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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §56Beachte
Rechtssatz
Dem Aspekt der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes kommt für sich genommen noch kein entscheidungswesentliches Gewicht zu, weil die Rechtsprechungslinie des VwGH, wonach bei einem mehr als zehn Jahren dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden regelmäßig ein Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich anzunehmen ist und nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen wurde, typischerweise Personen betrifft, die einen - zuletzt jedenfalls - unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet aufweisen, wobei es die Behörde fallgegenständlich im Übrigen unterließ, von sich aus Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthaltes des Fremden zu setzen (vgl. VwGH 27.8.2020, Ra 2020/21/0159). Vor diesem Hintergrund hätte es zum einen zusätzlicher Feststellungen zu allfälligen gegen die Fremden sprechender Umstände bedurft, zum anderen hätte sich das VwG mangels Vorliegens eines eindeutigen Falles - im Zuge der beantragten Beschwerdeverhandlung - jedenfalls auch einen persönlichen Eindruck von den Fremden verschaffen müssen. Ein geklärter Sachverhalt iSd. § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 lag demnach nicht vor (zur Verhandlungspflicht bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vgl. VwGH 7.10.2021, Ra 2020/21/0198). Dieser Verfahrensmangel schlägt im vorliegenden Fall auch auf die Abweisung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 56 AsylG 2005 durch, weil diese Bestimmung grundsätzlich Konstellationen erfasst, in denen die höhere Schwelle des Art. 8 MRK noch gar nicht erreicht werden muss (vgl. VwGH 22.3.2021, Ra 2020/21/0448 bis 0450).
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020210241.L01Im RIS seit
12.04.2022Zuletzt aktualisiert am
12.04.2022