TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/18 96/04/0115

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Veröffentlicht am 18.06.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. März 1996, Zl. MA 63-Z 159, 160/95, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. März 1996 wurden dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigungen "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Handel mit Kraftfahrzeugbereifung aller Art aufgrund der Nachsicht von der Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises gemäß § 28 GewO 1973" und "Gold- und Silberschmiedegewerbe" an einem näher bezeichneten Standort in Wien gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 entzogen. In der Begründung dieses Bescheides führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 13. Februar 1995 sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer befinde sich mit seinen Beiträgen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für den Zeitraum vom 1. August 1993 bis 31. Dezember 1995 in der Höhe von S 92.935,91 im Rückstand und er habe keine Zahlungsvereinbarung abgeschlossen. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien habe als zuständiges Exekutionsgericht einen Exekutionsregisterauszug vom 14. Dezember 1995 übermittelt, welchem zu entnehmen sei, daß gegen den Beschwerdeführer seit dem Jahr 1993 zahlreiche Exekutionsverfahren anhängig seien. Insbesondere seien im Jahre 1995 auch noch nach Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers folgende Exekutionsanträge gestellt worden:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wegen S 8.112,45; Einbringungsstelle des Oberlandesgerichtes Wien wegen S 2.470,--; Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wegen S 8.974,77; Bundespolizeidirektion Wien wegen S 1.200,--; N wegen S 106.600,--; Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wegen S 7.618,96. Die weitere Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer wäre nur dann vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen, wenn die Erfüllung der mit den gewerblichen Tätigkeiten verbundenen Zahlungsverpflichten zu erwarten wäre, wozu nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die notwendigen liquiden Mittel vorhanden sein müßten. Daß sich die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers mittlerweile so weit gebessert hätte, daß die Erfüllung der mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten zu erwarten sei, sei nicht einmal behauptet worden. Vielmehr sei auf Grund des vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien übermittelten Exekutionsregisterauszuges ersichtlich, daß gegen den Beschwerdeführer seit 1993 Exekutionsverfahren sonder Zahl anhängig seien. Der Beschwerdeführer habe trotz Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, verbunden mit dem Hinweis, daß Verbindlichkeiten, deren Berichtigung nicht im Zuge einer allfälligen Stellungnahme durch Vorlage von Zahlungsbelegen nachgewiesen werde, als weiterhin unberichtigt aushaftend angesehen werden müßten, keine Stellungnahme abgegeben. Seine wirtschaftliche Lage stelle sich daher für die belangte Behörde so dar, daß er nicht in der Lage sei, das exekutionsgerichtliche Andrängen seiner Gläubiger nachhaltig abzuwehren, sodaß die weitere Gewerbeausübung nicht im Interesse der Gläubiger gelegen, sondern vielmehr zu befürchten sei, daß durch eine fortgesetzte Ausübung der Gewerbe weitere Gläubiger geschädigt werden könnten. Eine Entziehung der Gewerbeberechtigungen nur für eine bestimmte Zeit komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil diese Bestimmung auf Grund ihres Wortlautes nur im Falle der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zum Tragen kommen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den Rechten auf ungestörte Gewerbeausübung, auf Unterlassung gesetzwidriger Eingriffe in die Gewerbeberechtigung sowie auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt er vor, § 87 Abs. 2 GewO 1994 räume der Behörde Ermessen hinsichtlich der Entscheidung ein, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung im Fall des § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. abzusehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Bei dieser Ermessensübung sei der belangten Behörde insofern ein Fehler unterlaufen, als sie den Sachverhalt nur unzulänglich geprüft habe. Der Beschwerdeführer habe nämlich bereits im erstinstanzlichen Verfahren darauf verwiesen, daß er mit seinem Betrieb nachweislich Gewinne erwirtschafte. Die belangte Behörde hätte daher erforschen müssen, in welchem Umfang der Beschwerdeführer außerhalb der Exekutionsverfahren seinen Zahlungsverpflichtungen nachkomme. Solange nämlich ein Gewerbebetrieb eindeutig Gewinne aufweise, könne trotz anhängiger Exekutionsverfahren von einem Interesse der Gläubiger am Fortbestand des Betriebes ausgegangen werden, zumal Exekutionsverfahren nicht unbedingt auf Zahlungsunfähigkeit hinweisen müßten. Der angefochtene Bescheid leide aber auch an einem wesentlichen Begründungsmangel, weil die belangte Behörde sich nicht mit den als Beweis für die gute wirtschaftliche Situation des Betriebes des Beschwerdeführers vorgelegten Steuererklärungen sowie mit der Stellungnahme der Landesinnung Wien der Gold- und Silberschmiede und Juweliere vom 23. März 1995 befaßt habe.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen nicht. Es geht im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich darum, ob die belangte Behörde die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 anzunehmen gehabt hätte.

Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Der Beschwerdeführer geht erkennbar davon aus, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 bereits dann erfüllt seien, wenn der Gewerbetreibende in der Lage ist, im Rahmen seiner nunmehr positiven Geschäftsgebarung die bestehenden Zahlungsverpflichtungen allmählich abzutragen. Damit verkennt er die Rechtslage.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbetreibenden erwartet werden kann, daß er auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen, ist es daher erforderlich, daß so viele liquide Mittel zur Verfügung stehen, daß die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden können. Solange daher nicht die Erwartung der Zahlung aller Verbindlichkeiten bei Fälligkeit besteht, kommt einer den Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0186, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Mit Rücksicht auf diese Rechtslage vermag der Beschwerdeführer weder mit seinem Hinweis auf seine nunmehrige positive Geschäftsgebarung noch mit der Rüge, die belangte Behörde habe diesbezügliche Beweiserhebungen unterlassen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Daß aber sämtliche von der belangten Behörde festgestellten Zahlungsverpflichtungen des Beschwerdeführers mittlerweile erfüllt wären oder diesbezüglich - in der Folge auch eingehaltene - Zahlungsvereinbarungen geschlossen worden wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040115.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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