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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 29. April 1996, Zl. Fr 1591/1-1995, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. April 1996 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen "jugoslawischen" Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes (FrG), BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 5. April 1990 wegen des Vergehens des schweren Betruges sowie des Diebstahles zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden, weiters mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 8. August 1994 wegen des Vergehens der Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen und letztlich mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10. August 1995 wegen des Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon zehn Monate unbedingt und 20 Monate bedingt. Es liege somit eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertige. Diese Suchtgiftstraftat müsse als sehr verwerflich angesehen werden, weshalb eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG sowie eine Gefährdung der Gesundheit im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. iVm Art. 8 Abs. 2 MRK vorliege. Ausgehend von einem relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei dieses zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) als dringend geboten anzusehen. Dies auch im Hinblick auf die am 10. August 1991 erfolgte Verehelichung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin und die Tatsache, daß er sich aus dieser Verbindung ein Kind wünsche. Im Rahmen der nach § 20 Abs. 1 FrG gebotenen Interessenabwägung seien die zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände ohnedies berücksichtigt worden und es sei von einer Integration im Bundesgebiet sowie vom Bestehen intensiver familiärer und sonstiger Bindungen auszugehen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei jedoch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig. In den drei gerichtlichen Verurteilungen manifestiere sich im Zusammenhalt mit den Verwaltungsübertretungen nach § 19 Abs. 7 iVm § 19 Abs. 4 StVO sowie nach § 14 lit. b FrG eine derart hohe Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Sicherheit, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation und die Familie des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken.
Daß mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 19 FrG bewirkt wird, wurde von der belangten Behörde berücksichtigt. Der Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei, entspricht - im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität - der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0485).
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung. Dazu bringt er vor, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, daß der Beschwerdeführer seit 13. März 1996 wieder bei seiner Gattin in derem gepachteten Cafe-Pub in Graz einer geregelten Beschäftigung nachgehe, die Gattin des Beschwerdeführers nicht in der Lage sei, den Betrieb des Kaffeehauses allein zu führen und sie somit auf die Arbeitskraft ihres Ehegatten angewiesen und überdies bereits im fünften Monat schwanger sei. Die Schwiegereltern des Beschwerdeführers hätten diesen wie ihren leiblichen Sohn aufgenommen. Die belangte Behörde habe in Wahrheit überhaupt keine Interessenabwägung vorgenommen und es sei ein Eingriff in das Familienleben nur dann als gerechtfertigt anzusehen, wenn "schwere Straftaten" vorliegen.
Die belangte Behörde wertete die auf die Integration des Beschwerdeführers zurückzuführenden negativen Auswirkungen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie als beträchtlich. Dieser zutreffenden Einschätzung stellte sie aber ebenso zutreffend das sehr große Gewicht der maßgeblichen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber. Wenn die belangte Behörde wegen der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als unverhältnismäßig schwerer wiegend ansah als das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle von Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 95/21/0485, uva). Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz verurteilt. Gemäß dieser Bestimmung ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren zu bestrafen, wer Erzeugung, Einfuhr, Ausfuhr oder Inverkehrsetzen mit Beziehung auf ein Suchtgift begeht, dessen Menge zumindest das 25-fache einer großen Suchtgiftmenge beträgt, die allein schon geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Angesichts dieses der genannten Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens des Beschwerdeführers vermag die nach § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung keinesfalls zu seinen Gunsten auszugehen. Gegen die Annahme, es handle sich um ein "einmaliges Versehen" spricht der Umstand, daß der Beschwerdeführer auch schon vorher wegen - wenn auch geringfügigeren - strafbaren Handlungen verurteilt wurde.
Da wie im hier vorliegenden Fall eines Suchtgifthandels mit einer Übermenge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig ist, gehen die die Integration des Beschwerdeführers in Österreich ansprechenden Beschwerdeausführungen ebenso ins Leere wie seine Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe weitere Feststellungen über seine Integration nicht getroffen.
2. Letztlich bringt der Beschwerdeführer vor, er sei bei zwangsweiser Abschiebung in sein Heimatland einer Verfolgung im Sinn des § 37 FrG ausgesetzt.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht auch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er abgeschoben werde. Den auf die Umstände in seinem Heimatland bezogenen Beschwerdeausführungen kommt daher im gegebenen Zusammenhang keine Relevanz zu.
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210449.X00Im RIS seit
20.11.2000