Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache des Dr. A in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. August 1995, Zl. 310.863/2-III/A/2a/95, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: R Ges.m.b.H. in W), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 30. Juni 1989 beantragte die mitbeteiligte Partei die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung ihrer gastgewerblichen Betriebsanlage an einen näher bezeichneten Standort in Wien. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den
22. Bezirk, vom 19. Jänner 1990, abgewiesen. Die dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 11. März 1991 ab. Auch gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.
Mit Bescheid vom 15. Juli 1992 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der mitbeteiligten Partei die begehrte Genehmigung zum Teil unter Vorschreibung von Auflagen. Zu einem anderen Teil wurde das Ansuchen abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben eine Reihe von Nachbarn, nicht jedoch der im vorliegenden Beschwerdeverfahren als Beschwerdeführer auftretende Dr. A, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob mit seinem Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zlen. 92/04/0208, 0209, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Mit dem als Ersatzbescheid für den mit diesem Erkenntnis aufgehobenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. August 1995 erteilte der Bundesminister der mitbeteiligten Partei neuerlich die begehrte gewerberechtliche Genehmigung zum Teil und wies das Ansuchen zum Teil ab. Der Spruch des Bescheides vom 15. Juli 1992 und jener vom 25. August 1995 sind wortgleich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und sonstigen Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, Z. 1 das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden ...
Z. 2 die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in einer anderen Weise zu belästigen ...
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 sind im Verfahren nach Abs. 1 - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. April 1985, Slg. N. F. Nr. 11.745/A, unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung dargetan hat, liegt eine Einwendung im Sinne der eingangs dargestellten Gesetzeslage nur dann vor, wenn der Beteiligte (hier: der Nachbar) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein.
Im vorliegenden Fall gab der Vertreter einer Reihe anderer Nachbarn in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz vom 5. Oktober 1989 folgende Erklärung ab:
"1. Gerügt wird die schriftliche Vorlage eines Gutachtens bzw. einer Stellungnahme eingangs der Verhandlung, da der Inhalt dieser Stellungnahme in dieser Art den Verhandlungsteilnehmern nicht bekannt worden ist und daher hiezu keine Stellungnahme abgegeben werden kann.
2. Aus dem Augenschein anläßlich der heutigen Verhandlung ergibt sich, daß zahlreiche Auflagen der alten Betriebsanlagengenehmigung vom 12. Februar 1988 nicht erfüllt und nicht eingehalten worden sind. Beispielsweise wird verwiesen darauf, daß die Gestaltung der Fenster im Verhandlungsraum so zu erfolgen gehabt hätte, daß diese für Gäste nicht zu öffnen sind. Es ergibt sich aber offenbar, daß Fenster mit völlig normalen Beschlägen, die für alle Anwesenden zu öffnen sind, vorliegen. Es kommt daher auch durch den laufenden Betrieb zu massiven Lärm-Geruchsbelästigungen der Anrainer.
3. Ausdrücklich wenden wir uns daher gegen den vorliegenden Antrag, eine Betriebsanlagengenehmigung mit dem Inhalt "Gartenbetrieb" zu bewilligen, weil mit noch viel weitergehenden Beeinträchtigungen und gesundheitlichen Schäden zu rechnen ist. Ausdrücklich verweisen wir auf die Stellungnahme der MA 15 (Aktenseite 142), wo eine Empfehlung ausgesprochen wird, die ausdrücklich den Ausschluß des Gartenbetriebes enthält.
4. Anläßlich der stattgefundenen Lärmpegelmessungen wurden nicht diejenigen Geräusche und deren Beeinträchtigungswert festgestellt, welche für den Gewerbebetrieb eines Gasthauses typisch sind; dies etwa wie lautes Singen, Musizieren und Grölen von Betrunkenen.
5. Unabhängig davon, ob den Anrainern ein Antragsrecht zusteht, wird nunmehr auf den § 89 der GewO in der neuen Fassung verwiesen, und auf die zwingende Bestimmung des Abs. 3, wonach die Behörde die Ausübung des Gewerbes zu entziehen hat, wenn die Voraussetzungen in Abs. 2 vorliegen, was im gegenständlichen Fall gegeben ist.
Es wird daher in diesem Sinne beantragt.
6. Weiters hingewiesen wird auf die Bestimmungen des § 360 der GewO, wo ebenfalls die zwingende Bestimmung herauszulesen ist (Abs. 2), daß die Behörde die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes zu verfügen hat, wenn unzumutbare Belästigungen der Nachbarn durch eine nichtgenehmigte Betriebsanlage abzustellen sind. Auch dies liegt im gegenständlichen Fall vor und wird daher in diesem Sinne beantragt."
Dieser Erklärung schloß sich der Vertreter des Beschwerdeführers vollinhaltlich an, "mit folgender Pointierung: Verwiesen werden muß auch auf das von Dr. H im ersten Verfahren am 3. März 1989 erstattete und vom Bundesministerium übernommene Gutachten, wonach der Ausschluß des Hofes auch nur als Verkehrsweg sichergestellt werden muß. Daraus folgt argumentum e minori ad maius, daß der Gartenbetrieb nach Auffassung der Sachverständigen verwehrt ist". Ferner verwies der Vertreter des Beschwerdeführers ausdrücklich darauf hin, daß er bereits am 26. Juli 1989 die Sperre des Betriebes gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1994 beantragt habe, was er vollinhaltlich aufrecht erhalte. Die Anregung auf Einleitung des Entziehungsverfahrens möge unverzüglich der zuständigen Stelle weitergeleitet werden.
Ausgehend davon, daß die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte den Nachbarn nicht zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1980, Slg. N. F. Nr. 10.020/A), kommt dem bloß allgemein auf Einwirkungen auf die Nachbarschaft - selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, die "weitergehenden Beeinträchtigungen und gesundheitlichen Schäden" bezögen sich auf "Lärm- und Geruchsbelästigungen" - gerichteten Vorbringen eine Qualifikation als Einwendung im Rechtssinn nicht zu, weil sie eine Konkretisierung insbesondere in Ansehung der hiefür erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte (vgl. den hg. Beschluß vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/04/0237) als Voraussetzung für eine PERSÖNLICHE Gefährdung oder Belästigung des Beschwerdeführers (oder eine relevante Gefährdung seines Eigentums) nicht erkennen läßt. Dazu kommt, daß die vom Vertreter des Beschwerdeführers gesetzte "Pointierung" das Schwergewicht seiner Erklärung auf den Antrag nach § 360 Abs. 2 GewO 1994 verlagert.
Kann solcherart der in Rede stehenden Erklärung der Inhalt von Einwendungen im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1994 nicht zugemessen werden, konnte dadurch auch eine Parteistellung des Beschwerdeführers - anders als der durch den "Vorredner" des Vertreters des Beschwerdeführers vertretenen Parteien, welche bereits vor der mündlichen Augenscheinsverhandlung schriftlich geeignete Einwendungen erhoben hatten - im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht begründet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Dies gilt selbst dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. z.B. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N. F. Nr. 10.511/A).
In den in der GewO 1994 festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 durch einen nach § 74 oder nach § 81 in Verbindung mit § 77 leg. cit. ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211).
Da der Beschwerdeführer, wie dargelegt, mangels Erhebung geeigneter qualifizierter Einwendungen keine Parteirechte erwarb, kann er auch durch den angefochtenen Bescheid nicht in diesbezüglichen Rechten verletzt sein.
Die Beschwerde war daher zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995040220.X00Im RIS seit
20.11.2000