Index
L92005 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung SalzburgNorm
AsylG 2005 §13Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des D T in W, vertreten durch DDr. Rainer Lukits, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 22. Juli 2021, Zl. 405-9/970/1/18-2021, betreffend Sozialunterstützung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 22. Juli 2021 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung von Sozialunterstützung für Jänner 2021 gemäß § 4 Salzburger Sozialunterstützungsgesetz (SUG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
2 Den zuletzt genannten Ausspruch begründete das Verwaltungsgericht damit, dass in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geklärt sei, welche Personengruppe unter den Begriff „dauerhaft niedergelassene Fremde“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 SUG fielen und ob Personen, die sich zwar seit mehr als fünf Jahren tatsächlich und rechtmäßig im Bundegebiet aufhielten, aber in diese „Fünf-Jahres-Frist“ Aufenthaltszeiten fielen, die bloß zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylG 2005 berechtigten und keinen qualifizierten Aufenthalt im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eine „Niederlassung“ darstellten (Verweis auf VwGH 20.9.2011, 2010/01/0002), als „dauerhaft niedergelassene Fremde“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 SUG anzusehen seien.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
4 Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.
5 Die Salzburger Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung.
6 Die Revision erweist sich als unzulässig:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 Die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2018/10/0066; 27.2.2019, Ra 2018/10/0175; 27.9.2018, Ra 2017/10/0069).
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 31.3.2021, Ro 2021/10/0002; 5.10.2020, Ro 2020/10/0003 bis 0004; 3.7.2020, Ro 2019/10/0034). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 5.10.2020, Ro 2020/10/0023; 3.9.2020, Ro 2020/10/0021; 3.7.2020, Ro 2019/10/0034).
11 Die vorliegende Revision wiederholt in ihrer Zulässigkeitsbegründung jene des Verwaltungsgerichtes und führt aus, es fehle „offensichtlich auch“ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Fremde mit einem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ mit dreijähriger Gültigkeit als „dauerhaft niedergelassene Fremde“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 SUG bzw. § 4 Abs. 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz zu qualifizieren seien.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der vom Verwaltungsgericht in seiner Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Rechtsfrage der Auslegung des § 4 Abs. 2 Z 2 SUG bereits im Erkenntnis vom 14. Jänner 2022, Ro 2021/10/0012, auseinandergesetzt. Es wird daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen. Demnach wurde mit der Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 SUG der § 4 Abs. 1 erster Satz Sozialhilfe-Grundsatzgesetz umgesetzt, wonach Leistungen der Sozialhilfe unbeschadet zwingender völkerrechtlicher oder unionsrechtlicher Verpflichtungen ausschließlich österreichischen Staatsbürgern und Asylberechtigten, im Übrigen „nur dauerhaft niedergelassenen Fremden zu gewähren“ sind, „die sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft tatsächlich und rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten“. Schon der Wortlaut dieser im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen legt nahe, dass sich das darin verwendete Adverb „dauerhaft“ sowohl auf einen tatsächlichen wie auch auf einen rechtmäßigen mindestens fünfjährigen Aufenthalt des „dauerhaft niedergelassenen Fremden“ bezieht. Für dieses Verständnis der Normen spricht auch der Umstand, dass diese von vornherein auf „dauerhaft niedergelassene Fremde“ (vgl. etwa § 4 Abs. 2 Z 2 erster Satzteil SUG) abstellen; angesichts der zweimaligen Verwendung des Wortes „dauerhaft“ kann weder dem Grundsatz- noch dem Landesgesetzgeber unterstellt werden, dass etwa ein Asylwerber mit einem mehr als fünfjährigen Asylverfahren ab der Erteilung eines Aufenthaltstitels anspruchsberechtigt sein solle. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die bloße Zulassung zum Asylverfahren gemäß § 13 AsylG 2005 lediglich zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
13 Entgegen der - offenbar dem oben wiedergegebenen weiteren Zulässigkeitsvorbringen zugrundeliegenden - Ansicht des Revisionswerbers kann daher keine Rede davon sein, dass „Fremde mit einem Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit dreijähriger Gültigkeit“ bereits alleine deshalb als zum bezugsberechtigten Personenkreis gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 SUG zählend anzusehen wären. Dass der Revisionswerber - dem nach dem Revisionsvorbringen erstmals mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Jänner 2017 eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 AsylG 2005 erteilt wurde - bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 Z 2 SUG erfüllt hätte, wird daher nicht aufgezeigt.
14 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2022
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021100015.J00Im RIS seit
15.04.2022Zuletzt aktualisiert am
21.04.2022