TE Vwgh Beschluss 2022/3/23 Ra 2020/02/0286

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Veröffentlicht am 23.03.2022
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Index

L70308 Buchmacher Totalisateur Wetten Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
34 Monopole

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §50 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5
MRKZP 07te Art4 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
WettenG Vlbg 2003 §10 Abs1
WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litk

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des W in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 4. März 2019, LVwG-1-174/2018-R7, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 9. Februar 2018 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe am 2. Februar 2017 im Zeitraum von 14:45 Uhr bis 15:08 Uhr den Organen der Behörde nicht jederzeit Zutritt zu allen Räumlichkeiten, in denen die Tätigkeit eines Wettunternehmers ausgeübt wird, insbesondere in denen Wettterminals aufgestellt sind, gewährt, indem er die Eingangstüre geschlossen gehalten habe, obwohl sich die Kontrollorgane eindeutig als Organe der Behörde zu erkennen gegeben hätten. Der Revisionswerber habe dadurch gegen § 15 Abs. 1 lit. k in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz verstoßen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 26 Stunden) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) die gegen das Straferkenntnis vom 9. Februar 2018 erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer hier nicht relevanten Maßgabe als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

3        Mit Erkenntnis vom 8. April 2019 erachtete das Verwaltungsgericht den Revisionswerber zudem schuldig, er habe am 2. Februar 2017 im Zeitraum von 15:08 Uhr bis 15:12 Uhr den Organen der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 Glücksspielgesetz (GSpG) den Zutritt über die Eingangstüre zu den Räumlichkeiten der Betriebsstätte nicht ermöglicht und damit gegen § 52 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 50 Abs. 2 GSpG verstoßen.

4        Gegen diese beiden Erkenntnisse erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1490-1491/2019-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

5        Daraufhin erstattete der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision. Die Revision wurde, soweit sie sich gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 8. April 2019 (betreffend Übertretung des GSpG) richtet, zu hg. Ra 2019/17/0093 protokolliert.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Zur Zulässigkeit der Revision wird ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot im Sinne des Art. 4 Abs. 1 7. ZPMRK geltend gemacht, weil das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber zwei verschiedene Verwaltungsübertretungen (mit Erkenntnis vom 4. März 2019 nach dem Vorarlberger Wettengesetz und mit Erkenntnis vom 8. April 2019 nach dem Glückspielgesetz) angelastet habe, obwohl nur eine einheitliche Tathandlung, nämlich die Verweigerung der Zutrittsgewährung gegenüber den (jeweiligen) Kontrollorganen vorliege.

10       Gemäß Art. 4 des 7. ZPEMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

11       Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK verbietet die Wiederholung eines Strafverfahrens, welches mit einer endgültigen Entscheidung beendet worden ist. Eine Entscheidung - Freispruch oder Verurteilung - ist dann als endgültig („final“) anzusehen, wenn sie die Wirkung einer res iudicata erlangt hat. Das ist der Fall, wenn sie unwiderruflich ist, d.h. wenn keine ordentlichen Rechtsmittel mehr vorhanden sind, alle Rechtsmittel ergriffen wurden oder Rechtsmittelfristen ergebnislos verstrichen sind (vgl. VwGH 4.4.2017, Ra 2017/02/0017, mwN).

12       Im vorliegend zu beurteilenden Fall wurde das Verwaltungsstrafverfahren betreffend die Übertretung des Glücksspielgesetzes erst mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 8. April 2019 abgeschlossen. Das angefochtene Erkenntnis vom 4. März 2019 betreffend die Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes, welches spätestens mit seiner Zustellung an den Revisionswerber am 13. März 2019 erlassen wurde, verstößt daher bereits deshalb nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung im Sinne des Art. 4 7. ZPMRK, weil zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 50 Abs. 2 GSpG noch nicht rechtskräftig gewesen ist.

13       Auf die Frage, ob der verfahrensgegenständlichen Bestrafung gemäß § 15 Abs. 1 lit. k in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz dieselbe Tathandlung zugrunde liegt wie der Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz, kommt es im gegenständlichen Revisionsverfahren daher nicht an.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020286.L00

Im RIS seit

15.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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