TE Lvwg Beschluss 2022/2/25 LVwG-AV-256/001-2021

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Veröffentlicht am 25.02.2022
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Entscheidungsdatum

25.02.2022

Norm

GuK-BAV 2006 §14
VwGVG 2014 §31
AVG 1991 §10 Abs1
ZustG §7
ZustG §13 Abs3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde der A, vertreten durch die C Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 8. Jänner 2021, Zl. ***, betreffend Abweisung des Antrages auf Bewilligung des Ausbildungsmoduls „Unterstützung bei der Basisversorgung“ am Standort ***, *** (B) den

BESCHLUSS

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 8. Jänner 2021, Zl. ***, wurde der Antrag der A (in der Folge: die Beschwerdeführerin) auf Bewilligung des Ausbildungsmoduls „Unterstützung bei der Basisversorgung“ am Standort ***, *** (B) abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 Z. 1 und 3 NÖ GUK-BAV nicht erfüllt seien.

Als Empfänger bezeichnet diese Erledigung „A z.H. C RAe GmbH, ***, ***“ sowie „A z.H. Frau D, ***, ***“.

 

Dagegen hat die Beschwerdeführerin – rechtsanwaltlich vertreten durch die C RAe GmbH - mit Schriftsatz vom 9. Februar 2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. In diesem Schriftsatz teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die C GmbH bevollmächtigt und mit ihrer Vertretung beauftragt habe. Der bevollmächtigte Vertreter berufe sich daher gemäß § 10 AVG auf die erteilte Vollmacht. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid aufgrund der unrichtigen Bezeichnung des Bescheidadressaten mangelhaft sei, zumal die belangte Behörde den Bescheid an die Adresse der nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin gerichtet hätte. Die nunmehr ausgewiesene Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin habe erstmalig mit gegenständlicher Beschwerde Vollmacht zu Zahl *** gelegt. Bei dem im angefochtenen Bescheid enthaltenen Adressaten handle es sich um keinen tauglichen Bescheidadressaten; die angefochtene Entscheidung erlange sohin keine Bescheidqualität.

Die belangte Behörde legte am 10. Februar 2021 die Beschwerde sowie den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vor. Über Aufforderung des erkennenden Gerichts, die Vollmachtsurkunde zu gegenständlichem Verfahren vorzulegen, wurde durch die belangte Behörde die Vollmachtsurkunde zum Akt Zl. *** vorgelegt.

Daraus ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die nunmehrige Beschwerdeführerin, die A, ***, ***, hat mit Schreiben vom 23. Juni 2020 den Antrag auf Bewilligung des Ausbildungsmoduls „Unterstützung bei der Basisversorgung“ am Standort ***, *** (B) angesucht.

Im verfahrensgegenständlich relevanten Zeitpunkt war Herr E als Obmann und Frau F als Obmann-Stellvertreterin zur Vertretung des Vereines A (A) nach außen bestellt.

Hinsichtlich der Eingaben vom 23. Oktober 2020 und 10. November 2020 war die Beschwerdeführerin durch G, Rechtsanwältin in ***, vertreten.

Mit Schreiben vom 12. November 2020 wurde die Beendigung des Vollmachtsverhältnisses seitens der Rechtsanwältin G angezeigt.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid wurde der C GmbH sowie Frau D zugestellt.

Im Zeitpunkt der Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides lag eine an die C Rechtsanwälte GmbH erteilte Vertretungsvollmacht nicht vor.

 

Im Zeitpunkt der Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides war Frau D keine organschaftliche Vertreterin des Vereines A (A).

Die von der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegte Vollmachtsurkunde der C Rechtsanwälte GmbH vom 14. Dezember 2020 lautet auszugsweise wie folgt:

„…

Betrifft: Antrag auf Fristerstreckung

          Ihr Aktenzeichen: ***

          Unsere Mandantschaft: A

Sehr geehrter Herr H!

Sehr geehrter Herr I!

Vorweg teile ich mit, dass unsere Kanzlei die A und Frau D rechtsfreundlich vertritt.

Seitens unserer Mandantschaft wurde uns ihr Schreiben vom 26.11.2020, zugegangen am 15.12.2020, betreffend den Standort ***, ***, Bezirksstelle ***, samt Stellungnahme vom 26.11.2020 übergeben.

…“

Erst mit der Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wurde die Bevollmächtigung der C Rechtsanwälte GmbH im verfahrensgegenständlichen Verwaltungsverfahren angezeigt.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie der nachträglich vorgelegten Vollmachtsurkunde vom
14. Dezember 2020.

Dass zum Zeitpunkt der Zustellung des verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheides Herr E als Obmann, Frau F als Obmann-Stellvertreterin bestellt waren, Frau D kein zur Vertretung nach außen berufenes Organ der A war, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Vereinsregisterauszug.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Diese kann nach Abs. 2 jedoch entfallen, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu entscheiden.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 10 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) lautet:

„Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.“

§ 13 Abs. 3 Zustellgesetz lautet:

„Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.“

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h.M. (i.d.S. auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) – zu berücksichtigen sind.

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgesehenen Prüfungsumfanges – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

Im gegenständlichen Fall ist offenkundig, dass die belangte Behörde den Bescheid dem Verein „A“ als individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber erlassen wollte, was angesichts der Antragstellung durch diesen Verein auch nachvollziehbar und rechtsrichtig ist.

Der Bescheid wurde im verfahrensgegenständlichen Fall an die nunmehr ausgewiesene Rechtsvertretung zugestellt. Während des verwaltungsbehördlichen Verfahrens erfolgte keine entsprechende Bevollmächtigung der C Rechtsanwälte GmbH, sondern wurde diese erst mit der Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde angezeigt.

Nach § 7 Zustellgesetz gilt, dass in Fällen, in welchen im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. War „Empfänger“ des Bescheides der zum Zeitpunkt der Zustellung noch nicht ausgewiesene Vertreter, kommt § 7 ZustG nicht zur Anwendung (Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 7 (Stand 1.1.2018, rdb.at) mwN und Hinweis auf die Judikatur).

Zu prüfen ist, ob durch die – im Beschwerdeverfahren seitens der belangten Behörde vorgelegte – Vollmachtsurkunde vom 14. Dezember 2020 eine Bevollmächtigung für mehrere Verfahren begründet wurde.

Diese lautet wie folgt:

„…

Betrifft: Antrag auf Fristerstreckung

          Ihr Aktenzeichen: ***

          Unsere Mandantschaft: A

Sehr geehrter Herr H!

Sehr geehrter Herr I!

Vorweg teile ich mit, dass unsere Kanzlei die A und Frau D rechtsfreundlich vertritt.

Seitens unserer Mandantschaft wurde uns ihr Schreiben vom 26.11.2020, zugegangen am 15.12.2020, betreffend den Standort ***, ***, Bezirksstelle ***, samt Stellungnahme vom 26.11.2020 übergeben.

…“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde aufgrund der Vorlage einer allgemeinen Vollmacht in einem bestimmten Verfahren nicht berechtigt, die Partei auch im Verfahren über eine andere bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheit ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, die Partei hat ihren Willen, sich auch in diesem weiteren Verfahren eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben. Dazu reicht die Tatsache alleine, dass in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Ermächtigung zur Vertretung „in allen Angelegenheiten“ beurkundet, nicht aus. Die Erteilung einer „Generalvollmacht“ für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist unzulässig. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für ein anderes Verfahren als erteilt anzusehen ist, ist vielmehr entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Ist dies nicht der Fall, dann kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das jeweilige weitere oder andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfasst sein soll (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1990, Slg 13221/A, vom 25. März 1996,
Zl. 95/10/0052 und vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0115, sowie zur Unzulässigkeit der „Generalvollmacht“ etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom
19. Juni 1991, Zl. 90/03/0198, und vom 19. Oktober 1994, Zl 94/03/0121).

Da es sich im konkreten Fall um zwei verschiedene Standorte handelt und sich die gegenständliche Bevollmächtigung explizit auf den Standort *** bezieht, kann nicht von derselben Angelegenheit bzw. Rechtssache gesprochen werden und besteht demnach keine Verfahrenseinheit. Eine Parteienerklärung, die so gedeutet werden könnte, dass auch das gegenständliche Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Verfahren im Standort *** Bevollmächtigten erfasst sein soll, liegt nicht vor.

Somit konnte die Zustellung der angefochtenen Erledigung vom 8. Jänner 2021 an die C Rechtsanwälte GmbH mangels deren Vertretungsbefugnis in diesem Verfahren zum Zeitpunkt der Zustellung dieser Erledigung keine Zustellwirkung an die Beschwerdeführerin auslösen.

Gleiches gilt für die Zustellung der angefochtenen Erledigung vom 8. Jänner 2021 an Frau D welche in der Zustellverfügung als Empfängerin genannt wurde und daher als „Empfänger“ (im formellen Sinn) anzusehen ist (VwGH 23.4.1992, 90/16/0187). Indem Frau D keine Vertretungsbefugnis für die „A“ innehatte, konnte dieser daher nicht auf Grund des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz wirksam zugestellt werden (vgl. VwGH 24.4.1997, 94/15/0015).

Damit richtet sich jedoch die – nunmehr nach Vollmachtserteilung der Beschwerdeführerin zurechenbare – Beschwerde gegen einen Bescheid, der der Beschwerdeführerin gegenüber nicht rechtswirksam erlassen wurde. Die Beschwerde war daher mangels Anfechtungsobjektes als unzulässig zurückzuweisen.

Das Verwaltungsverfahren betreffend den Antrag der A (A) auf Bewilligung des Ausbildungsmoduls „Unterstützung bei der Basisversorgung“ am Standort ***, *** (B) ist mangels rechtswirksamer Zustellung des verfahrensbeendenden Bescheides offen und wird unter Zugrundelegung der aktuellen Sach- und Rechtslage neuerlich zu entscheiden sein.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte auf Grundlage des § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weicht die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und stützt sich auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut (zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen vgl. VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0032).

Schlagworte

Gesundheitsrecht; Verfahrensrecht; Bescheid; Bevollmächtigung; Zustellmangel;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.256.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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