TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/18 96/04/0008

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Veröffentlicht am 18.06.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §367 Z25;
GewO 1994 §77 Abs1;
VStG §1 Abs1;
VStG §44a Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des R in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 13. November 1995, Zl. UVS-4/377/3-1995, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 24. August 1995 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Herr R hat es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätte und Handel R GesmbH und Inhaber der Betriebsanlage auf dem Standort T 117, zu verantworten, daß diese Firma die per Bescheid vom 26. Februar 1992, Zl. 2/152-581/20-1992, vorgeschriebene Auflage, nämlich die Aufstellung der im Werkstättenbereich gelagerten Ölfässer sowie sonstiger gewässergefährdender Stoffe in Kleingebinden in einer gegen die gelagerten Stoffe beständigen, flüssigkeitsdichten Auffangwanne, deren Inhalt so bemessen ist, daß zumindest die Hälfte der in der Wanne gelagerten Flüssigkeiten aufgenommen kann, bis zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides nicht erfüllt hat."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 25 GewO in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 1 und Z. 5 leg. cit. begangen, weshalb gemäß § 367 GewO Einleitungssatz eine Geldstafe von S 20.000,-- (Freiheitsstrafe sechs Tage) verhängt wurde.

Die dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß "im Spruch des angefochtenen Bescheides vor der Wortfolge "bis zum Zeitpunkt" die Wortfolge "zumindest im Zeitraum vom 12.1.1993" ergänzt wird. Weiters wird nach der Wortfolge "der Erlassung dieses Bescheides" die Wortfolge "dadurch, daß er zwei Ölfässer mit je 50 l Kapazität im Keller seines Firmengebäudes ohne Auffangwanne abstellte" ergänzt." Weiters wurde ausgesprochen, daß die verletzte Norm wie folgt zu lauten habe:

"§ 367 Z. 26 GewO 1973 (seit 19.3.1994 § 367 Z. 25 GewO 1994) in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 1 und 5 GewO 1973 (seit 19.3.1994 § 74 Abs. 2 Z. 1 und 5 GewO 1994) in Verbindung mit der Auflage 1 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 26. Februar 1992, Zl. 2/152-581/20-92."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Einwand des Beschwerdeführers, die abgestellten Ölfässer seien ohnedies nur zur Hälfte befüllt gewesen, nichts an der Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens ändere. Denn dadurch sei der Auflagenbestandteil, Öl in einer flüssigkeitsdichten Auffangwanne, die zumindest die Hälfte der gelagerten Flüssigkeit aufnehmen kann, keinesfalls erfüllt. Ebensowenig habe er die Auflage durch die Lagerung in einem angeblich betonierten und vor Versickerung geschützten Keller erfüllt, da eindeutig die Lagerung in einer Auffangwanne in der vorangeführten Art und Weise vorgesehen gewesen sei. Auch ändere der Umstand, daß der Beschuldigte sein Kraftfahrzeugmechanikergewerbe ruhend gestellt habe, nichts an der Verwirklichung des objektiven Tatbildes, weil die Betriebsstätte nach wie vor existent sei, und dem Beschuldigten auch bei der Ruhendlegung eines Gewerbes jederzeit in die Lage versetze, dieses wiederaufzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachte sich in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem vor, die belangte Behörde habe die Tatsache, daß die beiden gegenständlichen Ölfässer nicht im Bereich der "ehemaligen KFZ-Werkstätte", sondern im Keller des Firmengebäudes, welcher nicht Teil des ehemals gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlagenteiles gewesen sei, aufgestellt worden seien, außer acht gelassen. Darauf habe der Berufungswerber allerdings schon in der Berufung hingewiesen, was von der belangten Behörde unberücksichtigt gelassen worden sei.

Die Beschwerde erweist sich schon aufgrund folgender Erwägungen als berechtigt:

Gemäß § 367 Z. 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 82a Abs. 1 erlassenen Verordnung nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Dadurch, daß § 367 Z. 25 GewO 1994 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Strafbestandes, was voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0109). Voraussetzung für die Erfüllung eines derartigen Straftatbestandes ist aber - da Auflagen nur in Ansehung der hievon betroffenen Betriebsanlage normative Wirkung zukommt - ausschließlich ein Verhalten bzw. eine Vorgangsweise im Rahmen einer (genehmigten) Betriebsanlage (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 22. November 1988).

Im Beschwerdefall hatte sich die belangte Behörde auf die Auflage des gemäß § 79 Abs. 1 ergangenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 26. Februar 1992, Zl. 2/152-581/20-92, bezogen, der nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens folgenden Inhalt aufweist: "Die im Werkstättenbereich gelagerten Ölfässer sowie sonstige Gewässer gefährdende Stoffe in Kleingebinden sind in einer gegen die gelagerten Stoffe beständigen, flüssigkeitsdichten Auffangwanne aufzustellen, deren Inhalt so zu bemessen ist, daß zumindest die Hälfte der in der Wanne gelagerten Flüssigkeiten aufgenommen werden kann."

Der Anführung dieser individuellen Norm allein kann im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht entnommen werden, ob hiedurch ein Gebot der in Rede stehenden Tätigkeit auch für den "Keller des Firmengebäudes" zutrifft, da insbesondere hieraus nicht hervorgeht, inwiefern dieser angenommene Tatort überhaupt zum "Werkstättenbereich" gehört und insofern (auch) Gegenstand der in Rede stehenden Betriebsanlagengenehmigung war. Das genehmigungslose Betreiben von Einrichtungen, auf die die §§ 74 ff GewO 1994 zutreffen, könnte allenfalls tatbestandsmäßig nur die Voraussetzungen der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 bzw. 3 GewO 1994 erfüllen, nicht aber die des § 367 Z. 25 GewO 1994.

Soweit sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf beruft, das Beschwerdevorbringen, der Keller des Firmengebäudes würde nicht zur KFZ-Werkstätte gehören, widerspreche dem Neuerungsverbot, ist darauf hinzuweisen, daß sich das Neuerungsverbot auf tatsächliches Vorbringen und auf solches Rechtsvorbringen, zu dessen Beurteilung weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, bezieht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 1971, Slg. N.F. Nr. 8113/A). Daß die in der Beschwerde (neu) vorgebrachten rechtlichen Argumente weitere tatsächliche Feststellungen bedürften - sich nicht auf Umstände bezögen, die sich aus den der belangten Behörde zugänglichen Verwaltungsakten ergeben und damit nicht unter den Begriff der Neuerung fallen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1990, Zl. 89/17/0109) - wird von der belangten Behörde gar nicht behauptet.

Da die belangte Behörde im oben dargestellten Sinn die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040008.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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