TE Vwgh Beschluss 2022/3/21 Ra 2021/11/0012

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Veröffentlicht am 21.03.2022
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Index

L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
GVG Tir 1996 §1
GVG Tir 1996 §24
GVG Tir 1996 §4 Abs1
GVG Tir 1996 §7 Abs1 litc
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/11/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revisionen 1. der Ö AG in W und 2. der Wgesellschaft m.b.H. in T, beide vertreten durch die Haslwanter Rechtsanwälte GmbH in 6410 Telfs, Josef-Schöpf-Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Dezember 2020, Zl. LVwG-2020/38/2650-1, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Eingabe vom 27. Februar 2020 übermittelte die Erstrevisionswerberin an die belangte Behörde eine Anzeige gemäß § 23 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: TGVG) zu einem zwischen ihr und der Zweitrevisionswerberin am 11. Februar 2020 abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend eine näher genannte als Freiland gewidmete Liegenschaft.

2        Mit Bescheid vom 22. Oktober 2020 versagte die belangte Behörde den betreffenden Rechtserwerb gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 lit. c und § 25 Abs. 1 TGVG. Begründend verwies die Behörde im Wesentlichen darauf, dass der für das in Rede stehende landwirtschaftliche Grundstück vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert der Liegenschaft um mehr als 30 % übersteige.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Das Verwaltungsgericht führte zusammengefasst aus, das gegenständliche Rechtsgeschäft unterliege entgegen der Rechtsansicht der revisionswerbenden Parteien den Bestimmungen des TGVG. Das betreffende Grundstück sei nicht im Eisenbahnbuch, sondern im Grundbuch eingetragen, sodass § 1 Abs. 2 lit. a TGVG vorliegend nicht zur Anwendung gelange. Im Übrigen teilte das Verwaltungsgericht die Auffassung der belangten Behörde, dass fallbezogen der Versagungsgrund nach § 7 Abs. 1 lit. c TGVG vorliege.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob das TGVG im Hinblick auf § 1 Abs. 2 lit. a leg. cit. auf das gegenständliche Rechtsgeschäft anwendbar sei. Folgte man der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, verbliebe der genannten Bestimmung nach Inkrafttreten der Grundbuchs-Novelle 2008 kein Anwendungsbereich.

Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).

9        Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen den Beschluss VwGH 22.3.2018, Ra 2018/11/0034, mwN).

10       Die revisionswerbenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, in eventu auf Erteilung einer Negativbestätigung gemäß § 24 TGVG verletzt.

11       Durch die von der Revision vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung die Revision behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als jenes subjektive Recht herauszuheben ist, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 19.1.2022, Ra 2020/11/0228, mwN).

12       Unter der Voraussetzung, dass entsprechend der in der Zulässigkeitsbegründung vertretenen Auffassung das TGVG auf das gegenständliche Rechtsgeschäft gemäß § 1 Abs. 2 lit. a TGVG nicht anzuwenden wäre, wäre für den gegenständlichen Rechtserwerb keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erteilen. Zudem war es dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf den durch den Spruch des Bescheides vom 22. Oktober 2020 (Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung) bestimmten Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verwehrt, einen Feststellungsbescheid gemäß § 24 TGVG zu erlassen (zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens siehe etwa VwGH 14.1.2022, Ra 2020/10/0082; vgl. auch VwGH 6.11.2019, Ro 2019/12/0001).

13       Vielmehr hätte das Verwaltungsgericht bei Zutreffen der rechtlichen Argumentation der revisionswerbenden Parteien den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2020, mit dem die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt wurde, aufheben und, sofern diesem Bescheid ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach dem TGVG zugrunde lag, diesen Antrag zurückweisen müssen (vgl. VwGH 21.5.2012, 2011/10/0119).

14       Abgesehen davon, dass die Frage, ob der gegenständliche Rechtserwerb gemäß § 1 TGVG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt, in dem vorliegenden grundverkehrsbehördlichen Verfahren - wie dargestellt - geklärt werden konnte (vgl. auch VwGH 19.12.2006, 2006/02/0288), eröffnet § 24 Abs. 3 TGVG grundsätzlich die Möglichkeit, die Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides zu beantragen; ein solcher Bescheid ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

15       In Anbetracht des Gegenstands des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens konnten die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis in dem von ihnen eventualiter geltend gemachten Recht auf Erteilung einer Negativbestätigung nicht verletzt werden.

16       Aus den dargelegten Erwägungen wird in der Zulässigkeitsbegründung, die darauf abzielt, darzulegen, dass die in Rede stehende Genehmigung mangels Anwendbarkeit der diesbezüglichen Bestimmungen des TGVG ohnehin nicht zu erteilen gewesen wäre, in Anbetracht des geltend gemachten Rechts auf Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht aufgezeigt, dass das Schicksal der Revision von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhinge. Im Übrigen wirft die Revision im Hinblick darauf, dass mit der Novelle LGBl. Nr. 204/2021 die Bezugnahme auf das Eisenbahnbuch entfiel, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Somit war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110012.L00

Im RIS seit

21.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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