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GewerberechtNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgarter, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der AH in S, vertreten durch Dr. Richard Wandl, Rechtsanwalt in St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Bauten und Technik vom 30. März 1984, Zl. 47.615/4-IV/7/83, betreffend Feststellung der Eichpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. März 1981 stellte das Eichamt St. Pölten gemäß § 7 im Zusammenhalt mit § 8 Abs. 1 Z. 2 des Maß- und Eichgesetzes fest, daß die im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers aufgestellte Rollgewichtsbrückenwaage mit der Herstellernummer 864-8960-8969 der „Firma S“ mit einer Höchstlast von 15.000 kg eichpflichtig sei und daß der Beschwerdeführer dafür verantwortlich sei, daß dieses Meßgerät geeicht sei.
Einer seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung gab das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Bescheid vom 4. Mai 1983 keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:
„Gemäß § 7 im Zusammenhalt mit § 8 Abs. 1 Z. 2 und § 8 Abs. 3 Z. 2 des Maß- und Eichgesetzes (MEG), BGBl. Nr. 152/1950, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 174/1973, wird festgestellt, daß die in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb aufgestellte Rollgewichtsbrückenwaage mit der Herstellnummer 864-8960-8969 der Firma S mit einer Höchstlast von 15.000 kg eichpflichtig ist und Sie dafür verantwortlich sind, daß dieses Meßgerät geeicht ist.“
Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Bundesminister für Bauten und Technik mit Bescheid vom 30. März 1984 gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 Z. 2 des Maß- und Eichgesetzes im Zusammenhalt mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den zweitinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung wurde ausgeführt, anläßlich einer eichpolizeilichen Revision am 3. März 1981 habe das Eichamt St. Pölten festgestellt, daß die in Rede stehende, im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers aufgestellte Rollgewichtsbrückenwaage gebrauchsfähig, jedoch nicht geeicht gewesen sei. Bei dieser Revision sei nur die Ehegattin des Beschwerdeführers, JH, anwesend gewesen, die bei dieser Gelegenheit der Eichbehörde gegenüber angegeben habe, daß im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Betriebes u. a. auch Vieh gekauft und verkauft werde und weiters erklärt habe, daß die Wägungen bei An- und Verkauf von Vieh auf der Waage eines Viehhändlers durchgeführt wurden und ferner, daß die in Rede stehende Waage lediglich zur betriebsinternen Kontrolle verwendet werde und aus diesen Gründen keine Eichpflicht dieser Waage gegeben sei. In seiner Berufung gegen den vorbezeichneten Bescheid des Eichamtes St. Pölten vom 5. März 1981 habe der Beschwerdeführer im wesentlichen eingewendet, die gegenständliche Waage werde ausschließlich für betriebsinterne Zwecke benützt und es erfolge beim Verkauf von pflanzlichen und tierischen Produkten aus dem landwirtschaftlichen Betrieb „die zur Gesamtpreisbestimmung notwendige Gewichtfeststellung ausschließlich mit geeichten öffentlichen oder geeichten privaten Waagen“; die bloße technische Möglichkeit einer Verwendung oder Bereithaltung der Waage für den rechtsgeschäftlichen Verkehr reiche für die Begründung der Eichpflicht nicht aus. Im Zuge des von der zweitinstanzlichen Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei am 24. Juni 1982 im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung in Verbindung mit einem Lokalaugenschein abgehalten worden, um einerseits dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen zu geben und andererseits, den maßgebenden Sachverhalt - insbesondere die äußeren Umstände - festzustellen, unter denen die gegenständliche Waage verwendet werde. Laut Verhandlungsschrift sei dabei festgestellt worden, daß die Waage als betriebsfähig anzusehen sei, ihre Aufstellung aber nicht den Eichvorschriften entsprochen habe. In der auch vom Beschwerdeführer unterfertigten Verhandlungsschrift sei weiters festgehalten worden, daß die Landwirtschaft 65 ha eigene und 20 ha Pachtfläche umfasse, woraus etwa 60 t Weizen, 20 t Gerste, 70 t Mais und 180 t Zuckerrüben produziert würden. Der Viehbestand betrage durchschnittlich 50 Stiere und 110 Schweine. Bei der mündlichen Verhandlung habe der Beschwerdeführer angegeben, daß die von ihm erzeugten Feldprodukte ausschließlich auf der Waage der landwirtschaftlichen Genossenschaft gewogen würden und die Abnahme der Produkte durch die Lagerhausgenossenschaft nur unter Zugrundelegung der dort erzielten Wägeergebnisse möglich sei, da andere Wägeergebnisse nicht anerkannt würden. Eine telefonische Rückfrage beim Leiter der Lagerhausgenossenschaft habe diese Aussage bestätigt. Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, daß bei der Viehproduktion die Totvermarktung eingeführt sei, wobei das beim Fleischhauer erzielte Wägeergebnis die Verrechnungsgrundlage bilde. In der Folge habe das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit dem vorangeführten Bescheid vom 4. Mai 1983 die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und den erstbehördlichen Bescheid unter geringfügiger Ergänzung des Spruches bestätigt. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer im wesentlichen das gleiche Vorbringen wie in der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid erstattet und ferner eingewendet, daß eine bescheidmäßige Feststellung im vorliegenden Fall rechtlich nicht zulässig sei. Hiezu sei im gesamten auszuführen: Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 MEG unterlägen Waagen u. a. dann der Eichpflicht, wenn sie im rechtsgeschäftlichen Verkehr innerhalb der Republik Österreich zur Bestimmung des Maßes von Sachgütern verwendet oder bereitgehalten würden. Gemäß § 8 Abs. 3 Z. 2 MEG unterlägen die in Abs. 1 angeführten Meßgeräte auch dann der Eichpflicht, wenn sie zur Prüfung der Lieferung für An- und Verkauf verwendet oder bereitgehalten würden. Diese Bestimmung gelte unabhängig davon, ob am Aufstellungsort des Meßgerätes ein rechtsgeschäftlicher Verkehr stattfinde oder nicht. Für das Bestehen der Eichpflicht genüge es vielmehr, wenn die äußeren Umstände erkennen ließen, daß das Meßgerät ohne besondere Vorbereitung in Gebrauch genommen werden könne (§ 7 Abs. 3 MEG). Diese Voraussetzung treffe auf die in Rede stehende Rollgewichtswaage zu, da nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen der Vorinstanzen der Betrieb des Beschwerdeführers den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit landwirtschaftlichen Produkten wie Weizen, Gerste, Mais, Zuckerrüben und Vieh umfasse, die dort aufgestellte Waage Gewichtsbestimmungen bis zu einer Höchstlast von 15.000 kg erlaube und jederzeit ohne besondere Vorkehrungen eine Parteienvereinbarung dahin gehend möglich wäre, die mittels dieser Waage gewonnenen Meßergebnisse dem im Betrieb stattfindenden rechtsgeschäftlichen Verkehr mit landwirtschaftlichen Produkten zugrunde zu legen. Daran ändere auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts, daß die Abnahme der Produkte durch die Lagerhausgenossenschaft bzw. durch den Fleischhauer nur unter Zugrundelegung der dort erzielten Wägeergebnisse möglich sei und die auf der gegenständlichen Waage erzielten Meßergebnisse dort nicht anerkannt würden. Derartige bestehende Parteienvereinbarungen schlössen nämlich nicht aus, daß auch andere Vereinbarungen bzw. Vereinbarungen mit anderen Vertragspartnern getroffen werden könnten, die ihrerseits die Verwendung der Waage vorsähen bzw. gestatteten. Außerdem schließe der Umstand, daß die Abwaage der landwirtschaftlichen Produkte ausschließlich durch die Lagerhausgenossenschaft bzw. durch den Fleischhauer erfolge, zumindest stichprobenweise Kontrollen der Richtigkeit dieser Messungen im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers nicht aus, zumal die Waage dazu ohne besondere Vorbereitung verwendet werden könne. Die Eichpflicht bestehe eben nicht nur dann, wenn das Meßgerät tatsächlich im rechtsgeschäftlichen Verkehr zur Prüfung des Maßes von Sachgütern (§ 8 Abs. 1 MEG) oder zur Prüfung der Lieferungen für Ankauf oder Verkauf (§ 8 Abs. 3 Z. 2 MEG) Verwendung finde, was nach den Ermittlungen im Betrieb des Beschwerdeführers derzeit nicht der Fall sei, sondern schon dann, wenn die äußeren Umstände eine solche Verwendung ohne besondere Vorbereitung erlaubten (§ 7 Abs. 3 MEG). Nach den Sachverhaltsfeststellungen sei die Waage offensichtlich voll gebrauchsfähig und nach ihrem Zustand und ihrer Beschaffenheit durchaus geeignet, ohne besondere Vorbereitung zu den von den Bestimmungen des MEG im öffentlichen Interesse besonders geschützten Meßtätigkeiten jederzeit in Gebrauch genommen zu werden. Wenn aber die objektiven äußeren Umstände in ihrer Gesamtheit so beschaffen seien, daß nach den Denkgesetzen im konkreten Fall nicht ausgeschlossen werden müsse, daß eben eine solche Ingebrauchnahme jederzeit stattfinden könnte, sei das Meßgerät damit gemäß § 7 Abs. 3 MEG als „bereitgehalten“ anzusehen und unterliege schon deshalb der Eichpflicht. Wenn sich der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1961, Slg. N. F. Nr. 5647/A, berufe, so sei diesem Erkenntnis ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde gelegen. Was die Frage der Zulässigkeit des Feststellungsbescheides betreffe, so sei im Beschwerdefall das hiefür vorauszusetzende „öffentliche Interesse“ dem im § 7 Abs. 1 MEG genannten „rechtlich geschützten Interesse“ gleichzuhalten. Weiters sei gemäß § 7 Abs. 2 MEG derjenige, der ein eichpflichtiges Meßgerät verwende oder bereithalte, dafür verantwortlich, daß das Meßgerät geeicht sei. Es handle sich hier somit um eine Verpflichtung ex lege, die gegebenenfalls von der Eichbehörde bescheidmäßig festzustellen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die in Rede stehende Feststellung nicht getroffen werde. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, eine Eichpflicht bestehe dann nicht, wenn ein Meßgerät nur dem innerbetrieblichen Gebrauch diene. Dies bedeute aber, daß in derartigen Fällen in Ermangelung eines amtlichen oder rechtsgeschäftlichen Verkehrs infolge Fehlens eines rechtlich geschützten Interesses eine Eichpflicht nicht bestehe und daher auch nicht untersucht werden brauche, ob das Meßgerät rein technisch bereitgehalten werde oder nicht. Dies ergebe sich schon daraus, daß keinerlei Kriterium dafür vorhanden sei, daß in einem derartigen Fall ein „Bereithalten“ für einen rechtsgeschäftlichen Verkehr stattfinde, weil erwiesenermaßen der Sachverhalt ein anderer sei, nämlich der der Verwendung der Waage für rein innerbetriebliche Zwecke. Die bloße „Möglichkeit“ könne daher keine Eichpflicht begründen.
Im Beschwerdefall war zunächst die Frage der Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides zu prüfen.
Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die den Beschwerdegegenstand bildende bescheidmäßige Feststellung kommt - worauf sich auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bezieht - nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Verwaltungsbehörden nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit und nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. hiezu die Darstellung der Rechtsprechung in Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, Seite 854, 56, 5, A 1 und 2; u. a.). Weiters kann Gegenstand eines derartigen Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, für die das Gesetz ausdrücklich eine solche Feststellung vorsehen müßte. Darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen noch über ihre Auslegung spruchmäßig entscheiden (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 9. April 1976, Slg. N. F. Nr. 9035/A). Des weiteren erklärt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Feststellungsbescheide als unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens - etwa auch in einem Strafverfahren - entschieden werden kann (vgl. hiezu die Darstellung der Rechtsprechung in Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 3. Auflage, S. 136).
Zufolge Fehlens eines Parteienantrages käme daher für die Annahme der Zulässigkeit des beschwerdegegenständlichen Feststellungsbescheides ausschließlich die Erfüllung des - von rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers losgelösten - Merkmales des „öffentlichen Interesses“ in Betracht, das - unabhängig von Fragen der materiellen Rechtslage - im Sinne der obigen Darlegungen auch in Ansehung verfahrensrechtlicher Belange gegeben sein müßte. Ein derartiges „öffentliches Interesse“ an der sowohl spruch- als auch begründungsmäßig ausschließlich Umstände im Zusammenhang mit dem Betrieb des Beschwerdeführers betreffenden Feststellung unabhängig von der der Behörde gesetzlich eingeräumten Möglichkeit der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Bewirkung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes vermag aber der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Hiezu kommt noch in Ansehung des Feststellungsausspruches, wonach der Beschwerdeführer dafür verantwortlich sei, daß dieses Meßgerät geeicht sei, daß - bezogen auf die Erörterungen im angefochtenen Bescheid - die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Fall einer gegebenen Eichpflicht der in Rede stehenden Waage nicht etwa erkennbar in Frage stand.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führte. Eine Behandlung des weiteren Beschwerdevorbringens war daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 12. Februar 1985
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1984040072.X00Im RIS seit
19.04.2022Zuletzt aktualisiert am
19.04.2022