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L92003 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung NiederösterreichNorm
AVG §58 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. Juli 2020, Zl. LVwG-AV-91/001-2020, betreffend Leistungen nach dem Niederösterreichischen Sozialhilfe-Ausführungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten; mitbeteiligte Partei: S P in S, vertreten durch Dr. Stella Spitzer-Härting, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Krongasse 22/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit damit über Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs abgesprochen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen - somit hinsichtlich der zuerkannten Leistungen für den allgemeinen Lebensunterhalt sowie bei Krankheit - wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. Juli 2020 wurde dem Antrag der Mitbeteiligten auf Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs dahin stattgegeben, dass dieser vom 1. Jänner 2020 bis zum 31. Dezember 2020 eine monatliche Geldleistung in der Höhe von € 606,93 zuerkannt wurde. Weiters wurde dem Antrag der Mitbeteiligten auf Leistungen bei Krankheit dahin stattgegeben, dass diese vom 1. Jänner 2020 bis zum 31. Dezember 2020 bei der NÖ Gebietskrankenkasse krankenversichert wurde. Zudem wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz - aus, dass mit 1. Jänner 2020 das NÖ Sozialhilfe-Ausführungsgesetz (NÖ SAG) in Kraft getreten sei. Aus der Übergangsbestimmung des § 50 Abs. 3 NÖ SAG ergebe sich, dass für Verfahren betreffend Zuerkennung, Weitergewährung, Erhöhung oder Kürzung der Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs, die vor dem 1. Jänner 2020 anhängig geworden und noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden seien, die Leistungen bis zum 31. Dezember 2019 nach den Bestimmungen des NÖ Mindestsicherungsgesetzes zu gewähren seien; ab 1. Jänner 2020 seien die Leistungen nach dem NÖ SAG zu gewähren.
3 Die Mitbeteiligte sei aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes nicht in der Lage, einer Beschäftigung am regulären Arbeitsmarkt nachzugehen, sie gelte als arbeitsunfähig und sei nicht in der Lage, ein eigenes, für ihre Bedürfnisse ausreichendes Einkommen zu erzielen. Aufgrund der fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit bestehe gemäß § 231 ABGB ein aufrechter Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern. Die Eltern der Mitbeteiligten bezögen im verfahrensrelevanten Zeitraum ein Gesamtnettoeinkommen von monatlich € 2.055,92. Es errechne sich - bei Berücksichtigung eines nicht selbsterhaltungsfähigen Bruders der Mitbeteiligten - daraus ein Unterhaltsanspruch der Mitbeteiligten in Höhe von monatlich € 411,18.
4 Da die Mitbeteiligte alleine lebe, käme auf sie der Richtsatz für Alleinstehende gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 NÖ SAG iVm § 1 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 NÖ Richtsatzverordnung (NÖ RSV) zur Anwendung. Demnach betrage der Richtsatz an monatlichen Geldleistungen zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhaltes für alleinstehende Personen € 550,41, der Richtsatz an Sachleistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs für Alleinstehende belaufe sich auf bis zu € 366,94. Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ SAG umfassten Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, Hausrat, Heizung und Strom sowie sonstige allgemeine Betriebskosten und Abgaben. Bestehe kein oder ein geringerer Wohnaufwand oder würden bedarfsdeckende Leistungen (bspw. Wohnzuschuss) bezogen, seien die jeweiligen Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs um diese Anteile entsprechend zu kürzen (Verweis auf § 14 Abs. 2 NÖ SAG sowie die Materialien zum NÖ SAG Ltg.-690/A-1/50-2019).
5 Die Mitbeteiligte habe für ihre Wohnung eine monatliche Miete von € 360,58 zu leisten, zusätzlich habe sie monatliche Energiekosten von € 87 zu tragen, weshalb die insgesamt zu leistenden Wohnkosten € 447,58 betrügen. Zu berücksichtigen sei, dass die Mitbeteiligte einen monatlichen Wohnzuschuss von € 145 beziehe, welcher als bedarfsdeckende Leistung den Richtsatz zur Befriedigung des Wohnbedarfs reduziere. Von „dem zustehenden Richtsatz von € 447,58“ sei die Mietzinsunterstützung von € 145 abzuziehen, weshalb sich „ein Richtsatz“ zur Befriedigung des Wohnbedarfs von € 302,58 errechne.
6 Weiters stünde der Mitbeteiligten der Richtsatz zur Befriedigung des allgemeinen Lebensunterhaltes von € 550,41 zu. Sie habe darüber hinaus einen Anspruch auf den Zuschlag für Menschen mit Behinderung zur weiteren Unterstützung des Lebensbedarfes gemäß § 1 Abs. 5 NÖ RSV von monatlich € 165,12. Das von der Mitbeteiligten bezogene Pflegegeld von € 629,80 monatlich sei gemäß § 6 Abs. 3 NÖ SAG iVm § 2 Z 2 EigenmittelVO bei der Bemessung der zustehenden Leistungen nicht zu berücksichtigen. Nach § 8 Abs. 3 NÖ SAG habe eine Hilfe suchende Person Ansprüche gegen Dritte, bei deren Erfüllung Leistungen der Sozialhilfe nicht oder nicht in diesem Ausmaß zu leisten wären, zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar sei. Die Mitbeteiligte sei gegenüber ihren Eltern unterhaltsberechtigt, wobei sich der monatliche Unterhaltsanspruch auf € 411,18 belaufe. Dieser Betrag sei - unter Anwendung des Subsidiaritätsprinzips - vom theoretisch zustehenden Mindeststandard in Abzug zu bringen. Ausgehend von einem Richtsatz von insgesamt € 1018,11 stünden der Mitbeteiligten unter Berücksichtigung ihres Unterhaltsanspruches gegenüber ihren Eltern monatliche Sozialhilfeleistungen von € 606,93 zu. Im Verfahren sei weder ein Umstand der offenbaren Aussichtslosigkeit noch der Unzumutbarkeit im Sinne des § 8 Abs. 3 NÖ SAG hervorgekommen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der Niederösterreichischen Landesregierung.
8 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
9 Die belangte Behörde schloss sich in ihrer Revisionsbeantwortung den Ausführungen der Amtsrevision an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 Die in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision angesprochene Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen die Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs nach dem NÖ SAG als Geld- statt als Sachleistung zu gewähren seien, wurde mittlerweile vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. Oktober 2021, Ra 2020/10/0134, beantwortet. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen. Demnach sind nach § 12 Abs. 4 zweiter Satz NÖ SAG Leistungen für den Wohnbedarf, sofern dies nicht unwirtschaftlich oder unzweckmäßig ist, in Form von Sachleistungen zu gewähren. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist daher zunächst davon auszugehen, dass Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs als Sachleistungen zugesprochen werden müssen. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn Umstände hervorkommen, die zur Beurteilung führen, dass Sachleistungen unwirtschaftlich oder unzweckmäßig sind. Die Abweichung vom Grundsatz des Vorrangs von Sachleistungen ist daher vom Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu begründen.
11 Im vorliegenden Fall hat sich das Verwaltungsgericht mit diesen Voraussetzungen jedoch nicht auseinandergesetzt. Weder wurden diesbezügliche Feststellungen getroffen, noch wurde begründet, warum der Wohnbedarf im konkreten Fall als Geldleistung anstelle einer Sachleistung zu gewähren war.
12 Ausgehend von der unzutreffenden Annahme, dass Geldleistungen zur Deckung des Wohnbedarfs zugesprochen werden können, ohne die Unwirtschaftlichkeit oder Unzweckmäßigkeit des Zuspruchs von Sachleistungen zu prüfen und zu begründen, inwiefern eine solche vorliegt, ist das Verwaltungsgericht somit von der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die Revision erweist sich daher insofern als zulässig und begründet (vgl. zu Konstellationen, in denen die grundsätzliche Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof nach Einbringung der Revision nicht im Sinne der vom Verwaltungsgericht getroffenen Beurteilung geklärt wurde, etwa VwGH 3.2.2022, Ra 2020/10/0122, mwN).
13 Darüber hinaus kommt der Revision in Ansehung der zugesprochenen Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs aber auch aus den folgenden Gründen Berechtigung zu:
14 Das Verwaltungsgericht geht im Ergebnis davon aus, dass der von der Mitbeteiligten bezogene Wohnzuschuss in der Höhe von € 145 nicht vom „Richtsatz an Sachleistungen“ zur Befriedigung des Wohnbedarfs für Alleinstehende in der Höhe von bis zu € 366,94, sondern von den von der Mitbeteiligten „insgesamt zu leistenden Wohnkosten“ in der Höhe von € 447,58 (in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses aber auch: von dem der Mitbeteiligten „zustehenden Richtsatz von € 447,58“) in Abzug zu bringen sei, sodass sich eine Leistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs in der Höhe von monatlich € 302,58 errechne.
15 Gemäß § 14 Abs. 2 NÖ SAG beinhalten Leistungen nach § 14 Abs. 1 Z 1 und Z 2 NÖ SAG eine Geldleistung zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts in Höhe von 60 % und eine Leistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 40 %. Wohnt eine Hilfe suchende Person in einer Eigentumswohnung oder in einem Eigenheim, wird die Leistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs nur im halben Ausmaß (20 %) gewährt. Besteht kein oder ein geringerer Aufwand zur Befriedigung des Wohnbedarfs oder erhält die hilfebedürftige Person bedarfsdeckende Leistungen (z. B. eine Wohnbeihilfe oder einen Wohnzuschuss), sind die jeweiligen Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs um diese Anteile entsprechend zu reduzieren.
16 Die bereits vom Verwaltungsgericht genannten Materialien zum NÖ SAG (Ltg.-690/A-1/50-2019, S. 26 f) führen dazu auszugsweise Folgendes aus:
„In Abs. 2 wird festgehalten, dass die Richtsätze nach Abs. 1 Z 1 und 2 - das sind Leistungen für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person bzw. für in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen - entsprechend § 5 Abs. 5 dritter Satz des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes eine Geldleistung zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts in Höhe von 60% und eine Leistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs in Höhe von 40% beinhalten. Daraus folgt, dass der Richtsatz für Kinder ausschließlich zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts dient. Dadurch wird bezweckt, dass die Leistung für Kinder bei mangelndem Wohnaufwand nicht weiter geschmälert wird.
...
Wenn im Einzelfall der Wohnbedarf bereits gänzlich oder teilweise gedeckt ist, weil zB Wohnraum von Dritten zur Verfügung gestellt wird oder eine Subjektförderung im Rahmen der NÖ Wohnungsförderung (Wohnzuschuss/Wohnbeihilfe) gewährt wird, ist dies entsprechend bei der Bemessung der Leistung zu berücksichtigen. Dies entspricht dem Subsidiaritätsprinzip (§ 3 Abs. 2). Eine Anrechnung eines den Richtsatz zur Befriedigung des Wohnbedarfs übersteigenden Wohnzuschusses bzw. Wohnbeihilfe auf den Richtsatz zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts in [sic] unzulässig.
Durch die Anrechnung eines allfälligen Wohnzuschusses bzw. einer allfälligen Wohnbeihilfe auf die Leistung der Sozialhilfe wird § 2 Abs. 5 des Sozialhilfe- Grundsatzgesetzes ausgeführt.“
17 Nach § 2 Abs. 5 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, BGBl. I Nr. 41/2019, unterliegen landesgesetzliche Vorschriften, die ausschließlich der Minderung eines Wohnaufwandes gewidmet sind und an eine soziale Bedürftigkeit anknüpfen, nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, dass ein gleichzeitiger Bezug dieser Leistungen (mit Ausnahme von Heizkostenzuschüssen) und monatlicher Leistungen gemäß § 5 ausgeschlossen ist.
18 Die Materialien zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (514 BlgNR 26 GP, S. 3) führen dazu auszugsweise Folgendes aus:
„Abs. 5 dient der Abgrenzung zu besonderen sozialen Leistungen, die der Minderung eines individuellen Wohnaufwandes dienen und angesichts ihrer Einkommensabhängigkeit oder ähnlicher Kriterien ebenso an eine soziale Bedürftigkeit anknüpfen (z. B. Mietzinsbeihilfen, Heizkostenzuschüsse). Für derartige Leistungen war eine Ausnahme von den besonderen Rahmenbedingungen dieses Bundesgesetzes vorzusehen, sodass diese auch weiterhin uneingeschränkt an Personen gewährt werden können, die in Bezug auf Leistungen im Sinne dieses Bundesgesetzes nicht bezugsberechtigt sind. Ein gleichzeitiger Bezug derartiger Leistungen und Leistungen gemäß §§ 5, 6 ist dabei nur im Ergebnis auszuschließen, sodass es der Landesgesetzgebung freisteht, ihre gesetzlichen Regelungen durch entsprechende Ausschlusskriterien zu ergänzen oder aber diese Leistungen zuzuerkennen und im Rahmen des Anwendungsbereichs dieses Bundesgesetzes anzurechnen (§ 7 Abs. 1).“
19 Sowohl aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 NÖ SAG, der auf die Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs - die 40 % der Leistungen nach § 14 Abs. 1 Z 1 und Z 2 NÖ SAG ausmachen - abstellt, als aus den Materialien ergibt sich unmissverständlich, dass bei Gewährung eines Wohnzuschusses die Leistungen zur Befriedigung des Wohnbedarfs gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 und Z 2 NÖ SAG entsprechend zu reduzieren sind. Dies entspricht im Übrigen der bis zum Inkrafttreten des NÖ SAG geltenden Rechtslage nach § 11 Abs. 3 NÖ Mindestsicherungsgesetz in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 24/2016 (vgl. dazu VwGH 21.11.2019, Ra 2018/10/0038, mwN). Die von der Mitbeteiligten vertretene gegenteilige Ansicht, wonach wegen der Erhöhung des Anteils „in der Sozialhilfeleistung zur Deckung des Wohnbedarfs von 25 % auf 40 %“ der Wohnzuschuss von den Miet- und Stromkosten abzuziehen sei und „so der Richtsatz zur Befriedigung des Wohnbedarfs berechnet“ werde, findet in § 14 Abs. 2 NÖ SAG keine Grundlage.
20 Das angefochtene Erkenntnis war daher - soweit es sich auf die Zuerkennung von Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs bezieht - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
21 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Amtsrevision überdies geltend gemacht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zu der Rechtsfrage, wie mit der Nichtverfolgung von Ansprüchen gegen Dritte im Sinne des § 8 Abs. 3 NÖ SAG umzugehen“ sei, wird damit eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 10.2.2021, Ra 2020/10/0032, mwN). Letzteres wird aber in Ansehung des angesprochenen Unterhaltsanspruches der Mitbeteiligten gegenüber ihren Eltern nicht aufgezeigt, erfolgte die Zuerkennung von Leistungen für den allgemeinen Lebensunterhalt doch unter Einrechnung eines monatlichen Unterhaltsanspruchs im Betrag von € 411,18.
22 Was schließlich die - bereits von der belangten Behörde in gleicher Weise zuerkannten - Leistungen bei Krankheit anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die im Revisionsverfahren vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses - eine Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Amtsrevision nicht geltend gemacht - auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts stattzufinden hat (§ 41 erster Satz VwGG). Feststellungen zu einer (allfälligen) Mitversicherungsmöglichkeit der Mitbeteiligten wurden allerdings vom Verwaltungsgericht nicht getroffen. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG kann aber nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. VwGH 19.1.2021, Ra 2020/10/0176, mwN).
23 Die Revision erweist sich somit hinsichtlich der zuerkannten Leistungen für den allgemeinen Lebensunterhalt sowie bei Krankheit als unzulässig. Sie war in diesem Umfang daher zurückzuweisen (vgl. nochmals VwGH 5.10.2021, Ra 2020/10/0134).
Wien, am 16. März 2022
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020100111.L00Im RIS seit
11.04.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2022