Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1996, Zl. 117.057/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 9. April 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1995, mit dem einem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht Folge gegeben worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Gattin des Beschwerdeführers - eine österreichische Staatsbürgerin - angegeben habe, daß die Ehe mit dem Beschwerdeführer nur eingegangen worden sei, um diesem die Erlangung der Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge der Staatsbürgerschaft zu vereinfachen. Die Ehe sei mit Urteil vom 2. Dezember 1992 rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Verhalten darstellt, welches dazu führt, daß die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre, kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattzugeben und er vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen gewesen sei.
Weiters legte die belangte Behörde dar, daß der Beschwerdeführer seit Jahren im Bundesgebiet wohnhaft sei. Seit dem 31. August 1993 sei er wieder verheiratet und habe mit seiner Gattin einen gemeinsamen Sohn. Die Gattin und das Kind des Beschwerdeführers lebten nicht in Österreich. Der Beschwerdeführer stünde in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis. Nach Abwägung der öffentlichen Interessen sei die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, daß die öffentlichen Interessen (an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung) unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, der sich im Hinblick auf die als erwiesen angenommene rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe nicht auf das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses berufen könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird und über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, seine Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin sei ausschließlich zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen worden, nicht entgegen. Er bringt lediglich vor, er habe keinen Sachverhalt verwirklicht, der dem gesetzlichen Tatbild des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG entsprechen würde. Von einer Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit könne aufgrund des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes deshalb nicht die Rede sein, weil das entscheidende Element, daß bei Vorliegen einer Scheinehe auch fremdenrechtlich relevante Vorteile erlangt worden seien, fehlen würde. Er habe bereits in seiner Berufung darauf hingewiesen, daß er bereits vor Eingehung der Ehe über aufenthaltsrechtliche Bewilligungen verfügt habe, sodaß es nicht der Eingehung einer Ehe bedurft habe, um sich einen aufenthaltsrechtlichen Vorteil zu verschaffen. Die Tatsache, daß eine Scheinehe stattgefunden habe bzw. daß seine Ehe durch Nichtigkeitsurteil gemäß § 23 Ehegesetz aufgelöst worden sei, rechtfertige für sich allein jedoch nicht die Versagung der Aufenthaltsbewilligung. Entscheidend für die Versagung der Aufenthaltsbewilligung sei die Frage, ob mit der Eingehung der Scheinehe auch die Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile verwirklicht worden sei. Dies festzustellen, habe die belangte Behörde unterlassen.
Mit diesem Vorbringen kann der belangten Behörde nicht wirksam entgegengetreten werden. Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtslage, wenn er davon ausgeht, daß zur Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG notwendig sei, daß der durch eine solche Eheschließung beabsichtigte Erfolg auch eintritt. Die Ordnungswidrigkeit des eine solche Ehe eingehenden Fremden liegt vielmehr darin begründet, daß das Motiv des Eheschließenden den Interessen eines geordneten Fremdenwesens zuwiderläuft; sollen doch durch die Eheschließung die Regelungen der Zugangsbeschränkungen Fremder nach Österreich bzw. auf den österreichischen Arbeitsmarkt umgangen werden. Ein derartiges Verhalten bildet eine Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet bzw. deren Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt regelnden Vorschriften. Es wird daher vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung qualifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1996, Zl. 96/19/0046, mwN).
Der von der belangten Behörde angestellten Interessenabwägung iS des Art. 8 MRK tritt der Beschwerdeführer damit entgegen, daß seine erhebliche Integration in Österreich auf seinen langdauernden Aufenthalt und nicht auf seiner Eheschließung beruhe. Darüber hinaus habe er "seine letzten Aufenthaltsbewilligungen" aufgrund unselbständiger Erwerbstätigkeit, nicht aber aufgrund bestehender Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin erhalten. Eine Versagung der Aufenthaltsbewilligung wäre aber nur unter dem Umstand möglich, daß die Integration in Österreich aufgrund der Eheschließung erfolgt wäre. Auch mit diesem Vorbringen kann der belangten Behörde nicht wirksam entgegengetreten werden. Gegenstand der Abwägung iS des Art. 8 MRK ist, ob den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein höheres Gewicht zukommt als allfälligen privaten Interessen des Fremden am Aufenthalt bzw. Weiterverbleib im Bundesgebiet. Der Verwaltungsgerichtshof kann in diesem Zusammenhang nicht finden, daß die belangte Behörde darin geirrt hätte, wenn sie im Hinblick auf die unbestritten gebliebenen Motive des Beschwerdeführers zur Eingehung der Ehe und aufgrund des Umstandes, daß sich die (nunmehrige) Ehegattin und der Sohn des Beschwerdeführers nicht in Österreich befinden, von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen ausgegangen ist. Da bei der gegebenen familiären Situation des Beschwerdeführers dem Umstand, daß dieser in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis steht, geringeres Gewicht zukommt, kann vorliegendenfalls dahinstehen, ob ihm das Eingehen dieses Beschäftigungsverhältnisses durch die von ihm geschlossene, später nichtig erklärte Ehe ermöglicht wurde oder nicht.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996191585.X00Im RIS seit
02.05.2001