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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Friedrich Poppmeier, Rechtsanwalt in 9470 St. Paul, Hauptstraße 4, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Oktober 2021, Zl. W136 2244033-2/14E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in einem Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdisziplinarbehörde), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1962 geborene Revisionswerber steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. September 2021 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe näher bezeichnete Dienstpflichtverletzungen begangen, weshalb über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 verhängt wurde. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2021/09/0234, Folge und behob jenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes.
2 Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 wies das Bundesverwaltungsgericht den vom Revisionswerber im zuvor genannten Disziplinarverfahren erhobenen, am 26. August 2021 eingelangten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ab.
3 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 73 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 8a Abs. 2 VwGVG zunächst aus, es habe keine Verpflichtung gegeben, die bereits anberaumte mündliche Verhandlung aufgrund des kurz vor der Verhandlung erhobenen Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in Form der Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung in derselben zu vertagen oder abzuberaumen. Zudem sei die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Revisionsfall nicht gemäß Art. 6 EMRK oder Art. 47 GRC geboten gewesen: Auch wenn die Sache für den Revisionswerber von großer Bedeutung sei, stellten sich in der mündlichen Verhandlung und allgemein im Verfahren nur einfache Rechtsfragen und keine Sachverhaltsfragen. Komplexe Rechtsfragen des Verfahrensrechts oder des materiellen Rechts seien nicht hervorgekommen.
4 Die gegen diesen Beschluss erhobene, vorliegende außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Dementsprechend erfolgt nach ständiger Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben. Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007; 25.4.2019, Ra 2019/09/0048).
8 In den gesondert vorzubringenden Gründen ist sohin konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008, mwN).
9 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zunächst mit einem Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Dafür zitiert er zwar eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes der Zahl nach und gibt einen Absatz daraus wieder, er führt jedoch nicht im Sinne der soeben zitierten Rechtsprechung aus, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes reicht jedoch nicht aus (vgl. VwGH 9.9.2021, Ra 2021/09/0184, mwN).
10 Nach der ständigen und bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, vielmehr konkret anführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat er konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (vgl. VwGH 19.7.2021, Ra 2021/09/0164, mwN). Diesen Anforderungen an die Darlegung der Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird der Revisionswerber mit seinem Vorbringen nicht gerecht.
11 Zudem mangelt es dem Vorbringen des Revisionswerbers an der Relevanz: Der Revisionswerber führt in seinem Vorbringen zwar aus, mithilfe eines Rechtsanwaltes hätten „gravierende Verfahrensmängel“ aufgezeigt werden können, um welche Verfahrensmängel es sich dabei handeln soll, gibt er nicht an. Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/09/0157, mwN). In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/09/0030, mwN).
12 Die Frage, ob es im konkreten Fall im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, erforderlich und im Sinne des Art. 6 EMRK geboten ist, Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zu gewähren, stellt im Übrigen eine Rechtsfrage des Einzelfalls dar, deren Beurteilung nur dann revisibel ist, wenn diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt ist (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0227). Eine solche gravierende Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung nicht auf.
13 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090250.L00Im RIS seit
13.04.2022Zuletzt aktualisiert am
17.05.2022