TE OGH 2022/1/25 1Ob3/22f

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Veröffentlicht am 25.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj V*, geboren am * 2009, des mj S*, geboren am * 2010, und des mj R*, geboren am * 2013, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters H*, vertreten durch Dr. Gerda Schildberger, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 29. November 2021, GZ 2 R 201/21i-49, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 18. Oktober 2021, GZ 1 Pu 30/20w-40, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1]            Das Erstgericht setzte den laufenden monatlichen Unterhalt für die beiden älteren Kinder ab 1. 12. 2020 mit jeweils 547 EUR und für das jüngste Kind ab diesem Zeitpunkt mit 451 EUR fest und verpflichtete den Vater außerdem zur Zahlung von (bis 30. 11. 2020) rückständigem Unterhalt für das älteste Kind in Höhe von 4.578 EUR, für das mittlere Kind von 4.442 EUR und für das jüngste Kind von 4.457 EUR.

[2]            In ihrem dagegen erhobenen Rekurs begehrten die beiden älteren Kinder eine Erhöhung ihres laufenden monatlichen Unterhalts ab 1. 12. 2020 um 124 EUR (sohin insgesamt 671 EUR), das jüngste Kind begehrte eine solche um weitere 101 EUR (sohin insgesamt 552 EUR). Außerdem strebten sie eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dahin an, dass der Vater dem ältesten Kind 10.285 EUR und den beiden jüngeren Kindern jeweils 8.569 EUR an bis 30. 11. 2020 fällig gewordenem Unterhalt zu zahlen habe.

[3]            Der Vater wandte sich in seinem Rekurs nicht gegen die Bemessung des laufenden Unterhalts ab 1. 11. 2021, begehrte aber eine Herabsetzung der bis dahin fällig gewordenen (rückständigen) Unterhaltsbeträge.

[4]            Das Rekursgericht wies den Rekurs der Kinder, soweit ihr Abänderungsantrag über die in erster Instanz begehrten Unterhaltszahlungen hinausging, zurück. Im Übrigen sprach es dem ältesten Kind an bis zum 31. 10. 2021 fällig gewordenen Unterhalt 8.271,33 EUR, dem mittleren Kind 8.688,33 EUR und dem jüngsten Kind 6.588,87 EUR zu und bemaß den laufenden Unterhalt ab 1. 11. 2021 für die beiden älteren Kinder mit 671 EUR und für das jüngste Kind mit 552 EUR. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 2 AußStrG nicht zulässig.

[5]       Dagegen richtet sich das als „außerordentlicher“ Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel des Vaters, welches das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[6]       Dies entspricht nicht dem Gesetz.

[7]       1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nur nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Diese Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

[8]            2. Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN. Er bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf jenen monatlichen Unterhaltsbetrag abzustellen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts noch strittig war (laufender Unterhalt), während jene Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren bzw fällig wurden (rückständiger Unterhalt), nicht zusätzlich zu berücksichtigen sind (vgl RIS-Justiz RS0122735 [insb T5, T8]; RS0114353 [insb T1]). Der Wert des Entscheidungsgegenstands ist im Unterhaltsverfahren für jedes Kind einzeln zu beurteilen, eine Zusammenrechnung findet nicht statt (vgl RS0112656; RS0017257).

[9]       3. Da sich der Vater in seinem Rekurs nicht gegen die Höhe des laufenden Unterhalts der Kinder (ab 1. 11. 2021) aussprach und die Kinder nur eine Erhöhung um 124 EUR bzw 101 EUR anstrebten, betrug der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts nach der dargelegten Judikatur hinsichtlich der beiden älteren Kinder 4.446 EUR (124 EUR x 36) und hinsichtlich des jüngsten Kindes 3.636 EUR (101 EUR x 36). Daran, dass bei keinem Kind die Wertgrenze von 30.000 EUR überschritten wird, würde sich auch nichts ändern, wenn die (im Rekursverfahren noch strittigen) Unterhaltsrückstände hinzuzurechnen wären. Ein „außerordentlicher“ Revisionsrekurs kommt damit nicht in Betracht. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe des Vaters als mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht (vgl RS0109505).

Textnummer

E134429

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00003.22F.0125.000

Im RIS seit

17.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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