.b.H. & Co KG gestellt wurde, mangels Legitimation zurückzuweisen.
Aus diesem Grund zurückzuweisen war der Antrag auch, soweit er von der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. gestellt wurde und sich über eine Teilfläche des in ihrem Eigentum stehenden Grundstückes Nr. 77/1 hinaus auf alle vom Bebauungsplan erfaßten Grundstücke bezieht (s. etwa VfSlg. 11850/1988).
Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
3. Soweit der Antrag von der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. gestellt wurde und sich auf eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 77/1 bezieht, ist er zulässig:
Der Bebauungsplan der Stadtgemeinde Fischamend vom 12. April 1991 greift insoweit, als mit ihm eine Teilfläche des im Eigentum der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. stehenden Grundstückes Nr. 77/1 als Freifläche festgelegt wurde, in die Rechtssphäre der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. als Grundstückseigentümerin ein, da er gemäß §2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976 bewirkt, daß auf dieser Fläche Gebäude nicht errichtet werden dürfen.
Ein zumutbarer Weg, die behauptete Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, steht der erstantragstellenden Gesellschaft m.b.H. nicht zur Verfügung. Zum einen kann von ihr nicht erwartet werden, daß sie allein zum Zweck der Anfechtung des Bebauungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen (§97 NÖ Bauordnung 1976) anfertigen läßt (vgl., was die Anfechtung von Flächenwidmungsplänen betrifft etwa VfSlg. 10793/1986, 11743/1988; VfGH 14.10.1993, V8, 9/92). Zum anderen kann sie auch nicht auf die in §12 Abs4 der NÖ Bauordnung 1976 (idF der 6. Novelle, LGBl. 8200-6) vorgesehene Möglichkeit verwiesen werden, einen Antrag auf Bauplatzerklärung zu stellen (und zwar unabhängig von einem Antrag auf Bewilligung einer Grundabteilung und unabhängig von einem Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung). Das hier in Rede stehende - wie erwähnt, im Bauland gelegene - Grundstück Nr. 77/1 ist nämlich gemäß §2 Z7 litc der NÖ Bauordnung 1976 kraft Gesetzes (somit ohne daß es hiezu einer Bauplatzerklärung bedürfte) ein Bauplatz. Nach dieser Bestimmung ist ein Bauplatz ein Grundstück im Bauland, das am 1. Jänner 1989 mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut ist. Schon aus diesem Grund könnte ein Antrag auf Erklärung dieses Grundstückes zum Bauplatz nicht zu einem Bescheid führen, für den der Bebauungsplan eine der Rechtsgrundlagen bildet. Demnach ist der Bebauungsplan bei der hier gegebenen Konstellation in einem Verfahren über einen Antrag auf Bauplatzerklärung nicht präjudiziell.
B. In der Sache selbst:
1. Das Grundstück Nr. 77/1 liegt in einem Gebiet, das nach dem Flächenwidmungsplan - er bildet gemäß §13 Abs3 NÖ ROG 1976 einen Bestandteil des örtlichen Raumordnungsprogrammes - als "Bauland-Betriebsgebiet" iS des §16 Abs1 Z3 NÖ ROG 1976 gewidmet ist. Nach dieser Vorschrift sind Betriebsgebiete für Baulichkeiten solcher Betriebe bestimmt, die keine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung und keine schädlichen, störenden oder gefährlichen Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können und sich in ihrer Erscheinungsform in das Ortsbild eines Wohn- oder Kerngebietes einfügen.
Gemäß §3 Abs1 der NÖ Bauordnung 1976 hat der Bebauungsplan, ausgehend von den Ergebnissen der Grundlagenforschung und auf Grund des örtlichen Raumordnungsprogrammes, insbesondere seiner Zielsetzung, die Regeln für die bauliche Gestaltung der Umwelt, insbesondere für die Bebauung, und die Einzelheiten der Verkehrserschließung festzulegen. Er darf dem örtlichen Raumordnungsprogramm nicht widersprechen. Im Bebauungsplan ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Baulichkeiten sowie das Maß der baulichen Nutzung nach Möglichkeit so festzulegen, daß eine gegenseitige
Beeinträchtigung vermieden wird. Dabei ist auf die Erfordernisse einer hohen Wohnqualität und der Verkehrserschließung sowie auf die Pflege des Orts- und Landschaftsbildes Rücksicht zu nehmen (§3 Abs2 der NÖ Bauordnung 1976). Gemäß §4 Abs2 Z5 der NÖ Bauordnung 1976 sind im Bebauungsplan, wenn es zur Erreichung der in §3 Abs1 und 2 dieses Gesetzes genannten Ziele erforderlich ist, für das Bauland die Größe und die Art der Ausgestaltung von Freiflächen festzulegen. Eine Freifläche ist nach der Legaldefinition des §2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976 eine Grundfläche im Bauland, auf der Gebäude nicht errichtet werden dürfen und deren Abgrenzung und Gestaltung im Bebauungsplan festgelegt ist. Eine weitere Vorschrift über Freiflächen enthält §5 Abs9 der NÖ Bauordnung 1976. Diese Bestimmung lautet:
"(9) Zur Pflege des Orts- und Landschaftsbildes oder zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen können bestimmte Teile oder ein bestimmtes Ausmaß von Grundflächen von einer Bebauung ausgenommen und zu Freiflächen erklärt werden, deren Gestaltung zu regeln ist."
2. Entgegen der im (Individual-)Antrag vertretenen Auffassung, die Erklärung einer Teilfläche des hier in Rede stehenden Grundstückes, und zwar eines sich entlang des Mühlbaches erstreckenden, 15 m breiten Streifens, zur Freifläche stehe im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Fischamend, in dem die gesamte Fläche dieses Grundstückes als "Bauland-Betriebsgebiet" ausgewiesen ist, liegt ein solcher Widerspruch zwischen dem Bebauungsplan und dem Flächenwidmungsplan nicht vor. Bereits aus der Definition des Begriffes "Freifläche" in §2 Z15 der NÖ Bauordnung 1976 ergibt sich - im Einklang mit der Vorschrift des §4 Abs2 Z5 der NÖ Bauordnung 1976, wonach im Bebauungsplan die Größe und die Art der Ausgestaltung von Freiflächen für das Bauland festzulegen ist -, daß nur eine im Bauland gelegene Grundfläche zur Freifläche erklärt werden darf. Daß im gegebenen Fall die Erklärung einer Teilfläche des in Rede stehenden Grundstückes zur Freifläche die Verwirklichung von Baumaßnahmen auf dem nicht zur Freifläche erklärten Grundstücksteil ausschließen würde, wird im (Individual-)Antrag nicht vorgebracht.
3. Auch in dem Umstand, daß es sich bei dem Grundstück Nr. 77/1 um einen Bauplatz iS des §2 Z7 litc der NÖ Bauordnung 1976, also um ein Grundstück im Bauland handelt, das am 1. Jänner 1989 mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut war, liegt kein rechtliches Hindernis für die Erklärung einer Teilfläche dieses Grundstückes zur Freifläche.
Es ist nämlich, da der Bebauungsplan (gleich wie der Flächenwidmungsplan nicht nur die Nutzung der von ihm erfaßten Liegenschaften wiedergibt, sondern deren künftige Nutzung festlegt; vgl. dazu etwa VfSlg. 9318/1982, 10710/1985, 11209/1987) seinem Wesen nach in der planmäßigen und vorausschauenden Gestaltung eines Gebietes in bezug auf seine Bebauung besteht (vgl. dazu etwa VfSlg. 2674/1954, 6857/1972), rechtlich nicht ausgeschlossen, selbst eine (im Bauland gelegene) Grundfläche, auf der sich bereits baubehördlich bewilligte Gebäude befinden, zur Freifläche zu erklären.
4.a) Nach dem Antragsvorbringen ist die in Rede stehende Festlegung einer Freifläche auch wegen Verstoßes gegen §3 Abs2 der NÖ Bauordnung 1976 gesetzwidrig. Diese Gesetzwidrigkeit bestehe, so wird mit näherer Begründung dargelegt, darin, daß die Festlegung der Freifläche nicht erforderlich sei, um dem in dieser Vorschrift normierten Gebot Rechnung zu tragen, die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Baulichkeiten nach Möglichkeit so festzulegen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird.
b) Mit diesem Vorbringen wird außer Betracht gelassen, daß gemäß §3 Abs2 letzter Satz der NÖ Bauordnung 1976 bei der im Bebauungsplan vorzunehmenden Festlegung unter anderem der räumlichen Verteilung der Baulichkeiten und des Maßes der baulichen Nutzung auch auf die Pflege des Orts- und Landschaftsbildes Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Sinn ermächtigt §5 Abs9 der NÖ Bauordnung 1976 zur Erklärung bestimmter Teile (oder eines bestimmten Ausmaßes) von Grundflächen zu Freiflächen unter anderem ausdrücklich zum Zweck der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, während §4 Abs2 Z5 die Festlegung der Größe und der Art der Ausgestaltung von Freiflächen für das Bauland zwingend vorschreibt, soweit dies zur Erreichung - unter anderem - der in §3 Abs2 genannten Ziele - somit auch zur Pflege des Orts- und Landschaftsbildes (s. dazu VfSlg. 8944/1980) - erforderlich ist.
c) Der (Individual-)Antrag tut nicht dar, daß diese gesetzlichen Voraussetzungen für die Erklärung des hier in Rede stehenden Grundstücksteiles zur Freifläche gefehlt hätten.
Tatsächlich ist aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen ersichtlich, daß diese Voraussetzungen gegeben waren:
In der vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Fischamend am 12. April 1991 beschlossenen Verordnung, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm für das gesamte Gemeindegebiet geändert wird, ist unter den Zielen der örtlichen Raumordnung der Schutz der bestehenden Landschaftsgebiete entlang des Donau- und des Fischaflusses (von dem der Mühlbach einen Seitenarm bildet) angeführt (§1 Z1), während als Maßnahme der örtlichen Raumordnung unter anderem die "Freihaltung der Uferbereiche entlang des Fischaflusses durch entsprechende Festlegungen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, um die gegebene ökologische Belastung von Fauna und Flora durch die vorhandenen Nutzungen zu reduzieren" vorgesehen ist (§4 Z1).
Im Motivenbericht zum gegenständlichen Bebauungsplan finden sich unter Punkt 3. 1. 4. ("Fischatal") unter anderem folgende Ausführungen:
"Die großflächigen begleitenden Auzonen sind großteils intakt. Sorge bringen vor allem jene Uferabschnitte, welche im Bereich des Baulandes durch ungeordnete ufernahe Nutzungen bzw. emissionsintensive Betriebe beeinträchtigt werden.
Vorgeschlagen wird daher in Abstimmung mit den Überflutungszonen eine Zone mit völligem Bauverbot, welche die Erhaltung der vom Fluß gespeisten Biotope insgesamt die spezifische Fauna und Flora gewährleistet."
d) Es zeigt sich somit, daß der gegenständliche Bebauungsplan, indem er die in Rede stehende Freifläche festlegt, iS des §3 Abs1 der NÖ Bauordnung 1976 der Zielsetzung des örtlichen Raumordnungsprogrammes Rechnung trägt und auch sonst die hiefür vorgegebenen gesetzlichen Kriterien erfüllt. Er ist somit nicht aus den im (Individual-)Antrag vorgebrachten Gründen gesetzwidrig.
Der Antrag war daher - soweit zulässig - als unbegründet abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, BebauungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:V247.1991Dokumentnummer
JFT_10059379_91V00247_00