Index
E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §46Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der C. KG in B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in 1060 Wien, Linke Wienzeile 4/2/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 15. Mai 2019, Zl. LVwG-AV-392/001-2018, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde Bruck an der Leitha; mitbeteiligte Parteien: 1. J G in P, 2. Ing. J S in H), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 26. Februar 2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines - ein näher bezeichnetes land- und forstwirtschaftliches Grundstück betreffenden - Kaufvertrages, abgeschlossen zwischen der Verlassenschaft nach GG als Veräußerin und der Revisionswerberin als Erwerberin, gemäß §§ 4, 6 Abs. 2 Z 1 iVm. § 1 Z 1 und 2, § 7 Abs. 1 und § 11 NÖ Grundverkehrsgesetz 2007, LGBl. 6800 (NÖ GVG 2007) ab.
2 Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach § 6 Abs. 2 NÖ GVG 2007 nicht vorlägen, weil die Käuferin nicht Landwirtin im Sinne des § 3 Z 2 NÖ GVG 2007 sei. Darüber hinaus seien innerhalb der gesetzlichen Frist zwei Interessenten aufgetreten, denen die Landwirteeigenschaft nach dem NÖ GVG 2007 zukomme und die erklärt hätten, in der Lage zu sein, den ortsüblichen Preis für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke zu bezahlen. Deshalb sei dem gegenständlichen Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 zu versagen gewesen.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wurde mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:
„Der Antrag der [Revisionswerberin] vom 4. September 2017 auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für den Kaufvertrag vom 24. Mai 2017, ... abgeschlossen zwischen der [Verlassenschaft nach GG] als Verkäuferin einerseits und der [Revisionswerberin] als Käuferin andererseits, betreffend die Grundstücke ... mit einer Gesamtfläche von 30,9834 ha, wird gemäß den §§ 4, 6 Abs. 2 Z 1 und 4 iVm. § 1 Z 1 und 2, § 7 Abs. 1 und § 11 NÖ Grundverkehrsgesetz 2007, LGBl. 6800 (NÖ GVG) abgewiesen.“
Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die vorgenommene Beweisaufnahme einen ortsüblichen Verkehrswert sämtlicher verfahrensgegenständlicher Grundstücke von € 237.866,19 (€ 0,77 pro Quadratmeter) ergeben habe. Anlässlich des Kaufvertragsabschlusses vom 24. Mai 2017 sei demgegenüber für die kaufgegenständlichen Grundstücke ein Gesamtkaufpreis in der Höhe von € 700.000,-- vereinbart worden. Damit liege der Kaufpreis um rund 194 % über dem ortsüblichen Verkehrswert, welcher somit im Sinne des§ 6 Abs. 2 Z 4 NÖ GVG 2007 erheblich überstiegen werde. Eine ausreichende Begründung für einen den ortsüblichen Verkehrswert erheblich überschreitenden Kaufpreis habe die Revisionswerberin nicht dargelegt, zumal sie nicht einmal den Versuch einer Rechtfertigung der konkreten Kaufpreishöhe unternommen habe. Überdies stehe einer Genehmigung auch der Versagungsgrund nach § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 entgegen, weil die Revisionswerberin weder im Sinne des § 3 Z 2 lit. a NÖ GVG 2007 noch im Sinne des § 3 Z 2 lit. b NÖ GVG 2007 als Landwirtin zu qualifizieren sei. Bereits aufgrund der Interessentenerklärung des Erstmitbeteiligten liege nicht nur die verbindliche Willenserklärung vor, statt der Revisionswerberin einen gleichartigen Vertrag abzuschließen, sondern sei auch durch die Vorlage eines Sparbuches mit € 750.000,-- ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass der Interessent in der Lage sei, den ortsüblichen Verkehrswert zu bezahlen. Auf die Interessentenerklärung des Zweitmitbeteiligten müsse daher nicht weiter eingegangen werden.
5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der lediglich der Zweitmitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
9 Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 ist eine Genehmigung insbesondere nicht zu erteilen, wenn der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist. Gemäß § 6 Abs. 2 Z 4 NÖ GVG 2007 ist eine Genehmigung insbesondere nicht zu erteilen, wenn die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.
10 Einleitend macht die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob es im Hinblick auf die Vorgaben des Unionsrechts geboten sei, auch juristische Personen bzw. Personengesellschaften als Landwirte im Sinne des § 3 Z 2 NÖ GVG 2007 zu qualifizieren. Im Übrigen fehle hg. Rechtsprechung zur Rechtsfrage, welche Anforderungen eine Interessentenerklärung im Sinne des NÖ GVG 2007 erfüllen müsse, um rechtswirksam zu sein.
11 Von diesen Rechtsfragen hängt die vorliegende Revision jedoch nicht ab, da sich das Verwaltungsgericht primär auf den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 4 NÖ GVG 2007 gestützt hat und zusätzlich auf jenen des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 (vgl. zur Unzulässigkeit einer Revision bei einer tragfähigen Alternativbegründung etwa VwGH 16.12.2019, Ra 2019/11/0084, mwN). Somit werden in der Revision in Bezug auf die Landwirteeigenschaft der Revisionswerberin sowie die Stellung der Mitbeteiligten als Interessenten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Im Übrigen hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorbringen, es fehle Rechtsprechung dazu, welchen Inhalt eine Interessentenerklärung nach § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 haben müsse, damit sie rechtswirksam sei und der Interessent die Stellung einer Verfahrenspartei erlange, in seinem Erkenntnis vom 26. April 2021, Ra 2018/11/0176 bis 0177, auseinandergesetzt, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
13 Soweit der Revisionswerber weiters vorbringt, es fehle hg. Rechtsprechung zur Frage, ob die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Landwirtschaftskammerfunktionäre gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit bzw. Art. 14 Z 6 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376/36 - Dienstleistungsrichtlinie) verstoße, ist dem zunächst zu entgegnen, dass diese Richtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 1 für Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden, gilt. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist bei der Auslegung der Bestimmungen einer Richtlinie dem Grundsatz der Einheit der Unionsrechtsordnung Rechnung zu tragen, der verlangt, dass das abgeleitete Unionsrecht gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts ausgelegt wird, weshalb unter einer Dienstleistung im Sinn der Richtlinie eine von Art. 57 AEUV umfasste Dienstleistung zu verstehen ist (vgl. iZm. der Konzessionsrichtlinie VwGH 20.7.2021, Ro 2019/04/0231, Pkt. 4.3.3., mwN). Beim Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes handelt es sich um keine der in Art. 57 AEUV angeführten (gewerblichen, kaufmännischen, handwerklichen oder freiberuflichen) Tätigkeiten. Abgesehen davon, dass der vom Revisionswerber zitierte Art. 14 Z 6 der Dienstleistungsrichtlinie „Berufsverbände und -vereinigungen oder andere Berufsorganisationen, die als zuständige Behörde fungieren“, vom Verbot der Beteiligung konkurrierender Marktteilnehmer an der Erteilung von Genehmigungen ausnimmt, ist die Bestimmung im Revisionsfall (welcher allenfalls unter die Kapitalverkehrsfreiheit fiele) mangels Bezugs zur Dienstleistungsfreiheit nicht anzuwenden. Gleiches gilt im Übrigen für die in der Revision erwähnte Niederlassungsfreiheit.
14 Soweit die Revisionswerberin zudem vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, nach welcher Methode der ortsübliche Verkehrswert im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 NÖ GVG 2007 zu ermitteln sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich bei der Bewertung der Tauglichkeit der Wertermittlungsmethode um eine Beweisfrage (Unbeschränktheit der Beweismittel; vgl. etwa VwGH 16.6.2014, Ro 2014/11/0069; 21.4.2017, Ro 2016/11/0004) handelt, die wiederum der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts obliegt. Weder wird eine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung in Ansehung des auf Basis der Sachwertmethode erstellten Sachverständigengutachtens (vgl. § 3 Abs. 1 zweiter Satz des Liegenschaftsbewertungsgesetzes) aufgezeigt noch ausgeführt, inwieweit das von der Revisionswerberin präferierte Vergleichswertverfahren geeignet gewesen wäre, ein anderes Ergebnis herbeizuführen.
Ein Abweichen des Verwaltungsgerichts vom hg. Erkenntnis vom 4. April 2019, Ra 2017/11/0227, liegt schon deshalb nicht vor, weil der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis die Vergleichswertmethode nicht als die gebotene angesehen hat.
15 Zwar rügt die Revisionswerberin darüber hinaus zu Recht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil ihrem Antrag, ihr nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine Frist einzuräumen, um zu dem in der Verhandlung mündlich ausgeführten Gutachten (zum ortsüblichen Verkehrswert) eine Stellungnahme abgeben zu können, nicht stattgegeben wurde. Da die Revision jedoch keine Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit des Gutachtens aufzuzeigen und diesem nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten vermochte, wurde die Relevanz des Verfahrensfehlers nicht dargelegt (vgl. VwGH 27.3.2019, Ra 2017/06/0005, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. März 2022
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Grundsatz der UnbeschränktheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019110120.L00Im RIS seit
21.04.2022Zuletzt aktualisiert am
25.04.2022