TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/19 95/21/0961

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Veröffentlicht am 19.06.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des I in K, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. Mai 1994, Zl. Fr 617/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG ein bis zum 31. März 1999 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 2. September 1991 gemäß § 136 Abs. 1 StGB (unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf drei Jahre, rechtskräftig verurteilt worden sei. Am 11. November 1993 sei er gemäß § 88 Abs. 1 und 3 sowie § 89 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt worden. Die beiden Verurteilungen beruhten auf der gleichen schädlichen Neigung und zwar auf dem gleichen Charaktermangel im Sinne des § 71 StGB, weil beide Handlungen unter dem Einfluß von Alkohol gesetzt worden seien.

Der Beschwerdeführer sei am 24. September 1993 wegen Verwirklichung des Tatbestandes des § 5 Abs. 1 StVO rechtskräftig bestraft worden. Am 27. Juli 1991 sei er ebenfalls wegen dieses Tatbestandes rechtskräftig bestraft worden; des weiteren sei er wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG und des § 4 Abs. 5 StVO rechtskräftig bestraft worden. Der Beschwerdeführer sei sohin mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft worden. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei dadurch verwirklicht.

Der Beschwerdeführer halte sich seit 27. Juni 1990 in Österreich auf. Sein am 3. Juli 1990 gestellter Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei seit 1991 als Hilfsarbeiter beschäftigt. Seine Frau und zwei Kinder lebten ebenfalls in Österreich (laut Feststellung im Bescheid der Behörde erster Instanz seit November 1991). Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar. Diese Maßnahme sei jedoch aufgrund der offenkundigen Neigung des Beschwerdeführers, die österreichischen Rechtsvorschriften zu negieren, zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Im Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit zeige sich eine besonders sozialschädliche Neigung. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten.

Der Beschwerdeführer könne seiner Unterhaltspflicht auch vom Ausland aus nachkommen. Die Abwägung der für und gegen ein Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen und privaten Interessen zeige, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zulässig sei.

Die gegen diesen Bescheid zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1995, B 1478/94). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dieses Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpfichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, zweimal wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO und je einmal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG bzw. § 4 Abs. 5 StVO rechtskräftig bestraft worden zu sein. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0082) und des § 64 Abs. 1 KFG (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 96/21/0447, AW 96/21/0322) als schwerwiegende anzusehen und erfüllen den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrG. Bereits aufgrund dieser bestimmten Tatsache ist mit Rücksicht auf die besonderen, von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit auch die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme grundsätzlich gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer hat auch kein konkretes Vorbringen erstattet, daß in seinem Fall die in der Begehung von Alkoholdelikten nach ständiger Rechtsprechung besonders schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht zum Tragen kommen sollte.

Im Hinblick auf die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehenden großen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie insbesondere zum Schutz der Gesundheit anderer begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot trotz des damit verbundenen Eingriffes in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier zum Schutz der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen) dringend geboten erachtete.

Der Beschwerdeführer hält das Ergebnis der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig, ohne jedoch einen der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unterlaufenen Rechtsirrtum dartun zu können. Die belangte Behörde hat bei der Interessenabwägung auf die auch in der Beschwerde in den Vordergrund gestellten Umstände (Aufenthalt seit Juni 1990, Ausübung einer Beschäftigung, familiäre Integration im Bundesgebiet) Bedacht genommen. Wenn sie hiebei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, kann dies im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn die belangte Behörde aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers den Schluß auf seine besondere sozialschädliche Neigung gezogen hat, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, hat doch der Beschwerdeführer bereits nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Österreich und vor Abschluß seines Asylverfahrens schwerwiegende Verwaltungsübertretungen begangen. Trotz der erfolgten Bestrafungen lenkte er neuerlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug. In diesem Zustand verursachte er neuerlich nicht nur einen Verkehrsunfall mit Sachschaden sondern auch mit Verletzung und Gefährdung von Personen. Wenn die belangte Behörde die hier maßgebenden, nach ständiger Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, ZL. 96/21/0153) hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen für gewichtiger erachtete als die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie stelle eine "absurde" These auf, weil sie davon ausgehe, der Beschwerdeführer könne in Rumänien ein Einkommen erwirtschaften, um seine in Österreich verbleibende Familie zu alimentieren, ist er auf den Wortlaut des angefochtenen Bescheides zu verweisen. Demnach ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht auch vom Ausland aus nachkommen kann. Von welchem Land aus der Beschwerdeführer das zu bewerkstelligen gedenkt, hat die Behörde zu Recht nicht ausgesprochen, weil mit Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht ausgesprochen wird, in welches Land der Beschwerdeführer ausreisen muß oder allenfalls abgeschoben wird. Im übrigen ist dazu anzumerken, daß bei der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG lediglich das in Österreich geführte Privatleben von Bedeutung ist und nicht die Umstände, die den Beschwerdeführer in irgendeinem anderen Land betreffen könnten. Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe keine Beweise über die wirtschaftliche Unmöglichkeit der Alimentierung aus dem Ausland aus vorgenommen, geht daher ins Leere.

Ob auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht ist, kann in Anbetracht der obenstehenden Ausführungen dahingestellt bleiben.

Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210961.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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