TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/13 95/18/0068

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Veröffentlicht am 13.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des P in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 16. September 1994, Zl. Fr-261/94, betreffend Ausweisung und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 16. September 1994 wurde unter Spruchpunkt I. der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Zaire, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen und unter Spruchpunkt II. gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Zaire gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Der Beschwerdeführer sei am 25. März 1994 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und am 27. März 1994 aufgegriffen worden. Die von der Erstbehörde ausgesprochene Ausweisung entspreche daher dem Gesetz. Eine Bedachtnahme auf die Motive für die illegale Einreise sei bei Erlassung einer Ausweisung nicht vorgesehen.

Zu seinem Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG habe der Beschwerdeführer - wie dies die Erstbehörde richtig erkannt habe - im wesentlichen nur die allgemeine Situation in seinem Heimatland dargestellt. Stichhaltige Gründe für eine dem Beschwerdeführer konkret drohende Gefahr seien "kaum genannt" worden. Überdies seien die Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich. Bei seinen Vernehmungen vom 28. März 1994 und 30. März 1994 habe er ausgeführt, aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Stamm der Balubas lediglich einmal inhaftiert und bereits nach einer Woche wieder freigelassen worden zu sein. Im Antrag nach § 54 FrG sowie in der Berufung habe er davon abweichend ausgeführt, wegen seiner Mitgliedschaft zu einer politischen Partei verfolgt und zu einer Freiheitsstrafe von neunzehn Monaten verurteilt worden zu sein. Davon habe er jedoch bei den erstgenannten beiden Vernehmungen nichts erwähnt. Aus diesen Gründen sei festzustellen, daß keine stichhaltigen Gründe dafür bestünden, der Beschwerdeführer sei in Zaire gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

1. In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer am 25. März 1994 unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei und am 27. März 1994 betreten worden sei, unbestritten und die darauf gründende - zutreffende - Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt sei, unbekämpft.

2. Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte bei der gemäß § 17 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Ermessensübung auf die dem Beschwerdeführer in Zaire drohende Gefahr Bedacht nehmen müssen, ist ihm zu entgegnen, daß mit der Erlassung der Ausweisung zwar die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden ist (§ 22 FrG), nicht jedoch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0193).

3. Der in der Verfahrensrüge aufgezeigte Umstand, der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründung für das geübte Ermessen, vermag keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers zu bewirken. Aufgrund des hohen Stellenwertes der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten wurde vom Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung keinesfalls bloß geringfügig beeinträchtigt, weshalb die im Rahmen des der belangten Behörde eingeräumten Ermessens verfügte Ausweisung nicht als rechtswidrig erkannt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 94/18/0005).

4. Nach dem Gesagten erweist sich die im Instanzenzug erlassene Ausweisung gegen den Beschwerdeführer als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit.

B. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist.

Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/1182, mwN).

3.1. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides - wie oben I.1. dargestellt - darauf hingewiesen, daß sich die Angaben, die der Beschwerdeführer über die ihm in seiner Heimat konkret drohende Gefahr einerseits bei den niederschriftlichen Vernehmungen und andererseits im Antrag gemäß § 54 FrG bzw. in der Berufung gemacht habe, widersprächen. Im Anschluß daran hat sie ausgeführt, es lägen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, der Beschwerdeführer sei in Zaire gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht. Aus dem Zusammenhang dieser Begründungselemente ergibt sich deutlich, daß die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers über die angeblich konkrete Bedrohung in seiner Heimat insgesamt keinen Glauben schenkte. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Auch das Beschwerdevorbringen vermag daran nichts zu ändern.

3.2. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Angaben im Antrag gemäß § 54 FrG betreffend seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neunzehn Monaten stammten nicht von ihm, sondern von seinem Vertreter, der die Aussagen von fünf Antragstellern zusammengefaßt habe, ist ihm zu entgegnen, daß er sich auch in der - durch einen anderen Vertreter eingebrachten - Berufung auf diese Verurteilung bezogen hat. Darüber hinaus stehen auch die Aussagen des Beschwerdeführers bei seiner ersten niederschriftlichen Vernehmung vom 28. März 1994 im Widerspruch zu den Ausführungen bei der Vernehmung vom 30. März 1994. Am 28. März 1994 führte er aus, nach seiner einwöchigen Haft im Juni 1993 keiner "direkten Verfolgung" ausgesetzt gewesen zu sein, während er zwei Tage danach angab, wiederholt vom Militär mit dem Tod bedroht worden zu sein, die Gewalttaten gegen Angehörige seines Stammes hätten in den letzten Monaten vor seiner Ausreise (Dezember 1993) zugenommen, er habe diese Drohungen sehr ernst genommen und sich daher gezwungen gesehen, Zaire zu verlassen, um sein Leben zu retten. Aufgrund dieser widersprüchlichen Aussagen kann es keineswegs als unschlüssig erachtet werden, daß die belangten Behörde den Ausführungen des Beschwerdeführers insgesamt keinen Glauben schenkte.

Es sei noch hinzugefügt, daß auch der Beschwerdehinweis auf die allgemeine Situation der Stammesangehörigen des Beschwerdeführers in Zaire nicht geeignet ist, eine konkret drohende Gefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG darzutun, zumal der Beschwerdeführer nach den auch in der Beschwerde wiederholten Ausführungen eine Woche nach seiner Verhaftung wieder freigelassen wurde und sich danach noch ein halbes Jahr in seinem Heimatland aufhielt.

4. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, ist ihm zu entgegnen, daß er in der Berufung Gelegenheit hatte, zum Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen und die belangte Behörde kein (weiteres) Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

5. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangte, daß der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe ins Treffen zu führen vermochte, welche die Annahme der in § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG umschriebenen Gefährdung bzw. Bedrohung gerechtfertigt erscheinen ließen, wurde der Beschwerdeführer durch den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nicht in Rechten verletzt.

C.

1. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995180068.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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