TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/20 96/19/0041

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der S in D, vertreten durch Mag. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. November 1995, Zl. 303.902/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 10. November 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen einen im Namen des Landeshauptmannes von Vorarlberg erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 16. August 1995, mit dem einem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht stattgegeben worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführerin über keine eigenen Mittel zum Lebensunterhalt verfüge. Einer Erwerbstätigkeit ginge sie nicht nach. Ihr Unterhalt solle allein durch Zuwendung anderer bestritten werden. Eine solche Finanzierung ihres Aufenthaltes durch Dritte sei aber nicht geeignet, die dauernde Sicherung ihres Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Weiters sei über Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn die Unterkunft der Beschwerdeführerin von der städtischen Sicherheitswache Dornbirn überprüft worden. Diese Überprüfung habe ergeben, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft aufgrund der Überbelegung (9 Personen) nicht gegeben sei.

Im Zusammenhang mit der Abwägung der Interessen im Sinne des Art. 8 MRK sei festzustellen, daß den öffentlichen Interessen (an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung) gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen sei, da die Beschwerdeführerin über keine eigenen Unterhaltsmittel verfüge und sie daher ausschließlich auf Zuwendungen anderer angewiesen sei. Weiters sei davon auszugehen, daß nach der Durchschnittsbetrachtung für das Bundesland Vorarlberg die von der Beschwerdeführerin im Verfahren angegebene Unterkunft nicht der Ortsüblichkeit entspreche. Der Antrag des Kindes der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei von der belangten Behörde (im Instanzenzug) abgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin wendet unter dem Blickwinkel der Verletzung von Verfahrensvorschriften ein, die belangte Behörde sei in keiner Weise auf ihr Berufungsvorbringen eingegangen. Dort sei aufgezeigt worden, daß die Unterkunfts- und Unterhaltsverhältnisse geregelt und in Ordnung seien. Soweit sich diese Beschwerdeausführungen auf die von der belangten Behörde angenommenen Unterkunftsverhältnisse bezieht, sind sie nicht geeignet, der belangten Behörde wirksam entgegenzutreten.

Die Erstbehörde hat ihre Entscheidung u.a. auf ihre Feststellung gegründet, daß es sich bei der Unterkunft der Beschwerdeführerin um Räumlichkeiten in einem verwahrlosten, sehr desolaten Zustand mit einer Gesamtgröße von 30 m2, bestehend aus Küche und Schlafzimmer, handelt. Die Räumlichkeiten stünden leer und würden von der Antragstellerin nicht bewohnt. Es habe festgestellt werden können, daß die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern in einer Nachbarwohnung dieser Räumlichkeiten wohnhaft sei. Diese Räumlichkeiten würden von insgesamt 9 Personen bewohnt, wobei aufgrund der Belegung festgestellt worden sei, daß diese Unterkunft überbelegt sei. Eine genauere Überprüfung dieser Unterkunft sei von den Bewohnern abgelehnt worden.

Diesen Feststellungen der Erstbehörde ist die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 31. August 1995 lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, es liege eine ortsübliche Unterkunft vor, ohne die Umstände anzuführen, die - entgegen der Annahme der Erstbehörde - für diese Behauptung sprechen würden. Entgegen der Beschwerdebehauptung hat die Beschwerdeführerin demnach in ihrer Berufung nicht aufgezeigt, daß ihre Unterkunftsverhältnisse "geregelt und in Ordnung seien". Da sie diesbezüglich der ihr im Verwaltungsverfahren auferlegten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, verstößt das diesbezügliche Beschwerdevorbringen gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 556, angeführte Rechtsprechung). Die belangte Behörde konnte daher zu Recht vom Vorliegen des Versagungsgrundes des Mangels der ortsüblichen Unterkunft iS des § 5 Abs. 1 AufG ausgehen.

Soweit die Beschwerde ins Treffen führt, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit ihrem Vorbringen im Zusammenhang mit der Frage, ob ihr Lebensunterhalt in Österreich gesichert ist, ausreichend zu beschäftigen, ist ihr zwar einzuräumen, daß die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Unterhaltsverpflichtungen von insgesamt 9 Personen dahingehend qualifiziert hat, daß solche nicht geeignet seien, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin zu gewährleisten, obwohl die belangte Behörde diese Erklärungen nicht als unzureichend angesehen oder sie etwa die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der sich Verpflichtenden als unzureichend beurteilt hätte. Diesbezüglich fällt der belangten Behörde zwar ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612), doch vermag dieser der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmangel deshalb nicht zur Aufhebung des bekämpften Bescheides zu führen, weil dieser in ihrer Annahme, daß es der Beschwerdeführerin an einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich mangelt, nicht entgegengetreten werden kann.

Gegen die von der belangten Behörde angestellte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 MRK wendet die Beschwerdeführerin ein, daß dadurch, daß ihr minderjähriger Sohn sowie auch "alle Verwandten" in Österreich leben würden, zum Ausland keine Kontakte mehr bestünden und schließlich die Beschwerdeführerin "alle Bindungen" in Österreich habe, von einem Überwiegen der privaten Interessen am weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin gegenüber den öffentlichen Interessen auszugehen sei. Mit diesem Vorbringen kann der von der belangten Behörde angestellten Interessenabwägungen aus folgenden Gründen nicht wirksam entgegengetreten werden. Festzuhalten ist, daß - wie die Beschwerde selbst ausführt - der minderjährige Sohn der Beschwerdeführerin keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich besitzt, weshalb diesem Umstand bei der Abwägung im Sinne des Art. 8 MRK auch kein Gewicht zukommen konnte. Was die Beziehungen der Beschwerdeführerin zu ihren übrigen in Österreich lebenden Verwandten - selbst wenn es sich tatsächlich um sämtliche Verwandte der Beschwerdeführerin handeln sollte - betrifft, vermögen diese durch die verwandtschaftlichen Verhältnisse geschaffenen persönlichen Interessen auch im Hinblick auf das Lebensalter der Beschwerdeführerin keine solche Bedeutung zu entfalten, daß sie ein Überwiegen der privaten Interessen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, welches sich auch in der behördlichen Obsorge für eine ordnungsgemäße, für Inländer ortsübliche Unterkunft der Fremden manifestiert, begründen würde.

Da sich somit die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996190041.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten