Entscheidungsdatum
25.02.2022Norm
SprG 2010 §19Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Einzelrichter Dr. Becksteiner über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch RA B in ***, ***, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion NÖ (Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung, SVA3) vom 29.09.2020, GZ: ***, betreffend Abweisung des Antrages vom 18.03.2020 auf Ausstellung einer Handelsbefugnis nach § 20 Sprengmittel-gesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§§ 19 und 20 Sprengmittelgesetz 2010 – SprG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
Mit dem vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpften Bescheid hat die Landespolizeidirektion NÖ den Antrag des Beschwerdeführers vom 18.03.2020 auf Ausstellung einer Handelsbefugnis nach § 20 Sprengmittelgesetz – SprG als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen sowie Darlegung der diesbezüglichen Rechtslage kam die belangte Verwaltungsbehörde zum Ergebnis, dass die in § 20 Abs. 1 Z 5 und 6 leg. cit. geforderten Voraussetzungen nicht vorliegen würden. So habe der Antragsteller keine Nachweise über die geforderten Lehrabschlussprüfungen oder Zeugnisse über die Absolvierung eines entsprechenden Studienganges vorlegen können. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang u.a. auf § 12 Abs. 1 der Waffengewerbe-Befähigungsprüfungsordnung, wonach das Modul 1 (fachlich-mündliche Prüfung) durch eine einschlägige Lehrabschlussprüfung in den Bereichen Büchsenmacher, Waffenmechaniker und Waffen- und Munitionshändler ersetzt wird. Ein Umkehr-schluss dürfe daraus aber nicht abgeleitet werden. Auch die beiden anderen Module dieser Befähigungsprüfung (§ 13 Ausbilderprüfung und § 14 Unternehmerprüfung könnten keinen Ersatz zu den Voraussetzungen nach § 20 Abs. 1 Z 5 und 6 SprG darstellen.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Abänderung des bekämpften Bescheides dahingehend, dass dem Antrag auf Ausstellung einer Handelsbefugnis nach § 20 SprG vollinhaltlich stattgegeben werde.
Geltend gemacht werden in diesem Zusammenhang wesentliche Verfahrensmängel, unrichtig und unvollständige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung. Verwiesen wird auf die bereits im Verfahren vor der belangten Verwaltungsbehörde vorgebrachten Ausführungen und darüber hinaus auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer seit 06.12.2019 gewerberechtlicher Geschäftsführer der C OG (mit dem Gewerbe „Waffengewerbe (Büchsenmacher) einschließlich des Waffenhandels (mit nichtmilitärischen Waffen), eingeschränkt auf den Handel, das Vermieten und die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärische Munition“) sei. Die genannte Gesellschaft verfüge überdies seit 28.08.2020 über die Berechtigung für das Gewerbe „Waffengewerbe gemäß
§ 94 Z 80 GewO 1994 hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs. 1 Z 2 lit. b GewO 1994“. Weiters sei der Beschwerdeführer seit 01.02.2013 Einzelunternehmer (D e. U.) mit der Berechtigung des Waffengewerbes (§ 94 Z 80 iVm § 139 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) einschließlich des Waffenhandels, eingeschränkt auf den Handel, das Vermieten und die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes hinsichtlich nichtmilitärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition.
Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor der belangten Verwaltungsbehörde wird auch darin erblickt, dass trotz Antragstellung der Beschwerdeführer nicht zur Vernehmung geladen oder sonst vernommen worden sei, obwohl er im Zusammen-hang die gesamte rechtliche und faktische Ausgangslage darzulegen vermocht hätte. Auch lasse sich aus den vorgelegten Zeugnissen und Urkunden eindeutig erkennen, dass diese eine Lehrabschlussprüfung gänzlich ersetzen, da diese sogar einen umfassenderen Wissens- und Ausbildungsstand dokumentieren als die von der Begründung des angefochtenen Bescheides monierten allenfalls mangelnden Voraussetzungen sein könnten, da neben der Befähigungsprüfung/ Meisterprüfung auch die Ausbilderprüfung abgeschlossen worden sei, während mit einem reinen Lehrabschluss die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und 6 SprG nicht erfüllt werden können. Verwiesen wird weiters auf ein „Vorgutachten“ der Wirtschafts-kammer NÖ, dem zu folgen sei. Zumindest bestehe für die Behörde ein Ermessens-spielraum. Gerade im gegenständlichen Fall sei dieser aber zwingend zu Gunsten des Beschwerdeführers auszuschöpfen.
Hinzukomme der Umstand, dass der Erfüllung der von der Behörde monierten Prüfungsvoraussetzung durch den Beschwerdeführer kaum zu überwindende Hindernisse entgegenstünden, da in Österreich nur mehr von einem Unternehmen Lehrlinge in diesem Berufszweig ausgebildet würden, wobei der Beschwerdeführer schon aus Konkurrenzgründen zur Ablegung keine reelle Chance mehr haben würde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 17.02.2022 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den gesamten Verwaltungsakt, Einvernahme des Beschwerdeführers, Vorbringen des Beschwerdeführervertreters und Stellungnahme des Vertreters der belangten Behörde erfolgte.
Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer hat die Unternehmerprüfung am 08.07.2011 vor der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer *** bestanden. Des Weiteren hat er Modul 1 der Befähigungsprüfung für das Gewerbe „die übrigen Waffengewerbe gemäß § 139 Abs. 1 Z 1 lit. b, c und d sowie § 139 Abs. 1 Z 2 GewO“ am 26.04.2011 vor der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer *** bestanden. Ebenfalls vor der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer *** hat der Beschwerdeführer am 21.07.2011 die Befähigungsprüfung für das Gewerbe „die übrigen Waffengewerbe gemäß § 139 Abs. 1 Z 1 lit. b, c und d sowie § 139 Abs. 1 Z 2 GewO“ bestanden.
Weiters verfügt der Beschwerdeführer über einen Sprengbefugtenausweis (Nr. ***, ausgestellt am 28.09.2019). Seitens der Bezirkshauptmannschaft Mödling wurde überdies eine Verlässlichkeitsbescheinigung mit Datum 25.09.2019 ausgestellt.
Ebenso übt der Beschwerdeführer seit 06.12.2019 die Funktion „gewerberechtlicher Geschäftsführer“ der C OG mit Unternehmenssitz in *** aus, zuständig ist der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang für den Bereich der militärischen Waffen. Die Gewerbeberechtigung dieser offenen Gesellschaft lautet auf „Waffengewerbe (Büchsenmacher) einschließlich des Waffenhandels (mit nichtmilitärischen Waffen), eingeschränkt auf den Handel, das Vermieten und die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes hinsichtlich nicht-militärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition“. Zusätzlich verfügt diese Gesellschaft seit 28.08.2020 über die Gewerbeberechtigung „Waffengewerbe gemäß § 94 Z 80 GewO 1994 hinsichtlich des Handels mit militärischen Waffen und militärischer Munition nach § 139 Abs. 1 Z 2 lit. b GewO 1994“.
Weiters ist der Beschwerdeführer seit 01.02.2013 Einzelunternehmer (D e. U.) mit Unternehmenssitz in ***. Die Gewerbeberechtigung in diesem Zusammenhang lautet auf „Waffengewerbe (§ 94 Z. 80 i.V.m. § 139 GewO 1994) einschließlich des Waffenhandels, eingeschränkt auf den Handel, das Vermieten und die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes hinsichtlich nicht-militärischer Waffen und nichtmilitärischer Munition“.
Dieser Sachverhalt ist unbestritten.
In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Der Beschwerdeführer begehrt die Erteilung einer Handelsbefugnis gemäß § 20 Sprengmittelgesetz. Diese berechtigt gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. zum Handel mit Schieß- und Sprengmitteln, wobei gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. die Handelsbefugnis nur zum Handel mit in dieser ausdrücklich bezeichneten Schieß- und Sprengmitteln berechtigt.
Nach § 20 Abs. 1 SprG ist die Handelsbefugnis an eine natürliche Person auf Antrag auszustellen, die
1. das 21. Lebensjahr vollendet hat,
2. verlässlich ist,
3. ihren Wohnsitz im Inland hat,
4. den Nachweis der Fachkenntnisse zur Durchführung von Sprengarbeiten gemäß §§ 62f ASchG und der darauf beruhenden Verordnungen erbringt sowie Kenntnis über den Inhalt dieses Bundesgesetzes glaubhaft macht,
5. über eine Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Waffen- und Munitionshändler oder Büchsenmacher oder ein Reife- oder Diplomprüfungszeugnis einer Höheren Technischen Lehranstalt für Chemie, Chemieingenieurwesen, Berg- und Hüttenwesen oder Waffentechnik verfügt, oder die Studienrichtung Chemie oder technische Chemie an einer Universität oder akkreditierten Privatuniversität oder einen entsprechenden Fachhochschul-Studiengang erfolgreich absolviert hat und
6. eine zumindest zweijährige Tätigkeit bei einem Erzeuger oder Händler für Schieß- und Sprengmitteln nachweist.
Die in § 20 Abs. 1 Z 1 bis 4 SprG geforderten Voraussetzungen wurden von der belangten Verwaltungsbehörde dem Beschwerdeführer zugestanden. Nach Ansicht dieser Verwaltungsbehörde liegen jedoch die Voraussetzungen gemäß Z 5 und 6 hingegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die in § 20 Abs. 1 Z 5 und 6 genannten Voraussetzungen direkt nicht erbracht werden, er vertritt jedoch die Rechtsmeinung, dass die von ihm abgelegten Prüfungen (Unternehmerprüfung am 08.07.2011, Modul 1 der Befähigungsprüfung für die übrigen Waffengewerbe am 26.04.2011 und die Befähigungsprüfung für die übrigen Waffengewerbe am 21.07.2011) zumindest gleichwertig wären, dies jedenfalls in Verbindung mit den vorgenannten Tätigkeiten als gewerberechtlicher Geschäftsführer der C OG in *** und als Einzelunternehmer (D e. U.) in ***.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er keine der in § 20 Abs. 1 Z 5 und 6 SprG genannten Voraussetzungen erbringt. Damit sind die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Handelsbefugnis nach dieser Bestimmung jedenfalls nicht erfüllt, sodass die belangte Verwaltungsbehörde den Antrag zu Recht abgewiesen hat. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Verweis auf ein „Vorgutachten“ der Wirtschafts-kammer Niederösterreich vom 30.04.2020 kann nicht überzeugen.
Grundsätzlich ist nämlich zwischen „gebundenen Rechtsentscheidungen“ und „Ermessensentscheidungen“ zu unterscheiden, im gegenständlichen Fall liegt auf Grund der in § 20 Abs. 1 SprG verwendeten Formulierung „ … ist … auszustellen ...“ unzweifelhaft eine gebundene Rechtsentscheidung vor. Dabei hat der Antragsteller bei Vorliegen der gesetzlich geforderten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Berechtigung. Der einzig zulässige Umkehrschluss besteht aber nur darin, dass bei Nichtvorliegen der geforderten Voraussetzungen die Berechtigung eben nicht erteilt werden darf! Der behauptete Ermessensspielraum, der noch dazu zugunsten des Antragsteller genutzt werden müsse, liegt gar nicht vor.
Wenn der Beschwerdeführer weiters damit argumentiert, dass die von ihm erbrachten Berechtigungen und beruflichen Tätigkeiten zumindest gleichwertig wären, so könnte dem unter Verweis auf das in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzips nur dann nähergetreten werden, wenn entsprechende gesetzliche Bestimmungen die Gleichwertigkeit von bestimmten Prüfungen oder beruflichen Tätigkeiten mit einer der in § 20 Abs. 1 Z 5 SprG genannten Voraussetzungen sowie der nach § 20 Abs. 1 Z 6 leg.cit. genannten Voraussetzung ausdrücklich vorsehen würden, allenfalls auch im Rahmen eines Nachsichtsverfahrens. Ob ein derartiges Nachsichtsverfahren für die in § 20 Abs. 1 Z. 5 und 6 SprG geforderten Voraus-setzungen überhaupt gesetzlich vorgesehen ist, ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens und somit auch nicht zu prüfen. Es erübrigen sich daher auch Ausführungen zu den behaupteten zulässigen Umkehrschlüssen für die wechsel-seitige Anerkennung von Berechtigungen.
Es steht auch nicht im freien Belieben der Verwaltungsbehörden und auch nicht der Gerichte einschließlich der Verwaltungsgerichte die Gleichwertigkeit nach selbst erstellten Maßstäben zu beurteilen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.
Schlagworte
Ordnungsrecht; Sprengmittelwesen; Handelsbefugnis; Antrag; Voraussetzungen; Legalitätsprinzip;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1330.001.2020Zuletzt aktualisiert am
08.04.2022