TE Vfgh Erkenntnis 1994/6/22 B726/92

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Veröffentlicht am 22.06.1994
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0030 Bezüge, Bürgermeisterentschädigung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
Vlbg Landes-BezügeG §16 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht durch die Abweisung des Antrags einer Landtagsabgeordneten auf Rückzahlung von an den Pensionsfonds des Landtages geleisteten Pensionsbeiträgen und auf künftige Nichteinhebung der Pensionsbeiträge aufgrund eines Verzichts auf Ruhe- und Versorgungsbezüge eines Abgeordneten; Eingriff ins Eigentumsrecht lediglich hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtung zur Beitragsleistung, nicht hingegen hinsichtlich der geforderten Rückzahlung aufgrund der öffentlich-rechtlichen Natur des Rückzahlungsanspruchs; keine Gleichheitsbedenken gegen das Nebeneinanderbestehen verschiedenartiger Pensionsansprüche und gegen das Fehlen einer Höchstbeitragsgrundlage; denkmögliche Annahme einer ausnahmslosen gesetzlichen Verpflichtung zur Entrichtung der gegenständlichen Pensionsbeiträge

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin wurde am 8. Oktober 1989 als Abgeordnete zum Vorarlberger Landtag gewählt. Mit der an den Obmann des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages gerichteten Eingabe vom 27. Mai 1991 gab die Beschwerdeführerin (gemeinsam mit einer anderen Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag) die Erklärung ab, "für die Dauer der laufenden Legislaturperiode ..... auf die Ruhe- und Versorgungsbezüge unwiderruflich zu verzichten". Gleichzeitig stellte sie den Antrag, ihr die seit der Konstituierung des Landtages im Oktober 1989 bis zum 28. Februar 1991 an den Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages entrichteten Pensionsbeiträge zu Gänze - allenfalls mit den zwischenzeitlich angefallenen Zinsen - zurückzuzahlen. Unter Hinweis auf ihr an den Obmann des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages gerichtetes, mit 27. Februar 1991 datiertes und von ihr als Verzichtserklärung gewertetes Schreiben, mit dem sie ersucht hatte, künftighin keine Pensionsbeiträge mehr einzubehalten, stellte die Beschwerdeführerin schließlich den Antrag, ihr (auch) die für die Monate März, April und Mai 1991 einbehaltenen Pensionsbeiträge zur Gänze zurückzuzahlen.

Der Verwaltungsvorstand des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages erließ in Erledigung dieser Eingabe unter Berufung ua. auf die §§10 Abs3, 12 Abs3, 15 Abs1 und 2 sowie 16 Abs1 und 3 des Landes-Bezügegesetzes, LGBl. 2/1988, einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Der Antrag der Abgeordneten B F auf Rückzahlung der seit Oktober 1989 von ihr an den Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages entrichteten Pensionsbeiträge und auf Nichteinhebung künftig fällig werdender Pensionsbeiträge, wird abgewiesen."

Begründend wurde darauf verwiesen, daß die Vorschrift des §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes, wonach die Mitglieder des Landtages Pensionsbeiträge in Höhe von mindestens 15 v.H. ihrer Bezüge zu entrichten haben, zwingendes Recht darstelle und eine Befreiung von dieser Verpflichtung nicht vorgesehen sei. Eine Rückzahlung von entrichteten Pensionsbeiträgen - und zwar lediglich im Ausmaß von 50 v.H. - habe der Gesetzgeber (nur unter bestimmten Voraussetzungen und) bloß für den Fall vorgesehen, daß ein ehemaliges Mitglied des Landtages einen Anspruch auf einen Ruhebezug nicht erlangt hat.

2. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages unter Berufung ua. auf die §§10 Abs3, 11 Abs2, 15 Abs1 und 2 sowie 16

Abs1 und 3 des Landes-Bezügegesetzes abgewiesen. Die Entscheidung wurde mit folgenden Ausführungen begründet:

"Die Berufungswerberin versucht zunächst auf mehreren argumentativen Wegen zum Ergebnis zu gelangen, daß es sich bei den Ruhe- und Versorgungsbezügen der Mitglieder des Landtages um verzichtbare Leistungen handle. Ansatzpunkte für diese Annahme findet sie im §37 des Landes-Bezügegesetzes und im §2 der Satzungen des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages, kundgemacht im Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 52/1988. In einem zweiten Schritt unternimmt es die Berufungswerberin, von der angenommenen Verzichtbarkeit der Ruhe- und Versorgungsbezüge auf einen disponiblen Charakter der Pflicht zur Leistung von Pensionsbeiträgen gemäß §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes zu schließen.

Der Verwaltungsausschuß des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages sieht keinen Anlaß, im jetzigen Zeitpunkt auf die Frage der Verzichtbarkeit der Ruhe- und Versorgungsbezüge einzugehen. Für ihn ist offenkundig, daß die von der Berufungswerberin hergestellte Wechselbeziehung zwischen einem von ihr als möglich angenommenen Verzicht auf die Leistungen des Pensionsfonds und der Pflicht zur Leistung von Pensionsbeiträgen nicht gegeben ist. Weder §2 der Satzungen des Pensionsfonds noch etwa die aus der Stammfassung LGBl. Nr. 34/1973 herrührenden Übergangsbestimmungen der Abs1 und 2 des §39 des Landes-Bezügegesetzes bieten in Wahrheit Grundlagen für ein System der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, wie es die Berufungswerberin als bestehend annimmt. §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes legt die Pflicht zur Entrichtung von Pensionsbeiträgen der Mitglieder des Landtages fest, ohne Ausnahmen vorzusehen. Die Höhe der Beiträge wird durch §2 der Satzungen des Pensionsfonds mit dem gesetzlich zulässigen Höchstmaß von 15 v.H. der Bezüge des betreffenden Mitgliedes des Landtages bestimmt. Eine Möglichkeit, von der Einhebung der Pensionsbeiträge abzusehen, ist an keiner Stelle des Gesetzes vorgesehen, eine (teilweise) Rückzahlung geleisteter Pensionsbeiträge ist nach §16 Abs3 des Landes-Bezügegesetzes nur an ehemalige, nicht aber an aktive Mitglieder des Landtages möglich."

3. Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.

4. Der Verwaltungsausschuß des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §9 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes besteht zur Gewährung der - in §8 des Gesetzes vorgesehenen - Ruhe- und Versorgungsbezüge ein Fonds, der die Bezeichnung "Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages" führt. Er besitzt Rechtspersönlichkeit (§9 Abs2 des Gesetzes). Zu den Organen des Fonds gehören der Verwaltungsausschuß (§10 Abs1 lita) und der Verwaltungsvorstand (§10 Abs1 litb). Gegen Bescheide des Verwaltungsvorstandes über Ruhe- und Versorgungsbezüge ist gemäß §10 Abs3 erster Satz des Landes-Bezügegesetzes die Berufung an den Verwaltungsausschuß zulässig. Im übrigen ist gegen Bescheide von Organen des Fonds ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig (§10 Abs3 zweiter Satz).

Der Instanzenzug ist somit ausgeschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

a)aa) Die belangte Behörde hat, indem sie der Berufung keine Folge gab, einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid inhaltlich übereinstimmenden Bescheid erlassen (s. zB VfSlg. 5970/1969, 6016/1969, 8084/1977), mit dem sie zum einen dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der von ihr als Mitglied des Landtages innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gemäß §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes entrichteten Pensionsbeiträge und zum anderen den weiteren Antrag der Beschwerdeführerin auf "Nichteinhebung künftig fällig werdender Pensionsbeiträge" dieser Art abwies.

In der Abweisung des Antrages auf "Nichteinhebung künftig fällig werdender Pensionsbeiträge" liegt der verbindliche Ausspruch, daß die Beschwerdeführerin zur Entrichtung der Pensionsbeiträge - die von den den Mitgliedern des Landtages gebührenden monatlichen Bezügen einbehalten werden - gesetzlich verpflichtet ist. Zumal die Pensionsbeiträge nicht bescheidmäßig vorgeschrieben werden, bewirkt der angefochtene Bescheid insoweit ebenso einen Eingriff in das Eigentum, wie das etwa sonst in Fällen der bescheidmäßigen Auferlegung einer öffentlich-rechtlichen Geldleistungsverpflichtung zutrifft (vgl. etwa VfSlg. 9213/1981, 9520/1982, 10071/1984, 10122/1984; s. in diesem Zusammenhang mit Bezug auf Bescheide, mit denen die Sozialversicherungspflicht festgestellt wird, etwa VfSlg. 6740/1972, 9855/1983; vgl. etwa hinsichtlich eines Bescheides, der die Voraussetzung für die nachfolgende Vorschreibung von Beitragsleistungen bildet, VfSlg. 9008/1981).

Soweit allerdings mit dem angefochtenen Bescheid der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung entrichteter Pensionsbeiträge verneint wird, bewirkt dieser Ausspruch mit Rücksicht auf die öffentlich-rechtliche Natur des Rückzahlungsanspruches (vgl. etwa VfSlg. 6481/1971 hinsichtlich des Anspruches auf Rückzahlung von Pensionsbeiträgen eines öffentlich-rechtlichen Bediensteten) keinen Eingriff in das Eigentumsrecht, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9561/1982, 10104/1984, 10508/1985, 11198/1986) den Schutz des Art5 StGG nur private Vermögensrechte genießen.

bb) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 9730/1983, 11413/1977, 12119/1989, S. 14) durch einen in das Eigentumsrecht eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn der Bescheid entweder ohne jede gesetzliche Grundlage oder unter Heranziehung eines verfassungwidrigen Gesetzes erlassen wurde, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes als Gesetzlosigkeit anzusehen ist. Ein solcher Fall läge nur dann vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. etwa VfSlg. 9693/1983, 10566/1985).

cc) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes, wonach die Mitglieder des Landtages Pensionsbeiträge in Höhe von mindestens 15 v.H. ihrer (in den §§1 und 2 des Landes-Bezügegesetzes geregelten) Bezüge zu entrichten haben und in den Satzungen (des Pensionsfonds des Vorarlberger Landtages) höhere Pensionsbeiträge festgelegt werden können, wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot verfassungswidrig. Die Gleichheitswidrigkeit dieser Vorschrift liegt nach dem Beschwerdevorbringen zum einen darin, daß sie in keiner Weise berücksichtige, ob ein Mitglied des Landtages "bereits im Rahmen eines Sozialversicherungssystems Pensionsansprüche besitzt", zum anderen darin, daß die Höhe des zu entrichtenden Pensionsbetrages nicht wie "in allen bestehenden Sozialversicherungssystemen" durch eine "Höchstbemessungsgrundlage" begrenzt sei.

dd) Die in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungmäßigkeit des §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes sind nicht begründet:

Das - auch den Gesetzgeber bindende - Gleichheitsgebot hindert den Gesetzgeber nicht, die Mitglieder des Landtages in die Regelung über monatliche Ruhebezüge ausnahmslos, somit auch dann einzubeziehen, wenn sie nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften pensionsversichert sind. Ein dadurch allenfalls bewirktes Nebeneinanderbestehen verschiedenartiger Pensionsansprüche ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich (vgl. etwa zur Unbedenklichkeit der Mehrfachversicherung im Bereich der Sozialversicherung aus der Sicht des Gleichheitssatzes VfSlg. 4801/1964, 9758/1983).

Auch der Umstand, daß nach §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes die Bezüge der Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag in voller Höhe, also nicht lediglich bis zu einem bestimmten Höchstbetrag von der Pflicht zur Entrichtung von Pensionsbeiträgen umfaßt sind, hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht die Gleichheitswidrigkeit dieser (oder einer anderen) Vorschrift des Landes-Bezügegesetzes zur Folge. Der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angestellte Vergleich zwischen dem Landes-Bezügegesetz und den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, - die eine Höchstbeitragsgrundlage in dem Sinn vorsehen, daß der diesen Betrag übersteigende Teil des Erwerbseinkommens des Versicherten beitragsfrei bleibt, - verbietet sich mit Rücksicht auf die wesentliche Verschiedenheit der beiden Regelungsbereiche.

Das Fehlen einer Höchstbeitragsgrundlage bedeutet aber etwa auch mit Rücksicht darauf keinen Verstoß gegen das aus dem Gleichheitssatz erfließende Sachlichkeitsgebot, daß die Höhe des - die Beitragsgrundlage bildenden - Bezuges sich unmittelbar aus dem Landes-Bezügegesetz selbst ergibt (§§1 und 2), sodaß die absolute Höhe der von den Mitgliedern des Landtages zu entrichtenden Pensionsbeiträge zur Gänze durch dieses Gesetz determiniert ist.

ee) Insgesamt ergibt sich somit, daß §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes nicht aus den in der Beschwerde vorgetragenen Gründen verfassungswidrig ist. Da beim Verfassungsgerichtshof aus der Sicht des Beschwerdefalles auch sonst keine verfassungsrechtlichen Bedenken - etwa im Hinblick auf die sonst bestehenden verfassungsrechtlichen Schranken (VfSlg. 11309/1987, 11308/1987) - gegen diese Vorschrift entstanden sind, ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, soweit er überhaupt einen Eingriff in das Eigentumsrecht bewirkt, nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden. Wie sich aus den folgenden Ausführungen (II.2.b)cc) ergibt, hat die belangte Behörde das Gesetz auch nicht so fehlerhaft ausgelegt, daß der angefochtene Bescheid an einem der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Fehler leidet.

Die Beschwerdeführerin ist mithin durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums

verletzt worden.

b)aa) Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides und da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat - was auch in der Beschwerde nicht behauptet wird -, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. Ein willkürliches und damit gleichheitswidriges Verhalten ist ua. auch dann gegeben, wenn der Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. etwa VfSlg. 8737/1980, 9147/1981), wobei eine denkunmögliche Gesetzesanwendung Willkür indizieren kann (zB VfSlg. 8758/1980).

bb) Die Beschwerdeführerin macht der belangten Behörde zum Vorwurf, das Gesetz derart unrichtig ausgelegt zu haben, daß dies einer Gesetzlosigkeit gleichkommt. Sie habe verkannt, daß §37 des Landes-Bezügegesetzes die Unverzichtbarkeit nur für die Bezüge nach dem 1. oder 3. Abschnitt des Landes-Bezügegesetzes normiere, ein Verzicht auf die - im 2. Abschnitt des Landes-Bezügegesetzes geregelten - Ruhebezüge der Mitglieder des Landtages daher rechtlich durchaus möglich sei; ferner, daß im Hinblick auf die rechtliche Verknüpfung von Pensionsbeiträgen und Ruhebezügen ein Verzicht auf die Ruhebezüge auch die Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung der Pensionsbeiträge zur Folge haben müsse.

cc) Die belangte Behörde gründete den angefochtenen Bescheid, soweit er die Abweisung des Antrages auf Nichteinhebung künftig fällig werdender Pensionsbeiträge zum Inhalt hat, der Sache nach auf die Rechtsansicht, daß §16 Abs1 des Landes-Bezügegesetzes die Verpflichtung zur Entrichtung von Pensionsbeiträgen ohne jegliche Ausnahme festlege und daß auch keine andere Bestimmung dieses Gesetzes eine Ausnahme von dieser Verpflichtung normiere. Auf dieser Grundlage glaubte die belangte Behörde die Frage, ob ein Verzicht auf den Anspruch (bzw. die Anwartschaft) auf Ruhebezüge rechtlich möglich sei, auf sich beruhen lassen zu können, weil auch ein - allenfalls als zulässig erachteter - derartiger Verzicht die Verpflichtung zur Entrichtung von Pensionsbeiträgen nicht aufzuheben vermöchte.

Diese Auffassung ist nicht in einem Maße fehlerhaft, daß der auf sie gestützte Bescheid als gesetzlos ergangen angesehen werden müßte.

Ob die Begründung des angefochtenen Bescheides insoweit richtig ist, hat nicht der Verfassungsgerichtshof zu beurteilen.

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung entrichteter Pensionsbeiträge abgewiesen wurde, werden in der Beschwerde dagegen keine Bedenken vorgetragen. Auch in diesem Punkt ist die Auffassung der belangten Behörde, ein Anspruch auf (teilweise) Rückzahlung entrichteter Pensionsbeiträge sei nur unter den in §16 Abs3 des Landes-Bezügegesetzes umschriebenen - im Fall der Beschwerdeführerin nicht gegebenen - Voraussetzungen vorgesehen, vertretbar.

Insgesamt kann der belangten Behörde kein willkürliches Vorgehen vorgeworfen werden. Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.

4. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.2.a)dd) ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs2 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Bezüge für Mandatare, Verzicht (Bezüge), Eigentumseingriff, Ruhegenuß, Pensionsbeitrag, Pensionsrecht, Beiträge Pensions-, Sozialversicherung, Beitragsgrundlagen (Sozialversicherung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B726.1992

Dokumentnummer

JFT_10059378_92B00726_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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