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L92005 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung SalzburgNorm
AsylG 2005 §13Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 21. Oktober 2021, Zl. LVwG-351020/3/Bm, betreffend Sozialhilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis; mitbeteiligte Partei: J B in E), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Oktober 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag des Mitbeteiligten auf Zuerkennung von Leistungen der Sozialhilfe gestützt insbesondere auf § 5 Abs. 1 Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz - Oö. SOHAG ab, wobei es die Revision gegen diese Entscheidung zuließ.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, der Mitbeteiligte, ein afghanischer Staatsangehöriger, sei „seit 2016 in Österreich gemeldet“; mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2019 habe das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz auf Dauer unzulässig sei und dem Mitbeteiligten gemäß § 55 Abs. 2 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt werde. Am 6. September 2021 habe die belangte Behörde dem Mitbeteiligten den bis 6. September 2022 befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ (gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) erteilt.
3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für die vorliegende Revisionssache von Interesse - im Wesentlichen aus, nach § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG seien Leistungen der Sozialhilfe (u.a.) nur dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren, die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Mit dieser Bestimmung, die darauf abstelle, dass der Fremde nicht nur bloß vorübergehend rechtmäßig niedergelassen sei, habe der oberösterreichische Landesgesetzgeber § 4 Abs. 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz umgesetzt.
4 Nach dem festgestellten Sachverhalt zähle der Mitbeteiligte nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 5 (Abs. 1) Oö SOHAG.
5 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass zur Frage, ob der vorliegende befristete Aufenthaltstitel nach dem NAG den Mitbeteiligten als dauerhaft niedergelassenen Fremden, der sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, iSd § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG qualifiziere, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
6 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. etwa VwGH 18.12.2019, Ro 2018/10/0002, mwN).
10 Die vorliegende ordentliche Revision wiederholt „zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung“ (Punkt II.3. der Revision) im Wesentlichen die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, sodass deren Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG allein nach der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes zu beurteilen ist.
11 4. Diese Zulassungsbegründung thematisiert die Auslegung des in Umsetzung des § 4 Abs. 1 erster Satz Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ergangenen § 5 Abs. 1 Oö. SOHAG.
12 Mittlerweile - nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses - hat sich der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 14. Jänner 2022, Ro 2021/10/0012, mit § 4 Abs. 1 erster Satz Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und dessen Umsetzung durch § 4 Abs. 2 Z 2 Salzburger Sozialunterstützungsgesetz (welcher inhaltlich der hier interessierenden Norm entspricht) befasst und darin (u.a.) ausgesprochen, dass sich das darin normierte Erfordernis der „Dauerhaftigkeit“ sowohl auf einen tatsächlichen wie auch auf einen rechtmäßigen mindestens fünfjährigen Aufenthalt des „dauerhaft niedergelassenen Fremden“ bezieht; weiters hat der Verwaltungsgerichtshof darin - unter Hinweis auf Vorjudikatur - zum Ausdruck gebracht, dass - entgegen der in den Gründen der vorliegenden Revision vertretenen Auffassung - bei der Berechnung des somit erforderlichen mindestens fünfjährigen dauerhaften rechtmäßigen Aufenthaltes im Inland Zeiten der bloß vorläufigen Aufenthaltsberechtigung infolge der Zulassung zum Asylverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Asylgesetz 2005 nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Rz 5, 14 des Erkenntnisses).
13 5. Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG - also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 23.10.2014, Ra 2014/07/0080, mwN).
14 Mit Blick darauf war die vorliegende Revision zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022100003.J00Im RIS seit
15.04.2022Zuletzt aktualisiert am
21.04.2022