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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
BUAG §2 Abs1 litaBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in Wien, vertreten durch die Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 2/15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 25. April 2019, LVwG 33.12-2317/2018-30, betreffend Feststellung gemäß § 25 Abs. 6 BUAG, dass dieses Gesetz für bestimmte Arbeitnehmer der mitbeteiligten Partei keine Anwendung finde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Voitsberg; mitbeteiligte Partei: S GmbH & Co KG in E, vertreten durch Mag. Heinz Russold, Rechtsanwalt in 8580 Köflach, Judenburger Straße 24), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach einer Baustellenkontrolle durch Mitarbeiter der revisionswerbenden Kasse am 19. Juni 2017, im Zuge derer Dienstnehmer der mitbeteiligten Partei bei „BUAG-pflichtigen“ (Dachdecker-)Arbeiten an einem Flachdach angetroffen worden seien, und einer Betriebskontrolle „im Juli 2017“ schrieb die revisionswerbende Kasse der mitbeteiligten Partei am 13. Juli 2017 Zuschläge nach dem BUAG in der Höhe von EUR 26.222,83 vor, da die Arbeitsverhältnisse von vier namentlich genannten Dienstnehmern wegen der Ausführung von Dachdeckerarbeiten in den Anwendungsbereich des BUAG fielen.
2 Die mitbeteiligte Partei wendete dagegen mit Schreiben vom 3. August 2017 ein, die von ihr durchgeführten Dacheindeckungen mit kleinformatigen Aluminiumplatten (Prefa-Dachplatten) fielen in den Kernbereich der Tätigkeit eines Spenglers und seien daher nicht BUAG-pflichtig.
3 Am 19. Jänner 2018 beantragte die revisionswerbende Kasse gemäß § 25 Abs. 6 BUAG die Feststellung, ob für die in Rede stehenden Arbeitsverhältnisse das BUAG Anwendung findet.
4 Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg entschied über diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Juli 2018 und bejahte die Anwendung des BUAG. Bei den durchgeführten Eindeckungen mit kleinformatigen Aluminiumplatten (Prefa-Dachplatten) handle es sich um BUAG-pflichtige Dachdeckerarbeiten (vgl. § 2 Abs. 1 lit. c BUAG). Verwiesen werde dazu auf die „Grundregeln des Österreichischen Dachdeckerhandwerks“, herausgegeben von der Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler, Ausgabe 2013, denen zufolge die Eindeckung unter anderem mit vorgefertigten Bedachungselementen aus Metall erfolgen könne.
5 Im Betrieb der mitbeteiligten Partei würden allerdings auch - keine BUAG-Pflicht begründende - Spenglerarbeiten verrichtet. Es handle sich um einen Mischbetrieb ohne organisatorische Trennung. Daher unterlägen gemäß § 3 Abs. 3 BUAG nur jene Arbeitnehmer den Bestimmungen des BUAG, die überwiegend Tätigkeiten verrichten würden, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der (BUAG-pflichtigen) Betriebe gemäß § 2 BUAG fielen. Die Auswertung der Ausgangsrechnungen zeige, dass im Betrieb der mitbeteiligten Partei überwiegend Dachdeckerarbeiten, somit BUAG-pflichtige Tätigkeiten, durchgeführt würden.
6 Der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt und stellte fest, dass für die in Rede stehenden Arbeitnehmer der mitbeteiligten Partei das BUAG keine Anwendung finde. Die Revision erklärte das LVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
7 Zum Sachverhalt stellte das LVwG fest, das größte Aufgabengebiet des Betriebs der mitbeteiligten Partei sei die Neuherstellung und Sanierung der Dächer von Einfamilienhäusern und die Sanierung von Fassaden mit Produkten der P Aluminiumprodukte GmbH. Die mitbeteiligte Partei decke auch Dächer mit Ziegeln, jedoch habe sie etwa im Jahr 2018 nur zwei Einfamilienhäuser mit Ziegeln und 10 Einfamilienhäuser mit Prefa-Dächern gedeckt. Um Prefa-Dächer zu montieren, benötige man eine entsprechende Spenglerwerkstätte zur Vorfertigung der Bleche. Der Betrieb der mitbeteiligten Partei sei dementsprechend mit speziellen Maschinen (zB Rundmaschinen, Profiliermaschinen, Montiermaschinen, Falzmaschinen) ausgestattet. Prefa vergebe seine vorgefertigten Dachprodukte ausschließlich an Betriebe mit „Spenglerkonzession“. Die Produktverarbeitung werde seit rund 70 Jahren von Spenglern ausgeführt. Die „Verlegerichtlinien der Prefa“ seien nach den Fachregeln für Bauspengler und nicht nach den Vorgaben der „Dachdeckernorm“ ausgelegt.
8 Weiters stellte das LVwG fest, bei der mitbeteiligten Partei seien im Zeitpunkt der Kontrolle am 19. Juni 2017 ausschließlich die vier in Rede stehenden Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. SB habe eine Lehrabschlussprüfung als Zimmermann abgelegt und für die mitbeteiligte Partei sowohl Dachdeckerarbeiten als auch Spenglerarbeiten durchgeführt; die Arbeit an Prefa-Dächern habe überwogen. PP sei gelernter Spengler, seine Hauptaufgabe sei das Dachdecken mit Prefa-Produkten. Er habe auch in der Werkstatt beim Zurichten der Blechteile gearbeitet, mit Ziegeldächern sei er nicht beschäftigt gewesen. TL habe regelmäßig in der Werkstatt an der Presse bei der Vorbereitung von Blechen und nicht am Dach selbst gearbeitet, auf den Baustellen habe er etwa Materiallifte aufgestellt. RS sei als Spengler beschäftigt gewesen.
9 In der rechtlichen Würdigung hielt das LVwG fest, im Wesentlichen sei zu beurteilen gewesen, ob die Errichtung von Prefa-Metalldächern eine Kerntätigkeit der Spengler darstelle oder nicht. Aus dem Umstand, dass Spenglerbetriebe - anders als Dachdeckerbetriebe - in § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG nicht aufgezählt würden, könne geschlossen werden, dass Spenglerbetriebe keinesfalls der BUAG-Pflicht unterliegen sollten. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes zur sogenannten Spezialbetriebsregelung des § 2 Abs. 1 lit. g BUAG lasse sich ableiten, dass Betriebe, die ausschließlich Tätigkeiten erbrächten, die ihrer Art nach sowohl in einem Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG als auch in Betrieben, die nicht unter § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG fielen, typisch seien, dem BUAG unterlägen, sodass eine Flucht aus dem BUAG in diesen Fällen nicht möglich sei. Werde hingegen eine Tätigkeit erbracht, die ihrer Art nach von vornherein nicht „BUAG-betriebstypisch“ sei, sondern aus einer nicht vom BUAG umfassten Betriebsart - wie im vorliegenden Fall dem Spenglergewerbe - stamme, komme die Spezialbetriebsregelung nicht zur Anwendung.
10 Nach dem Prefa-Dacheindeckungssystem würden gepresste Aluminiumplatten durch Falze miteinander verbunden. Das Pressen und Falzen seien typische Spenglertätigkeiten. Insgesamt sei aufgrund der von der mitbeteiligten Partei durchgeführten Arbeitsvorgänge, der verwendeten „sehr teuren“ Spezialwerkzeuge und der „historischen Entwicklung“ nach den „Auslegungskriterien des § 29 Abs. 2 Gewerbeordnung“ davon auszugehen, dass die Errichtung von Prefa-Metall-Dachsystemen ihrer Art nach nicht aus dem Dachdeckergewerbe herrühre, sondern sich aus dem Spenglergewerbe heraus entwickelt habe. Sie sei daher als eine Tätigkeit des Spenglergewerbes „BUAG-frei“.
11 Da die mitbeteiligte Partei jedoch nicht ausschließlich mit der „Herstellung bzw. Montage“ von Prefa-Dächern und sonstigen Prefa-Produkten beschäftigt gewesen sei, sondern auch Dachdeckerarbeiten durchgeführt habe, müsse beurteilt werden, ob die einzelnen Arbeitnehmer in diesem Mischbetrieb ohne organisatorische Trennung überwiegend Dachdeckerarbeiten oder Spenglerarbeiten durchgeführt hätten. Aufgrund der glaubhaften und lebensnahen Schilderungen der Tätigkeiten der Arbeitnehmer sowie der vorgelegten Rechnungen müsse jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Spenglertätigkeiten der betroffenen Arbeitnehmer bei weitem die Dachdeckerarbeiten zeitlich überwogen hätten, sodass ihre Arbeitsverhältnisse nicht „BUAG-pflichtig“ seien.
12 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem von der mitbeteiligten Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit insbesondere vor, das LVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (verwiesen wird auf die Erkenntnisse VwGH 15.5.2013, 2010/08/0208, VwGH 27.11.2014, Ro 2014/08/0071, und VwGH 30.1.2018, Ra 2017/08/0018) abgewichen. Entgegen diesen Entscheidungen habe das LVwG bei der Prüfung der Frage, ob eine Tätigkeit dem BUAG unterliegt, nicht auf die gewerbliche Befugnis eines BUAG-pflichtigen Betriebes, diese Tätigkeit auszuüben, abgestellt. Konkret habe es keinerlei Prüfung dahingehend vorgenommen, ob ein Dachdecker die Tätigkeit der Errichtung von mit Metallplatten (Aluminiumplatten) eingedeckten Dächern ausüben dürfe. Vielmehr habe es nur untersucht, ob diese Tätigkeit „von einem nicht-BUAG-pflichtigen Spenglerbetrieb stammt und dessen Kerntätigkeit darstellt“. Aufgrund dieser methodisch falschen Vorgehensweise habe das LVwG zu Unrecht die „BUAG-Pflichtigkeit“ verneint. Das LVwG hätte - so die Revision - berücksichtigen müssen, dass Dachdecker das Dachdecken mit allen Materialien und nach allen Methoden ausüben dürften und dass jedenfalls das Dacheindecken mit Metallelementen aus Aluminium von der Gewerbeberechtigung umfasst sei.
15 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
16 Gemäß § 1 Abs. 1 BUAG gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, für Arbeitnehmer (Lehrlinge), deren Arbeitsverhältnisse auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen und die in Betrieben (Unternehmungen) gemäß § 2 leg.cit. beschäftigt werden.
17 Gemäß § 2 Abs. 1 BUAG sind für die Sachbereiche Urlaub und Überbrückungsgeld (u.a.) Betriebe (Unternehmungen) im Sinne des § 1 leg.cit.:
„c) Dachdeckerbetriebe, [...]
[...]
g) Spezialbetriebe, die Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach lit. a bis f fallen; dabei schadet es nicht, wenn die Tätigkeit auch von Betrieben ausgeübt wird, die nicht in den Geltungsbereich nach lit. a bis f fallen;
[...]“.
18 Gemäß § 3 Abs. 1 BUAG unterliegen Betriebe, in denen sowohl Tätigkeiten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG fallen, als auch Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach nicht in diese Tätigkeitsbereiche fallen, als Mischbetriebe nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 leg.cit. den Bestimmungen des BUAG.
19 Nach § 3 Abs. 2 BUAG unterliegen in Mischbetrieben, in denen entsprechend den unterschiedlichen Tätigkeiten nach Abs. 1 leg.cit. eine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, diejenigen Arbeitnehmer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die in Betriebsabteilungen beschäftigt werden, in denen Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach in die Tätigkeitsbereiche der Betriebe nach § 2 BUAG fallen. In Mischbetrieben, in denen keine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, unterliegen nach § 3 Abs. 3 BUAG nur jene Arbeitnehmer den Bestimmungen des BUAG, die überwiegend Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG fallen.
20 In den Mittelpunkt seiner Erwägungen rückte das LVwG die Frage, ob die - den Sachverhaltsfeststellungen zufolge zumindest von einigen der in Rede stehenden Arbeitnehmer der mitbeteiligten Partei überwiegend vorgenommene - Errichtung bestimmter Metalldächer eine Kerntätigkeit der Spengler darstelle oder nicht. Dem legte das LVwG die Rechtsansicht zugrunde, dass Spenglerbetriebe keinesfalls der BUAG-Pflicht unterliegen würden, weil sie einerseits - anders als Dachdeckerbetriebe - in § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG nicht aufgezählt würden. Andererseits würden nach der Rechtsprechung zur sogenannten Spezialbetriebsregelung des § 2 Abs. 1 lit. g BUAG zwar solche Betriebe, in denen ausschließlich Tätigkeiten erbracht würden, die ihrer Art nach sowohl in einem in § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG genannten Betrieb, als auch in einem dort nicht genannten Betrieb typischerweise vorgenommen würden, dem BUAG unterliegen. Werde aber eine Tätigkeit erbracht, die ihrer Art nach von vornherein nicht „BUAG-betriebstypisch“ sei, sondern aus einer nicht vom BUAG umfassten Betriebsart wie im vorliegenden Fall dem Spenglergewerbe stamme, komme die Spezialbetriebsregelung nicht zur Anwendung.
21 Diese Auslegung der Spezialbetriebsregelung des § 2 Abs. 1 lit. g BUAG und damit - wie die Revision zu Recht vorbringt - die methodische Vorgangsweise des LVwG insgesamt steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
22 Denn dieser zufolge (vgl. etwa VwGH 27.11.2014, Ro 2014/08/0071, sowie VwGH 30.1.2018, Ra 2017/08/0018, 0036, jeweils mwN, zur Tätigkeit des „Verspachtelns“) erfordert die Entscheidung der Frage, ob bestimmte in einem Betrieb vorgenommene Arbeiten zur Anwendbarkeit des BUAG im Wege der Spezialbetriebsregelung des § 2 Abs. 1 lit. g BUAG führen, (zunächst) die Prüfung, ob diese Arbeiten ihrer Art nach in einen Tätigkeitsbereich der Betriebe im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG, gemessen an der gewerblichen Befugnis, sie auszuüben, fallen (in einem Mischbetrieb ohne organisatorische Trennung, wie offenbar vorliegend, kommt es gemäß § 3 Abs. 3 BUAG letztlich für die Anwendung des BUAG auf den einzelnen Arbeitnehmer darauf an, ob er überwiegend solche Arbeiten vornimmt - vgl. VwGH 26.5.2010, 2010/08/0030). Die entscheidende Abweichung des LVwG von der Rechtsprechung liegt darin, dass es nicht geprüft hat, ob die hier vorgenommene Errichtung bestimmter Metalldächer in den Tätigkeitsbereich insbesondere von Dachdeckerbetrieben im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c BUAG fällt, und zwar gemessen an der gewerblichen Befugnis von Dachdeckerbetrieben. Die Erwägungen des LVwG haben sich demgegenüber darauf konzentriert, herauszuarbeiten, dass es sich bei der Errichtung der Metalldächer um eine typische Spenglertätigkeit handle und dass diese Tätigkeit aufgrund der Gewerbeberechtigung von Spenglern ausgeübt werden dürfe, ja sie sich aus dem Spenglergewerbe heraus entwickelt habe. Schon nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit. g BUAG ist für die Anwendung der Spezialbetriebsregelung jedoch entscheidend, ob die verrichteten Tätigkeiten ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach lit. a bis f leg.cit. fallen, und schadet es nicht, wenn die Tätigkeit auch von Betrieben ausgeübt wird, die nicht in den Geltungsbereich nach lit. a bis f leg.cit. fallen; auf Letzteres kommt es schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht an.
23 Das LVwG wird also im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die in Rede stehenden Montagen von Metalldächern in den Tätigkeitsbereich von Betrieben im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a bis f BUAG, insbesondere von Dachdeckerbetrieben im Sinne der lit. c leg.cit., und zwar gemessen an der gewerblichen Befugnis dieser Betriebe, fallen. Dabei wird das LVwG davon auszugehen haben, dass jedenfalls die GewO selbst für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker“ (vgl. § 94 Z 11 leg.cit.) keinerlei Einschränkung hinsichtlich des zum Dachdecken verwendeten Materials vorsieht. Nach dem zweiten Satz des § 29 GewO sind zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung im Zweifelsfall (u.a.) die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen heranzuziehen (vgl. dazu etwa VwGH 22.6.2011, 2007/04/0198). In diesem Sinn wird das LVwG weitere Beweismittel - wie die von der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg schon herangezogenen „Grundregeln des Österreichischen Dachdeckerhandwerks“, herausgegeben von der Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler - in das Verfahren einzubeziehen haben. Erst auf Basis des Ergebnisses dieser Prüfung kann letztlich beurteilt werden, ob die betreffenden Arbeitnehmer in den maßgeblichen Zeiträumen insgesamt überwiegend Tätigkeiten ausgeübt haben, die in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG fallen.
24 Da das LVwG insoweit die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
25 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. März 2022
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019080112.L00Im RIS seit
22.04.2022Zuletzt aktualisiert am
29.04.2022