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L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
AufwandersatzV VwGH 2014Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrat Mag. Cede sowie Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des E C in W, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 42/6, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. August 2020, VGW-171/092/9041/2018-25, betreffend Leistungszulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Wien hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Antrag vom 8. November 2017 begehrte der Revisionswerber festzustellen, dass ihm die gemäß Nebengebührenkatalog gebührende Leistungszulage auch über den 25. August 2017 hinaus zustehe.
2 Nach Durchführung eines umfangreichen Verfahrens unter Einholung von Stellungnahmen des Revisionswerbers wies der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 1. Juni 2018 - soweit noch von Interesse - diesen Antrag des Revisionswerbers ab. Nach ausführlicher Darstellung des Verfahrensganges und Treffen von dislozierten Feststellungen im Rahmen der rechtlichen Erwägungen gelangte die Dienstbehörde zu dem Ergebnis, die auf „minder entsprechend“ lautende Mitarbeiterbeurteilung des Revisionswerbers vom 25. August 2017 sei nachvollziehbar gewesen. Da der Revisionswerber das Erfordernis der „sehr guten“ Dienstleistung im Sinne des Punktes 19 des Nebengebührenkatalogs 2017 somit seit 25. August 2017 nicht mehr erfülle, sei die Einstellung der Leistungszulage zu Recht erfolgt.
3 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurück.
4 Es traf hiebei folgende Feststellungen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
„a) In Wien ist die Straßenreinigung in vier Außenstellen und jede Außenstelle in drei bis vier Kehrbezirke eingeteilt. Jeder Außenstelle steht ein Außerstellenleiter und jedem Kehrbezirk ein Kehrbezirksleiter vor. Der Außenstellenleiter ist die Verbindungsstelle der Kehrbezirksleiter zur Zentrale; die Kehrbezirksleiter kommunizieren mit der Zentrale ausschließlich über den Außenstellenleiter. Daneben gibt es in Wien einen Gehsteigreferenten, der für alle Gehsteige in Wien, bei denen die Gemeinde Wien Anrainerin ist, nach deren Vermessung die Aufträge zu deren Schneeräumung vergibt; der Gehsteigreferent ruft nach Ende des Vergabeverfahrens die Einzelleistungen ab.
Der Beschwerdeführer war über 10 Jahre Außenstellenleiter (bis zum 25.8.2017) und war und ist auch Gehsteigreferent. In seiner Eigenschaft als Außenstellenleiter war Frau B (damalige Leiterin der Außenstellen) Dienstvorgesetzte, in seiner Eigenschaft als Gehsteigreferent Herr DI Dr. N.
Der Beschwerdeführer bewarb sich viermal um einen Dienstposten als Kehrbezirksleiter; zuletzt hatte er am 6.3.2017 erfahren, dass er mangels Eignung nicht Kehrbezirksleiter werden könne. Der Posten des Außenstellenleiters ist zwar höherwertig als der des Kehrbezirksleiters, der Beschwerdeführer bewarb sich aber dennoch für den Kehrbezirksleiter der Bezirke 3/11, weil er im 11. Bezirk wohnt und der Kehrbezirksleiter nicht in der Zentrale angesiedelt ist.
b) Der Beschwerdeführer wurde am 15.7.2014 (Beurteilungszeitraum 11.7.2012 - 15.7.2014) in der Mitarbeiterbeurteilung in seiner Eigenschaft als Gehsteigreferent mit ,ausgezeichnet‘ und in seiner Eigenschaft als Außenstellenleiter mit ,sehr gut‘ beurteilt; die Gesamtbeurteilung war ,ausgezeichnet‘. In seiner Mitarbeiterbeurteilung vom 25.8.2017 (Beurteilungszeitraum 15.7.2014 - 25.8.2017) wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Gehsteigreferent mit ,Normleistung‘ beurteilt und in seiner Eigenschaft als Außenstellenleiter mit ,nicht entsprechend‘; die Gesamtbeurteilung war ,minder entsprechend‘.
Die Normleistung als Gehsteigreferent ist in der Mitarbeiterbeurteilung vom 25.8.2017 damit begründet, dass der Beschwerdeführer ,auf Grund seiner Schreibweise‘ die dazu erforderlichen Vorgaben nicht eigenständig erfüllen kann. Der Kontakt mit den beauftragten Kontrahenten sowie das Erstellen der Pläne funktioniert gut.‘ In der Beurteilung hinsichtlich der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Außenstellenleiter ist folgendes ausgeführt: ,Der Beschwerdeführer ist weder mündlich noch schriftlich im Stande [,] diese Position und ihren Anforderungen gerecht zu werden, der Beschwerdeführer ist als Bindeglied zu den Außenstellen nicht tragbar, er ist in seiner Schreibweise katastrophal (Beispiel beiliegend). Auch sein Verhalten seinen Vorgesetzten gegenüber lässt zu wünschen übrig, z.B. anstatt zu ‚grüßen‘ [,] senkt er absichtlich den Kopf. Als Außenstellenleiter ist der Beschwerdeführer nicht tragbar. Er vermittelt mit seinen Äußerungen und Behauptungen nur böses Blut in den Kehrbezirken und beschwert sich über seine Vorgesetzten.‘
Frau B begründet in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien ihre Beurteilung des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Außenstellenleiter mit ‚nicht entsprechend‘ damit, sie habe von ihren Mitarbeitern erfahren, dass der Beschwerdeführer über die Vorgesetzten, über sie und Herrn S, hergezogen sei. Was der Beschwerdeführer konkret gesagt hat, könne sie aber nicht sagen; er habe ihr vorgeworfen, sie mobbe ihn, weil sie ihn nicht für die Überstunden anlässlich des Mistfestes eingeteilt habe. Die Mobbingvorwürfe habe er nicht ihr gegenüber ausgesprochen, sie habe nur davon gehört und ihn darauf angesprochen; der Beschwerdeführer habe jedenfalls nicht dementiert, dass dies so war. Die Beurteilung des Beschwerdeführers mit ‚nicht entsprechend‘ sei in seinem Verhalten gegenüber den Mitarbeitern in den Kehrbezirken begründet; er habe dort über sie (Frau B) geschimpft; die Mitarbeiter haben erzählt, dass dies nicht angenehm sei. Außerdem habe jeder Außerstellenleiter monatlich einen Kontrollbogen in Bezug auf die Außendienste auszufüllen. In den letzten Monaten (vor der Mitarbeiterbeurteilung) sei stets jeweils die Seite 2 dieses Bogens, in dem besondere Vorkommnisse einzutragen sind, leer gewesen; normalerweise gebe es immer etwas, was dort zu erwähnen sei.
Weder hinsichtlich der Mobbingvorwürfe noch hinsichtlich des Ausfüllens der Kontrollbögen wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
DI Dr. N sagt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien aus, es habe (hinsichtlich der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Gehsteigreferent) beim genauen Vermessen der Gehsteigfläche und auch beim Einzeichnen der Ergebnisse in den Plänen keine Beanstandungen gegeben. Grund für die Beurteilung ‚Normleistung‘ sei die Orthographie des Beschwerdeführers (‚Mitgrund‘) gewesen, ‚Hauptgrund‘ das Erfordernis, hinsichtlich der Aufgabenerfüllung urgieren zu müssen bzw. nachzufragen, ob die Dinge schon erledigt sind; es sei nämlich schon ‚zeitkritisch‘, wenn zu Winterbeginn die Gehsteigräumung noch nicht vergeben ist; deshalb habe er urgiert. Dies habe jedoch erst im Frühjahr 2017 begonnen. Davor habe es keine Beanstandungen gegeben.
c) In den Protokollen der Mitarbeiterorientierungsgespräche vom 15.11.2016 und 7.12.2016 findet sich kein Eintrag, der auf eine Verschlechterung bei der Dienstverrichtung des Beschwerdeführers schließen ließe.
Die orthografischen Fähigkeiten des Beschwerdeführers sind gering, haben sich aber in den letzten Jahren vor 2017 nicht verschlechtert“.
5 Es wurde eine Beweiswürdigung durchgeführt, in der insbesondere auf die Aussagen der Vorgesetzten des Revisionswerbers Frau B und Herrn DI Dr. N in den mündlichen Verhandlungen am 11. März und 23. Juni 2020 hingewiesen wurde.
6 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß Punkt 19 lit. b Z 3 der Beilage A-II/IV/Allg. des Nebengebührenkatalogs 2017 gebühre Bediensteten nach dreijähriger Zugehörigkeit zu der entsprechenden Bedienstetengruppe bei mindestens sehr guter Dienstleistung eine Leistungszulage in der Höhe von € 150,66 monatlich.
7 Nach § 39a der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), LGBl. Nr. 55/1994, habe immer dann, wenn eine besoldungsrechtliche Maßnahme nach diesem Gesetz, einer Anlage zu diesem Gesetz oder nach einer auf dieses Gesetz gegründeten Verordnung auf die Dienstleistung des Beamten abstelle, deren Bewertung im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu erfolgen, welche insbesondere die Art der erbrachten Leistung, deren Qualität sowie die Quantität der erbrachten und zu erbringenden Leistungen zu erfassen habe.
8 Die Dienstbehörde habe mit dem bekämpften Bescheid den Antrag des Revisionswerbers auf bescheidmäßige Feststellung abgewiesen, dass ihm die (gemäß Nebengebührenkatalog gebührende) Leistungszulage auch über den 25. August 2017 hinaus zustehe. Im Wesentlichen sei dies damit begründet worden, dass das Leistungskalkül der Mitarbeiterbeurteilung vom 25. August 2017 nicht auf „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“ laute.
9 Diese Voraussetzung einer mindestens sehr guten Gesamtbeurteilung im Sinn des § 39a BO 1994 sei eine rechtserhebliche Tatsache, welche sich aus einem vom (oder hier von den) beurteilenden Vorgesetzten abzugebenden Werturteil, das auf Basis einer „gutachterlichen Befunderhebung“ abzugeben sei, zu ergeben habe. Nach bestehender Rechtslage sei es nicht Aufgabe des belangten Magistrats und auch nicht des erkennenden Senats, anstelle des (der) beurteilenden Vorgesetzten ein eigenes Werturteil abzugeben. Aufgabe des erkennenden Gerichts könne es vielmehr nur sein, das abgegebene Werturteil auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen (Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Dienstrechtssenates der Stadt Wien u.a. DS 14.03.2001, DS-7/2000). Zum anderen sei entscheidend, dass sich im Kalkül der Gesamtbeurteilung der gesamte Beurteilungszeitraum widerspiegle.
10 § 39a BO 1994 sei zu entnehmen, dass die Gesamtbeurteilung insbesondere von der Art der erbrachten Leistungen, deren Qualität und Quantität auszugehen habe. Eigenschaften des Beamten seien nicht darzustellen (Hinweis auf VwGH 22.2.2006, 2004/09/0211). Demgegenüber seien bei der Mitarbeiterbeurteilung des Revisionswerbers vom 25. August 2017 durch seine Vorgesetzten, insbesondere Frau B, Verhaltensweisen des Revisionswerbers eingeflossen, die allenfalls (bei Zutreffen) disziplinarrechtliche Relevanz aufwiesen, aber keinen Einfluss auf die in § 39a BO 1994 vorgesehene Beurteilung haben dürften:
11 Insbesondere habe Frau B bei ihrer Einvernahme mehrfach davon gesprochen, dass der Revisionswerber schlecht über sie und die anderen Vorgesetzten gesprochen habe; dies wisse Frau B allerdings nicht aus eigener Wahrnehmung, sondern lediglich vom „Hörensagen“. Dasselbe gelte für die Aussage der Vorgesetzten B, der Revisionswerber behaupte, sie mobbe ihn, oder für ihre Aussage, der Revisionswerber habe als Außenstellenleiter - pflichtwidrig - den monatlichen „Kontrollbogen“ nicht vollständig ausgefüllt.
12 Nicht nachvollziehbar sei auch, wie die Vorgesetzten des Revisionswerbers zu ihrem Leistungskalkül auf Grund von Begründungen hätten gelangen können, die lediglich einen Bruchteil des gesamten Beurteilungszeitraums beträfen, wohingegen der übrige, weitaus größere Teil des Beurteilungszeitraums offenbar von den nun vorgetragenen Mängeln des Revisionswerbers nicht belastet sei.
13 Schließlich erweise sich die Gesamtbeurteilung des Revisionswerbers insoweit als unschlüssig, als sie die gravierenden orthografischen Defizite des Revisionswerbers hervorheben würden; diese hätten jedoch dieselben Vorgesetzten bei der vorangegangenen Gesamtbeurteilung nicht gehindert, den Revisionswerber mit „ausgezeichnet“ zu beurteilen.
14 Die von den Vorgesetzten vorgenommene Gesamtbeurteilung des Revisionswerbers vom 25. August 2017 mit dem Kalkül „minder entsprechend“ sei folglich nicht nachvollziehbar und daher unschlüssig.
15 Da somit der gesamte für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob dem Revisionswerber eine Leistungszulage über den 25. August 2017 hinaus zustehe, maßgebliche Sachverhalt neu zu ermitteln sei, sei der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen, zumal dem Verwaltungsgericht Wien gegenüber den Vorgesetzten des Revisionswerbers kein Weisungsrecht zukomme, die Mitarbeiterbeurteilung bezüglich des Revisionswerbers neuerlich durchzuführen.
16 Dem Verwaltungsgericht Wien sei es auch verwehrt, bei Unbrauchbarkeit der letzten Mitarbeiterbeurteilung zum 25. August 2017 auf die vorletzte, somit im Konkreten auf jene vom 15. Juli 2014 mit dem Leistungsurteil „ausgezeichnet“, zurückzugreifen: Wie aktuell die Mitarbeiterbeurteilung zu sein habe, sei zwar nicht ausdrücklich geregelt, allerdings könne aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur erforderlichen Aktualität von Sachverständigengutachten (Hinweis auf VwGH 30.4.2019, Ra 2018/12/0033) zumindest der Schluss gezogen werden, dass eine zum (für die Beurteilung der Rechtsfrage) relevanten Stichtag bereits über drei Jahre alte Mitarbeiterbeurteilung dem Aktualitätserfordernis nicht genüge, zumal die Beurteilung ja ihrerseits wiederum auf einem zurückliegenden Zeitraum basiere.
17 Dass die Revision unzulässig sei, wurde unter Hinweis auf die zitierte Judikatur damit begründet, dass die vorliegende Entscheidung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, es an einer solchen nicht fehle und auch keine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Auch sonst fänden sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer zu lösenden grundsätzlichen Rechtsfrage.
18 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
19 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision zurück-, allenfalls abzuweisen.
20 Zur Zulässigkeit der Revision wurde zusammengefasst ausgeführt, das Verwaltungsgericht Wien hätte gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden gehabt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung seien die Vorgesetzten des Revisionswerbers Frau B und DI Dr. N einvernommen worden. Die Mitarbeiterbeurteilung vom 25. August 2017 sei samt Anhang als Beilage ./1 zum Akt genommen und auch der Revisionswerber sei befragt worden. Da der maßgebliche Sachverhalt festgestellt worden sei, wäre jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden gewesen. Mit seiner Entscheidung weiche das Verwaltungsgericht von der Spruchpraxis des vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle zuständig gewesenen Dienstrechtssenates der Stadt Wien ab, wenn es ausführe, dem Verwaltungsgericht Wien wäre es verwehrt, bei Unbrauchbarkeit der letzten Mitarbeiterbeurteilung (hier vom 25. August 2017) auf die vorletzte, somit im Konkreten auf jene vom 15. Juli 2014 mit dem Leistungskalkül „ausgezeichnet“, zurückzugreifen. Darüber hinaus führe das Verwaltungsgericht selbst an, dass eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur erforderlichen Aktualität von Mitarbeiterbeurteilungen nicht bestehe, sodass auch aus diesem Grund die vorliegende Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.
21 Schon mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht Wien in der Sache selbst hätte entscheiden müssen, wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass die Revision zulässig ist. Sie ist auch berechtigt.
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
23 Unstrittig ist im vorliegenden Revisionsfall, dass das Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde des Revisionswerbers zuständig war (vgl. Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG).
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in zahlreichen Erkenntnissen, beginnend mit jenem vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, zur Befugnis der Verwaltungsgerichte zur Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG Stellung genommen.
25 Demnach stellt die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 22.9.2020, Ra 2019/12/0087, mwN).
26 Dafür, dass im vorliegenden Verfahren eine dieser Konstellationen vorläge, bestehen keine Anhaltspunkte. Dass ergänzende Ermittlungen durchzuführen sind, erfüllt nicht einmal dann die Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, wenn in deren Rahmen die Bestellung eines Sachverständigen und die Einholung eines Gutachtens notwendig wäre (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, mwN).
27 In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Verwaltungsgericht über die Bewertung der Dienstleistung des Revisionswerbers gemäß § 39a BO 1994 als Vorfrage zu entscheiden und zusätzlich zu den bereits von der Dienstbehörde im Rahmen der Dienstbeschreibung getroffenen Feststellungen ohnehin in zwei mündlichen Verhandlungen Erhebungen durchgeführt und schließlich weitere Feststellungen getroffen hat, sodass allenfalls nur noch ergänzende Feststellungen zu treffen wären, kommt eine Aufhebung und Zurückverweisung an die Dienstbehörde nicht in Betracht. Schon aus diesem Grund war das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 2020, mwN).
28 Davon, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich auch bei Überprüfung eines Werturteiles wie einer Mitarbeiterbeurteilung unter Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts meritorisch zu entscheiden hat, ist der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Entscheidungen vom 27. Juni 2018, Ra 2018/09/0065, betreffend Leistungsfeststellung nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und vom 25. September 2019, Ra 2018/09/0195, betreffend Festsetzung der Dienstbeurteilung nach dem Oö. Statutargemeinden-Bedienstetengesetz 2002 ausgegangen.
29 Ein Zurückgreifen auf die letzte schlüssige und nachvollziehbare Dienstbeschreibung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich diese auf einen anderen Zeitraum bezieht als denjenigen, für den die Leistungszulage im vorliegenden Verfahren zu bemessen ist.
30 Der angefochtene Beschluss war daher im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. März 2022
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020120069.L00Im RIS seit
22.04.2022Zuletzt aktualisiert am
21.06.2022