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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag NiederösterreichNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, in der Revisionssache des A K in P, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 9. August 2021, Zl. LVwG-AV-812/001-2020, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Zustellung einer Ausfertigung in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde P; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S D in W, vertreten durch die BPPA Brandstetter Baurecht Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Herrengasse 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (im Folgenden: LVwG) wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Zustellung der Ausfertigung einer näher bezeichneten Entscheidung des LVwG vom 16. Mai 2021 über eine Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen einen Bescheid gemäß § 20 Niederösterreichische Bauordnung 2014 (im Folgenden: NÖ BO 2014) als unzulässig zurückgewiesen. Das LVwG begründete diese Entscheidung mit der mangelnden Parteistellung des Revisionswerbers als Nachbar in einem Verfahren nach § 20 NÖ BO 2014. Die Vorprüfung gemäß § 20 NÖ BO 2014 diene der Überprüfung eines Antrags auf Erteilung einer Baubewilligung hinsichtlich seiner Kompatibilität mit den in § 20 Abs. 1 NÖ BO 2014 aufgezählten generellen Vorschriften und nicht der Geltendmachung von Nachbarrechten. Erst mit positiv erledigter Vorprüfung könne ein Verfahren gemäß § 21 NÖ BO 2014 in Gang gesetzt werden, in welches Nachbarn miteinzubeziehen wären und in welchem subjektiv-öffentliche Rechte geltend gemacht werden könnten. Die Vorprüfung habe im gegenständlichen Verfahren bis dato mit einer Abweisung des Antrags auf Erteilung auf Baubewilligung wegen vermutetem Widerspruch zum Bebauungsplan geendet, weshalb die Nachbarn bis dato nicht dem Verfahren beizuziehen gewesen wären.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst vorbringt, das LVwG habe dem Revisionswerber zu Unrecht die Parteistellung in einem Verfahren gemäß § 21 NÖ BO 2014 verwehrt und es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob und inwieweit Nachbarn nach der NÖ BO 2014 im Rechtsmittelverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend Bescheide gemäß § 20 NÖ BO 2014 Parteistellung zukomme. Auch der Feststellungsausspruch der belangten Behörde hindere entgegen der Ansicht des LVwG die Parteistellung nicht.
6 Voranzustellen ist, dass der angefochtene Beschluss keine Entscheidung über die Parteistellung der revisionswerbenden Parteien in einem Verfahren nach § 21 NÖ BO 2014 enthält, sondern die Parteistellung eines Nachbarn im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 NÖ BO 2014 im Rahmen der Vorprüfung gemäß § 20 NÖ BO 2014 zum Thema hat. Schon aus diesem Grund legt die Revision mit ihrem Vorbringen zur angeblichen Verweigerung der Parteistellung in einem Verfahren gemäß § 21 NÖ BO 2014, das im Übrigen entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGG nicht aufzeigt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
7 Soweit die Revision vermeint, es fehle Rechtsprechung zur Frage der Parteistellung von Nachbarn in einem Verfahren gemäß § 20 NÖ BO 2014, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Vor-Vorgängerbestimmung des § 20 NÖ BO 2014 in § 98 Niederösterreichische Bauordnung 1976 ausdrücklich festgehalten hat (vgl. VwGH 16.9.1997, 96/05/0083), sind die Nachbarn dem Vorprüfungsverfahren noch nicht beizuziehen. Im dortigen Fall hielt der Verwaltungsgerichtshof zudem fest, dass unabhängig davon, ob der Bescheid „nachrichtlich“ einem Nachbarn übermittelt wurde, diesem Nachbarn in diesem Verfahrensstadium keine Parteistellung zukommt, weil nur im Fall der Erteilung der Baubewilligung eine Rechtsverletzung denkbar ist. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Dass auch der Gesetzgeber der hier anzuwendenden NÖ BO 2014 vom Verständnis der genannten Rechtsprechung ausgegangen ist, ergibt sich nach der eindeutigen Rechtslage bereits aus § 21 Abs. 1 leg. cit., wonach die Nachbarn (erst dann) nachweislich vom geplanten Vorhaben zu informieren sind, wenn die Vorprüfung zu keiner Abweisung des Antrages führt. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass jemand nicht dadurch Partei wird, weil er von der Behörde dem Verfahren beigezogen wurde (vgl. VwGH 24.10.2017, Ro 2014/06/0067, mwN).
8 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. März 2022
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050174.L00Im RIS seit
22.04.2022Zuletzt aktualisiert am
10.05.2022