Entscheidungsdatum
28.03.2022Index
50/01 GewerbeordnungNorm
AVG §58Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.01.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994),
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Die belangte Behörde hat der Gemeinde X mit E-Mail vom 09.08.2021 mitgeteilt, dass ihr die Abhaltung eines Zeltlagers östlich vom W See auf dem Privatgrundstück von BB, Adresse 2, zur Kenntnis gebracht worden sei. Die Gemeinde X wurde um Mitteilung ersucht, ob eine Verordnung nach § 3 Abs 6 Tiroler Campinggesetz vorliegt, zudem wurde um Prüfung ersucht, ob § 3 Abs 2 Tiroler Campinggesetz anzuwenden sei.
Ebenfalls mit E-Mail vom 09.08.2021 hat die belangte Behörde den nunmehrigen Beschwerdeführer darüber informiert, dass unter seinem Namen keine Gewerbeberechtigung bestehe und den Beschwerdeführer zur umgehenden Gewerbeanmeldung „Beaufsichtigung von Kindern ohne Verfolgung erzieherischer Zwecke“ aufgefordert.
Der Beschwerdeführer hat sich mit E-Mail vom 12.08.2021 zum E-Mail der belangten Behörde vom 09.08.2021 geäußert und im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass das Ferienlager nicht mit Ertragsabsicht veranstaltet werde und seine Tätigkeit sohin nicht der Gewerbeordnung unterliege. Die Lagerbeiträge seien absichtlich niedrig gehalten und seien nicht einmal kostendeckend, sodass ihm seit Jahren Verluste entstehen würden, die er mit seinem privaten Einkommen und Vermögen abdecke. Der Grund hierfür sei, zu ermöglichen, dass auch Kinder aus einkommensschwachen Haushalten am Camp teilnehmen können. In Härtefällen würden überhaupt keine Beiträge eingenommen werden.
Die belangte Behörde hat in weiterer Folge gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer die Strafverfügung vom 17.08.2021, Zl ***, erlassen und dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe vom 07.08.2021 bis 12.08.2021 auf dem Standort *** X, Grundstück **1 (Grundstück des BB) ein Zeltlager mit Kindern und Jugendlichen, sowie mehreren Betreuern abgehalten und dadurch das Gewerbe „Beaufsichtigung von Kindern ohne Verfolgung erzieherischer Zwecke“ selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl er dafür keine Gewerbeberechtigung besitze. Die Übertretung sei durch mehrere Vor-Ort-Kontrollen der PI V und die Gemeinde X belegt.
Mit Mahnschreiben vom 18.09.2021, Zl ***, wurde der Beschwerdeführer an seine Zahlungspflicht erinnert.
Mit Schreiben datierend vom 29.09.2021, erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 17.08.2021, Zl ***.
Die Strafverfügung vom 17.08.2021 weist in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich auf die zweiwöchige Einspruchsfrist hin. Wann genau die Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte, ergibt sich nicht einwandfrei aus dem Behördenakt – einmal scheint der 20.08.2021 als Übernahmedatum auf, jedoch ist auch ein Rückscheinkuvert mit dem Vermerk „verzogen“ im Akt erliegend. Der Beschwerdeführer selbst gibt an, dass die erstmalige Zustellung der Strafverfügung erst am 28.09.2021 erfolgt sei. Die belangte Behörde hat jedenfalls keine Zurückweisung wegen Verspätung vorgenommen, sondern ein Straferkenntnis erlassen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 31.01.2022, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer derselbe – obenstehend bereits wiedergegebene – Tatvorwurf zur Last gelegt, wie bereits in der Strafverfügung. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begangen und wurde über ihn gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 250,00 verhängt. Für den Fall deren Uneinbringlichkeit wurde die Ersatzfreiheitsstrafe mit 23 Stunden festgelegt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von Euro 25,00 vorgeschrieben. Der im Straferkenntnis vom 31.01.2022, Zl ***, festgelegte zu zahlende Gesamtbetrag beläuft sich sohin auf Euro 275,00.
Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 03.02.2022 zugestellt.
In der dagegen mit Schriftsatz vom 25.02.2022, bei der belangten Behörde eingereicht am 28.02.2022, fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er seit mehr als 50 Jahren während der Sommerferien Zeltlager für Kinder veranstalte. Die Zeltlager seien nie auf Gewinn ausgerichtet gewesen. Finanzielle Überschüsse habe es in den letzten Jahren nicht gegeben, vielmehr finanziere der Beschwerdeführer Deckungslücken üblicherweise aus seinem privaten Einkommen und Vermögen. Die zu entrichtenden Lagerbeiträge seien bewusst nicht einmal kostendeckend gehalten, zudem dürften Kinder aus einkommensschwachen Haushalten gratis teilnehmen. Es sei sohin leicht ersichtlich, dass nicht einmal ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil gegeben sei.
Zum gegenständlichen Zeltlager führte der Beschwerdeführer aus, dass auch dieses nicht auf Gewinnerzielung ausgelegt gewesen sei und auch tatsächlich nicht gewinnbringend gewesen sei.
Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, er habe das Zeltlager als Privatperson geführt, zudem sei auch die Umsetzung vor Ort durch freiwillige und ehrenamtliche Betreuer erfolgt.
Die Kosten dieser Veranstaltung hätten zu 25,9 % nicht gedeckt werden können und hätten aus dem Einkommen und Vermögen des Beschwerdeführers beglichen werden müssen.
Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, die Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben, macht in seinem Rechtsmittel die Verletzung subjektiver Rechte, mangelhafte Sachverhaltsfeststellung, mangelhafte Beweiswürdigung und die fehlende Begründung geltend.
Im Konkreten begründet der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen damit, dass seitens der belangten Behörde keine Feststellungen über das Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit, insbesondere der „Ertragsabsicht“ oder der vereinnahmten Lagerbeiträge/-preise getroffen worden seien, es sei auch nicht erhoben worden, worin ein wenigstens mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil liegen solle. In weiterer Folge argumentierte der Beschwerdeführer wiederum mit der nicht vorhandenen Kostendeckung der Lagerbeiträge und den Ausgleich von Verlusten durch sein eigenes Vermögen und Einkommen. Im Hinblick auf die mangelhafte Beweiswürdigung brachte der Beschwerdeführer unter Anführung höchstgerichtlicher Judikatur vor, die Behörde habe unberücksichtigt gelassen, dass es, um der GewO 1994 zu unterliegen, einer Ertragsabsicht bedürfe. Zudem sei auch die Entgeltlichkeit alleine noch nicht mit einer Ertragsabsicht verbunden. Insbesondere liege eine solche dann nicht vor, wenn durch das Entgelt nur die Unkosten einer Tätigkeit ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Von einer Gewinnabsicht könne dann nicht die Rede sein, wenn das Entgelt für eine erbrachte Leistung nur im Ersatz der erwachsenen Betriebskosten bestehe. Bei einem Marktpreisvergleich zeige sich, dass die vom Beschwerdeführer geforderten Lagerbeiträge weit unter den Preisen anderer Veranstalter liegen würden und schon alleine deshalb nicht auf eine Ertragsabsicht geschlossen werden könne. Die Ferienlagertätigkeit könne ausschließlich aufgrund von privaten Zuwendungen aufrechterhalten werden. Wenn eine Tätigkeit eine sich wirtschaftlich nicht selbst tragende Einheit bilde, so sei eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich. Abschließend verweist der Beschwerdeführer auf die fehlende Begründung im angefochtenen Straferkenntnis.
Der Beschwerde beigelegt war zudem eine Liste in welcher die Einnahmen und die Aufwendungen der Jahre 2019 bis 2021 einander gegenübergestellt wurden.
Mit Schreiben vom 03.03.2022, Zl ***, beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingelangt am 08.03.2022, hat die belangte Behörde den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 31.01.2022,
Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 07.08.2021 bis 12.08.2021 in der Gemeinde X auf dem Grundstück **1 ein Zeltlager für Kinder und Jugendliche veranstaltet.
Für den Beschwerdeführer scheint im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) keine Gewerbeberechtigung auf.
Das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 31.01.2022, Zl ***, enthält zwar einen Spruch und eine Rechtsmittelbelehrung, jedoch keinerlei Begründung. Das angefochtene Straferkenntnis enthält weder eine Darlegung des Verfahrensganges, noch eine Sachverhaltsfeststellung, eine Beweiswürdigung oder Ausführungen zur Rechtslage.
Im Straferkenntnis findet sich unter der Überschrift Begründung lediglich der Passus „[TextHierEingeben]“.
III. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zur Zl ***. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer ein Ferienlager veranstaltet hat, stützt sich auf den Spruch des angefochtenen Erkenntnisses, dem Beschwerdevorbringen und auf den Umstand, dass die Abhaltung des Ferienlagers durch den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt bestritten wurde. Ausgehend von einer Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria konnte die Feststellung zum Nichtbestehen einer Gewerbeberechtigung getroffen werden. Zur Frage der Entgeltlichkeit finden sich im Akt der belangten Behörde keine Ermittlungsergebnisse, sodass diesbezüglich keine Feststellungen getroffen werden können. Der festgestellte Sachverhalt betreffend den Inhalt und die fehlenden Elemente des Straferkenntnisses ergibt sich aus dem angefochtenen Straferkenntnis selbst.
IV. Rechtslage:
Die maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994, idF BGBl I Nr 65/2020, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:
„Strafbestimmungen
§ 366
(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer
1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, und nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind;
[…]
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, lauten (samt Überschriften) wie folgt:
„Inhalt und Form der Bescheide
§ 58
(1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4.“
„§ 60
In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.“
Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991,
idF BGBl I Nr 58/2018, lautet samt Überschrift wie folgt:
„Allgemeine Bestimmungen
§ 24
Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, § 39 Abs. 3 bis 5, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.“
V. Erwägungen:
Bereits aus dem Wortlaut des § 58 Abs 2 AVG ergibt sich, dass Bescheide zu begründen sind, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Eine Begründungspflicht ist daher erst recht anzunehmen, wenn – wie im gegenständlichen Fall – ein belastendes Straferkenntnis ergeht (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 30 zu § 58 [Stand 1.7.2005, rdb.at] mwN)
Zweck der Bescheidbegründung ist die Ermöglichung, den Bescheid inhaltlich auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen (vgl Gutschi, Praxishandbuch AVG I Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Pkt. 5.5.2.2.6.; 2022).
In Ergänzung zu § 58 Abs 2 AVG ordnet § 60 AVG an welchen Inhalt die Begründung eines Bescheides zu enthalten hat. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, also der Sachverhalt, den die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen, also warum die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass gerade dieser bestimme Sachverhalt vorliegt, und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, also die Subsumierung des festgestellten Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene gesetzliche Norm, klar und übersichtlich zusammenzufassen (vgl Gutschi, Praxishandbuch AVG I Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Pkt. 5.5.2.2.6.; 2022, mwN; vgl VwGH 10.04.2013, 2011/08/0195; VwGH 02.09.2019, Ra 2019/03/0093; VwGH 24.02.2021, Ra 2020/03/0126).
Der Begrünung eines Bescheides kommt im Allgemeinen keine normative Wirkung zu. Daraus resultiert, dass nicht jeder Begründungsmangel per se einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellen muss, welcher in der Aufhebung des jeweiligen Bescheides resultiert.
Ein Begründungsmangel im Sinne eines wesentlichen Verfahrensfehlers, der zur Aufhebung eines Straferkenntnisses oder eines Bescheides führt, liegt dann vor, wenn die Behörde bei rechtmäßigem Vorgehen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl VwGH 19.03.1991, 87/05/0196; VwGH 26.04.1991, 91/19/0057; VwGH 14.09.2004, 2001/10/0089; vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 35 zu § 60 [Stand 1.7.2005, rdb.at]). Ein solch wesentlicher Verfahrensmangel ist etwa dann anzunehmen, wenn der Begründungsmangel entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte hindert oder wenn eine Überprüfung des Bescheides im Hinblick auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit verunmöglicht wird (vgl VwGH 22.06.2004, 2003/06/0201; VwGH 23.02.2017, Ra 2014/07/0012;
VwGH 01.10.2018, Ra 2016/04/0141; VwGH 29.11.2018, Ra 2016/06/0113; VwGH 21.02.2019, Ra 2018/09/0031; VwGH 26.05.2021, Ra 2019/004/0071). Die Rechtskontrollfunktion wird etwa dann konterkariert, wenn seitens der Behörde nicht aufgezeigt wird, von welchen Sachverhaltsannahmen sie ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Konkreten stützen (vgl VwGH 11.05.1990, 90/18/0018; VwGH 22.03.1993, 92/10/0376; VwGH 15.09.1997, 96/10/0123; VwGH 02.04.1998, 96/10/0093).
In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass mit dem Fehlen der gebotenen Tatsachenfeststellungen zwangsläufig auch das Fehlen einer nachvollziehbaren Würdigung der aufgenommenen Beweise und einer entsprechenden Darstellung der rechtlichen Erwägungen einhergeht. Bei Bestehen derartiger gravierender Mängel, unterschreitet die Begründung die Qualitätserfordernisse einer rechtsstaatlichen Entscheidung und beeinträchtigt die nachprüfende (höchst-)gerichtliche Kontrolle, sodass eine Aufhebung der jeweiligen Erledigung unumgänglich ist (vgl VwGH 23.07.2021, Ra 2018/22/0111).
Für den hier gegenständlichen Fall, nämlich das gänzliche Unterlassen jeglicher Begründung, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung explizit ausgeführt, dass die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels dann zu bejahen ist, wenn eine Begründung gänzlich fehlt (vgl VwGH 11.05.1990, 90/18/0018; VwGH 16.05.2013, 2012/06/0079; Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 37 zu § 60 [Stand 1.7.2005, rdb.at]).
Im vorliegenden Straferkenntnis legt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last, dass er das von ihm am 07.08.2021 bis 12.08.2021 auf dem im Straferkenntnis im Spruch näher bezeichneten Standort veranstaltete Zeltlager „selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt“ habe, „einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen“, obwohl der Beschwerdeführer dafür keine Gewerbeberechtigung besitze. Die von der Behörde den Tatvorwurf wesentlich bildende Gewerbsmäßigkeit wird ohne jegliche Begründung angenommen. Es werden diesbezüglich keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen, auch die Beweiswürdigung oder rechtliche Erwägungen fehlen zur Gänze. In keinster Weise erfolgt eine Auseinandersetzung mit der inneren Tatseite und dem Verschulden des Beschwerdeführers. Dadurch wird es dem Landesverwaltungsgericht Tirol gänzlich verunmöglicht, die wesentlichen Tatbestandselemente und somit auch den Spruch auf dessen Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
In Entsprechung zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, hat der Beschwerdeführer die Relevanz der Verfahrensverstöße dargetan, indem er umfassendes Vorbringen – insbesondere im Hinblick auf die Ertragsabsicht bzw die Gewerbsmäßigkeit – erstattete und ausführte, dass die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass er keine Verwaltungsübertretung begangen habe (vgl VwGH 27.09.1989, 89/92/001; VwGH 26.04.1991, 91/19/0057).
Darüber hinaus bedingt der hier vorliegende Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Begründung von Bescheiden, ein willkürliches Handeln der Behörde und bedeutet damit in weiterer Folge eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 40 zu § 60 [Stand 1.7.2005, rdb.at]). Dazu ist auszuführen, dass der Behörde etwa dann Willkür vorzuwerfen ist, wenn sie einen besonders wichtigen Teil ihrer Entscheidung begründungslos trifft (vgl VfSlg 14.661/1996; 16.333/2001; vgl VfGH 27.11.2000, B1019/98; VfGH 12.06.2012, B607/11) oder wenn der Bescheid zwar unter Darstellung des gesamten Sachverhaltes, aber ohne jede rechtliche Begründung ergeht (vgl VfSlg 10.997/1986). Ausgehend von einem Größenschluss ist Willkür folglich erst recht anzunehmen, wenn eine Entscheidung wie im gegenständlichen Fall überhaupt nicht begründet wird. Auch der Verfassungsgerichtshof judiziert in seiner ständigen Rechtsprechung, dass das Unterlassen jeglicher Begründung Willkür bewirkt (VfSlg 12.477/1990, 15.409/1999, 15.696/1999;
vgl VfGH 24.02.2004, B 1037/03)
Abschließend ist festzuhalten, dass aufgrund eklatanter Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses in Folge schwerwiegender Verletzungen von Verfahrensvorschriften und der damit einhergehenden Aufhebung des Straferkenntnisses, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers unterbleiben konnte. Das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 31.01.2022, Zl ***, war daher zu beheben.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte die Verhandlung entfallen, da im gegenständlichen Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit der Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Piccolroaz
(Richter)
Schlagworte
BegründungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.40.0605.1Zuletzt aktualisiert am
13.04.2022