TE OGH 2022/3/31 14Os5/22z

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Veröffentlicht am 31.03.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat am 31. März 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * C* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 1 und 2, Abs 4 erster Fall FPG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * A* gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 2. September 2021, GZ 34 Hv 60/21t-66, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Dem Angeklagten * A* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Relevanz – * A* des Verbrechens der Schlepperei nach „§ 15 StGB“, § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Fall FPG (A/c) schuldig erkannt.

[2]            Nachdem der Angeklagte unmittelbar nach der Urteilsverkündung noch keine Erklärung abgegeben hatte (ON 65 S 95), meldete sein Verteidiger innerhalb der dreitägigen Frist der §§ 284 Abs 1 erster Satz, 294 Abs 1 StPO schriftlich „die Erhebung eines Rechtsmittels“ an (ON 71).

[3]            Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 2. November 2021 (ON 83) führte dieser für A* mit am 26. November 2021 eingebrachtem Schriftsatz eine auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a, 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde und eine Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe aus (ON 85).

Rechtliche Beurteilung

[4]            Wenngleich es bei der Anmeldung eines Rechtsmittels weder auf den Wortlaut noch auf die Einhaltung einer bestimmten Form ankommt (RIS-Justiz RS0099951, RS0101785; siehe aber § 84 Abs 2 StPO), muss deutlich und bestimmt erklärt werden, ein (bezeichnetes) Urteil wegen des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen anzufechten und/oder hinsichtlich dieses Urteils Berufung zu erheben (vgl zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde RIS-Justiz RS0100007 [insbes T2], RS0100000; Ratz, WK-StPO § 284 Rz 7; zur Berufung RIS-Justiz RS0099993; 13 Os 2/08f, 15 Os 168/18x, 15 Os 125/20a, 14 Os 153/21p; Ratz, WK-StPO § 294 Rz 2). Diesem Erfordernis wird die allgemeine Erklärung, „Rechtsmittel“ anzumelden, nicht gerecht.

[5]       Da der Angeklagte erstmals in der Rechtsmittelausführung, somit nach Ablauf der Fristen des § 284 Abs 1 erster Satz StPO und des § 294 Abs 1 StPO, erklärt hat, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu erheben, waren Erstere gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 1 StPO (vgl RIS-Justiz RS0100010) und Letztere gemäß § 296 Abs 2 iVm § 294 Abs 4 StPO (vgl RIS-Justiz RS0100243) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[6]            Bleibt mit Blick auf § 290 StPO (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 290 Rz 7, 14, 18) anzumerken, dass hinsichtlich C* die zu den Punkten A/a, A/b und A/c des Schuldspruchs erfolgte, undifferenzierte rechtliche Beurteilung der Taten als „die Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 1 und 2, Abs 4 erster Fall, § 15 StGB“ insoweit verfehlt ist, als auf Basis der Urteilskonstatierungen erst durch die dritte Tat die Qualifikation des § 114 Abs 3 Z 1 FPG begründet wird (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB). Dieser Subsumtionsfehler (Z 10) zu A/a und A/b gereicht C* jedoch weder per se, noch unter dem Blickwinkel der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO zum Nachteil (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23), weil der aufgrund der Verwirklichung (zumindest) einer Qualifikation des § 114 FPG zusätzlich zum die Strafdrohung bestimmenden § 114 Abs 4 erster Fall FPG (US 25) angenommene Erschwerungsgrund nach § 33 Abs 1 Z 1 StGB hier bereits durch das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen erfüllt ist (vgl RIS-Justiz RS0116020; Ebner in WK² StGB § 33 Rz 2) und im Übrigen auch die Qualifikation nach § 114 Abs 3 Z 2 FPG vorliegt.

[7]            Lediglich zur Klarstellung sei weiters bemerkt, dass Schlepperei ein schlichtes Tätigkeitsdelikt darstellt (RIS-Justiz RS0127813), das mit Ausführung der gesetzlich umschriebenen Tathandlung, hier also dem Fördern der rechtswidrigen Durchreise, vollendet ist (Hinterhofer, SbgK § 15 Rz 63). Ob letztere gelingt, ist demnach für die Frage der Tatvollendung ohne Bedeutung, weshalb das Erstgericht beim Strafausspruch zum Vorteil der Angeklagten C* und A* den Umstand der vorzeitigen Beendigung der Schleppung durch das Einschreiten der Kriminalpolizei (US 11 f iVm US 3) offenbar unrichtig als entscheidend zur Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB herangezogen hat (US 25).

[8]            Schließlich ist festzuhalten, dass auch die schriftliche Erklärung „der Erhebung eines Rechtsmittels“ (ON 72) durch den Angeklagten T* den dargestellten Bestimmtheitserfordernissen nicht genügt. Eine Rechtsmittelausführung wurde nicht eingebracht, womit weder eine Nichtigkeitsbeschwerde noch eine Berufung dieses Angeklagten, die Gegenstand einer Zurückweisung sein könnten (vgl aber ON 87), vorliegt.

[9]            Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E134431

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00005.22Z.0331.000

Im RIS seit

14.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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