TE Vwgh Beschluss 2022/3/14 Ra 2021/08/0007

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Veröffentlicht am 14.03.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs1 Z14
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
ASVG §539a
VwGG §63 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des J K, vertreten durch Mag. Philipp Stossier, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Dragonerstraße 54, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2020, I401 2012328-1/32E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse; mitbeteiligte Parteien: 1. Pensionsversicherungsanstalt, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 stellte die Tiroler Gebietskrankenkasse fest, dass der Revisionswerber am 26. Juli 2003 aufgrund eines mit der K AG abgeschlossenen Sponsorvertrages weder als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG noch als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung und auch nicht der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber eine Beschwerde.

2        Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles wird im Übrigen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, Ra 2018/08/0028, verwiesen, mit dem das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2017 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde.

3        Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers, soweit diese sich gegen die Nichtfeststellung einer Pflichtversicherung des Revisionswerbers als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG gerichtet habe, als unbegründet ab.

4        Begründend verwies das Bundesverwaltungsgericht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, Ra 2018/08/0028, und führte zusammengefasst aus, über die bereits im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen hinaus ergebe sich, dass der Revisionswerber abgesehen von seinen (im ersten Rechtsgang festgestellten) Leistungen im Zuge seiner Tätigkeit als Motocross-Fahrer (Rennfahrer) grundsätzlich keine weiteren Leistungen für die K AG erbracht habe. Aufgabe des Revisionswerbers sei es aber auch gewesen, der K AG hinsichtlich der ihm zur Verfügung gestellten Motorräder bzw. deren Komponenten ein Feedback zu geben. Der Revisionswerber sei nicht in die betriebliche Organisation bzw. in den Vertrieb der Produkte K AG eingebunden gewesen. Bei seiner Tätigkeit sei der Revisionswerber nicht in laufendem Kontakt zur K AG gestanden. Eine Koordinierung seiner Tätigkeit mit der der Mitarbeiter der K AG sei nicht erfolgt. Bei einem Rennen, an dem der Revisionswerber teilgenommen habe, sei ein Mitarbeiter der K AG anwesend gewesen, der den Revisionswerber sowie vier andere Fahrer - etwa hinsichtlich neuralgischer Stellen der Rennstrecke sowie der Verwendung von Reifen - beraten habe. Von diesen Feststellungen ausgehend sei eine Pflichtversicherung aufgrund eines freien Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 4 ASVG nicht begründet worden.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, die von der K AG gesponserten Motorsportler - so auch der Revisionswerber - seien in die Motorsportabteilung des Unternehmens eingegliedert gewesen. Der Revisionswerber sei durch Mitarbeiter der K AG betreut worden und habe hinsichtlich der ihm zur Verfügung gestellten Motocross-Motorräder bzw. der einzelnen Komponenten ein Feedback gegeben. Der Revisionswerber habe sich somit für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet und dafür ein Entgelt bezogen. Vor diesem Hintergrund liege ein Austauschverhältnis vor, das eine Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG begründe. Die gegenteilige Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

9        Zu diesen Ausführungen wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, Ra 2018/08/0028, verwiesen. Daraus hervorzuheben ist, dass § 4 Abs. 4 ASVG auf die Erbringung von „Dienstleistungen“ gegen Entgelt abstellt, weshalb eine Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung - in Abgrenzung von anderen Dauerschuldverhältnissen - nur dann in Betracht kommt, wenn zwischen der Erbringung von Dienstleistungen (für einen Dienstgeber) - somit von Arbeitsleistungen, hinsichtlich derer eine Pflichtversicherung in Rede steht - und einer von einem Dienstgeber erbrachten Gegenleistung („Entgelt“) ein Austauschverhältnis besteht. Bei einem „Sponsorvertrag“ erhält der Gesponserte in der Regel ein Entgelt für die Zurverfügungstellung von „Werbung“, mit der die Produkte bzw. die Marke des Sponsors in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden bzw. das positive Image des (oder der) Gesponserten auf den Sponsor übertragen wird; etwa indem der Sportler bei der Ausübung seines Sportes und anderen öffentlichen Auftritten mit einem Kennzeichen (Logo) bzw. mit Produkten - wie Sportgeräten oder Bekleidung - des Sponsors auftritt. Es besteht daher ein Austauschverhältnis des Entgeltes mit der Zurverfügungstellung von Werbung, die Ausübung des Sportes stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung (§ 539a ASVG) aber - mangels insoweit bestehenden Austauschverhältnisses - nicht als eine Erbringung von Dienstleistungen für den Sponsor als Dienstgeber dar. Typischerweise wird daher durch einen „Sponsorvertrag“ weder eine Pflichtversicherung als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG noch als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 1 Z 14 und Abs. 4 ASVG begründet. Dennoch könnte sich hinter einem „Sponsorvertrag“ ein freier Dienstvertrag nach § 4 Abs. 4 ASVG verbergen, soweit Elemente hinzutreten, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) die Annahme rechtfertigen, dass das Entgelt des Sponsors nicht nur für die Zurverfügungstellung von Werbung durch den Sportler, sondern für Dienstleistungen erbracht wird. Das könnte sich etwa daraus ergeben, dass dem Sportler Aufgaben für den Sponsor im Zuge dessen betrieblicher Tätigkeit (etwa im Zuge des Vertriebes der Produkte bzw. Dienstleistungen des Sponsors) übertragen werden oder die Ausübung des Sportes in Einbindung des Sportlers in den Betrieb des potentiellen Dienstgebers - bzw. in eine von diesem für die Sportausübung (etwa unter der Bezeichnung „Rennstall“ oder „Team“) geschaffene eigene betriebliche Struktur - erfolgt (vgl. zustimmend Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm [258. Lfg.] § 4 ASVG, Rz 188; anderer Ansicht, wobei die Bedeutung des „Austauschverhältnisses“ zwischen Entgelt und Arbeitsleistung für die Beurteilung verkannt wird, Födermayr, Der VwGH und die ASVG-Pflichtversicherung von SportlerInnen - ein Match geht in die nächste Runde, DRdA 3/2021, 35; Pechtl, Sponsoring-Einkünfte und Sozialversicherung, JAS 2020, 191).

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis mit Blick auf die im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, es ergebe sich nicht, dass die Gegenleistung des Mitbeteiligten für die von der K AG als Sponsor erbrachten Leistungen (maßgeblich) über die Zurverfügungstellung von Werbung (Auftreten mit den Produkten bzw. als Werbeträger der K AG) hinausgegangen sei bzw. eine Einbindung in den Betrieb der K AG (bzw. in eine von dieser geschaffene eigene betriebliche Struktur) erfolgt sei. Davon ausgehend sei - entsprechend dem typischen Bild eines „Sponsorvertrages“ - keine Pflichtversicherung des Mitbeteiligten nach dem ASVG anzunehmen.

11       Im zweiten Rechtsgang besteht nunmehr nach § 63 Abs. 1 VwGG eine Bindung an die im Vorerkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, nicht aber hinsichtlich des Sachverhaltes (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2017/05/0076; 24.11.2005, 2004/07/0190; jeweils mwN). Die im zweiten Rechtsgang getroffenen ergänzenden Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts können jedoch keine andere Beurteilung rechtfertigen. Eine Einbindung des Revisionswerbers in eine von der K AG geschaffene betriebliche Organisation ergibt sich nicht (vgl. zum Begriff der Einbindung näher VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172). Der Umstand, dass der Revisionswerber auch Rückmeldungen an die K AG hinsichtlich der ihm zur Verfügung gestellten Motorräder bzw. deren Komponenten gegeben hat, vermag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Sinn von § 539a ASVG nichts daran zu ändern, dass seine Leistung, die ihm von der K AG abgegolten wurde, im dargestellten Sinn die Zurverfügungstellung von Werbung und nicht die Erbringung von Diensten gewesen ist. Da somit vom Vorliegen eines (typischen) Sponsorenvertrages und nicht eines Dienstvertrages auszugehen ist, ist die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, es werde keine Pflichtversicherung nach dem ASVG begründet, nicht zu beanstanden.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021080007.L00

Im RIS seit

11.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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