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L65000 Jagd Wild;Norm
B-VG Art18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des C in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Jänner 1993, Zl. IIIa 2-2530/1, betreffend Aufhebung von Beschlüssen der Vollversammlung einer Jagdgenossenschaft (mitbeteiligte Partei: Jagdgenossenschaft Y, vertreten durch den Obmann Dr. B in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. März 1992 wurde das mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 2. April 1987 festgestellte Genossenschaftsjagdgebiet "X" in mehrere Genossenschaftsjagdgebiete zerlegt, darunter auch das Genossenschaftsjagdgebiet "Y". Mit Schreiben vom 11. Mai 1992 lud der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als Bezirksverwaltungsbehörde alle Grundeigentümer von Liegenschaften in den Katastralgemeinden A bzw. M, darunter auch den Beschwerdeführer, zu der für 5. Juni 1992 anberaumten Vollversammlung der mitbeteiligten Partei. In dieser wurden zu den Tagesordnungspunkten 2 ("Wahl des Jagdausschusses"), 3 ("Beschlußfassung über das Genossenschaftsstatut"), 4 (a) "Gültigkeit der derzeitigen Pachtverhältnisse" und
b) "Genehmigung der Jahresrechnung") und 5 ("Beschlußfassung bezüglich der Jagdverwertung ab 1.4.1994") Beschlüsse gefaßt. Mit Schriftsatz vom 19. Juni 1992 stellte der Beschwerdeführer den Antrag "auf Aufhebung von Beschlüssen der Vollversammlung der Jagdgenossenschaft Y vom 5.6.1992 gemäß § 13 Abs. 2 TJG". Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. November 1992 wurde diesem Antrag gemäß § 13 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes 1983, LGBl. Nr. 60 (JG), keine Folge gegeben. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 1993 wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahin abgeändert, daß er zu lauten habe wie folgt:
"1. Dem Antrag des Herrn C auf Aufhebung der Vollversammlung vom 5. Juni 1992 wegen ihrer gesetzwidrigen Einberufung wird gemäß § 13 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes (TJG) 1983, LGBl. Nr. 60, keine Folge gegeben;
2. Der zu Tagesordnungspunkt 3) gefaßte Beschluß über das Genossenschaftsstatut wird bezüglich der §§ 5 Abs. 3, 7 lit. c gemäß § 13 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes 1983, LGBl. Nr. 60, als gesetzwidrig aufgehoben;
3. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde führte zur Begründung ihrer Entscheidung im wesentlichen aus, daß die Statuten nur in den §§ 7 lit. c und 5 Abs. 3 als nicht gesetzeskonform aufzuheben seien. Im übrigen seien die Einwendungen des Beschwerdeführers jedoch unberechtigt. Sein Recht, im Ermittlungsverfahren gehört zu werden, sei gewahrt worden. Die Bezirksverwaltungsbehörde sei zur Einberufung der konstituierenden Vollversammlung zuständig gewesen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sehe das Statut ordnungsgemäß die Einberufung zur Vollversammlung unter Fristwahrung von zwei Wochen vor, im Tiroler Jagdgesetz seien Regelungen betreffend eine nachweisliche Einladung nicht getroffen. Die Bestimmungen des Statuts betreffend die Aufgaben der Vollversammlung seien nicht gesetzeswidrig und würden im übrigen dem Musterstatut entsprechen, dies gelte insbesondere auch für die Abberufung von Funktionären, Genehmigung der Jahresrechnung und Vorschreibung von Umlagen zur Deckung eines allfälligen Abganges sowie die Entscheidung über die Entschädigung oder den Ersatz von Barauslagen der Mitglieder des Jagdausschusses. Wenn in § 5 Abs. 3 (u.a.) auch beschlossen worden sei, daß der Obmann "in der Regel" die Vollversammlung einzuberufen habe, sei dies nicht rechtswidrig, weil auch der Stellvertreter des Obmannes im Falle dessen Verhinderung hiezu berufen sei. Zur Beschlußfassung betreffend die Verpachtung sei darauf hinzuweisen, daß mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 22. Feber 1984 die freihändige Vergabe der Jagd bewilligt und am 8. März 1984 ein zivilrechtlich gültiger Jagdpachtverrag abgeschlossen worden sei. Der Jagdpachtvertrag sei der Behörde ordnungsgemäß angezeigt und mit ihm seien die Jagdvorschriften eingehalten worden. Es liege keine Gesetzwidrigkeit vor, wenn die Mehrheit der Genossenschaftsmitglieder beschlossen habe, den seinerzeitigen Pachtvertrag nunmehr zu übernehmen. Auch der Beschluß der Vollversammlung, wonach für die Jagdpachtperiode ab 1. April 1994 die Verpachtung aus freier Hand beschlossen worden sei, verstoße nicht gegen gesetzliche Vorschriften, weil die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht, die Pachtbedingungen festgehalten und eine Wertsicherungsklausel zur Absicherung des Pachtzinses vereinbart worden sei. Die Verzeichnisführung und Haushaltsführung stehe mit der den Aufgabenbereich des Obmannes regelnden Bestimmung des § 17 JG im Einklang. Die im Musterstatut der Jagdgenossenschaft enthaltenen Bestimmungen betreffend die Wahl der Funktionäre des Jagdausschusses seien genau eingehalten worden. Daß die Wahl des Jagdausschusses erst nach Beschlußfassung über das Statut abgehalten werden dürfe, sei verfehlt. Die Einberufung zur Sitzung des Jagdausschusses unter Bekanntgabe der Tagesordnung sei in den Statuten vorgesehen. Die Funktionsfähigkeit des Jagdausschusses für den Fall des Ausscheidens von Mitgliedern sei durch die in den Statuten vorgesehene Neuwahl gewährleistet.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, daß die "gesamte Vollversammlung" bzw. alle darin gefaßten Beschlüsse rechtswidrig seien, weil die Bezirksverwaltungsbehörde - auch wenn ihr eine Aufsichtsfunktion gegenüber den Jagdgenossenschaften zukomme - zur Einberufung der ersten bzw. konstituierenden Vollversammlung nicht zuständig gewesen sei und im Hinblick darauf, daß erst in der Vollversammlung das Statut beschlossen werden könne, eine Zuständigkeit auch nicht aus dem Musterstatut abgeleitet werden könne. Darüber hinaus sei nicht nur das beschlossene Statut, sondern seien auch die übrigen in der Vollversammlung vom 5. Juni 1992 gefaßten Beschlüsse inhaltlich rechtswidrig.
Die hier maßgebenden Bestimmungen des § 13 JG (Mitgliedschaft, Genossenschaftsstatut) lauten wie folgt:
"(1) Die Eigentümer der zu einem Genossenschaftsjagdgebiet gehörigen (einschließlich der angegliederten) Grundflächen bilden eine Jagdgenossenschaft; sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechtes, die der Aufsicht der Bezirksverwaltungsbehörde untersteht.
(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat auf Antrag eines Mitgliedes der Jagdgenossenschaft oder von Amts wegen Beschlüsse und Verfügungen der Organe der Jagdgenossenschaft, die gegen Gesetze verstoßen, aufzuheben und Wahlen wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens für ungültig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit erwiesen ist und auf das Wahlergebnis von Einfluß war. ...
(3) Unterläßt ein Organ der Jagdgenossenschaft (§ 14) die Erfüllung einer ihm nach diesem Gesetz oder nach dem Statut (Abs. 5) obliegenden Aufgabe, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde eine angemessene Frist festzusetzen, innerhalb der das Organ die erforderliche Maßnahme zu treffen hat. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist hat die Bezirksverwaltungsbehörde die erforderliche Maßnahme auf Kosten der Jagdgenossenschaft zu treffen, wenn dies im Interesse der Jagdgenossenschaft oder eines Dritten unbedingt erforderlich ist.
(4) Über Streitigkeiten, die zwischen der Jagdgenossenschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Genossenschaftsverhältnis entstehen, entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde.
(5) Die Jagdgenossenschaft hat sich ein Statut zu geben, das insbesondere Durchführungsbestimmungen für die Geschäftsführung des Obmannes, die Einberufung und Abwicklung der Vollversammlung und der Sitzungen des Jagdausschusses, über die Ausübung des Stimmrechtes, die Haushaltsführung und die Führung der erforderlichen Verzeichnisse zu enthalten hat. Erläßt die Jagdgenossenschaft dieses Statut nicht binnen drei Monaten nach Feststellung des Genossenschaftsjagdgebietes, tritt das von der Landesregierung durch Verordnung zu erlassende Musterstatut für die Jagdgenossenschaft in Geltung."
Gemäß § 14 JG sind die Organe der Jagdgenossenschaft die Vollversammlung, der Jagdausschuß und der Obmann. Der Jagdausschuß besteht gemäß § 16 JG aus dem Obmann, dem Obmannstellvertreter und drei weiteren Mitgliedern, die von der Vollversammlung gewählt werden. Gemäß § 16 Abs. 6 JG obliegt dem Jagdausschuß die Besorgung aller Angelegenheiten der Jagdgenossenschaft, die nicht der Vollversammlung oder dem Obmann vorbehalten sind. Der Obmann, der gemäß § 16 Abs. 7 JG im Jagdausschuß den Vorsitz führt, beruft gemäß § 17 Abs. 1 JG die Vollversammlung ein und leitet sie. Er besorgt die Geschäfte des Jagdausschusses und führt die Beschlüsse der Vollversammlung und des Jagdausschusses durch. Er wird gemäß § 17 Abs. 3 JG im Falle seiner Verhinderung durch den Obmannstellvertreter vertreten.
Die Regelungen über die Vollversammlung der Jagdgenossenschaft finden sich im einzelnen in § 15 JG. Sie lauten wie folgt:
"(1) Der Vollversammlung gehören alle Mitglieder der Jagdgenossenschaft an. Das Stimmrecht wird nach dem Flächenausmaß der den Mitgliedern gehörigen Grundflächen berechnet, wobei auf Grundflächen von einem halben bis zwei Hektar eine Stimme, von mehr als zwei bis zehn Hektar zwei Stimmen und für je weitere angefangene zehn Hektar je eine weitere Stimme entfallen. Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, sowie Gletscherflächen sind nicht mitzurechnen.
(2) Das Stimmrecht ist persönlich oder durch einen schriftlich Bevollmächtigten auszuüben. Ein Bevollmächtigter darf höchstens zwei Mitglieder vertreten. Eine Mehrheit von Personen hat ihr Stimmrecht durch einen schriftlichen Bevollmächtigten auszuüben.
(3) Die Vollversammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte aller Stimmen vertreten ist. Ist zu der für den Versammlungsbeginn festgesetzten Zeit nicht die Hälfte aller Stimmen vertreten, so ist nach einer Wartezeit von einer halben Stunde die Vollversammlung ohne Rücksicht auf die Anzahl der vertretenen Stimmen beschlußfähig, wenn in der Einberufung ausdrücklich darauf hingewiesen wurde.
(4) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefaßt. Für Beschlüsse nach Abs. 5 lit. b bedarf es jedoch einer Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen.
(5) Der Vollversammlung sind vorbehalten:
a) Die Wahl des Obmannes (Obmannstellvertreters) und der Mitglieder (Ersatzmitglieder) des Jagdausschusses,
b) die Beschlußfassung über den Abschluß, die Änderung und die Verlängerung des Jagdpachtvertrages, über die freihändige Vergabe der Genossenschaftsjagd sowie über die Versteigerungsbedingungen,
c) die Genehmigung der Jahresrechnung und die Vorschreibung von Umlagen zur Deckung eines allfälligen Abganges."
Die belangte Behörde erachtete die Bezirksverwaltungsbehörde zur Einberufung der konstituierenden Vollversammlung für zuständig und begründete dies damit, daß das in der zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983 erlassene "Musterstatut der Jagdgenossenschaft" dann automatisch in Kraft trete, wenn eine neugebildete Jagdgenossenschaft (z.B. bei Zerlegung der bisherigen Jagdgenossenschaft) nicht binnen drei Monaten ein eigenes Statut beschließe. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 1992 sei das Genossenschaftsjagdgebiet "X" zerlegt und sei unter anderem auch das Genossenschaftsjagdgebiet "Y" in den Grenzen des ursprünglichen Genossenschaftsjagdgebietes "Z" neu gebildet worden. Die erste Vollversammlung der Jagdgenossenschaft Y habe am 5. Juni 1992 stattgefunden. Da die Jagdgenossenschaft Y sohin nur einen Tag vor Ablauf der dreimonatigen Frist noch kein Statut erlassen habe, erwachse den Jagdgenossenschaftsmitgliedern kein Rechtsnachteil, wenn das Musterstatut in Geltung trete. § 5 Abs. 2 Musterstatut der Jagdgenossenschaft stelle daher die rechtliche Grundlage für die erstmalige Einberufung der Vollversammlung der neugebildeten Jagdgenossenschaft dar. Diese Aufgabe aber komme, solang keine Organe der Jagdgenossenschaft bestellt seien, gemäß der oben genannten Bestimmung der Bezirksverwaltungsbehörde zu.
Diesen Argumenten kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach dem in Artikel 18 B-VG festgelegten Legalitätsprinzip darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Dies bedeutet einerseits, daß die Gesetzgebung zu einer ausreichenden Determinierung des Verwaltungshandelns verpflichtet ist, andererseits die Verwaltung angehalten ist, sich in ihrem Vollzugsverhalten ausschließlich vom Gesetz leiten zu lassen (vgl. Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 240; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7, Rz 569). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1976, Slg. 7837) gilt das Legalitätsprinzip in seiner differenzierten Form auch auf dem Gebiet der Selbstverwaltung und ist die staatliche Aufsicht über die Organe der Selbstverwaltungskörperschaften hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihrer Verwaltungsführung geboten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1977, Slg. 8215, m.w.N.).
Nach den eingangs zitierten Vorschriften des Tiroler Jagdgesetzes ist die Jagdgenossenschaft als derartiger Selbstverwaltungskörper eingerichtet, deren Hauptaufgabe die Verwertung des Jagdrechts zugunsten ihrer Mitglieder ist. Die Besorgung der Aufgaben der Genossenschaft erfolgt losgelöst von der unmittelbaren Staatsverwaltung. Als Bindeglied zur eigentlichen staatlichen Verwaltung und als Kontrolle der Entscheidungen der Genossenschaftsorgane ist die Aufsicht durch die Bezirksverwaltungsbehörde als Jagdbehörde vorgesehen (vgl. Binder, Jagdrecht, 92). Auf Grund der oben dargestellten im Tiroler Jagdgesetz festgelegten Regelung des Aufsichtsrechts hat die Behörde rechtswidrige Beschlüsse und Verfügungen der Organe der Genossenschaft auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben und Wahlen wegen relevanter Rechtswidrigkeit des Verfahrens für ungültig zu erklären (§ 13 Abs. 2 JG). Sie hat den Organen eine angemessene Frist zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu setzen und nach Fristablauf allenfalls selbst die erforderlichen Maßnahmen auf Kosten der Jagdgenossenschaft zu treffen (§ 13 Abs. 3 JG). Schließlich entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde auch über die aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitigkeiten der Mitglieder untereinander oder zwischen den Mitgliedern und der Genossenschaft (§ 13 Abs. 4 JG).
Dieses Aufsichtsrecht ermöglicht der Bezirksverwaltungsbehörde somit die Korrektur eines Fehlverhaltens des beaufsichtigten Selbstverwaltungskörpers (vgl. Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 327), schließt jedoch nicht weitergehende, gesetzlich nicht geregelte Zuständigkeitsbefugnisse mit ein (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Feber 1985, Slg. 10.368).
Der belangten Behörde ist daher zu entgegnen, daß die hier maßgebenden Normen des Tiroler Jagdgesetzes keine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Einberufung der konstituierenden Vollversammlung vorsehen und sich diese auch nicht aus dem Aufsichtsrecht als solchem ergibt.
Wohl findet sich in § 5 Abs. 2 des in Anlage 7 zur zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz erlassenen "Musterstatuts der Jagdgenossenschaft" die Regelung, daß die erstmalige Einberufung der Vollversammlung einer neu gebildeten Jagdgenossenschaft der Bezirksverwaltungsbehörde obliege. Dieses Musterstatut hat jedoch - wie die belangte Behörde offensichtlich selbst erkannte - auf Grund des seit Feststellung (hier: durch Zerlegung) des Genossenschaftsjagdgebietes noch nicht abgelaufenen Zeitraumes von drei Monaten gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 JG noch nicht gegolten. Eine analoge Anwendung der genannten Bestimmung des Musterstatuts auf den vorliegenden Fall ist schon deshalb nicht zulässig, weil der Gesetzgeber ausdrücklich eine Geltung erst für den Fall des Ablaufens des dreimonatigen Zeitraumes vorgesehen hat.
Gemäß des § 13 Abs. 5 JG hat der Gesetzgeber die Erlassung eines Statuts durch die Jagdgenossenschaft auch innerhalb der ersten drei Monate nach Feststellung des Genossenschaftsjagdgebietes zugelassen. Daraus folgt, daß jedenfalls auch in diesem Zeitraum ein Zusammentreten der Vollversammlung möglich sein muß. Der Gesetzgeber hat es jedoch unterlassen, Regelungen über die Einberufung und die Beschlußfähigkeit einer derartigen "konstituierenden" Vollversammlung zu treffen. Eine Einberufung durch den Obmann gemäß § 17 Abs. 1 JG kommt, da die Wahl des Obmannes (§ 15 Abs. 5 lit. a JG) noch nicht erfolgt ist, nicht in Betracht; eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Einberufung der Vollversammlung ist - wie oben dargelegt - nicht gegeben. Die die Beschlußfähigkeit der Vollversammlung regelnde Bestimmung des § 15 Abs. 3 JG ist nicht anwendbar, weil sie die rechtmäßige Einberufung der Vollversammlung voraussetzt. Somit hätte von einer beschlußfähigen "konstituierenden" Vollversammlung der Jagdgenossenschaft - ausgehend von der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 JG, wonach die Vollversammlung durch alle Genossenschaftsmitglieder gebildet wird - nur gesprochen werden können, wenn alle Mitglieder der Jagdgenossenschaft zusammengetreten wären. Nur dann hätte sie den Obmann und die übrigen Mitglieder des Jagdausschusses wählen und allenfalls weitere Beschlüsse fassen können. Da dies - wie aus der in den Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift hervorgeht - anläßlich der Zusammenkunft vom 5. Juni 1992 nicht der Fall war, hat dies zur Folge, daß alle hier gefaßten Beschlüsse rechtswidrig sind.
Der angefochtene Bescheid - der in seinen Punkten als untrennbare Einheit anzusehen ist - war daher in seiner Gesamtheit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits in den Pauschalgebühren für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer sowie den für den Verbesserungsschriftsatz nicht zustehenden Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Verwaltung JagdgenossenschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993030062.X00Im RIS seit
16.07.2001