TE Vwgh Beschluss 2022/3/24 Ra 2022/05/0042

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Veröffentlicht am 24.03.2022
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Oberösterreich
L82000 Bauordnung
L82004 Bauordnung Oberösterreich
L82054 Baustoff Oberösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauRallg
BauTG OÖ 2013 §1 Abs1
BauTG OÖ 2013 §2 Z17
BauTG OÖ 2013 §2 Z9
B-VG Art133 Abs4
ROG OÖ 1994 §22 Abs2
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Mag. E D, 2. M H, 3. H K, 4. M K und 5. F E, alle in S, alle vertreten durch die Metzler & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 9. Dezember 2021, LVwG-153197/11/VG - 153201/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Berg im Attergau; mitbeteiligte Parteien: 1. M A und 2. R G; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerber sind jeweils (Mit-)Eigentümer von Grundstücken, die an ein Baugrundstück angrenzen, für das den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid vom 22. Juni 2021 eine Baubewilligung erteilt wurde. Der Bürgermeister der Gemeinde, in dem das Baugrundstück in der Widmung „Dorfgebiet“ liegt, ist der Onkel des Erstmitbeteiligten. Deshalb unterfertigte der Vizebürgermeister in Vertretung des Bürgermeisters den Bescheid.

2        Die von den Revisionswerbern dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass nach § 22 Abs. 2 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (in der Folge: Oö. ROG 1994) in der Widmung Dorfgebiet u.a. nur Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Geschoßen über dem Erdboden zulässig seien und die dörfliche Struktur sichergestellt sein müsse. Beim projektierten Wohnhaus würde es sich um ein Gebäude handeln, bei dem das geplante Kellergeschoß durch die Hangbauweise zum Teil in das umliegende, künftige Gelände reichen würde. Dadurch kämen nicht mehr als zwei Geschoße über dem Erdboden zu liegen.

4        Rechtlich argumentierte das Verwaltungsgericht, dass Einwendungen der Nachbarn nur dann zu berücksichtigen seien, wenn sie sich auf solche Bestimmungen stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen würden. Dies könne aber dahingestellt bleiben, weil das teilweise unter dem Erdboden liegende Kellergeschoß in die Anzahl der zulässigen Geschoße nicht eingerechnet werden dürfe. Es seien ohnehin nicht mehr als zwei Geschoße über dem Erdboden geplant; § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 stehe dem Projekt daher nicht entgegen.

5        Der befangene Bürgermeister habe an der Erlassung der Baubewilligung nicht persönlich mitgewirkt. Selbst eine von einem befangenen Organwalter getroffene Entscheidung würde nur einen Verfahrensmangel begründen, der durch die Entscheidung der nicht befangenen Richterin des Verwaltungsgerichtes saniert würde.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revisionswerber bringen in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, dass § 2 Z 17 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (im Folgenden: Oö. BauTG 2013) durch seine Definition des Kellergeschoßes die Möglichkeit eröffne, sich völlig willkürlich durch eine Teilbebauung unterhalb des künftigen Geländes der Kontrolle gemäß § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 zu entziehen. Diese Willkür bedürfe einer verwaltungsrechtlichen Entscheidung.

11       Die in der Zulässigkeitsbegründung formulierte Rechtsfrage lässt sich jedoch mit dem eindeutigen Wortlaut der relevanten Bestimmungen beantworten. Gemäß § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994 sind in der Widmung „Dorfgebiet“ als Wohngebäude nur Gebäude mit nicht mehr als zwei Geschoßen über dem Erdboden und einem Dachraum mit insgesamt höchstens drei Wohnungen und nur insoweit zulässig, als die dörfliche Struktur des Gebietes sichergestellt ist. Die grundlegenden technischen Bestimmungen für das Bauwesen im Land Oberösterreich sind im Oö. BauTG 2013 enthalten (§ 1 Abs. 1 leg. cit.). Gemäß § 2 Z 9 Oö. BauTG 2013 wird der Begriff Erdgeschoß definiert als das erste oder einzige Geschoß eines Gebäudes, bei dem die Fußbodenoberkante allseits über dem angrenzenden künftigen Gelände liegt. Als Kellergeschoß wird in Z 17 leg. cit. ein Geschoß definiert, das zur Gänze oder in Teilen (z.B. bei Gebäuden in Hangbauweise) in das umliegende, künftige Gelände reicht. Die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass das geplante Wohngebäude mit einem Kellergeschoß in Hangbauweise und zwei darüber liegenden Geschoßen in der Widmung „Dorfgebiet“ zulässig sei, entspricht daher der geltenden Rechtslage, die eindeutig ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird von der Revision nicht aufgezeigt (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei nach den in Betracht kommenden Normen klarer Rechtslage etwa VwGH 14.2.2022, Ra 2022/06/0002, mwN). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung werden von den Revisionswerbern nicht dargelegt und liegen beim Verwaltungsgerichtshof auch nicht vor.

12       Dem Revisionsvorbringen, dass der Baubescheid der ersten Instanz von einem unzuständigen Gemeindeorgan erlassen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Revision selbst einräumt, der Bürgermeister sei befangen gewesen. Weshalb der Vizebürgermeister, der nach § 36 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990 (Oö. GemO 1990) den Bürgermeister im Fall dessen Verhinderung vertritt, unzuständig gewesen wäre, legt sie nicht dar.

13       In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. März 2022

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022050042.L00

Im RIS seit

22.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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