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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §69 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant, Hofrat Dr. Mayr und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M P, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstern 2/1. DG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 13. Dezember 2021, LVwG-751053/24/MB/SW, betreffend Wiederaufnahme von Verfahren iA Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 7. August 2020 verfügte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 AVG von Amts wegen die Wiederaufnahme der jeweils mit Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ abgeschlossenen Verfahren über den Erstantrag des Revisionswerbers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom 23. Juni 2017 sowie über dessen Verlängerungsantrag vom 25. Mai 2018, in denen sich dieser auf seine Ehe mit der über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ verfügenden serbischen Staatsangehörigen BJ berufen hatte. Unter einem wies die Behörde den Erstantrag des Revisionswerbers wegen Vorliegen einer Aufenthaltsehe ab sowie dessen Verlängerungsantrag wegen Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels zurück.
2 Mit Erkenntnis vom 20. Jänner 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen gerichtete Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab.
3 Infolge der dagegen vom Revisionswerber erhobenen außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Mai 2021, Ra 2021/22/0067, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 20. Jänner 2021 insbesondere wegen der zu Unrecht unterbliebenen mündlichen Verhandlung gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG auf.
4 Im fortgesetzten Verfahren führte das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, im Zuge derer der Revisionswerber, BJ sowie ein weiterer Zeuge befragt wurden.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, das aufgrund der im Rahmen der mündlichen Verhandlung erzielten Ermittlungsergebnisse zum Ergebnis gelangte, dass es sich bei der zwischen dem Revisionswerber und BJ geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. August 2020 erneut als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, das Verwaltungsgericht habe unzulässiger Weise und ohne Begründung von der Einvernahme von weiteren zwei Zeugen abgesehen. Im Übrigen wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Dem Verwaltungsgericht ist zwar vorzuhalten, dass es die Ablehnung des (in der Beschwerde gestellten) Antrags auf Einvernahme der in Rede stehenden zwei weiteren Zeugen (neuerlich) nicht näher begründet hat. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in der Zulässigkeitsbegründung auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang darzulegen ist. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist konkret darzulegen, was die betreffenden Personen im Fall ihrer Vernehmung ausgesagt hätten bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. etwa VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0135, Rn. 13, mwN; 31.1.2019, Ra 2018/22/0301, Rn. 6).
11 Die Revision enthält abgesehen von der Verfahrensrüge keinerlei Tatsachenvorbringen, das geeignet wäre, die Erheblichkeit der Befragung der betreffenden Zeugen und darauf aufbauend die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses darzutun. Der bloße Verweis darauf, dass die Zeugin ZM im selben Haus wie der Revisionswerber in Wien wohne und schon deshalb intensivere Wahrnehmungen als der vom Verwaltungsgericht befragte Zeuge habe, stellt keine ausreichende Relevanzdarstellung in diesem Sinn dar. Die Revision legt nicht substantiiert dar, zu welchen Feststellungen die Vernehmung dieser Zeugen geführt hätte und welche Aspekte eines gemeinsamen Familienlebens dadurch nachgewiesen worden wären. Es wird auch kein konkretes Verhalten, keine konkrete familiäre Begebenheit und kein auf ein gelebtes Familienleben hindeutender konkreter Umstand geltend gemacht, wodurch die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe hätte in Frage gestellt werden können (siehe dazu auch VwGH 31.1.2019, Ra 2018/22/0301, Rn. 8; 3.2.2021, Ra 2021/22/0016, Rn. 14).
12 Zudem liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. beispielsweise VwGH 12.10.2020, Ra 2020/22/0064, Rn. 6, mwN). Eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung zeigt der Revisionswerber nicht auf.
13 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 15. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022220021.L00Im RIS seit
20.04.2022Zuletzt aktualisiert am
25.04.2022